Protokoll der Sitzung vom 10.06.2016

Herr Abgeordneter, der von Ihnen benutzte Begriff aus dem Nutztierbereich ist sicher dem Diskussionsniveau in diesem Hohen Haus nicht angemessen. - Für die CDU-Fraktion hat nunmehr Herr Abgeordneter Hans-Jörn Arp das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird dieses Hohe Haus nicht verwundern, wenn wir sagen, dass wir Ihren Antrag ablehnen, denn es gibt genügend Gründe dafür, so zu verfahren, wie es bereits beim letzten Mal von meinem Kollegen Dr. Axel Bernstein vorgetragen wurde.

Herr König, Herr Breyer und wie Sie alle da sind, es ist unverantwortlich, den Menschen ständig Angst vor einem Überwachungsstaat einzureden. Wir wollen ihn nicht, und wir haben ihn nicht, und als Union lehnen wir ihn auch ab.

(Beifall CDU)

Videoüberwachung in Verkehrsmitteln und an Bahnhöfen hat allerdings schon mehrfach dazu geführt, dass Täter ermittelt werden konnten. Eine deutlich erkennbare Überwachung hat zudem einen abschreckenden Effekt auf die Täter und erhöht das Sicherheitsgefühl der Menschen, und die sind uns wichtig.

Wichtig ist, dass es deutlich für jeden erkennbar ist, dass Überwachung geschieht. Darauf muss hingewiesen werden, sonst geht es nicht. Bahnhöfe und Züge sind gerade in der Dunkelheit potenzielle Risikopunkte. Dieser Tatsache muss Rechnung getragen werden.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Es geht uns um den Schutz der Menschen und nicht um das Sammeln von Daten. Die PIRATEN müssen endlich erkennen, dass sie ihre Ideologie gegen den Willen der Bevölkerung durchsetzen

(Uli König)

wollen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Kai Vogel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Dr. Breyer, bei den Vorfällen, die es in Bonn gegeben hat, ist unter anderem durch die Videoüberwachung am Bahnhof ein Terroranschlag verhindert worden.

Der Orwell-Roman „1984“ hat vermutlich alle von uns beeindruckt. Er hat mich während meiner eigenen Schulzeit beeindruckt. Die totale Überwachung durch den Staat ist eine fürchterliche Vorstellung. Im Jahre 2000 erfolgte die erste Ausstrahlung des Fernsehformats „Big Brother“, und wir konnten genau das erleben, was viele von uns Jahre zuvor massiv ablehnten.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: „Dschungel- camp“! - Wortmeldung Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

- Genau, Herr Kubicki, das „Dschungelcamp“. Und wer hat nicht einmal das „Dschungelcamp“ im Fernsehen angeschaut? - Ich lasse keine Zwischenfrage zu.

(Zuruf Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

- Wenn Sie im Vorwege schon wissen, dass es besser ist, Ihre Frage nicht zuzulassen, dann sollten Sie gar nicht überlegen, sie zu stellen.

(Beifall FDP)

Dort gibt es eine Videokontrolle, die uns ermöglicht, jeden Schritt der Kandidaten mitzuerleben. Warum hat sich das Bewusstsein bei vielen von uns gewandelt? - Vielerorts gibt es Kameraüberwachung, immer an Plätzen oder in Gebäuden, die ein gewisses Gefährdungspotenzial haben. Der Nutzen des Schutzes des eigenen Lebens wird heute höher bewertet als eine vermeintlich unberechtigte Videoaufzeichnung.

(Beifall Volker Dornquast [CDU])

Auch hier im Landtag werden wir bei der Einfahrt in die Tiefgarage, beim Betreten oder beim Verlassen des Gebäudes und rund um das Gebäude von Videokameras erfasst, und ich glaube nicht, dass ir

gendeiner von Ihnen die Überwachung durch das Sicherheitspersonal für eine Schikane hält. Heute geht es um die Zulässigkeit und auch den eventuellen Nutzen von Videoüberwachung in Bahnhöfen und in Zügen.

Busse haben bereits heute vielfach eine Videoüberwachung, damit auch von der Fahrerseite die hinteren Winkel des Fahrzeugs überblickt werden können, dass die Menschen da sicher aufgehoben sind und nicht verunfallen, wenn es zu starkem Bremsen kommt.

Beim HVV haben sehr viele Linienbusse Kamerasysteme, damit es nicht zu Verletzungen beim Einoder Aussteigen kommt. Ich kann zwar nicht sagen, wie viele Menschen beim Einsteigen durch Kamerasysteme vor Verletzungen bewahrt worden sind, aber ich glaube, es gibt keinen Einzigen, der wegen der Videoüberwachung verletzt worden ist.

(Beifall Lars Winter [SPD] - Unruhe)

Schutz vor Gewalt kann eine Videoüberwachung bieten, aber natürlich keine Garantie.

Die PIRATEN haben Angst vor einer totalen Überwachung, und zwar immer unter der Annahme, dass jede Form der Überwachung eine Gefahr darstellt und nicht ein Mehr an Sicherheit bieten könnte. An Bahnhöfen und in öffentlichen Verkehrsmitteln wird es immer Bereiche geben, die ohne Kameraaufzeichnung sein werden. Jedenfalls ist mir bisher keine Technik bekannt, die so weit geht, dass jeder Winkel erfasst werden könnte.

Um einen Überblick zu erhalten, welche Erfahrungen und welcher Nutzen gegebenenfalls durch Videoüberwachung an Bahnhöfen und Fahrzeugen gemacht und erzielt wurden, hat der Innen- und Rechtsausschuss mit seiner Mehrheit eine Entschließung zur Videoüberwachung an Bahnhöfen beschlossen. Die DB möge - das ist jetzt verkürzt - eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung der Wirksamkeit von Videoüberwachung von Fahrgästen an Bahnhöfen und in Fahrzeugen in Auftrag geben.

Auch der Wirtschaftsausschuss hat sich bereits vielfach mit dem Thema befasst. Das wurde im Zusammenhang mit der Ausschreibung des Vergabeverfahrens Netz West diskutiert. Diese Ausschreibung ist abgeschlossen. Die Videoüberwachung wäre optional möglich gewesen, die Option ist aber nicht zur Anwendung gekommen.

Daher ist die jetzige Debatte über das Thema - das ist der wichtigste Satz meiner ganzen Rede -, die von den PIRATEN heute unbedingt geführt werden

(Hans-Jörn Arp)

wollte, eine absolute Phantomdebatte. Es steht tagesaktuell keine neue Ausschreibung an. Wir haben daher im Wirtschaftsausschuss entschieden, bei den kommenden Vergabeverfahren den Einsatz von Videoüberwachung noch einmal ganz genau zu prüfen. Ohne einen nachweisbaren Anlass wird es keine Videoüberwachung geben. Auch die Zustimmung des Wirtschaftsministers, dass eine Videoüberwachung im ÖPNV generell möglich sein soll, ist immer anlassbezogen zu betrachten.

Das ist nach unserer Auffassung ein vertretbarer Kompromiss, denn eine flächendeckende Videoüberwachung wird dadurch ausgeschlossen. Gleichzeitig könnten wir aber flexibel dort, wo es dringend nötig ist, zur objektiven und nicht zuletzt subjektiven Sicherheit beitragen. Denn das Sicherheitsgefühl ist von Natur aus ein sehr persönliches.

Lieber Herr Breyer, wenn Sie einmal Kinder haben werden, werden Sie merken, wie sich bestimmte Einstellungen verändern. Ich bin froh, dass es die Möglichkeit der Videoüberwachung bei uns, beim HVV, bei der S-Bahn gibt, meine Kinder sind dadurch keinesfalls unsicherer unterwegs. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Volker Dornquast [CDU])

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Dr. Andreas Tietze das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr König, da habe ich von Ihrer Fraktion zu dem Thema wirklich schon qualifiziertere Beiträge gehört als das, was Sie hier vorgetragen haben.

(Beifall Lars Harms [SSW] - Unruhe)

Herr Dr. Breyer hat das Thema mit Hartnäckigkeit seit ungefähr zwei Jahren verfolgt, im Übrigen durchaus mit meiner Sympathie. Über das Thema anlasslose Videoüberwachung haben wir oft diskutiert. Sie haben Studien zitiert, Sie haben sich da reingekniet. Wir haben eine umfassende Anhörung durchgeführt.

Jetzt erleben wir hier zehn Minuten Uli König und eine 40-minütige Debatte über ein Thema, bei dem wir uns fragen: Worum geht es eigentlich? Es gibt keine Videoüberwachung in schleswig-holsteini

schen Zügen. Warum gibt es die nicht? Weil wir in der Ausschreibung darauf geachtet haben, dass sie da nicht reinkommt. Es ist ein Unterschied, ob man regiert oder in der Opposition sitzt. Wir haben bei den Ausschreibungen gesagt: Wir möchten das nicht. Es gibt keinen Anlass. Gibt es Vandalismus, gibt es Kriminalität? Nein, gibt es alles nicht. Deshalb haben wir das verhindert, und deshalb gibt es in Schleswig-Holstein auch keine Videoüberwachung.

Herr Abgeordneter Dr. Tietze, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ne, das verlängert das ja alles nur noch.

Das ist korrekt.

(Unruhe)

Ich weiß auch nicht, was ich machen soll. Herr Kubicki, Sie sind länger im Parlament. Ich will ja nicht unparlamentarisch sein.

Ich will an dieser Stelle klar sagen: Ich habe eine schöne Rede vorbereitet, um Ihnen eigentlich argumentativ beizuspringen.

Ich will es wirklich kurz machen. Sie rauben uns Zeit. Sie haben jetzt irgendwie aufgeschnappt, dass sich der Minister enthalten hat, oder was weiß ich. Daraus haben Sie das jetzt aufgepustet.

Solange wir Grüne in dieser Koalition mitarbeiten hoffentlich auch noch nach 2017 -, wird es in schleswig-holsteinischen Bahnen keine Videoüberwachung geben. - Vielen Dank.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)