Denn auch unser Anliegen ist es, die politische Jugendbildung zu fördern. Bei meiner Vorbereitung und der Frage, wer und was eigentlich alles zur politischen Jugendbildung gehört, bin ich auf eine Definition gestoßen, die ich hier - mit Erlaubnis des Präsidenten - gern einmal zitieren möchte: Politische Jugendbildung soll insbesondere den jungen Menschen Kenntnisse über Gesellschaft und Staat vermitteln, die Urteilsbildung über politische Vorgänge und Konflikte ermöglichen, zur Wahrnehmung der eigenen Rechte und Interessen ebenso wie der Pflichten und Verantwortlichkeit gegenüber der Gesellschaft befähigen sowie zur Mitwirkung einer Gestaltung einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft und Staatsordnung anregen.
Dieser Auffassung von politischer Jugendbildung kann ich mich uneingeschränkt anschließen. Mit dieser Definition wird aber auch klar: Politische Jugendbildung findet auf vielfältige Art und Weise statt: auf Landesebene und auf kommunaler Ebene, in den Vereinen und Verbänden, besonders in den Verbänden des Landesjugendrings, und in den Gemeinden vor Ort.
Aber auch die Schule muss ihren Auftrag zur politischen Jugendbildung ernst nehmen. Warum nenne ich gerade die Schule? - Einer forsa-Umfrage war zu entnehmen, dass sich bei der Bundestagswahl in den letzten Jahren gerade die jüngeren Wahlberechtigten unter 30 Jahren weniger stark beteiligt haben als die älteren Wahlberechtigten. Nach den Gründen gefragt, nennen 70 % der Bundesbürger als möglichen Grund, dass jüngere Wähler glauben, durch ihre Stimmabgabe nichts verändern zu können. Immerhin noch 66 % vermuten ein fehlendes Wissen über Politik als Hintergrund. Dies haben gerade die unter Dreißigjährigen überdurchschnitt
Jetzt kommen wir zu den Gründen: Nach den Gründen für diese Einschätzung gefragt und danach, welche Maßnahmen nötig wären, um mehr junge Menschen zur Teilnahme an Wahlen zu bewegen, wird von 80 % der Bundesbürger die politische Bildung genannt.
Hier sind wir beim Thema. 73 % der Befragten vor allem die jüngeren - nennen Angebote zur Beteiligung von Jugendlichen, die frühzeitig Interesse an Wahlen wecken können, als eine nötige Maßnahme.
Es gibt noch viele andere Nennungen. 10 % der Befragten nannten ganz zum Schluss eine Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre als eine Voraussetzung, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Insgesamt müssen wir erkennen, dass gerade die Schule gefragt ist, denn es ist nirgendwo anders leichter als in der Schule, Jugendliche mit den Grundsätzen unserer Demokratie vertraut zu machen. Nirgendwo anders ist es leichter, Jugendliche auf das Thema Wahlen vorzubereiten.
Die Ausführungen unter dem zweiten Spiegelstrich Ihres Antrags halten wir daher für richtig. Beratungsbedarf sehen wir noch bei dem Thema Finanzierung. Wir sehen auch einen Beratungsbedarf bei dem Thema der Einbeziehung der lokalen Akteure und Bündnisse. Das ist noch nicht klar. Daher wird aber auch die Ausschussüberweisung genannt. Dieser werden wir uns anschließen.
Herr Neve, würden Sie mit mir übereinstimmen, dass das Wahlalter ab 16 Jahren nicht zwangsläufig nur dafür da ist, die Wahlbeteiligung zu steigern, sondern dass es primär darum geht, auch jungen Menschen zu ermöglichen, an demokratischen Prozessen teilzuhaben?
- Wir brauchen zunächst einmal eine gewisse Bestandsaufnahme darüber, wie weit wir mit der politischen Bildung sind. Ich habe den Eindruck, der jedoch überhaupt nicht bewiesen ist, dass die politische Bildung überwiegend in den Verbänden des Landesjugendrings stattfindet und dass in der Schule gewisse Defizite vorherrschen könnten. Das weiß ich nicht, das müssen wir erforschen und ergründen. Meine Meinung ist aber: Es geht nicht, dass wir das Pferd von hinten aufzäumen. Das ist bei der Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre so. Man hätte auf der anderen Seite beginnen können, nämlich bei der politischen Bildung. Dann wäre alles andere eine logische Schlussfolgerung gewesen.
Wo wir noch Beratungsbedarf sehen, habe ich gesagt. Das ist die Finanzierung. Ist die Frage damit beantwortet?
Wie Sie sicher wissen, gibt es auch heute schon politische Jugendbildung in Schleswig-Holstein, die wahrscheinlich auch ganz gut ist. Somit macht das Wahlalter ab 16 Sinn. Eine Verbesserung macht natürlich auch die Situation besser. Sie sagten es schon: Das Pferd von hinten aufzuzäumen, ist dafür der falsche Ausdruck.
Zu dem Thema Wahlalter 16 haben wir unsere Position, die bekannt ist. Man kann das eine nicht von dem anderen trennen. Voraussetzung ist erst einmal, die Menschen für die Politik zu begeistern. Voraussetzung ist im Grunde genommen die politische Bildung. Diese muss auf vielfältige Art und Weise stattfinden. Ich habe es eben erwähnt: Ich finde, hier gibt es gerade im schulischen Bereich gewisse Defizite. Diese haben wir während der Veranstaltung Jugend im Landtag und bei Diskussionen mit Schülern erlebt. Das ist nicht generell so, aber ich erkenne in großen Bereichen Defizite. Bei diesen sollten wir beginnen. - Danke.
Ob mit dem aktuellen Angebot an politischer Jugendbildung genügend Jugendliche erfasst werden, wissen wir nicht. Deshalb sollten wir hier eine Bestandsaufnahme machen. Ob die Mittel, die wir heute einsetzen, ausreichen, wissen wir nicht. Wir wissen auch nicht, ob sie besser verteilt werden müssten. Vor der Aufforderung zu weiterer Förderung und weiteren Angeboten sollte die Bestandsaufnahme der aktuellen politischen Bildung in Schleswig-Holstein stehen. Darüber sollten wir im Ausschuss diskutieren. Insofern beantrage ich die Überweisung an den Sozialausschuss und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Sie zunächst darauf hinweisen, dass dies die Rede meines Kollegen Tobias von Pein ist. Das werden Sie an einigen Stellen merken.
- Er spricht nämlich von sich. Daher werde ich nicht sagen: Ich bin in Stormarn zur Schule gegangen, sondern ich werde sagen: Tobias von Pein ist in Stormarn zur Schule gegangen. Entschuldigung, dass ich das hier noch einmal erklären muss, lieber Herr Kollege Vogt. - Ich bin froh, dass ihr alle wieder wach seid. Guten Morgen!
Dass der Antrag der Fraktion der PIRATEN ein wichtiges Thema anspricht, ist wohl unstrittig. In Schleswig-Holstein dürfen Jugendliche ab 16 Jahren schon seit Langem über die Zusammensetzung der Kommunalparlamente abstimmen. Sie werden es nach dem Willen der Koalitionsfraktionen und der PIRATEN auch bei den nächsten Landtagswahlen dürfen.
Die Förderung der politischen Bildung für junge Leute unter 18 wird damit natürlich noch wichtiger als jetzt schon. Selbstverständlich ist die Schule zunächst einmal der wichtigste Träger der politischen Bildung von Schülerinnen und Schülern. Dass die Situation zu verbessern ist, zeigen viele Umfragen zum Alltagswissen über politische Fragen unter jungen Leuten. Dass die fundierte Auseinanderset
zung mit Politik oft erst in der 11. Klasse und damit erst in der Oberstufe erfolgt, ist etwas, was man wirklich einmal infrage stellen kann und muss.
Vorher ist dies im Lehrplan nicht vorgesehen. Tobias von Pein hatte selbst Glück, was dieses Wissen angeht. Sowohl sein Geschichtslehrer in der Mittelstufe als auch sein WiPo-Lehrer in der 10. Klasse haben es drauf gehabt, ihm Politik in jugendgerechten Häppchen zu präsentieren. Nicht zuletzt die intensive Beschäftigung mit den Bundestagswahlen hat damals sein Interesse geweckt. Etwas später ist Tobias von Pein dann neugierig geworden und hat sich bei den Jungsozialisten in Stormarn engagiert.
Was die Situation der politischen Bildung angeht, so ist es nicht so, dass wir das Thema in SchleswigHolstein neu erfinden müssten. Der letzte Bericht, den eine Landesregierung zur politischen Bildung in Schleswig-Holstein vorgelegt hat, stammt aus dem Jahr 2009. Er zeigt die starke Verankerung der politischen Bildung in den Schulen auf. Dabei geht diese weit über die Vermittlung von Kenntnissen hinaus und findet ihren Ausdruck auch in der aktiven Partizipation von Schülerinnen und Schülern. Diese steht als Kernauftrag im Schulgesetz. Darüber hinaus ist die politische Bildung als Schwerpunkt der außerschulischen politischen Jugendbildung im Jugendförderungsgesetz verankert.
Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen war ebenfalls ein Schwerpunktthema im Kinder- und Jugendaktionsplan Schleswig-Holsteins, den unsere damalige Ministerin Dr. Gitta Trauernicht auf den Weg gebracht hat. Auch die Sportverbände haben, besonders was die Bekämpfung von Gewalt, Diskriminierung und Rassismus angeht, ihren Auftrag erkannt. Der Antrag der Piratenfraktion fordert von der Landesregierung mehr und besser vernetzte Aktivitäten.
Wir sehen darin aber die Gefahr, die politische Jugendbildung zur alleinigen Aufgabe des Landes zu machen. Das wäre unserer Auffassung nach kein guter Weg. Dieser Ansatz würde das Land auch dazu zwingen, seine finanziellen Leitungen in diesem Bereich ganz erheblich auszuweiten. Darüber wollen wir noch einmal im Einzelnen reden.
Wir wollen nicht Erwartungen wecken, die wir im schlimmsten Fall aus finanziellen Gründen doch nicht umsetzen können. Dennoch kann es durchaus sinnvoll sein, einmal eine landesweite Bestandsauf
nahme zu machen, um zu erkennen, an welchen Stellen wir noch besser sein können und sehr wahrscheinlich auch besser werden müssen.
Die Piratenfraktion war im Vorfeld dieser Beratungen so freundlich, den anderen Fraktionen ihren Antragsentwurf zur Verfügung zu stellen. Wir haben auch schon signalisiert, dass wir durchaus große Sympathien für den Antrag haben. Es war nur nicht möglich, bereits im Vorfeld zu dieser Sitzung schon einen gemeinsam getragenen Antragstext zu formulieren. Ich denke aber, dass es möglich sein sollte, in den Beratungen der beiden beteiligten Ausschüsse, nämlich Bildung und Soziales, zu einer Antragsfassung zu kommen, die für alle akzeptabel ist.
Ich bitte Sie daher, diesen Antrag zur Federführung an den Bildungsausschuss und zur Mitberatung an den Sozialausschuss zu überweisen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Politik geht vielen Jugendlichen am Allerwertesten vorbei. Ich war in der vergangenen Woche bei einem Gespräch über Politik in einer 11. Klasse. Auf meine Frage: „Wer geht denn von euch zur Kommunalwahl?“, meldete sich nicht einmal ein Viertel aller Schülerinnen und Schüler. Das ist bitter. Die Wahlbeteiligung der Erstwählerinnen und Erstwähler liegt oft unter der anderer Altersgruppen. Es besteht also Handlungsbedarf. Wir müssen es schaffen, das Interesse für Politik zu wecken. Dazu machen die PIRATEN in ihrem Antrag gute Vorschläge.
Wichtig ist, politisches Handeln und Partizipation in allen Altersstufen und in allen Institutionen stärker zum Thema zu machen. Demokratie beginnt bereits in der Kita. In einigen Kitas können die Kinder zum Beispiel bereits selbst entscheiden, an welchen Angeboten sie an dem Tag teilnehmen wollen. Auch bei der Auswahl von Ausflügen können sie entscheiden. Sie lernen Mitbestimmung von Anfang an.