Protokoll der Sitzung vom 10.06.2016

Insofern wundert mich auch der Änderungsantrag der Koalition ein bisschen. Ich dachte immer, die in dem Antrag genannten Dinge hätten wir schon längst. Und Frau Heinold ist doch bereits in diesem Feld tätig, dachte ich. Oder täusche ich mich, und wir müssen die Regierung tatsächlich noch einmal auffordern, sich auf Bundesebene für eine dauerhafte verlässliche, auskömmliche und zukunftsfähige Finanzierung für alle Verkehrsträger in SchleswigHolstein einsetzen? Ich bin mir sicher, Herr Callsen, dass Frau Heinold ein ganz eigenes Interesse an einer Nachfolgeregelung hat und sich auf Bundesebene dafür einsetzen wird.

(Zuruf Volker Dornquast [CDU])

Was sicher auch nicht schadet, wäre ein Bericht zum aktuellen Stand der Verhandlungen im Ausschuss. Der letzte ausführliche Bericht ist nun schon einige Monate her.

(Uli König)

In diesem Sinne danke ich den Kollegen der CDU dafür, dass sie das mit ihrem Antrag aufs Tapet gebracht haben. Wir müssen den Antrag leider ablehnen. Den anderen Abgeordneten danke ich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN - Lars Harms [SSW]: Das war ja schon fast regierungsfähig!)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat nun der Herr Kollege Flemming Meyer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Mein Kollege Kai Vogel hat es schon erwähnt: Es ist noch gar nicht lange her, es war in der März-Tagung des Landtags, als wir einen Antrag der CDU-Fraktion zur Sicherung und Stärkung der Mobilität im ländlichen Raum diskutiert haben. Darin hatte die CDU klare politische Forderungen formuliert. Der Tenor des Antrags war: Der ÖPNV im ländlichen Raum in SchleswigHolstein muss stärker und weiter als bisher mit Bussen und Bahnen ausgebaut werden. So weit, so gut.

Für den SSW steht fest: ÖPNV und SPNV sind in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein ein wichtiger Teil der Daseinsvorsorge. Wir wissen, dass es sowohl für das Land als auch für die Kreise und Gemeinden eine große Herausforderung ist, dies aufrechtzuerhalten, gerade im ländlichen Raum und vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung. Daher ist für uns wichtig, dass wir alles daran setzen, dass die Menschen bei uns im Land auch in Zukunft den ÖPNV nutzen können, damit sie mobil sind.

Damit gewährleisten wir die kulturelle und soziale Teilhabe und schaffen für viele Menschen die Voraussetzung für ihre Existenzsicherung. Dies aufrechtzuerhalten, und, wenn möglich, zu verbessern, ist ein politisches Ziel, das wir uns zu Beginn der Legislaturperiode gesetzt haben. Deshalb haben wir auch als Ziel gehabt, von einem Verhältnis von 30 zu 70 auf ein Verhältnis von 70 zu 30 zu kommen.

Heute liegt uns nun ein Antrag der CDU vor, der unter anderem die Forderung an die Landesregierung richtet, die Entflechtungsmittel wieder mit einer klaren Schwerpunktsetzung von mindestens 70 zu 30 für die Unterhaltung und Sanierung der kommunalen Straßen einzusetzen.

Angesichts des vorhin genannten Antrags der CDU ist mir nicht ganz klar, was sie nun wirklich will. Will sie den ÖPNV stärken und weiter ausbauen? Oder sollen wir jetzt mehr Geld in die Unterhaltung und die Sanierung der Straßen stecken? Was die CDU da macht, sieht für mich ab und zu etwas so aus wie Politik nach Tagesgeschehen.

(Zuruf SPD: So ist das!)

Klar ist aber, dass beide Aspekte miteinander verbunden und voneinander abhängig sind, denn ein funktionierender ÖPNV ist nur dort machbar, wo es auch eine entsprechend sichere Verkehrsinfrastruktur gibt. Dafür muss das Straßenund Schienennetz aufrechterhalten werden. Das machen wir auch.

Aber das kostet Geld, und hier kommt der Bund ins Spiel. Wie wir wissen, ist die Zukunft der Regionalisierungs- und Entflechtungsmittel derzeit noch ungeklärt. Diese Situation ist aus Landessicht so nicht hinnehmbar. Wir brauchen klare Regelungen, wie wir Verkehrs- und ÖPNV-Projekte auch nach 2019 bei uns im Land realisieren können.

Daher bitten wir die Landesregierung, sich auch auf Bundesebene für eine dauerhafte, verlässliche und auskömmliche Finanzierung für Verkehrs- und ÖPNV-Projekte einzusetzen. Wir brauchen tragfähige, verlässliche und auskömmliche Nachfolgeregelungen für die auslaufenden Entflechtungs- und Regionalisierungsmittel. Zu Letzteren hat es bereits konkrete Empfehlungen, den Kieler Schlüssel, gegeben. Diese Empfehlungen haben wir als SSW sehr begrüßt. Doch leider ist das Ganze politisch ins Stocken geraten. Das soll uns aber nicht davon abhalten, an den bereits erreichten Einigungen festzuhalten.

Unterm Strich ist festzuhalten: Bevor wir nicht genau wissen, wie viel Geld uns am Ende des Tages für ÖPNV, SPNV und Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung steht, können wir keine vollmundigen Versprechen in alle Richtungen abgeben. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Kollegen Johannes Callsen von der CDU-Fraktion das Wort.

(Uli König)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin mir jetzt in der Debatte nicht mehr so ganz sicher, ob nicht vielleicht ein Stück Unwissenheit bei dem einen oder anderen Redner dazu geführt hat, die Dinge durcheinanderzubringen, oder ob beides ganz offensiv miteinander vermischt worden ist.

Deswegen noch einmal zur Klarstellung: Die Regionalisierungsmittel sind diejenigen Mittel, die für den ÖPNV-Betrieb vom Bund zur Verfügung gestellt werden. Da ist in der Tat noch die Verhandlungsposition gegenüber dem Bund in der Schwebe. Das sind die Mittel, auf die sich unser Antrag bezog, wenn es um Stärkung der Mobilität insgesamt geht.

(Vereinzelter Beifall CDU - Tobias Koch [CDU]: So ist es!)

Wir reden hier aber über die sogenannten Entflechtungsmittel. Herr Kollege Dr. Tietze, Sie haben es richtig gesagt: Hier gibt der Bund keine Zweckbindung vor. Diese GVFG-Entflechtungsmittel sind für investive Maßnahmen vorgesehen, auch das hat der Kollege Dr. Tietze richtig gesagt.

Deswegen sagen wir als CDU-Fraktion: Der Bund gibt bis 2019 sicher jedes Jahr 43 Millionen €, die von der Landesregierung mit falscher Schwerpunktsetzung eingesetzt werden. Hier setzt unser Antrag an.

(Beifall CDU und FDP - Dr. Heiner Garg [FDP]: So ist das!)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Abgeordneten Dr. Tietze?

Wie Sie wissen, Herr Kollege, gibt es ein GVFG-Landesgesetz. Sie haben ja bestätigt, was ich vorgetragen habe. In diesem Landesgesetz steht eindeutig drin, wie diese Entflechtungsmittel auszugeben sind. Wir haben dieses Gesetz bisher nicht geändert. Sie haben bisher keinen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt.

Sie haben auch keinen Gesetzentwurf eingebracht, in dem Sie sagen: GVFG-Gesetz ab

schaffen, nur Kreisstraßen fördern. - Das hätten Sie tun können. Deshalb: Auch für Sie gilt immer noch das GVFG-Gesetz, das übrigens von Ihrer damaligen Regierung mitgetragen worden ist. Wollen Sie das ändern? Oder wie darf ich Ihren Wortbeitrag sonst verstehen?

- Herr Kollege Tietze, schauen Sie sich einfach die faktische Verteilung der Mittel aus den Entflechtungsmitteln des Bundes an: im Haushalt jedes Jahr eine Einnahme von 43 Millionen €. Dann kommt die Ausgabeposition. Ich habe die eine oder andere Kleine Anfrage gestellt, da wurde ganz deutlich, dass die Schwerpunktsetzung bei der faktischen Verteilung in den letzten Jahren eine völlig andere geworden ist.

(Zuruf Birte Pauls [SPD])

Es ist deutlich geworden, dass Gelder für die Sanierung im Straßenbau in die Bereiche ÖPNV-Investitionen und andere Dinge umgeschichtet worden sind.

Deswegen sage ich: Wir brauchen in dieser Situation, in der die Landesregierung mit den überregionalen Straßen nicht vorankommt, in der sie die Landesstraßen nicht saniert, nicht auch noch eine Situation, in der unsere Kreisstraßen verrotten. Wir brauchen verkehrssichere Kreisstraßen. Im Zweifel verzichte ich lieber auf vergoldete Buswartehäuschen.

Würden Sie eine weitere Bemerkung des Abgeordneten Dr. Tietze zulassen?

Lieber Herr Kollege Callsen, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass Sie bei Regierungsübernahme Verträge mit den Kreisen gemacht hatten und den Kreisen Zusagen über Zuschüsse für Kreisstraßen gemacht hatten. Da konnten wir gar nichts ändern. Sie hatten Kreisstraßen in Ihrer Regierungszeit auf Vorrat mit finanziellen Mitteln ausgestattet. Das haben Sie sehr geschickt gemacht.

(Zuruf Tobias Koch [CDU])

Aber jetzt zu sagen, dass seit unserer Regierungsübernahme keine Kreisstraßen mehr ge

fördert worden sind, ist ein wenig Geschichtsklitterung.

- Ich habe auch nicht gesagt, dass keine mehr gefördert werden. Es ist nur noch knapp die Hälfte der angemeldeten Maßnahmen, die praktisch von Ihnen gefördert werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP - Birte Pauls [SPD]: Das stimmt doch im Kreis Schleswig-Flens- burg zum Beispiel nicht! Drei Viertel sind gefördert worden!)

Jetzt hat für die Landesregierung erneut der Verkehrsminister Reinhard Meyer das Wort.

Herr Callsen, bevor ich zum Thema komme: Sie neigen permanent dazu, an der Stelle immer das Falsche zu behaupten, deshalb: Bei den Landesstraßen gab es 2016 dreimal so viele Mittel für Erhalt und Sanierung wie 2011. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis!

(Zuruf SPD: Hört, hört! - Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, ich glaube, in der Debatte ist - auch für Herrn Koch - deutlich geworden, dass es Unterschiede zwischen Opposition und Regierung gibt. Das bedeutet, dass wir in der letzten Zeit zu diesem Thema von der CDU Oppositionsanträge höchst unterschiedlicher Art bekommen haben. Das Motto war: Wünsch Dir was.

Das ist leider nicht umsetzbar. Die Aufteilung ist gewollt, Herr Callsen, dazu stehe ich, dazu steht die Koalitionsvereinbarung. Daher haben wir als Landesregierung bei der Verwendung der Entflechtungsmittel Prioritäten gesetzt. Prioritäten sind sinnvoll und richtig. Wir haben gesagt: Erhalt vor Neubau. Das gilt für die Kreisstraßen. Wir haben gesagt: Wir wollen den öffentlichen Nahverkehr durch Investitionen stärken. Wir haben gesagt: Wir wollen die Verbesserung der Sicherheit an Bahnübergängen, wir wollen die Förderung des Radverkehrs, und wir wollen auch den Erhalt verkehrswichtiger kommunaler Straßen. Das sind unsere Schwerpunkte. Dazu stehen wir in der Koalition auch eindeutig.

Natürlich ist die Frage: Wie geht es nach 2019 weiter? Was ist mit den Entflechtungsmitteln? Das ist Bestandteil der laufenden Verhandlungen zur Neu

regelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Darauf komme ich gleich zurück.

Zu den Zahlen! 43 Millionen € an Entflechtungsmitteln sind hier schon genannt worden. Wie sieht zurzeit der Stand aus? Davon fließen 17 Millionen € in den kommunalen Straßenbau, weitere 5 Millionen € stehen für den Radwegebau zur Verfügung. Sie können natürlich überlegen, ob man das dazuzählen kann. Für den ÖPNV haben wir 21 Millionen €, also knapp 50 %. Das ist faktisch das, was wir heute tun. Ich glaube, damit machen wir heute die richtigen Maßnahmen.