Protokoll der Sitzung vom 19.02.2016

Die Landesregierung hat dafür dankenswerterweise aber die passende Antwort gefunden, zum einen, indem die Schuldenübernahme nicht auf einen Schlag erfolgt, sondern in mehreren Schritten, und zum anderen, indem die ersten Schritte nicht in einer unmittelbaren Übernahme der Schulden bestehen, sondern in einem zinslosen Darlehen. Durch diese beiden Vorgehensweisen ist über einen mehrjährigen Zeitraum sichergestellt, dass es zu einer Schuldenübernahme nur dann und insoweit kommt, wenn das UKSH Jahr für Jahr schwarze Zahlen schreibt. Das war genau unsere Bedingung: eine gute Lösung für ein schwieriges Problem.

Noch viel wichtiger als diese technische Umsetzung ist aber die Botschaft des heutigen Tages, dass alle Fraktionen - ich sage wirklich alle Fraktionen, nämlich die, die dem jetzigen Landtag angehören

(Tobias Koch)

wie auch die Fraktionen, die dem zukünftigen Landtag angehören werden - geschlossen an der Seite des UKSH stehen, damit es auch zukünftige medizinische Spitzenversorgung ebenso wie Forschung und Lehre auf höchstem Niveau in Schleswig-Holstein geben kann. - Herzlichen Dank.

(Vereinzelter Beifall)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Jürgen Weber.

Man kann das übrigens hoch- und runterfahren, Herr Kollege Koch.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Koch hat ausführlich dargestellt, worin die Einigung besteht, die im Finanzausschuss gefunden wurde und die durch Zusammenwirken zwischen Parlament und Landesregierung im Hinblick auf das UKSH als Beschlussvorlage vorliegt. Ich kann für die SPD-Fraktion sagen, dass wir den Kompromiss beziehungsweise die Lösung, die im Finanzausschuss gefunden wurde, vollumfänglich mittragen und heute sehr gern beschließen wollen.

Ich gehe davon aus, dass Sie nicht wollen, dass ich die ganzen Argumente, die - das kann man nicht anders sagen - Herr Koch noch einmal sehr ausführlich und dezidiert vorgetragen hat, wiederhole, das, glaube ich, kann ich mir ersparen. Deswegen will ich nur zwei oder drei zusätzliche Punkte kurz anreißen.

Es ist ja mit Bedingungen, die man in Papier fasst, immer so eine Sache, weil man sie in der Tat regelmäßig überprüfen muss, weil alles das, was wir in die Zukunft denken, immer mit Prognose zu tun hat und Prognosen immer eine begrenzte Treffsicherheit haben. Nichtsdestotrotz ist die Maßgabe klar: Nur dann, wenn das operative Geschäft eine schwarze Null schreibt, werden diese Möglichkeiten umzusetzen sein. Aber wir wissen natürlich auch - das gilt für die Jahre 2018 folgende -, dass im Hinblick auf die Finanzierung und auf die Möglichkeit, ein positives wirtschaftliches Ergebnis zu erzielen, sehr viele Faktoren in der Hochschulmedizin eine Rolle spielen, die nicht alle wir und die nicht alle das UKSH selbst in der Hand haben. Das muss man der Ehrlichkeit halber schon sagen: Nicht alle Handlungsmöglichkeiten und -optionen liegen in der Hand des Klinikums selbst. Das muss man

dann auch als Möglichkeit der Flexibilisierung ins Auge fassen.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD], Rasmus An- dresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich will da nur in der Kürze zwei Punkte hinzufügen, Herr Koch hat sie ausgespart - sicherlich der Zeit geschuldet -, aber sie stehen auch in der Beschlussvorlage. Das eine ist, dass wir noch einmal auf das Thema präzise Kostenteilung beziehungsweise Kostentrennung zwischen Hochschulmedizin und Wissenschaft hinweisen. Allerdings ist das auch ein uraltes Thema, und wir wissen, dass es so eine 100-prozentig genaue Aufschlüsselung und Aufteilung von Kosten, die der Hochschulmedizin - der Krankenversorgung im eigentlichen Sinne und der Wissenschaft zuzuordnen sind, wahrscheinlich nie geben wird. Aber wir haben die Erwartung, dass im Klinikum und im Zusammenwirken mit den Aufsichtsbehörden, also dem Aufsichtsrat, weiterhin dafür Sorge getragen wird, dass diese Form der Kostentrennung noch weiter ausgeweitet, dass noch präziser, noch trennschärfer gearbeitet wird, um zu der Bedingung zu kommen, denn wir reden ja über die Kosten in den verschiedenen Bereichen.

Den dritten Punkt möchte ich auch gern noch nennen, weil wir uns auch auf den geeinigt habe und weil der auch unstreitig ist: Wir wissen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Klinikum im bisherigen Sanierungsprozess und im bisherigen Prozess, das Klinikum auf neue Beine zu stellen, erhebliche Beiträge geleistet haben. Deswegen wissen wir, dass, wenn wir die Strukturen verbessern, wenn die Abläufe verbessert werden, wenn dort investiert wird, das natürlich auch dazu führt, dass über mehr Effizienz auch bessere Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer hergestellt werden. Das ist sicherlich auch ein wesentlicher Aspekt.

Wir sagen aber deutlich noch einmal, dass das, was wir an Solidität wollen, was wir an Sanierung wollen, nicht weiterhin auf Kosten und zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer organisiert wird,

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dr. Heiner Garg [FDP])

sondern Effizienzgewinne, Strukturverbesserungen, Verbesserung der Abläufe sind gewünscht, aber wir sanieren nicht mit der Folge einer höheren Arbeitsbelastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das muss an dieser Stelle auch noch einmal deutlich gesagt werden.

(Tobias Koch)

(Beifall SPD, SSW, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich freue mich auf dieses gemeinsame Signal, das wir heute geben und das dem UKSH eine Perspektive bietet. Ich freue mich auf die Beschlussfassung nachher. Ich glaube, es wird ein guter Beschluss, den wir gemeinsam hier fassen, und ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, Hans-Jörn Arp [CDU], Tobias Koch [CDU] und Dr. Heiner Garg [FDP])

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags Schülerinnen und Schüler der Herderschule Rendsburg und des Berufsbildungszentrums am Nord-Ostsee-Kanal. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Dr. Andreas Tietze.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An Tagen wie diesen möchte man mit den Toten Hosen antworten:

Ich wart‘ seit Wochen auf diesen Tag und tanz‘ vor Freude über den Asphalt.

Es ist recht selten, dass wir uns in diesem Hause so einig sind. An Tagen wie diesen regiert tatsächlich die politische Vernunft.

Die politische Vernunft sagt: Es ist Zeit für einen Neuanfang für das UKSH. Ende 2014 konnte die bauliche Sanierung beginnen. Das Uniklinikum hat eine Perspektive. Der Erfolg hat viele Väter und Mütter. Ich möchte mich an dieser Stelle beim Finanzministerium, aber auch bei den Kollegen Koch und Garg dafür bedanken, dass es uns gelungen ist, diesen gemeinsamen Antrag auf den Weg zu bringen.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Auch wir als Grüne hatten mit dem UKSH so unsere Last. Ich darf daran erinnern: Wer sich damit befasst hat, auch in der letzten Legislaturperiode, musste sehr viel Zeit, Hirnschmalz und Engagement aufwenden, um überhaupt zu verstehen, worum es bei der Finanzierung eines solch komplexen und großen Universitätsklinikums geht.

Die Phase der Unsicherheit ist tatsächlich vorbei. Die Küstenkoalition - und mit Ihnen gemeinsam heute im Haus auch der Landtag - hat eine Perspektive der Sicherheit für die Zukunft des UKSH auf den Weg gebracht.

Die Übernahme der Schulden des Universitätsklinikums ist ein positiver Schritt, denn trotz historisch niedriger Zinsen musste das UKSH jährlich rund 2,5 Millionen € alleine für Zinszahlungen aufwenden. Das ist Geld, das einfach verpufft. Man könnte es noch einfacher formulieren: Statt der Banken verdienen jetzt die Menschen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des UKSH. Das ist in der Tat eine richtige Weichenstellung.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es macht keinen Sinn, dass das UKSH als Anstalt öffentlichen Rechts in der Trägerschaft des Landes ständig höhere Zinsen für Schulden zahlen soll, als es das Land tut. Im Grunde genommen ist das alles „linke Tasche - rechte Tasche“. Die Kosten trägt am Ende so oder so die öffentliche Hand.

Herr Koch, Sie haben es gesagt: Die Ausgestaltung der Schuldenübernahme war knifflig. Wir sind Konsolidierungsland. Das Finanzministerium musste das mit Landesverfassung, Schuldenbremse und den Vorgaben des Stabilitätsrats in Einklang bringen.

Das Land wird dem UKSH voraussichtlich ab 2018 ein zinsloses Darlehen gewähren. Bis 2020 hat das UKSH Kredite in Höhe von 100 Millionen € abzulösen. Die jährlichen Darlehenssummen sollen 40 Millionen €, 40 Millionen € und 20 Millionen € betragen.

Durch den Verzicht auf die Tilgung des Kredits kann eine schrittweise Entschuldung erfolgen. Die Schuldenübernahme ist an die Bedingung geknüpft, dass das UKSH strukturell schwarze Zahlen schreibt. Lieber Herr Koch, wir haben uns häufig hier in diesem Landtag darüber gestritten, wie diese schwarze Null einzuhalten ist. Aber man muss sagen: In dieser Situation, die man fast als historisch bezeichnen könnte, hat niemand ein größeres Inter

(Jürgen Weber)

esse als der UKSH-Vorstand, diesen selbstgesteckten Zielen auch gerecht zu werden.

Man kann das anzweifeln. Wir werden ja gleich von den PIRATEN eine ganz andere Sichtweise der Dinge zu hören bekommen.

(Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Kommt gleich!)

Die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und des UKSH-Vorstands haben wir aber in der gemeinsamen Ausschusssitzung spüren können. Dort ist deutlich geworden: Das spornt an und ist wirklich eine Motivation, positiv in die Zukunft zu gehen.

Aber auch das sage ich an dieser Stelle: Die Kritik des Landesrechnungshofs und der PIRATEN ging in die falsche Richtung. Sie haben in der Ausschusssitzung tatsächlich immer wieder das Haar in der Suppe gesucht. Sie haben gebohrt. Aber Keimkrisen kann eben niemand vorhersagen. Unvorhergesehene medizinische Notfälle kann niemand vorhersagen. Wenn Sie das jetzt wenigstens einmal akzeptieren würden! Was ist denn Ihr Vorschlag gewesen?

(Wolfgang Dudda [PIRATEN]: Kommt gleich!)

Einen Vorschlag haben wir bisher von Ihnen nicht gehört. Das Ganze war MNN - Meckern, Nörgeln, Nölen. Das ist kein guter Rat für die Politik. Wenn man Verantwortung übernimmt, muss man eben auch konstruktive Vorschläge machen. Politik ist auch ein Stück weit Handwerk.

In unserem Antrag stellen wir zudem fest - Herr Kollege Garg, das haben Sie ja noch in den Antrag hineinverhandelt -, dass die Einsparungen nicht zu einem Personalabbau führen dürfen, der über das bestehende Konzept hinausgeht. Das ist ein richtiger Aspekt. Ich bin der Auffassung, dass wir das Papier mit all den konstruktiven Vorschlägen jetzt wirklich rundgemacht haben. Ich bedanke mich an dieser Stelle noch einmal, dass es gelungen ist, das hier im wirklich konstruktiven gegenseitigen Austausch so hinzubekommen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt FDP und Beifall Wolfgang Baasch [SPD])

Was hören wir alles immer über Politikversagen! Die vielfach geschmähte Politik hat sich in einem konkreten Fall einmal wirklich der Verantwortung gestellt und beispielhaft den Rahmen für die Ge

sundheitsversorgung in Schleswig-Holstein gesetzt. Das ist ein Beispiel dafür, dass es geht.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Einmal! Ja!)

Das ist ein Beispiel, dass es geht, wenn man will, und sich der Verantwortung tatsächlich stellt. Destruktivität hilft nicht weiter. Ich bin sehr froh darüber, dass wir heute diesen Antrag verabschieden werden. Gesundheitspolitik, liebe PIRATEN, ist eben keine Kuscheltierpolitik. Gesundheitspolitik ist eine Zukunftspolitik für unser Land. Dem werden wir heute gerecht. - Vielen Dank.