Protokoll der Sitzung vom 18.02.2016

Die Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss ist zu hoch. Sie ist in Schleswig-Holstein in den vergangenen Jahren leider leicht gestiegen. Wenn wir aber auf die Entwicklung seit der ersten PISA-Studie schauen, dann stellen wir fest, dass Deutschland unglaubliche Erfolge erzielt hat. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss lag damals bei über 12 %; heute ärgern wir uns in Schleswig-Holstein darüber, dass der Anteil von 7 auf 7,6 % gestiegen ist. Dennoch war unser Weg der richtige. An dem Ziel, den Anteil der Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss auf unter 5 % zu senken, sollten wir festhalten.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Mich treibt auch um, dass die Sorge geäußert wird, die Schülerinnen und Schüler seien nicht mehr genug motiviert. Sie wissen, dass die Chance, schon mit dem ersten Schulabschluss einen Ausbildungsplatz zu bekommen, in den vergangenen Jahren viel geringer geworden ist. Bundesweit ist sogar darüber diskutiert worden, ob der mittlere Abschluss zum Regelschulabschluss gemacht werden solle, da der erste Abschluss oft nicht mehr den Zugang zur Arbeitswelt vermittele.

Das alles sind Punkte, die zu bedenken sind. Sehr gewichtig ist der Hinweis, dass ein einzelnes Bun

(Jette Waldinger-Thiering)

desland sich nicht eigene Abschlüsse kreieren sollte, da wir gerade dabei sind, die Abschlüsse zu standardisieren.

Ich bin froh darüber, dass wir im Bildungsausschuss Gelegenheit haben werden, genau über diese Fragen zu diskutieren und dadurch einen Impuls zu bekommen, mit welcher Position das Bundesland Schleswig-Holstein die Debatte auf Bundesebene begleiten wird. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es drängt den Abgeordneten Sönnichsen, trotz der bevorstehenden Ausschussberatungen kurz vor der Mittagspause noch einen Dreiminutenbeitrag zu halten. Er hat das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es tut mir leid, wenn ich die Debattenzeit etwas verlängere. Aber wenn ihr etwas schneller esst, dann klappt alles.

Darauf, dass wir um eine Ausschussüberweisung nicht herumkommen würden, waren wir vorbereitet. Das finde ich auch gut so.

Was die laufenden und fortzusetzenden Beratungen der KMK betrifft, so kann es durchaus ein Signal sein, dass wir uns damit beschäftigen. Allein das sehe ich schon einmal als sehr wichtig an.

Ich will aber insbesondere Ihre Frage beantworten, Frau Erdmann. Natürlich stehen die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Vordergrund, was unseren Antrag angeht. Aber ich bin auch sehr nahe bei Kai Vogel, der gesagt hat, dass jede und jeder, die beziehungsweise der es nicht geschafft hat, eine beziehungsweise einer zu viel ist. Darum müssen wir uns kümmern. Dafür sehe ich hier sehr gute Ansätze.

(Beifall CDU)

Auch wir hören die Aussagen der Wirtschaft, dass die Schüler nicht mehr so gute schulische Voraussetzungen mitbrächten und daher nicht mehr so gut auf die Berufsausbildung vorbereitet seien. Ich füge aber hinzu, dass die Wirtschaft genauso über eine mangelnde Zahl an Ausbildungsbewerbern klagt. Auch das ist ein Grund dafür, dass wir niemanden zurücklassen sollten. Wir müssen vielmehr dafür sorgen, dass in dieser Richtung etwas geschieht.

Wir sprechen in unserem Antrag mit keinem Wort davon, die Standards abzusenken.

(Beifall CDU)

Ich sage noch einmal in aller Deutlichkeit: Auch der Umstand, dass manche ihr Zeugnis nur als - das Wort ist vielleicht nicht besonders schön - „Teilnahmebestätigung“ erhalten, hindert uns nicht daran, auch auf die Stärken noch einmal ganz besonders hinzuweisen. Ich habe die Signale vernommen, dass die Bereitschaft besteht, darüber im Ausschuss zu sprechen.

Lieber Kai Vogel, dass das nicht von heute auf morgen geht, ist verständlich. Auf den Zeitplan können wir uns sicherlich verständigen. Aber bis Mai nächsten Jahres müssen wir durch sein; danach bin ich nicht mehr dabei.

(Heiterkeit und Beifall CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag auf Drucksache 18/3838 dem Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig so geschehen.

Ich unterbreche die Sitzung und wünsche Ihnen eine angenehme Mittagspause.

(Unterbrechung: 13:07 bis 15:01 Uhr)

Meine Damen und Herren! Ich eröffne den Nachmittagsteil unserer Sitzung. Begrüßen Sie gemeinsam mit mir die Schülerinnen und Schüler der dänischen Schule Süderbrarup und des Regionalen Bildungszentrums Technik in Kiel. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes für die Bibliotheken in Schleswig-Holstein und zur Änderung des Landespressegesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 18/3800

(Unruhe)

- Ich warte gern, bis Sie sich ausgetauscht haben.

(Ministerin Britta Ernst)

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich bitte zunächst die Landesregierung und dann die Fraktionen nach ihrer Stärke um ihr Wort. - Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile der Ministerin für Justiz, Kultur und Europa, Frau Anke Spoorendonk, das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Was, meine Damen und Herren, ist der Unterschied zwischen Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein?

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Die sind größer! - Oliver Kumbartzky [FDP]: Die geographi- sche Lage!)

In Hessen beschloss eine schwarz-gelbe Landesregierung 2010 ein Bibliotheksgesetz; jetzt wurde es von einer schwarz-grünen Landesregierung novelliert. In Rheinland-Pfalz wurde ein Bibliotheksgesetz von einer rot-grünen Landesregierung auf den Weg gebracht. Mit dem nun vorgelegten Gesetzentwurf sind wir in Schleswig-Holstein das fünfte Bundesland, das sich auf diesen Weg zu einer gesetzlichen Regelung des Bibliothekswesens macht.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Bibliotheken sind wichtige demokratische Errungenschaften unserer Gesellschaft, nicht mehr und nicht weniger. Sie stehen für die öffentliche Daseinsvorsorge und müssen bei der Sozialraumund Stadtentwicklungsplanung berücksichtigt werden. Sie sind ein Standortfaktor unserer Städte und Kommunen.

Bibliotheken gehören zu den bedeutendsten Bildungseinrichtungen unseres Landes, denn sie dienen der Aus- und Weiterbildung, der Lese- und Sprachförderung, der kulturellen Teilhabe und der sozialen Integration. Damit, meine Damen und Herren, leisten sie auch einen ganz wichtigen Beitrag zur Integration der neu zu uns kommenden Bürgerinnen und Bürger. Bibliotheken sind also Räume der gelebten Demokratie. Daher passt der Gesetzentwurf - ich hätte fast gesagt: wie die Faust aufs Auge - zur Debatte heute Morgen in diesem Saal.

Bibliotheken sind Informations- und Kommunikationszentren. Sie sorgen dafür, dass Menschen in der digitalisierten Welt sozusagen nicht hinten runterfallen, weil sie dafür sorgen, dass sich Menschen in dem Informationsdschungel zurechtfinden können. Zugleich sind sie Einrichtungen, die das

kulturelle Erbe des Landes dokumentieren, erhalten und zugänglich machen.

Der Bibliotheksgesetzentwurf unterstreicht den Stellenwert der Bibliotheken für unsere Gesellschaft und trägt zur Umsetzung einer konzeptionellen Kulturpolitik im Sinne der Kulturperspektiven für Schleswig-Holstein bei. Das soll heißen: Wer die Kultur im ländlichen Raum stärken will, wer mehr Teilhabe will, der kommt an einer Stärkung des Status der Bibliotheken nicht vorbei.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auf Grundlage eines Eckpunktepapiers, das auf vier Regionalkonferenzen diskutiert wurde, habe ich dem Kabinett im November 2015 einen Referentenentwurf vorgelegt; danach wurden die Fachverbände und die kommunale Familie angehört. Die Stellungnahmen, meine Damen und Herren, können Sie im Übrigen im Internet auf den Seiten des Kulturministeriums einsehen.

Der Gesetzentwurf wurde in der Fachwelt als beispielhaft gelobt. Es wurde sogar eine weitere gesetzliche Normierung zur Verpflichtung der Qualitätsstandards, insbesondere der öffentlichen Bibliotheken, gewünscht.

Erwartungsgemäß ist sich die kommunale Familie nicht ganz einig über die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes. Ich halte aber fest, dass wir nicht zuletzt auf Anregung der kommunalen Landesverbände die Intention des Gesetzentwurfs durch die Bereitstellung von Projektmitteln untermauert haben - erstmals in diesem Land überhaupt.

(Vereinzelter Beifall SSW, SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Auf die im Anhörungsverfahren vorgeschlagenen und nun in den Entwurf eingearbeiteten Änderungen möchte ich nur kurz eingehen: Es hat eine Reihe kleinerer und eher redaktioneller Änderungsvorschläge gegeben. Wir haben uns zum Beispiel bewusst und stringent für die Bezeichnung „Bücher und andere Medienwerke“ entschieden. Das Buch bleibt das Leitmedium. Mit der Bezeichnung „Medienwerke in körperlicher und unkörperlicher Form“ - dieser Begriff ist recht sperrig - halten wir uns an fachbibliothekarische Standards. Daneben konnten wir den Gesetzentwurf auch substanziell verbessern.

Der Büchereiverein wurde aufgenommen und damit grundsätzlich in seiner Funktion anerkannt. Dies stand zwar nie infrage, findet sich nun aber zur Beruhigung aller auch im Gesetzentwurf wie

(Präsident Klaus Schlie)

der. Im Ausschuss will ich gern darüber berichten, welche gesetzestechnischen Überlegungen zunächst dazu geführt hatten, dass wir den Büchereiverein nicht im Gesetzentwurf erwähnt haben; aber es war keine inhaltliche Frage.