Protokoll der Sitzung vom 13.12.2012

Dem Bericht ist zu entnehmen, dass die Kooperation mit Dänemark so konkret und so ergebnisorientiert wie möglich ausgerichtet wird. Ausgehend von den Erfahrungen und Ergebnissen der bisherigen grenzüberschreitenden Projekte wird die Landesre

(Lars Harms)

gierung die grenzüberschreitende Zusammenarbeit weiter ausbauen. Hierfür wurde bereits ein Thesenpapier erstellt, das die Grundlage für gemeinsame Aktivitäten darstellt.

In diesem Kontext ist auch der Besuch von Ministerpräsident Albig, der Europaministerin Spoorendonk und der Minderheitenbeauftragten zu sehen. Dies begrüßen wir ausdrücklich - hat es doch dazu geführt, dass das angespannte Verhältnis zur dänischen Politik schnell beruhigt werden konnte. Ich kann Ihnen sagen, meine Damen und Herren, das Verhältnis war in der Tat aufgrund der Diskriminierung der dänischen Schülerinnen und Schüler durch die vorherige Koalition höchst angespannt. Zum Glück hat das ein Ende. Das wird auch gerade in der dänischen Politik sehr begrüßt.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Bericht wird deshalb in diesem Zusammenhang explizit darauf hingewiesen, dass die Minderheitenpolitik als sehr konstruktiv bezeichnet wurde. Dies ist eindeutig ein Verdienst der jetzigen Landesregierung, die sich zu ihren Minderheiten bekennt und die Gleichstellung wieder eingeführt hat.

Ich möchte aber deutlich sagen, dass die Kürzungen bei den Minderheiten seinerzeit nicht nur im deutsch-dänischen Zusammenhang gesehen wurden. Vielmehr wurden die Kürzungen auch auf europäischer Ebene wahrgenommen. Sie haben auch dort für Entrüstung und Unverständnis gesorgt. Daher wurde auch dort die Gleichstellung positiv aufgenommen. Meine Damen und Herren, Minderheitenpolitik ist nämlich auch Europapolitik. Dies war der schwarz-gelben Landesregierung völlig egal. Uns ist es aber nicht egal. Wir wollen eine gute Europapolitik haben. Dazu zählt ausdrücklich auch eine moderne Minderheitenpolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie bereits eingangs erwähnt, kommt dem Land Schleswig-Holstein auch im Zusammenhang mit der Ostsee- und Nordseepolitik eine wichtige Rolle zu. Im Zusammenhang mit der integrativen europäischen Meerespolitik hat sich Schleswig-Holstein seinerzeit unter Minister Döring ein redliches Standing erarbeitet. Ich weiß, dass es eine Herzensangelegenheit von Europaministerin Spoorendonk ist, dies wieder neu zu beleben und Schleswig-Holstein wieder neu zu profilieren. So wird Schleswig-Holstein in Zukunft wieder ein maßgeblicher und verlässlicher Zusammenarbeitspartner sein, wenn es

um die Kooperation im Ostseeraum und um die Umsetzung der EU-Ostseestrategie geht. Mit anderen Worten: Schleswig-Holstein wird dazu beitragen, dass der Ostseeraum zur maritimen Modellregion Europas wird. Dieses, meine Damen und Herren, ist nicht nur ein kulturelles Thema, es ist auch ein wirtschaftliches Thema in Bezug auf die, wenn man so will, Konkurrenzregion im Mittelmeerraum. Das ist nicht irgendwie „nice to have“, sondern diese Politik ist ein wichtiger Teil der schleswig-holsteinischen Politik, der eben auch wirtschaftliche Auswirkungen haben kann, meine Damen und Herren.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Bericht macht deutlich, dass die Nordseekooperation zurzeit noch in den Kinderschuhen steckt. Der Wille vonseiten der Nordseekommission, die Zusammenarbeit voranzubringen, ist da, jedoch fehlt es derzeit an politischer Durchschlagskraft. Nichtsdestotrotz wurde von der Nordseekommission ein Aktionsplan entwickelt, der als Teil einer europäischen Nordseestrategie herangezogen werden könnte. Die Zusage Schleswig-Holsteins, sich stärker in der Nordseekooperation zu engagieren, ist positiv, um die Zusammenarbeit in der Nordseeregion praktisch und wirkungsvoll voranzubringen.

Für den Bereich der Wattenmeerregion entlang der dänischen und deutschen bis einschließlich der niederländischen Küste lässt sich feststellen, dass es sich hierbei durchaus um eine homogene und zusammenhängende Region handelt. Das Wattenmeer, die Inseln und Halligen sowie das Festland und die Deiche, bilden einheitliche Elemente, die für die gesamte Küstenregion prägend sind. Seit Jahrtausenden ist diese Küstenlandschaft gleichermaßen den Einflüssen der Nordsee ausgesetzt. Die Lebensgrundlage der dort lebenden Bevölkerung ist nahezu identisch und hat sich entsprechend entwickelt.

Die natürliche Lebensgrundlage ist - wie anderswo auch - die Grundlage für die kulturelle Entwicklung der Bevölkerung. Daher ist es nicht verwunderlich, dass wir in der gesamten Wattenmeerregion so viele kulturelle Gemeinsamkeiten haben; trotz der nationalen Grenzen. Vom LancewadPlan gibt es ein Projekt, dessen Strategie der Erhalt dieser Landschaft als gemeinsames Erbe und als lebendige historische Landschaft ist. So ist es für uns vom SSW einleuchtend, darüber hinaus die gesamte Kultur der Wattenmeerregion als lebendiges kulturelles Erbe zu erhalten. Als immaterielles Kulturerbe der

(Lars Harms)

UNESCO lässt sich diese einzigartige Wattenmeerkultur und damit verbunden die dort vorhandene einmalige sprachliche Vielfalt nicht nur schützen, sondern auch auf die europäische Ebene heben. Dies sage ich vor dem Hintergrund, dass heute verkündet wurde, dass der Bundestag zugestimmt hat, diesem Abkommen über ein immaterielles Weltkulturerbe beitreten zu wollen, sodass wir in drei Monaten Ratifizierungsstaat sein werden. Für uns Schleswig-Holsteiner ergibt sich daraus eine große Chance, auf europäischer Ebene ein Ausrufungszeichen zu setzen.

Die niederdeutsche Sprachgruppe hat diesen Wunsch schon geäußert, und auch die friesische Minderheit zeigt sich von dieser Idee überzeugt; übrigens nicht nur hier bei uns, sondern auch in den Niederlanden. Eine solche Initiative der Anmeldung der kulturellen Ausdrucksformen in der Nordseeregion verbunden mit der sprachlichen Vielfalt könnte somit der Startschuss für eine noch engere Zusammenarbeit in der Nordseeregion sein. Wir wollen diese Zusammenarbeit angehen, und zwar nicht nur in der Nordsee-, sondern auch in der Ostseeregion und grenzüberschreitend in Dänemark. Das ist das belebte Europa der Regionen, für das wir in Schleswig-Holstein eine Verantwortung haben. Das bringt den europäischen Gedanken näher zu den Menschen. Dies muss unser aller Ziel sein. Ich bin ganz sicher, dass die Erreichung dieses Ziels bei Frau Ministerin Spoorendonk in guten Händen ist. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich vier Anmerkungen zu der Debatte und der guten Regierungserklärung der Europaministerin machen.

Liebe Anke Spoorendonk, der Abgeordnete Dr. Klug hat komplett recht, wenn er sagt, wir müssen bei europäischen Fragen in der Sache streiten und nicht nur so tun, als seien wir uns in allem einig. Hier haben Sie wirklich recht. Auch wenn ich mit manchen der Punkte, die Sie hier vorgetragen haben, nicht übereinstimme, so muss ich doch sagen, dass sich Ihre Rede angenehm von der der

Kollegin Damerow unterschieden hat, die bemerkenswert substanzlos war.

Frau Damerow, auf der einen Seite sagen Sie, alles, was wir jetzt machen, sei - im Vergleich zu Ihnen genau das Gleiche. Dabei rührt sich bei Ihnen jedoch keine einzige Hand, egal was hier vorgetragen wird. Auf der anderen Seite sagen Sie, das sei inhaltsleer. Für eines müssen Sie sich schon entscheiden. Inhaltsleer war dann wohl die Politik der Vorgängerregierung. Das hat wirklich keine Substanz. Da streite ich lieber mit Herrn Dr. Klug über die Inhalte, statt einer so niveaulosen Rede zuzuhören.

(Beifall SPD und SSW)

Es gab aber in der Tat einen Neuanfang. Darauf hat der Kollege Harms eben hingewiesen. In der Minderheitenpolitik und bei der Beziehung zu Dänemark war das Verhältnis durch die Vorgängerregierung nahezu ruiniert. Das ist in kürzester Zeit geändert worden, und das ist gut so.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich finde es auch ein bisschen kleinkariert, der Europaministerin zu sagen, sie habe alles Mögliche noch nicht erreicht, wenn wir noch nicht einmal ein halbes Jahr an der Regierung sind. Vieles hat sie schon erreicht. Liebe Anke Spoorendonk, das war auch der SSW-Beitrag aus der Landesregierung. Wir freuen uns, dass der SSW daran beteiligt ist. Das ist gut so. Wir haben, was die Europapolitik für den Rest der Legislaturperiode angeht, hohe Erwartungen an die Europaministerin.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Obwohl die Frau Kollegin von Kalben sich wirklich selbst verteidigen kann, möchte ich einen Punkt aufgreifen. Lieber Herr Dr. Klug, zu dem, was Sie mit Blick auf Hans-Dietrich Genscher und auf antieuropäische Ressentiments vorgeworfen haben, will ich sagen: Momentan geht es in Europa genau darum, das Primat der demokratischen Politik gegen den Wettbewerbsfundamentalismus und gegen die Dominanz der Finanzmärkte zu verteidigen für ein soziales und demokratisches Europa. Als Vertreter einer Partei, die schon 1925 in Heidelberg beschlossen hat, die Vereinigten Staaten von Europa zu wollen, sage ich: Es ist genau diese Frage, die dafür sorgt, dass antieuropäische Ressentiments nicht stärker werden. Bei diesem Thema verweigert sich die FDP am stärksten. Sie blockieren fast jede Maßnahme, die ein soziales Europa stärkt und die Finanzmärkte in die Schranken weist sowie dafür

(Lars Harms)

sorgt, dass es ein Primat der Politik für ein soziales Europa gibt. Sehr verehrter Herr Dr. Klug, das ist das Problem der FDP.

Leider gilt das auch für die Union. Die Kanzlerin ist - was das Thema angeht - ein Rohr im Wind. Sie ist meinungslos. Sie vollzieht unsere Forderungen mit Verspätung, egal ob diese die Finanzmarkttransaktionssteuer oder Wachstumsimpulse gegen die erschreckend hohe Jugendarbeitslosigkeit in Spanien oder Griechenland betreffen. Ich sage Ihnen: Wenn wir nicht etwas tun, damit die jungen Menschen eine Perspektive in Europa kriegen, dann werden diese sich gegen Europa und gegen die Demokratie auflehnen. Das ist unsere gemeinsame Verantwortung. Darum geht es, und hier haben Sie sich lange genug verweigert.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Schlimmste, das die Bundesregierung, die von Schwarz und Gelb gestellt wird, macht, ist, dass die Art und Weise, wie sie in Europa auftritt, überhaupt nichts mit dem Europa der guten Nachbarn zu tun hat. Ganz Europa stellt sich gegen Deutschland, weil es besserwisserisch auftritt und sich eben nicht darum kümmert, um Verständnis zu werben. Deutschland war in Europa noch nie so isoliert wie seit der Zeit, in der Frau Merkel die Politik macht. Herr Sarkozy ist weg, er war der letzte Verbündete. Berlusconi soll angeblich wiederkommen, das kann nur heiter werden. Alle Europäer, egal wer sie regiert, sagen: Diese Art der deutschen Dominanz, des Auftretens und der Besserwisserei, anderen zu erzählen, was man tun muss, statt dafür zu werben, dass man gemeinschaftlich vorankommt, ist in der Tat ein Problem.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Martin Schulz ist ein hervorragender Vertreter, nicht nur des Europäischen Parlaments, sondern genau derjenigen, die dafür werben, Europa zusammenzubringen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Mit dem habe ich gerade geredet!)

- Es mag sein, dass Sie ab und zu mit jemandem reden, Herr Kubicki. Es wäre aber gut, wenn Sie aus den Gesprächen etwas verstehen würden. Martin Schulz könnte Ihnen nämlich erklären, wie das mit dem demokratischen Europa ist. Es ist in jedem Fall kein Europa, in dem Frau Merkel so auftritt, als sei sie die Lehrmeisterin der Republik.

Ich will Ihnen auch sagen, wie sie das tut: Wir haben es eine ganze Weile lang erlebt, wie antigrie

chische Ressentiments geschürt wurden. Gleichzeitig wird den Menschen die Wahrheit vorenthalten, dass der Schuldenschnitt kommen wird. Dieser wird nämlich kommen. Sie glauben, Sie kommen besser über die Bundestagswahl, wenn Sie die Wahrheit verweigern. Das sehen wir bei Frau Merkel.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung leistet europapolitisch viel zu wenig. Wir müssen ein Volk der guten Nachbarn sein und bleiben. Das bedeutet, auch mit den kleineren Ländern so umzugehen, dass man Ressentiments nicht schürt, sondern den Menschen erklärt, was passiert. Man darf im Übrigen auch nicht hingehen und sagen, ich presse euch alle möglichen Dinge ab: Die Renten werden gekürzt, im öffentlichen Dienst werden die Leute entlassen, die Gehälter werden gekürzt, und es wird privatisiert, was nicht niet- und nagelfest ist. Wenn es aber darum geht, an die Milliarden Euro zu kommen, die zum Beispiel von griechischen Millionären auf Schweizer Konten liegen, dann kommen Sie mit einem deutsch-schweizerischen Abkommen, das die Steuerhinterzieher schützt. Das ist Ihr Beitrag zu Europa, und das ist ein falscher Beitrag. Das ist ein ganz falscher Beitrag zur Europapolitik.

(Beifall SPD - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Sie schützen immer diejenigen mit den höchsten Einkommen und Vermögen. Das kennen wir schon von Ihnen. Das aber ist nicht Europa. Europa ist nicht das Europa der Mächtigen und der Finanzstarken, sondern Europa muss das Europa der Menschen sein; der Jugendlichen, die Perspektiven haben. Europa muss ein Europa der Menschen und der Demokratie sein, damit wir eine höhere Wahlbeteiligung erhalten und über die Inhalte streiten, wie Herr Dr. Klug es gesagt hat. Dazu gehört aber auch ein gewisser Umgangsstil.

Vor Kurzem hatte ich die Gelegenheit, mit Herrn Barroso zu reden, als ich in Brüssel war. Er steht nicht im Verdacht, Sozialdemokrat zu sein. Ich habe mit ihm darüber geredet, wie die Regierungschefin auftritt und was darüber selbst in den Ländern gedacht wird, die von der eigenen Parteienfamilie regiert werden. Sie hören überall: Das ist die deutsche Dominanz, das ist der Versuch, uns einzuschränken und sich durchzusetzen. All dies wird sich für uns noch bitter rächen.

Denn man muss sagen, dass es auch schon Zeiten gegeben hat, in denen Deutschland der Unterstützung durch europäische Nachbarn bedurft hat. Das

(Dr. Ralf Stegner)

wird manchmal von denjenigen vergessen, die die Regierungsmehrheit haben.

Ich sage nur, wir Sozialdemokraten - ich glaube, das teilen auch die Grünen und der SSW - wollen ein Deutschland der guten Nachbarschaft mit unseren Nachbarn an allen Stellen in Europa sein. So habe ich die Bemerkung verstanden. Da haben wir einiges zu tun, und daran sollten wir arbeiten. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Besuchertribüne Mitglieder des Ortsvereins der SPD Sereetz, die auf Einladung der Abgeordneten Redmann hier sind. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)