Heute kommt es auf jeden hier im Parlament an. Uns liegen drei Entwürfe vor. Ich will auch meinen Respekt für alle vorliegenden Gesetzentwürfe aussprechen, auch für den, der von neun Abgeordneten von FDP, SSW und den Grünen unterstützt wird, dem aber niemand aus meiner Fraktion beigetreten ist, weil dieser Gesetzentwurf nicht das beinhaltet, was uns wichtig war, nämlich - zwei Punkte -, dass Gott explizit erwähnt ist und auch eine Demutsformel enthalten ist. In diesem Antrag fehlt eben beides. Deswegen werden wir diesem Antrag so nicht zustimmen können.
Wir werden aber als Fraktion den beiden anderen vorliegenden Anträgen unsere Zustimmung geben können. Ich will mich bei dem, was ich jetzt sage, aber auf den Antrag beziehen, der als Letztes eingereicht worden ist, aber auch von 19 Abgeordneten meiner Fraktion unterstützt wurde. Ich glaube, das ist der einzige Antrag, der heute eine Chance auf eine Zweidrittelmehrheit hat.
Auch die Abgeordneten meiner Fraktion haben sich die Entscheidung, heute Ja zu sagen, nicht leicht gemacht, weil wir uns von der Ursprungsformulierung „in Verantwortung vor Gott und den Menschen“ in erheblicher Weise wegbewegt haben. Das war das, was viele in meiner Fraktion wollten. Deswegen sage ich das auch wirklich ohne Schärfe. Ich finde, die Formulierung, die wir jetzt gefunden haben, ist wirklich eine, die ausgleicht und die andere Meinungen aufgenommen hat.
Ich will ausdrücklich sagen, dass wir immer über Respekt gegenüber Nichtgläubigen in der Debatte gesprochen haben. Ich will heute für meine Fraktion sagen, dass ich finde, es wäre auch ein Zeichen von Respekt den Gläubigen gegenüber und gegenüber denjenigen, denen Gott wichtig ist, wirklich noch einmal zu prüfen, ob man nicht auch aus diesen Gründen einer solche Formulierung zustimmen kann.
Uns ist es wichtig, dass die Formulierung auch von der Initiative unterstützt wird. Ich bin den Mitgliedern der Initiative ausgesprochen dankbar für so viele kluge Gespräche, die wir in den letzten Monaten geführt haben und die auch die Mitglieder mei
Uns ist die unmittelbare Verknüpfung - und das ist am Ende gelungen - zwischen Demutsformel und Gottesbezug wichtig. Das sollte nicht voneinander getrennt sein. Für uns war der Gottesbezug immer eine Demutsformel, aber kein religiöses Bekenntnis. Deswegen ist es klug, dass wir das in der Formulierung gemeinsam so hinbekommen haben.
Ich finde, dass keiner ausgegrenzt wird durch diese Formulierung. Ich weiß, dass es manchem etwas beliebig erscheint, dass auch mancher Wissenschaftler Deutungen dazu gemacht hat, die ich an dieser Stelle zurückweisen möchte, weil es immer im Zusammenhang genannt wird mit Demokratie, Frieden, Menschenrechten, Freiheit und Toleranz, Gerechtigkeit und Solidarität. Deswegen kann es überhaupt gar keinen Zweifel daran geben, was auch mit den anderen Quellen hierbei gemeint ist.
Ich finde, sie ist in der Formulierung kurz und prägnant geworden. Auch das finde ich wichtig. Die bisherige Präambel unserer Verfassung - auch ohne Gottesbezug - ist eine schwer lesbare Präambel. Ich finde es wichtig, dass Präambeln so formuliert sind, dass die Bevölkerung versteht, was wir hiermit meinen. Aber vor allem - und das ist meiner Fraktion wichtig - trägt sie Gott und eine Demutsformel in sich und nimmt Kritiker mit auf.
Ich fand es sehr klug, was die Theologische Fakultät der Christian-Albrechts-Universität mit auf den Weg gegeben hat, warum das eben wichtig ist. Sie hat in ihrer Stellungnahme formuliert:
„Dieses Bewusstsein einer Relativität des eigenen Handelns bewahrt ein Gemeinwesen aus unserer Sicht vor Selbstüberschätzung und (Selbst-)Verabsolutierung.“
Ich bin sicher, dass das, was wir heute zu einem Abschluss bringen, Glanz auf dieses Parlament legen wird, aber auch auf die Volksinitiative und alle, die mitgeholfen haben. Ich weiß, dass sich niemand heute seine Entscheidung leicht macht. Ich appelliere aber ausdrücklich nicht nur an die Mitglieder meiner Fraktion, sondern an alle Mitglieder des Parlaments, diesem gemeinsam gefunden Kompromiss die Zustimmung zu geben. Ich glaube, das wäre wirklich sehr gut für Schleswig-Holstein. - Vielen Dank.
Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat deren Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Eka von Kalben,
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zum dritten Mal spreche ich hier zum Thema Gottesbezug in der Verfassung. Dazwischen lagen viele Gespräche, organisiert von der Volksinitiative, unendliche Gespräche beim Kaffee, auch bei uns in der Fraktion, viele EMails, viele Briefe, viel Austausch - auch in den sozialen Netzen. Es ist erstaunlich, dass ein Thema, das insbesondere diejenigen, die den Gottesbezug ablehnen, als nicht relevant einstufen, solche Debatten auslöst.
Die vielen inhaltlichen Auseinandersetzungen zeigen auch, dass die Debatte um den Gottesbezug egal wie sie ausgeht - nicht überflüssig gewesen ist. Es gab in den letzten Monaten kaum ein anderes Thema, zu welchem mich so viele Briefe und EMails von Bürgerinnen und Bürgern erreicht haben wie zu diesem, zum Teil sogar von Bürgerinnen und Bürgern, die gar nicht in Schleswig-Holstein leben.
Dabei hat sich gezeigt: Nicht nur wir im Landtag, sondern auch die Menschen im Land nehmen in dieser Frage sehr unterschiedliche Haltungen ein. Viele haben nach einem Kompromiss gesucht, wie wir die Präambel so gestalten können, dass Menschen mit religiösem Wertegerüst sich von der Präambel angesprochen fühlen, und zwar ohne, dass sich nichtreligiöse Menschen ausgeschlossen fühlen. Das finde ich sehr erfreulich. Vor allem hat sich gezeigt, dass wir aufeinander zugehen können. Im Grunde genommen sind beide vorliegenden Vorschläge Kompromisse. Ich weiß, dass auch bei dem Vorschlag, den Herr Klug erarbeitet hat, sich Menschen auf den Weg gemacht haben, die eigentlich gar keine Veränderung der Präambel wollten. Insofern sind wir hier Kompromisse eingegangen.
Ich spreche hier ausdrücklich nicht für meine Fraktion und auch nicht als Fraktionsvorsitzende, sondern über meine persönliche Haltung zu diesem Antrag. Bei uns ist es tatsächlich so, dass wir nicht als Fraktion geschlossen eine Haltung vertreten, sondern sehr unterschiedliche Meinungen haben und damit vielleicht die Stimmung des ganzen Landes widerspiegeln.
Mir persönlich ist es erstens sehr wichtig, dass wir in dieser Debatte interreligiös denken. Das war für mich ein ausschlaggebender Punkt dafür, die Initiative letztendlich zu unterstützen. Es gibt nicht nur eine Glaubensrichtung in unserem Land. Ich setze mich dafür ein, dass wir bei der Frage alle Menschen gleich behandeln, und zwar unabhängig davon, welcher Religion sie angehören und auch unabhängig davon, ob sie überhaupt einer Religion angehören. Auch das ist mir wichtig, zu betonen.
Wie ich bereits in der Debatte im April gesagt habe, möchte ich in die Präambel unserer Verfassung ein Bekenntnis zur Vielfalt setzen. Das ist ein Signal auch an diejenigen, die sich hier zurechtfinden müssen. Das ist ein Signal, das sagt: Ihr dürft Eure Religion im Rahmen der Grundrechte ausleben. Auch wir ermöglichen Religiosität, aber ohne Scharia. Wir wollen, dass alle Menschen hier ihre Religion ausleben können. Wir wollen, dass das im Rahmen der Grundrechte passiert.
Mein zweites wichtiges Anliegen in der Debatte um den Gottesbezug ist, dass es hier nicht darum geht, die Trennung von Kirche und Staat infrage zu stellen. Diese ist auch mir wichtig. Wir Grüne setzen uns für eine konsequente Trennung von Kirche und Staat ein.
Heute geht es hier aber nicht um Kirche und auch nicht um den sogenannten politischen Islam, sondern es geht um Religionstoleranz. In unserer Debatte spielen verschiedene Ängste eine Rolle. Einige befürchten - wie schon gesagt -, dass die Trennung von Kirche und Staat durch einen Gottesbezug aufgeweicht wird. Andere machen sich Sorgen, dass die Integration muslimischer Menschen in unserem Land erschwert wird, dass sich der politische, der radikale Islam darauf beziehen könnte und dass es besser sei, nur die Grundrechte zu erwähnen. So hatten sie sich geäußert. Eine weitere Befürchtung ist, dass durch einen Gottesbezug in der Präambel unserer Verfassung Wasser auf die Mühlen derjenigen gegossen wird, die das christliche Abendland herbeireden, dass diese unsere Präambel dann genutzt wird, um gegen Fremde zu polemisieren.
Die vorliegende Formulierung ist aus meiner Sicht aber gerade eine gute Grundlage, diesen Ängsten entgegenzuwirken. Ich wünsche mir, dass bei einer Behandlung im Politikunterricht oder im Studium in diesem Zusammenhang wird wahrscheinlich am ehesten in die Präambel unserer Verfassung geschaut - eine rege Diskussion über die Rolle von Religion im Staat ausgelöst wird. Gerade dieser Text sollte dazu führen, dass wir uns damit ausein
andersetzen, wie es um das Verhältnis von Religion und Staat bestellt ist und wie wir miteinander tolerant umgehen wollen in diesem Land.
Es gehört zum Wesen eines Kompromisses, dass sich alle aufeinander zubewegen müssen. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass es uns nicht gelingen kann, einen Kompromiss zu schließen mit der Erwähnung des Wortes Gott, der sich ansonsten nicht viel unterscheidet.
Ich verstehe wirklich noch nicht, warum wir bei dem einen Kompromiss uns auf ein europäisches, religiöses Erbe beziehen, was im Grunde eher einschränkt, weil nicht alle Religionen zu unserem europäischen Erbe gehören. Deswegen hatte ich mich damit etwas schwer getan, dass die andere Formulierung, in der die Worte „Gott oder und andere Quellen“ auch wirklich gleichberechtigt nebeneinander stehen, auf keinen Fall ging - nur wegen des Wortes. Da werbe ich noch einmal sehr dafür zu überlegen, wo die trennenden Unterschiede sind und ob nicht beides möglich ist.
Ich persönlich finde es schön, dass in dem neuen Kompromiss die Demutsformel mit aufgenommen wurde. Diese wurde auch schon bei uns bei der Volksinitiative von einem jungen Kollegen eingereicht. Das ist etwas, was mir an dem neuen Kompromiss sehr gut gefällt.
Es gehört jedoch dazu, dass einem vielleicht nicht jeder Satz oder jedes Komma so gefällt. Wir sollten hier zumindest versuchen, eine Zweidrittelmehrheit, also eine starke Mehrheit, für einen Kompromiss zu finden, in dem sich viele wiederfinden.
Dem wird jetzt der eine oder andere nicht hundertprozentig zustimmen können, aber dann würden wir ja nie etwas für die Menschen in unserem Land bewegen können. Man kann den vorliegenden Entwurf wissenschaftlich zerreißen, man kann ihn literarisch zerreißen, man kann in dem Gottesbezug die religiöse Versklavung des Abendlandes sehen, oder man sieht es einfach nur als das an, was es für mich ist: Ein guter Kompromiss für diejenigen, denen das Wort Gott in der Präambel sehr wichtig ist, und für alle anderen, die sich auf andere Quellen beziehen. Deshalb bitte ich Sie sehr, diesem Kompromiss zuzustimmen. - Danke.
Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun deren Fraktionsvorsitzender und Abgeordneter Wolfgang Kubicki.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute Morgen habe ich, wie jeden Morgen, die Presseschau über mich ergehen lassen und dabei eine Schlagzeile der „Welt“ entdeckt, die, wie ich finde, genau den Kern der heutigen Debatte beinhaltet, wobei, Frau von Kalben, ein Kompromiss nicht ein Wert an sich ist. Die Schlagzeile lautet:
Man stelle sich vor, es gäbe jetzt keine Zweidrittelmehrheit für welchen Vorschlag auch immer, der Gott beinhaltet. Dann heißt die Schlagzeile morgen: Gott gescheitert!
Das kann ja wohl nicht richtig sein. Ich habe mich daran erinnert, dass der Ministerpräsident dieses Landes im Jahre 2014 erklärt habe, er könne sich eine Landesverfassung ohne Gott in der Präambel gar nicht vorstellen. Ich wollte Sie nur daran erinnern, dass Sie Ihren eigenen Amtseid auf eine Verfassung geleistet haben, in der Gott nicht vorkommt.
- Ich wollte doch nur sagen, dass Sie trotzdem Ministerpräsident geworden sind und ich nicht davon ausgehe, dass Sie verantwortungslos gehandelt haben, obwohl es in der Präambel Gott nicht gegeben hat. Die Behauptung, die immer angeführt wird, ist: Wenn es einen solchen Bezug mit dem Begriff Gott nicht gibt und nicht auf die religiösen Werte Bezug genommen wird, seien wir uns unseren Unzulänglichkeiten nicht bewusst und handelten verantwortungslos.
Wir haben darauf hingewiesen, dass wir, Ekkehard Klug, ich und andere, in diesem Parlament, die Formulierung des Europäischen Verfassungsentwurfs für sehr sinnvoll halten, die auch Bezug nimmt, Herr Kollege Dr. Stegner, auf das religiöse Erbe Europas, und die selbstverständlich aus vielen Quellen auch Erkenntnisse zutage bringt, zu denen wir dann sagen: Aus diesen Quellen schöpft der Landtag seine Berechtigung, diese Verfassung in Marsch zu setzen.
denn die Verfassung selbst an sich kann ja nicht schöpfen. Diese Formulierung an sich ist ja schon unlogisch. Deshalb wundere ich mich, dass sie so vehement verteidigt wird. Mir hat bis heute niemand erklärt, welche weiteren Werte aus dem Glauben an Gott resultieren sollen, wenn ich mich auf das religiöse Erbe Europas beziehe. Ich habe Daniel Günther gefragt, der katholischen Glaubens ist, ob er mir einen Wert nennen kann, der zusätzlich durch die Formulierung „Glaube an Gott“ geschöpft wird. Ich habe viele andere gefragt, ich habe gestern Bischof Jaschke gefragt, der konnte mir darauf auch keine Antwort geben, welche weiteren Werte durch die Formulierung „in dem Glauben an Gott“ geprägt werden.
Nein, es geht hier um eine Machtfrage, innerhalb der Union, zwischen Union und SPD. Wir hören hier auf den Fluren, wenn es gelingt, den Kompromiss mit 46 Abgeordneten zu erreichen, dann ist es ein Erfolg der CDU von Peter Harry Carstensen, und wenn es nicht gelingt, dann ist es Stegners Schuld, weil er seine Mannen nicht auf den Weg gebracht hat.
Ich halte eine Verfassungsdebatte unter solchen Vorzeichen für ziemlich gefährlich, und ich finde es geradezu unerhört, Frau von Kalben und Kollege Stegner, dass auch insinuiert wird, wenn wir uns hier nicht einigen würden, dann würde die AfD das zu ihrem Thema machen und damit in den Landtagswahlkampf ziehen. Schlimmere Argumente, um sich hier zu einigen, kann man nicht finden, wenn wir das antizipieren.
Ich möchte mich ausdrücklich beziehen und das hier wiederholen - weil ich es auch nicht besser formulieren könnte, was aus unserer Sicht gegen die Annahme des von Ihnen vorgeschlagenen Entwurfs spricht -, was Dr. Michael Schmidt-Salomon von der Giordano-Bruno-Stiftung bei der Anhörung erklärt hat. Er hat gesagt, dass der Entwurf, der zur Abstimmung steht, der sogenannte Stegner-Entwurf, nicht zu einer Stärkung, sondern zu einer Schwächung der Bindekraft der Landesverfassung führen wird. Und er hat weiter ausgeführt - wörtlich -:
„Während in der ursprünglichen Form die Orientierung an den Menschenrechten im Mittelpunkt stand, stellt ihnen die Revision Formulierungen zur Seite, die entweder völlig beliebig sind (rhetorische Leerformeln) oder aber eine konkrete inhaltliche Ausrich
„Gegenüber der ursprünglichen Eingangsformel der Verfassung stellt der hier diskutierte Änderungsvorschlag einen rechtspolitischen Rückschritt dar. Unseres Erachtens sollten sich verantwortungsbewusste Politiker nicht von religiösen Lobbygruppen unter Druck setzen lassen. Der ‚Glaube an Gott‘ gehört in den Privatbereich der Bürgerinnen und Bürger - nicht in die Verfassung eines modernen Rechtsstaates.“