Es tut mir sehr leid, dass hier in diesem Staatsvertrag wieder die alte rot-grüne Verbotslogik zum Vorschein kommt, die wir schon bei den schilyschen Überwachungsgesetzen zu beklagen hatten: Weil ein Freiheitsrecht von Einzelnen missbraucht wird oder Einzelne darunter leiden, schaffen Sie es für alle ab. Genau dieser Mechanismus war auch beim Jugendmedienschutzstaatsvertrag zu beobachten, dem etliche rot-grüne Regierungen zugestimmt hatten,
aber auch beim Internetzensurgesetz, dem die SPDAbgeordneten ebenso zugestimmt hatten wie nicht alle grünen Abgeordneten es abgelehnt hatten.
Die Freiheit ist leider, wie wir heute sehen, bei rotgrünen Regierungen in Gefahr. Wir PIRATEN sind die einzigen zuverlässigen Garanten für unsere Bürgerrechte im digitalen Zeitalter.
Herr Abgeordneter Dr. Breyer, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Andresen?
Zunächst eine Zwischenbemerkung: Den letzten Satz scheint Ihnen Ihr Pressesprecher aufgeschrieben zu haben, er hat aber mit der aktuellen politischen Realität in Deutschland wenig zu tun.
Zur Frage: Können Sie mir erklären, an welcher Landesregierung der Jugendmedienschutzstaatsvertrag vor allem gescheitert ist, aus welchen beiden Parteien sich diese
Ich kann erklären, dass der Jugendmedienschutzstaatsvertrag von rot-grünen Regierungen mit ausgehandelt worden ist und dann nach einem enormen Aufstand der Bürger, der Zivilgesellschaft und des Internets tatsächlich aufgehalten werden konnte durch Zufall, weil es einen Regierungswechsel in einem Bundesland, das dann tatsächlich rot-grün regiert wurde, gegeben hatte.
Ist Ihnen auch bekannt, dass es in diesem Haus in der letzten Legislaturperiode ohne Anwesenheit der PIRATEN sowohl in der Landtagsopposition als auch in der FDP-Fraktion einen großen Konsens darüber gab, diesen Jugendmedienschutzstaatsvertrag scheitern zu lassen?
(Lars Harms [SSW]: Aber jetzt! - Hans-Jörn Arp [CDU]: Man kann nicht alles wissen! - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das kann man im Internet nachlesen!)
Klar ist, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Spielsucht eben nur im regulierten Markt greifen können, während Spieler im unregulierten Markt völlig ungeschützt bleiben. Deswegen rügt die EUKommission in ihrer Stellungnahme auch völlig zu Recht, dass keinerlei Daten vorgelegt wurden, die einen Nachweis betreffend des tatsächlichen Vorhandenseins der von Ihnen behaupteten Gefährdung erbringen. Es gibt keinerlei wissenschaftlichen Nachweis, dass es zum Beispiel in Ländern, die Internetglücksspiel verbieten, weniger Süchtige gäbe als in Schleswig-Holstein. Das ist eine bloße Mutmaßung und Vermutung. Auf dieser Grundlage machen wir keine Politik.
Das ist eine Zwischenbemerkung. Ich bemühe mich immer, genügend Informationen bereitzustellen. Das ist hoffentlich auch in Ihrem Sinne. Diese ist übrigens auch transparent verfügbar, übrigens auch die ganze Zeit schon.
Ist Ihnen bekannt, dass der Jugendmedienschutzstaatsvertrag im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags - und zwar vor der Entscheidung in NRW - bei Stimmengleichheit abgelehnt worden ist und deshalb gar nicht mehr auf die Tagesordnung genommen wurde, sodass er gar nicht mehr unterzeichnet werden konnte, dass er völlig unabhängig von NRW, nämlich drei Stunden vor NRW schon in Schleswig-Holstein damit nichtig war? - Falls Ihnen das nicht bekannt gewesen sein sollte, möchte ich Sie bitten, das dringend nachzuarbeiten, denn nicht alles, was außerhalb Ihrer Wahrnehmungssphäre passiert, ist Zufällen oder Sonstigem geschuldet, sondern manchmal auch politischer Willensbildung und langen Diskussionen von anderen Kolleginnen und Kollegen.
- Lieber Herr Kollege Dr. Dolgner, mir ist bekannt, dass vor dem Hintergrund einer massiven Öffentlichkeitskampagne und viel Engagement im Internet tatsächlich die Politik teilweise dazu bewegt werden konnte, sich zu besinnen. Ohne das habe ich große Befürchtungen, dass es niemals zu diesem Widerstand gekommen wäre. Es darf nicht sein, dass es des Engagements von Hunderttausenden von Internetnutzern bedarf, um die Politik zur Räson zu bringen. Wir wollen die Räson in die Politik bringen. Dafür sind wir PIRATEN da.
Es werden weitere Argumente für dieses „Totalinternetverbot“ vorgebracht, zum Beispiel dass Spiele über das Internet leichter manipulierbar seien. Man muss Menschen nicht vor sich selbst schützen,
weil Spiele gezinkt werden können. Das ist auch bei Kartenspielen und Pokerspielen so, deswegen muss man sie noch lange nicht verbieten.
Das dritte Argument ist die Geldwäschegefahr. Ich sage Ihnen, dass Internetglücksspiel denkbar ungeeignet ist, um Geldwäsche zu betreiben, weil beim unbaren Zahlungsverkehr alle Zahlungen nachvollzogen werden können, was zum Beispiel in Spielhallen nicht der Fall ist, wo es um Bareinsätze geht. Die sind viel geeigneter und damit viel gefährdeter für Geldwäsche.
Schließlich zu dem Argument des Sonderwegs, das Sie eigentlich nur noch als Kernargument vorbringen: Dazu kann ich nur sagen, dass Einheitlichkeit für uns kein Selbstzweck und kein Wert an sich ist.
Für uns PIRATEN sind Vielfalt und Individualität Kerne unseres Selbstverständnisses. Uns sind unterschiedlich gute Regelungen allemal lieber als eine deutschlandweit gleich schlechte und kontraproduktive.
Wir machen einen sinnvollen Alternativvorschlag: Anstatt die Gefahren des Internets zu verteufeln, lassen Sie uns das gefährlichste aller Glücksspiele, nämlich die Glücksspielautomaten, angehen. Wir PIRATEN fordern eine Absenkung der Spielfrequenz und des maximalen Gewinns und Verlusts pro Spieleinsatz, übrigens genauso wie die Verbraucherzentrale und die Landesstelle für Suchtfragen. Wir wollen eine Verlängerung der effektiven Spielzeit pro Einsatzleistung und ein Verbot von süchtig machender Spielgestaltung wie etwa der Umwandlung von Bargeld in symbolische Spieleinsätze. Dadurch wird der durchschnittliche Ertrag eines Spielautomaten so weit gesenkt, dass Missbrauch zur Geldwäsche unattraktiv wird und dass ordnungsgemäß betriebene Spielhallen keinen Wettbewerbsvorteil gegenüber Einzelhandelsgeschäften haben. Auch das ist nämlich ein strukturelles Problem in der Konkurrenz um gute Standorte.
Das ist ein sinnvoller Ansatz, aber nicht der Versuch eines Totalverbots, der vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Noch schlimmer: Wenn er nur nichts bringen würde, wäre es ja gut, aber er schadet den Menschen, die glücksspielabhängig sind,
weil sie in die Illegalität, in ungeschützte Angebote getrieben werden. Das ist nicht zu verantworten.
Für die Abgeordneten des SSW hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort. - Begrüßen Sie bitte mit mir auf der Tribüne Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte des Wolfgang-Borchert-Gymnasiums Halstenbek und der Regionalschule Glückstadt. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich, bevor ich auf das eigentliche Thema eingehe, zwei Vorbemerkungen machen. Erstens. Wir als SSW und ich persönlich haben Respekt vor allen Haltungen und sind nicht der Auffassung, dass Abgeordnete in diesem Hohen Haus - bei welcher Gesetzgebung auch immer - in irgendeiner Art und Weise im Sinn haben, kriminelle Handlungen zu unterstützen.
Das würde ich niemals jemandem vorwerfen. Ich weiß auch ganz genau, dass dies nicht der Fall ist. Ich finde, das muss man so sagen. Argumentationen, die darauf aufbauen, sind nicht sehr klug, auch vor dem Hintergrund, dass wir hier nicht allein sitzen, sondern auch andere Menschen in diesem Raum sitzen, die wir für die Demokratie durchaus gewinnen können. Dann ist es ein Bärendienst, wenn man mit einer solchen Argumentation kommt.
Zweitens. Auch das ist mir wichtig und geht in eine ähnliche Richtung. Der Kollege Breyer hat gerade eben Bestechungsvorwürfe anhand eines Zitats aus der „Süddeutschen Zeitung“ vorgebracht. Ich möchte dringend davon abraten, so in Zukunft vorzugehen, weil auch Zeitungsartikel nicht absolute Wahrheiten sind. Wir leben in einem Rechtsstaat: Bestechlich ist nur der, der von einem Gericht deswegen verurteilt worden ist.
Ansonsten gilt die Unschuldsvermutung. Auch darauf baut unser Staat auf, und das unterscheidet unsere Demokratie von anderen Ländern, wo das