Protokoll der Sitzung vom 23.03.2017

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, grundsätzlich habe ich Sympathie für Ihren Antrag, denn in einem grundlegenden Punkt haben Sie Recht: Das beschlossene Kita-Geld ist der nach unserer Auffassung komplett falsche Weg, wenn es um die Verbesserung der Kita-Finanzierung geht. Das hat der Landesrechnungshof schon bei der Einführung des Kita-Geldes festgestellt. Er hat auch zu Ihrem Gesetzentwurf geschrieben, dass er das Geld lieber in der Struktur als im Rahmen von Einzelzuwendungen sieht, denn die Struktur ist schlecht. Darauf komme ich noch zu sprechen.

Darum geht es bei dem Gesetz ja auch nicht. Es geht darum, dass man Wähler motivieren möchte, ihr Kreuz an einer bestimmten Stelle zu machen und das in einer Lage, in der schon ein Gesetz beschlossen worden ist, das bereits wirksam geworden ist. Da reicht es nicht aus, eine Rolle rückwärts zum Status quo von vorgestern zu machen.

Eine Folge hat das Kita-Geld nämlich jetzt schon: Viele Kommunen haben die Elternbeiträge bereits erhöht oder eine solche Erhöhung beschlossen. Wenn wir jetzt den Eltern das Geld wegnehmen, mit dem sie die Erhöhung kompensieren können, dann tragen wir den politischen Streit auf deren Rücken aus. Das kann die CDU doch eigentlich nicht ernsthaft wollen.

(Anita Klahn)

(Zuruf SPD: Doch! Das will sie!)

Sie wissen, dass Ihr Antrag keine Chance auf Erfolg hat. Deswegen gehen Sie auch kein Risiko ein. Nach unserer Auffassung geht konstruktive Politik anders, aber das scheint in diesen Zeiten ja eher eine untergeordnete Rolle zu spielen.

Dass die Kommunen die Gebühren erhöhen, kommt weder überraschend, noch ist es bösartig. Wir alle wussten, dass es passieren wird, weil die Kitas nicht ausreichend finanziert sind. Daran ändern auch die 100 € nichts - jedenfalls dann nicht, wenn man sie nicht ins System steckt. Was wir brauchen, ist keine Rolle rückwärts, sondern einen vernünftigen und etwas größeren Plan. Wir brauchen eine grundlegend neue, transparente, nachvollziehbare sowie vor allen Dingen einfache und auskömmliche Finanzierung der Kitas.

(Beifall Uli König [PIRATEN])

Heute werden die Kitas aus unzähligen kleinen Töpfen in einem System finanziert, das keiner mehr wirklich durchschaut. In diesem Bereich wurde lange Zeit eine Flickenteppichfinanzierung vorangetrieben. Das Ergebnis sieht auch aus wie ein Flickenteppich. Da hilft uns kein weiterer Flicken an anderer Stelle, wie es die CDU fordert.

Wir müssen eine nachvollziehbare, solide und auskömmliche Gesamtfinanzierung aufstellen, mit der die Kitas arbeiten können. Was nützen uns Kitas, die baufällig sind oder zu wenig Personal haben - die Frau Kollegin Klahn hat es eben erwähnt?

Der Schlüssel von 1,5 ist vernünftig. Wenn wir uns die gute Betreuung nicht mehr leisten, mit anderen Worten: Wenn es da gar keine Kita mehr gibt oder in der Kita niemand mehr ist, der die Kinder in Empfang nimmt, dann wäre das nicht gut. Das Geld ist da. Wir müssen nur bereit sein, es in die Zukunft unseres Landes zu investieren, denn diese Kinder sind unsere Zukunft. Sie sollen einmal das Geld erarbeiten, mit dem in 20 oder 30 Jahren SchleswigHolstein gestaltet werden kann.

Wer stattdessen lieber Haushaltsüberschüsse und schwarze Nullen feiert, tut dies auf Kosten der nachkommenden Generation. Das ist egoistisch und nicht nachhaltig. Der CDU-Antrag bietet leider keinerlei Perspektiven für eine solche Zukunft. Er ist faktisch rückwärtsgewandt, weil er nur den Status vor dem Krippengeld herstellen möchte. Für eine solche Politik sind wir nicht zu haben. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall Uli König [PIRATEN])

Für die Abgeordneten des SSW hat jetzt der Herr Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Eigentlich gibt es zu diesem Gesetzentwurf wirklich nicht mehr viel zu sagen.

(Beifall Wolfgang Kubicki [FDP])

Wenn ich ganz ehrlich sein soll, dann ist mir und meiner Partei schon bei der ersten Lesung wenig dazu eingefallen. Das liegt ganz bestimmt nicht am Thema Kita. Hier gab und gibt es eine ganze Reihe von Herausforderungen, mit denen wir uns sehr intensiv beschäftigt haben und auch weiter beschäftigen werden.

Der Grund liegt an ganz anderer Stelle: Bekanntlich haben wir das Krippengeld in einem ganz normalen, regulären parlamentarischen Verfahren beschlossen. Die CDU kommt daraufhin trotzdem mit einem Gesetzentwurf um die Ecke, der die Abschaffung fordert. Natürlich kann man hier inhaltlich anderer Meinung sein - keine Frage. Die Mehrheit im Parlament hat sich nun aber einmal dafür entschieden. Vor diesem Hintergrund ist ein solches Verhalten relativ abenteuerlich. Meinem Verständnis von Politik wiederspricht es jedenfalls sehr deutlich.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Noch dazu ist es ganz einfach schade, weil es uns bei diesem wichtigen Zukunftsthema kein Stück weiterbringt. Unabhängig vom Stil in diesem Verfahren kann man natürlich einen anderen Schwerpunkt setzen. Der SSW bewertet das Krippengeld aber als handfeste Entlastung für viele Menschen im Land.

(Beifall SSW und Dr. Ralf Stegner [SPD])

Eltern von Krippenkindern haben so jeden Monat bis zu 100 € mehr im Portemonnaie. Auch, wenn man dieses Geld vielleicht lieber woanders investieren würde, ist das nun einmal Fakt.

Aus unserer Sicht gehen wir hier gleichzeitig einen wichtigen Schritt in Richtung beitragsfreie frühkindliche Bildung. Dass wir trotz dieser Maßnahme noch deutlich mehr tun müssen, wenn es um die Unterstützung von Familien und den Zugang zu Bildung geht, steht dabei völlig außer Frage. Hier werden wir nicht nachlassen. Nach unserer Überzeugung muss Bildung kostenlos sein. Das ist unser

(Wolfgang Dudda)

übergeordnetes Ziel, und da werden wir auch weitermachen.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bildung ist ein absoluter Schwerpunkt dieser Koalition. Dazu gehört auch die frühkindliche Bildung.

Das belegen die Zahlen sehr deutlich: Seit 2012 haben wir die Gesamtsumme aller Förderprogramme auf fast 231 Millionen € erhöht und somit mehr als verdoppelt. Seit 2012 haben wir fast 10.000 zusätzliche Kita-Plätze geschaffen. Für weiteres Fachpersonal geben wir 25 Millionen €, für Maßnahmen zur Qualitätssicherung 12 Millionen € zusätzlich aus. Daneben geben wir bis 2018 weitere 32 Millionen € für den Bau von Kitas und weitere 10 Millionen € für die Betriebskosten im Ü-3-Bereich aus. Auch den Fachkraft-Kind-Schlüssel haben wir verbessert und die Förderung von Regional- und Minderheitensprachen eingeführt.

Leider zeigt sich aber immer deutlicher, dass das total intransparente und über viele Töpfe verteilte Finanzierungssystem dazu führt, dass die gewünschten Effekte nicht immer erreicht werden. Deshalb herrscht nicht nur hier im Parlament, sondern auch unter allen Beteiligten große Einigkeit, dass ein transparentes Finanzierungssystem her muss.

Hier ist mit der vorliegenden Absichtserklärung, dem Letter of Intent von Land und kommunalen Landesverbänden, ein erster wichtiger Schritt gemacht worden. Gemeinsames Ziel ist ein transparentes, nachfrage- und qualitätsorientiertes System. Dem SSW ist hier besonders wichtig, dass für die Übergangszeit bis zur völligen Beitragsfreiheit endlich ein einheitliches Recht der sozialen Ermäßigung verankert wird, denn gerade für Eltern mit mittleren und geringen Einkommen stellen die Beiträge mitunter eine erhebliche Belastung dar.

Doch trotz aller grundsätzlichen Einigkeit in dieser Frage sollten wir alle etwas Geduld mitbringen: Dieses Verfahren ist nun einmal mehrstufig, es sind viele Akteure involviert. Entsprechend viele unterschiedliche Interessen müssen in Einklang gebracht werden. Daran führt kein Weg vorbei. Es ist niemandem damit geholfen, wenn wir hier irgendwelche Schnellschüsse oder sogar eine Rolle rückwärts machten. Aus Sicht des SSW brauchen wir eine gründliche Reform, die dann auch langfristig tragfähig ist. Ich denke, dass wir hier auf einem wirklich guten Weg sind. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für einen Dreiminutenbeitrag spricht jetzt der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg zu uns.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir ist es wichtig, noch einmal auf einen Punkt aufmerksam zu machen. Mir ist der Letter of Intent der Landesregierung, der jetzt unterzeichnet wurde, eigentlich relativ egal. Ich möchte aber auf einen Punkt aufmerksam machen, der sich aus einem Scharmützel bei der ersten Lesung zwischen der Kollegin Midyatli und mir ergeben hat. Er zeigt den Unterschied zwischen dem, was Sie auf den Weg gebracht haben, und dem Vorschlag der FDPFraktion, den wir übrigens mit einem Änderungsantrag zum Nachtragshaushalt morgen noch einmal zur Abstimmung stellen.

Sie versuchen zur Beitragsfreiheit zu kommen, indem Sie sagen: Jetzt gibt es Krippengutscheine.

(Serpil Midyatli [SPD]: Genau!)

Dieser Krippengutschein wird im Zweifel nächstes Jahr oder übernächstes Jahr erhöht. Irgendwann wollen Sie so zur Beitragsfreiheit kommen.

Das wollen wir auch. Das heißt aber, dass Sie dann Ihr Gutscheinsystem wieder komplett umdrehen müssen. Wenn nämlich ein Kita-Platz oder auch eine U-3-Betreuung beitragsfrei ist, braucht man ja keinen Gutschein.

Wir sagen von Anfang an: Wir wollen nicht zwei Finanzierungsmodelle. Wir wollen nicht die Zweigleisigkeit, sondern schlagen vor, zu deckeln. Wir sagen den Eltern ganz klar: Unser Angebot sind 150 € oder 200 € für eine Acht-Stunden-Betreuung. Wir versprechen, dass wir diesen Deckel im Laufe der Zeit bis zur Beitragsfreiheit weiter senken. Ich finde, dass dies der einfachere und transparentere Weg ist.

(Wortmeldung Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ich lasse die Zwischenfrage gern zu, wenn Sie mir noch ein Argument gestatten.

Auch ich finde die Kita-Finanzierung kompliziert. Ich finde, dass man sie auf unkompliziertere Füße stellen muss. Damit sollen sich aber nicht die Eltern herumschlagen müssen. Das ist der Job einer neuen

(Flemming Meyer)

Landesregierung, wer immer sie auch stellen wird. Wir glauben, dass der Einstieg über unser doppelt gedeckeltes Modell der einfachste und auch der konsequenteste Weg ist, die Beitragsfreiheit perspektivisch am Ende der kommenden Legislaturperiode den Eltern zu verschaffen. - Jetzt gern, Frau Erdmann.

Nun, Frau Kollegin Erdmann, haben Sie das Wort.

Sehr geehrter Herr Dr. Garg, ich finde, dass der Charme Ihres Modells völlig einfach zu verstehen ist, wenn man sagt: 150 € oder 200 € im Monat. Mich stört an Ihrem Modell jedoch, dass es degressiv wirkt, dass es also zunächst dort die größte Entlastung bringt, wo die Leute, auch weil sie zum Teil höhere Einkommen haben, höhere Beträge zahlen. Das ist der Punkt, der mich an Ihrem ansonsten einfachen Modell stört. Deswegen haben wir uns für ein anderes Modell entschieden.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

- Natürlich ist das degressiv! Unser Modell jedoch ist es nicht!

(Zurufe FDP)

- Das kommt von oben. Ich denke, Sie sind Volkswirt. Deshalb sollten Sie doch wissen, was ein degressives Modell ist.

Ich glaube, die Kollegin hatte mich gefragt.