Protokoll der Sitzung vom 29.04.2016

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/2624

Bericht und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses Drucksache 18/4066

Ich erteile das Wort dem Berichterstatter des Finanzausschusses, dem Abgeordneten Thomas Rother.

Werter Herr Präsident, ich verweise auf die Vorlage.

Vielen Dank für den Bericht. - Ich eröffne jetzt die Aussprache. Das Wort hat für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Peter Sönnichsen.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kurz zur Geschichte des Antrages: Das Thema war bereits Gegenstand von Beratungen in der JanuarTagung 2015. Würde der Antrag der PIRATEN er

(Minister Reinhard Meyer)

neut zur Abstimmung stehen, könnte ich auf die Rede meines Kollegen Johannes Callsen verweisen.

Überwiegende Meinung aller Reden in der ersten Beratung waren die Sorge vor einem neuen bürokratischen Monstrum und die Vorgabe, dass aus den Berichten ein Mehrwert erkennbar sein soll. Ich erinnere an die vielen Hinweise auf diejenigen Berichte, die bis 2004 diesem Hause gegeben und regelmäßig stillschweigend zur Kenntnis genommen wurden. Mit Blick auf den enormen Aufwand wies die Finanzministerin darauf hin, dass diejenigen klar im Vorteil sind, die lesen können, und meinte damit den Haushalt einschließlich seiner Erläuterungen.

Wir beraten heute über eine Beschlussempfehlung, die auf einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zurückgeht. Ich kann nur feststellen, dass Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, den Antrag verschlimmbessert haben.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Ein Mehrwert ist selbst beim besten Willen nicht zu erkennen. Es wird mehr statt weniger Bürokratie produziert. Sie schränken zwar die Anzahl der zu überprüfenden und aufzulistenden Vorgänge ein, wollen in den Subventionsberichten neben den wirtschaftlichen Aspekten aber auch eine Analyse sozialer, gleichstellungspolitischer und ökologischer Folgen, eine Bewertung der Auswirkungen jeder einzelnen Subvention auf Verkehrs- und Standortentwicklungen und vieles mehr.

Da handelt es sich nicht um gutes Auflisten, wie es sich die Ministerin vorgestellt hat. Echte Recherchen außerhalb der üblichen Nachweispflichten müssen geleistet werden.

Welche Förderungen unterliegen diesen Analysevorgaben? - Auch Programme außerhalb der üblichen einzelbetrieblichen Förderungen lassen Beteiligungen und Kofinanzierungen von Unternehmen zu. Es muss also doch jeder Förderbereich durchforstet werden. Was, wenn die Interessen des Landes zum Halten oder Ansiedeln eines Unternehmens im Vordergrund stehen? Gelten dann Ihre Kriterien plötzlich nicht mehr?

Was wollen Sie machen, wenn Ihre Analysekriterien gar nicht Gegenstand der Förderrichtlinien sind? Wenn Sie die in Ihrer Beschlussempfehlung enthaltenen Ziele tatsächlich wollen, müssen Sie erst einmal dafür sorgen, dass diese Gegenstand der Förderbedingungen werden, damit der Fördernehmer dazu auch Angaben bei Antragstellung macht. Erst dann können Sie diese zur Grundlage der

Überprüfungen machen, erst dann werden diese messbar. Wenn Sie tatsächlich dieses Ziel verfolgen, müssen Sie es in Ihren Antrag aufnehmen.

Die Position der CDU, die guten Vorsätze zum Bürokratieabbau, haben die Regierung und die sie tragenden Fraktionen aufgegeben. Der Beschlussvorschlag erzeugt das Gegenteil. Die ordnungsgemäße Verwendung der Fördermittel entsprechend den vorher in den Erlassen festzulegenden Bedingungen ist grundsätzlich Sache der Prüfung und des Verwendungsnachweises. Die ständige Evaluierung der Programme, derer Ziele und Erfolge ist zunächst Sache der Landesregierung, die diese erlässt.

Die regelmäßige Prüfung einzelbetrieblicher Förderungen im Interesse eines fairen Wettbewerbs und der Chancengleichheit unter Wahrung berechtigter Interessen der Fördernehmer ist durch Berichte der Landesregierung - sei es selbsttätig oder gegebenenfalls nach Aufforderung des Landtags oder eines Ausschusses - jederzeit möglich. Das ist noch lange kein Grund für Rundumschläge und Regelberichte, die nicht gelesen werden. Daher lehnen wir den Inhalt der Beschlussempfehlung ab.

(Beifall CDU)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Thomas Rother das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat, zu Beginn des vergangenen Jahres haben wir den Antrag der PIRATEN „Subventionen regelmäßig auswerten und überprüfen“ hier im Landtag beraten. Wir haben diesen Antrag in der Ausschussberatung ernst genommen, uns die Subventionsberichte anderer Länder und des Bundes angeschaut und sind in der Koalition im Ergebnis zu dem Ihnen nun vorliegenden Beschlussvorschlag gekommen. Grundsätzlich stellte sich zunächst für uns die Frage, ob eine solche Berichterstattung - da stimme ich Herrn Sönnichsen zu überhaupt einen Sinn ergibt. Die Erfahrungen aus unserem eigenen Bundesland - wir hatten so etwas ja schon einmal -, aber auch die aus anderen Ländern sprechen zunächst dagegen.

Zumeist wurde und wird ein Datenfriedhof zu Grabe getragen - ein schönes Bild -, und der Subventionsbericht sorgte und sorgt lediglich bei den berichterstattenden Stellen für Arbeit und sonst nirgendwo. Daher macht ein Subventionsbericht in der

(Peter Sönnichsen)

Tat nur Sinn, wenn verschiedene Maßgaben erfüllt sind. Die erste Maßgabe wäre für uns, dass man erst einmal die Beurteilung von Subventionen durch das Institut für Weltwirtschaft, wie im Antrag der PIRATEN enthalten, beiseitelässt. Das IfW bemüht sich seit Jahren darum, Subventionen als ordnungspolitisches Teufelswerk zu verdammen, steht staatlicher Tätigkeit prinzipiell kritisch gegenüber und fordert immer wieder deren Begrenzung. Wir stehen für einen aktiven Staat, der auch dort eingreift, wo der Markt von allein eben nicht alles regelt.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ohne Subventionen, liebe Kolleginnen und Kollegen, gäbe es in Deutschland überhaupt keinen Handelsschiffbau mehr, keine Ausrüstung der Schiffe, keine Luft- und Raumfahrt und auch keine Regionalplanung zur Angleichung der Lebensverhältnisse, was ein Verfassungsauftrag ist.

Das macht die Branchenanalysen des IfW nicht wertlos. Die Analysen sind aber im Grundsatz nicht wertfrei, und wir haben andere Werte. Daher wollen wir die Berichterstattung nicht über jede Zuwendung ausufern lassen, wie von den PIRATEN gefordert, sondern wir begrenzen dies auf die Förderung der Wirtschaft und haben dies genau in unserem Antrag abgegrenzt. Diejenigen, die öffentliche Aufgaben im Auftrag des Staates übernehmen, sind anders einzuordnen als diejenigen, die schlicht Gewinne erzielen wollen, die für die Beschäftigung im Land und die Zukunftsfähigkeit des Landes jedoch besondere Bedeutung haben.

Wir haben auch die Arten der Hilfen genau beschrieben und nur die Instrumente aufgenommen, die von Landesseite auch genutzt und beeinflusst werden können. Daher bleiben die Steuervergünstigungen - manche Bundesländer haben das - in der Aufzählung außen vor.

Um eine Wirkungsanalyse vornehmen zu können, ist die Mittelherkunft deutlich zu machen, damit wir wissen, in welchem Rahmen wir überhaupt entscheiden können, denn die Gesamtsummen wirken oft gewaltig, stammen aber eben nicht aus originären Landesmitteln. Die Mittel werden oft nur weitergereicht. Dennoch bleiben es öffentliche Mittel, über die wir mit dem Haushaltsbeschluss entscheiden und über deren Verwendung - das stimmt, Herr Sönnichsen - wir im Jahresabschluss etwas erfahren. Wir müssen sehr sorgsam mit diesen Mitteln umgehen, und daher ist eine Wirkungsanalyse der Mittelvergabe erforderlich, um eben nicht nur einen reinen Datenfriedhof zu erhalten. Die Büro

kratie muss sowieso aufgrund der Verwendungsnachweise in Aktion treten. Wer Geld vom Staat haben will, der sollte durchaus nachweisen, wofür er das verwendet. Wenn man das einmal in fünf Jahren macht, kann man nicht von Bürokratiemonster sprechen. Ich denke, das ist dann vielmehr ihr Papiertiger.

(Beifall SPD und Dr. Patrick Breyer [PIRA- TEN])

Dafür reicht tatsächlich eine Berichterstattung zur Mitte der Wahlperiode aus; denn es geht hier um die einzelne Maßnahme an sich und weniger um den Geldbetrag, den wir laufend kontrollieren müssen. Das machen wir mit dem Haushalt. Wir wollen auch noch in dieser Wahlperiode damit anfangen. Denn wenn wir das nicht machen würden, hätte auch der Ursprungsantrag, liebe Abgeordnete der PIRATEN, jeden Sinn verloren.

Wir sind uns bewusst, dass so ein Bericht - der erste Bericht wird dann kurz vor Ende der Wahlperiode den Landtag erreichen - nicht selbstgefälliges Eigenlob enthalten wird und dass wie selbstverständlich alle in unserem Antrag genannten Erfolgskriterium erreicht und gar übertroffen werden, sondern auch ein Stück Selbstkritik stattfinden darf und stattfinden soll

(Beifall PIRATEN und Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

und auch noch Veränderungen auf den Weg gebracht werden können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, genau diese Arbeitsweise macht die Stärke dieser Koalition aus.

Ich bitte um Zustimmung zur Empfehlung des Finanzausschusses. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt der Abgeordnete Rasmus Andresen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich bedanke mich bei den PIRATEN, dass sie die Initiative für einen Subventionsbericht vor gut einem Jahr eingebracht haben. Wir haben ihren Antrag im Ausschuss meines Erachtens sehr konstruktiv beraten. Wir haben eine Länderabfrage durchgeführt - Herr

(Thomas Rother)

Kollege Rother ist darauf schon eingegangen -, um herauszufinden, in welcher Form andere Bundesländer vielleicht schon gute Sachen zum Thema Subventionen im Haushalt entwickelt haben und durchführen.

Als grüne Fraktion haben wir die Zeit genutzt und ein Fachgespräch zum Abbau ökologisch schädlicher Subventionen ausgerichtet. Man konnte an mehreren Stellen in diesem Prozess feststellen, dass allein die Frage, was genau eine Subvention eigentlich ist, schon Anlass für umfangreiche Debatten gibt, die die sehr unterschiedlichen Einschätzungen darlegen. Wir haben als Koalition dort auch eine etwas andere Vorstellung als die PIRATEN, die sagen, dass nicht jede staatliche Zuwendung auch eine schädliche Subvention ist. Wir würden zum Beispiel sagen, dass die Finanzierung von Frauenhäusern eine Kernaufgabe für unseren Staat ist, während nicht jede Förderung von Unternehmen gerechtfertigt ist.

Auch in Schleswig-Holstein gab es früher schon Subventionsberichte. Der letzte ist im Jahr 2004 erschienen. Danach hat man die Berichterstattung eingestellt. Wir haben lange darüber diskutiert, ob eine Wiedereinführung auch sinnvoll ist oder ob man nicht einen Papiertiger - so wie die CDU es uns jetzt vorwirft - produzieren würde. Wir sind nicht dieser Auffassung, und das drücken wir in unserem Antrag mit den Kriterien aus, die wir dort aufgenommen haben. Man muss natürlich politische und inhaltliche Kriterien an den Tag legen, ansonsten wäre das Ganze unsinnig. Da gebe ich dem Kollegen der CDU recht. Wenn man das aber mit politischen Kriterien verbindet, dann kann es sehr sinnvoll sein, Subventionen, die eine ökologisch schädliche Wirkung haben, noch einmal genau zu überprüfen.

Wir wollen mit unserem Antrag über bloße Lippenbekenntnisse hinaus und wollen Einsparpotenziale im Landeshaushalt noch einmal kritisch überprüfen. Wir denken, dass es im Landeshaushalt gerade auch im Bereich der Wirtschaftsförderung noch versteckte Einsparpotenziale gibt, die sich allein aus dem Haushaltsplan nicht einfach ablesen lassen.

In unserem Antrag haben wir deswegen einige Leitfragen entwickelt, anhand derer die Subventionen überprüft werden sollen. Darunter sind Kriterien der sozialen Gerechtigkeit und der Gleichstellung neben dem Aspekt der Ökologie, der für uns Grüne natürlich besonders wichtig ist. Durch öffentliche Gelder sollen natürlich keine Umweltzerstörung, keine Ressourcenausbeutung oder keine Energieverschwendung finanziert werden. Das Umwelt

bundesamt beziffert die umweltschädlichen Subventionen in Deutschland auf allein über 52 Milliarden € pro Jahr. Allein diese Zahl gibt Anlass dafür, sich auf allen Ebenen mit dieser Frage näher zu beschäftigen.

(Beifall PIRATEN)

Darunter fallen Schäden an Wasser, Boden und Luft sowie eine erhöhte Flächeninanspruchnahme und der Verlust der biologischen Vielfalt. In dieser Betrachtung sind noch nicht die Schäden inbegriffen, die externalisiert werden, und die Folgekosten für die ganze Gesellschaft auslösen können. Allerdings kann man auch feststellen, dass die Entscheidung darüber, was eine ökologisch sinnvolle und eine schädliche Subvention ist, auch keine einfache ist. Wenn wir das Beispiel der E-Mobilität nehmen, was in diesen Tagen aktuell ist, kann man sagen, dass E-Mobilität im Vergleich zu anderen Formen der Mobilität besser ist. Auch mit der Förderung der E-Mobilität fördert man natürlich eine bestimmte Mobilitätsform gegenüber dem ÖPNV, der, was wahrscheinlich alle auch so sehen, ein Stück umweltfreundlicher ist.

Die Debatte dazu ist nicht einfach, aber der Bericht wird aus unserer Sicht erst einmal die Möglichkeit eröffnen, über diese Fragen zu reden und uns auf Sachen hinzuweisen, die wir ansonsten vielleicht nicht feststellen würden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Das ist Sinn und Zweck dieses Antrags. Für uns Grüne ist das ein Einstieg in die Debatte.