Protokoll der Sitzung vom 14.10.2016

(Heiterkeit und Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Lassen Sie uns weiter gemeinsam im positiven Sinne für die gute Sache streiten, und zwar mit einer Landesregierung, die sich dieses Themas stark angenommen hat. Die Küstenkoalition jedenfalls freut sich darauf. - Danke.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt der Herr Abgeordnete Detlef Matthiessen das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich schließe mich dem Dank meiner Vorrednerin für diesen ausgezeichneten Bericht an. Der Bericht zeigt deutlich, dass diese Koalition von Tierschutz nicht nur am Sonntag milde redet, sondern dass sie für den Tierschutz in Schleswig-Holstein sehr viel getan hat. Die Bilanz kann sich sehen lassen.

Die Bilanz zur Tierschutzpolitik der CDU kann sich nicht sehen lassen. Man sieht sie nämlich nicht, weil das Thema Tierschutz bei der CDU schlicht nicht stattfindet. Dies zeigt im Übrigen der Bericht selber. Der Bericht geht nämlich auf einen Antrag der rot-grünen Koalition in der 15. Wahlperiode, 2003, zurück, unterzeichnet unter anderem von der Kollegin Redmann. Der Landtag hat damals beschlossen, dass es in jeder Legislaturperiode einen Bericht zum Tierschutz geben soll. Jedoch weder in der 16. Wahlperiode - Große Koalition - noch in der 17. Wahlperiode - Schwarz-Gelb - wurde solch ein Bericht vorgelegt.

(Zurufe SPD: Pfui!)

Die CDU, die schwarzen Schweiger beim Tierschutz.

(Zurufe CDU)

Der Tierschutz steht seit einigen Jahren als Staatsziel im Grundgesetz und genießt auch in SchleswigHolstein Verfassungsrang. Ich finde es gut, dass der Bericht sich nicht nur mit dem Rechtsrahmen auseinandersetzt, sondern in einem eigenen Kapitel auch die ethischen Grundlagen des Tierschutzes beleuchtet.

Schon in der Bibel - Sprüche 12 - findet man den Grundsatz:

„Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs.“

Meine Damen und Herren, auch ich als Tierarzt finde es sehr gut, dass der Schwerpunkt von dieser Landesregierung im Bereich Nutztierhaltung gesetzt wird, weil dort tatsächlich die großen Defizite in der Tierhaltung sind. Selbstverständlich gibt es auch viele Tierhaltungen im Privatbereich - Heimtiere und so weiter -, bei denen es möglicherweise Tierschutzdefizite gibt. Aber da ist der Gegensatz zwischen wirtschaftlicher Nutzung und Tierschutz natürlich nicht als geborener Gegensatz vorhanden. Insofern finde ich es richtig, dass sich die Landesregierung des Themas Nutztierhaltung so engagiert widmet.

In unserem Rechtssystem hat das Tier Rechte. Mit dem Gesetz zum Tierschutz-Verbandsklagerecht Schleswig-Holstein geben wir dem Tier eine Stimme, damit diese Rechte möglicherweise durchgesetzt werden. Die Auffassung der Grünen ist allerdings, dass ein Tier keine eigene Rechtsperson ist. Darin unterscheiden wir uns von den sogenannten Tierrechtlern.

Diese Landesregierung hat gezeigt, dass sie Tierschutz ernst nimmt. Wie ein grüner Faden zieht sich

(Sandra Redmann)

eine Beteiligungskultur durch den Bericht, die alle Interessen sieht und berücksichtigt. Der Tierschutz ist dabei, die Wirtschaftsinteressen der Tierhalter aber auch. Der Runde Tisch „Tierschutz in der Nutztierhaltung“ gibt Empfehlungen zu allen relevanten Themen, bei denen die verschiedensten Interessen Eingang finden. Damit haben wir neben rechtlichen Mindestanforderungen beziehungsweise dem sogenannten metrischen Tierschutz auch eine Grundlage für eine gute fachliche Praxis, die weit darüber hinausgeht. Das mag vordergründig zunächst einmal wenig sensationell klingen. Es bringt aber in der Praxis eine kontinuierliche Verbesserung zum Wohl der Tiere.

Tierschutz, meine Damen und Herren, ist im Wesentlichen Bundesrecht. Daher sind in Bezug auf verbesserte Rechtsetzung die Möglichkeiten des Landtags begrenzt. Allerdings bleibt natürlich die Möglichkeit, über den Bundesrat Einfluss zu nehmen. Dies hat die Landesregierung ja auch getan, etwa beim Thema „Pelztierhaltung“ oder beim Thema „Wildtiere in Zirkussen“.

Die PIRATEN interessieren sich für Feinheiten wie die konkurrierende Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern nicht so richtig. Sie fordern gern mehr, Verfassung hin oder her, und werfen uns dann vor, wir würden zu wenig für den Tierschutz tun. Ich erinnere nur einmal an das Beispiel: Tötung von männlichen Eintagsküken. Nach Auffassung der PIRATEN sollten wir das Verbot von Nordrhein-Westfalen sofort übernehmen. Wir haben entschieden, erst einmal abzuwarten, und mussten zur Kenntnis nehmen, dass das Verbot vor Gericht scheiterte. Stellen Sie sich einmal vor, liebe PIRATEN, wir wären Ihnen gefolgt. Liebe PIRATEN, Sofortismus und Verbalradikalismus führen also nicht immer zum Ziel.

Kommen wir zum Projekt der Kastration von Katzen. Richtig finde ich die Entscheidung der Projektbeteiligten, sich bei der Fortsetzung des Projekts auf frei lebende Katzen zu konzentrieren. Im Herbst soll eine zweite Kampagne starten. Das ist gut so. Es ist vor allem fachlich besser als die einsame Position der PIRATEN nach dem Motto: Sofort, was gehen mich begrenzte finanzielle Mittel an?

Meine Damen und Herren, ich möchte mich an dieser Stelle auch bei den Kollegen der FDP und der Koalition für die gute Zusammenarbeit beim Hundegesetz bedanken.

Die CDU sollte beim Tierschutz von der Bremse herunterkommen. Die Zeit ist reif dafür. Die Mehr

heit im Land möchte einen anderen Umgang mit Tieren.

Tierschutz ist bei uns Grünen gut aufgehoben. Wir haben gezeigt, dass wir nicht nur Forderungen aufstellen, sondern Verbesserungen auch wirklich durchsetzen können; zwar nicht von heute auf morgen, aber dafür mit Beharrlichkeit und Konsequenz. - Meine Damen und Herren, ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Oliver Kumbartzky das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich danke natürlich ganz herzlich für den Bericht. Ich finde sowieso, dass allgemeine Tierschutzdebatten diesem Haus guttun. Sie sind auch immer gut. Ich erinnere an die legendäre Diskussion zum Kastrationsantrag der PIRATEN. Aber auch sonst haben wir wirklich weise Beschlüsse gefasst wie zum Beispiel das schon erwähnte Hundegesetz oder auch die Änderung der Verfassung.

Der vorliegende Bericht gibt einen guten Überblick über das, was gemacht worden ist und gemacht wird. Es ist schon erwähnt worden, dass sich ein Artikel auch der Tierethik widmet. Es ist gleich das erste Kapitel. Dort erleben wie eine Zeitreise. Sie beginnt mit dem größten Philosophen der Antike, Aristoteles, und endet beim größten Agrarphilosophen des echten Nordens, Herrn Dr. Habeck.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - San- dra Redmann [SPD]: Jawoll!)

Dazu fällt mir ein Zitat von Albert Schweitzer ein:

„Wie die Hausfrau, die die Stube gescheuert hat, Sorge trägt, dass die Türe zu ist, damit ja der Hund nicht hereinkomme und das getane Werk durch die Spuren seiner Pfoten entstelle, also wachen die europäischen Denker darüber, dass ihnen keine Tiere in der Ethik herumlaufen.“

Vielleicht sollten wir uns das einmal zu Herzen nehmen und uns nicht nur der Tierethik, sondern gerade dem praktischen Tierschutz in SchleswigHolstein zuwenden.

(Detlef Matthiessen)

Das führt mich zur Landwirtschaft und zur alten Bauernweisheit: Das Auge des Herrn mästet das Vieh. Klar ist doch: Je engagierter der Landwirt ist, desto besser geht es auch den Tieren. Nach wie vor ist und bleibt der Landwirt selbst die wichtigste Einflussgröße auf das Tierwohl. Deshalb gilt für uns Freie Demokraten: Verbesserungen für die Tiere können nur gemeinsam mit den Landwirten gelingen, niemals gegen sie.

Wir finden deshalb, dass der Weg über Runde Tische wie zum Beispiel der zum Tierschutz in der Nutztierhaltung unter Einbezug aller relevanten Akteure und Verbände ein guter Weg ist, um mehr für den Tierschutz in Schleswig-Holstein zu erreichen. Herr Dr. Habeck, das möchte ich ausdrücklich loben. Die Debatten bei den Runden Tischen sind seitens der Regierung natürlich ernst zu nehmen und abzuwarten, ehe man vor Abschluss schon mit Verordnungen Fakten schafft.

Tierschutz muss im Einklang mit der Landwirtschaft vorangebracht werden. Dazu gehört, den Tierschutz ständig zu überprüfen und an neue gesellschaftliche Entwicklungen und Herausforderungen sowie wissenschaftliche Erkenntnisse anzupassen. Es ist zudem vonnöten, den Tierschutz mit objektiven Kriterien und Indikatoren zu versachlichen. Auch die Beratung und die Fortbildung sind wichtige Bausteine.

(Beifall FDP und Sandra Redmann [SPD])

Ich möchte den landwirtschaftlichen Bereich verlassen und komme zu den Heimtieren. Der Schutz von Heimtieren kommt in der öffentlichen Diskussion gegenüber den stetigen Änderungen und Verschärfungen des Rechtsrahmens in der Nutztierhaltung leider oftmals zu kurz. Hier in dem Bericht wird der Bereich erwähnt. Aus unserer Sicht sollte auf eine Verstärkung der Tierschutzbildung und Sachkunde im Zoofachhandel sowie bei den Tierhaltern gesetzt werden. Dieser Aspekt kommt in dem Bericht ein bisschen zu kurz. Diese Forderung stelle ich hier aber auf. Wir sehen beim neuen Hundegesetz, das auf Initiative der FDP entstanden ist, worüber ich mich wirklich freue, dass wir das hier mit großer Mehrheit gemeinsam beschließen konnten. Das ist ein großer Schritt nach vorn.

(Beifall FDP und vereinzelt SPD)

Ich finde, dieses Gesetz sollte bundesweit Vorbildcharakter haben, sodass die anderen Bundesländer endlich diese diskriminierenden und überflüssigen Rasselisten abschaffen.

Kollege Rickers, Sie haben gerade noch einmal das Hundegesetz kritisiert. Das ist immer die gleiche Leier, die da kommt, nämlich das Thema Kennzeichnung und Registrierung.

(Beifall FDP)

Man muss immer aufpassen. Wenn man mit einem Finger auf die anderen zeigt, dann zeigt man mit drei Fingern auf sich selbst.

(Beifall FDP und Sandra Redmann [SPD])

In dem Bericht steht auf Seite 42:

„Die Verbraucherschutzministerkonferenz hat sich im April 2016 mit einer Kennzeichnungspflicht für Hunde und Katzen befasst und im Ergebnis die Bundesregierung gebeten, eine Ermächtigungsgrundlage für eine Kennzeichnungspflicht für Hunde im Tierschutzgesetz zu verankern und dies mit einer Registrierungspflicht zu koppeln.“

Das ist Ihre Bundesregierung. Insofern würde ich mir wünschen, dass dieser Beschluss, den Schleswig-Holstein mitgetragen hat, auch bei Ihrer Bundespartei und bei Ihrer Bundesregierung ankommt, sodass wir im Sinne des Tierschutzes eine Registrierungspflicht bekommen.

(Beifall FDP, vereinzelt SPD und Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Darüber hinaus wäre aber noch mehr möglich. Der Regierung scheint hier nicht wirklich viel einzufallen. Aber die FDP hilft Ihnen immer gern auf die Sprünge, gerade wenn es um das Thema Tierschutz geht. Ein Beispiel: Wieso setzen Sie sich auf Bundesebene nicht einmal dafür ein, dass ein Heimtierzuchtgesetz geschaffen wird, um Gesetzeslücken hinsichtlich Zucht, Haltung, Import und Handel mit Tieren endlich zu schließen?

(Beifall FDP)

Auch Regelungen zum Sachkundenachweis von Züchtern könnte so ein Gesetz enthalten. Das ist doch wirklich eine Doppelmoral, wenn für jedes Finanz- oder Versicherungsgeschäft ein Beratungsprotokoll erstellt und dokumentiert werden muss, das lebende Tier aber vielerorts ohne jegliche Beratung zur artgerechten Haltung verkauft wird.