Protokoll der Sitzung vom 25.04.2013

Das Verfahren ist damals genauso wie heute gleichermaßen transparent. Die Vorlage der Landesregierung war damals noch umfangreicher als heute. Alternativen sind auch damals geprüft worden. Sie wurden - genauso wie heute - von der Landesregierung verworfen. Dennoch haben damals die Oppositionsfraktionen die Bank mit einem klaren Nein über die Wupper gehen lassen wollen. Sie wollten alle Risiken in Kauf nehmen. Das war Ihre Fahrlässigkeit im Jahr 2009.

(Tobias Koch)

Bei uns gab es jedoch einen gravierenden Unterschied, den ich Ihnen jetzt deutlich machen möchte. Wir von der Union haben damals die Konsequenzen aus der Finanzkrise gezogen. Im Frühjahr 2009 haben wir die Bank gerettet, und im Sommer 2009 haben wir eine beschleunigte Konsolidierung des Landeshaushaltes eingeleitet. In den Folgejahren hat uns die Opposition wiederholt bescheinigt, bei der Reduzierung von strukturellem Defizit und beim Abbau der Neuverschuldung schneller voranzugehen, als dies notwendig gewesen sei. Das war von Ihnen als Kritik gemeint, ist aber die beste Bestätigung dafür, dass wir im Hinblick auf die absehbaren Risiken die richtigen Schlussfolgerungen gezogen haben. Das war unsere Vorsorge für zukünftige Risiken.

(Beifall Rainer Wiegard [CDU])

2009 lag die Wahrscheinlichkeit für die Inanspruchnahme der Garantie unter 40 %. Man konnte darauf hoffen, die erworbenen Aktien der HSH Nordbank nach Bewältigung der Krise vielleicht sogar mit Gewinn verkaufen zu können.

Heute gibt es eine ganz andere Situation. Die Inanspruchnahme der Garantie in Milliardenhöhe steht mit Sicherheit fest. Ich will dem Kollegen Kubicki recht geben: Die jetzige Prognose der Bank von 1,3 Milliarden € weist eine Scheingenauigkeit aus. Niemand kann diese Prognose bis 2015 mit Zuverlässigkeit belegen. Das kann noch sehr viel mehr werden. Per 31. Dezember 2012 werden in der Bilanz 2,8 Milliarden € ausgewiesen - und nicht 1,3 Milliarden €. Auch dieser Betrag wird sich noch weiter erhöhen.

Beim hsh finanzfonds steht das Eigenkapital mittlerweile als Negativposten auf der falschen Seite der Bilanz. - So weit die völlig veränderten Rahmenbedingungen von heute im Unterschied zum Jahr 2009.

Was macht nun die Landesregierung? Wie reagiert sie auf diese immer konkreter werdenden Gefahren für den Landeshauhalt? Überhaupt nicht!

(Widerspruch Ministerin Monika Heinold)

Sie setzen auf das Prinzip Hoffnung. Sie kalkulieren und hoffen, dass alle Belastungen durch die Zahlungen der Bank für die Garantieprovision ausgeglichen werden, sofern die Bank dazu finanziell in der Lage ist.

Bei der Haushaltskonsolidierung machen Sie gerade so viel, wie zwingend erforderlich ist, um die Schuldenbremse einzuhalten. Sie drehen die beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen wieder

zurück, und Sie schaffen es noch nicht einmal, die Personalreduzierung wie geplant umzusetzen. Dazu muss ich nicht meine eigenen Reden immer wieder wiederholen, Herr Kollege Andresen, dazu kann ich auf den Landesrechnungshofspräsidenten verweisen, der genau dies in der letzten Woche festgestellt hat.

(Landesrechnungshofspräsident Dr. Aloys Altmann: Ja!)

Nach weniger als einem Jahr Regierungszeit liegen Sie beim Stellenabbau schon mit drei Dutzend Stellen zurück. Dazu könnte man sagen: 30 Stellen mehr oder weniger - das sind ja Peanuts! Ihr Abbau würde uns angesichts der Milliardenrisiken bei der HSH Nordbank auch nicht retten. Aber das entspricht dem Geist und der fehlenden Entschlossenheit dieser Landesregierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Union erkennen wir die grundsätzliche Notwendigkeit für eine erneute Garantieaufstockung an, um die Überlebensfähigkeit der Bank zu sichern, um die Kernkapitalquote zu stärken und um auf diese Weise den Abbau der Gewährträgerhaftung bis zum Jahre 2015 zu ermöglichen.

Von diesem Platz aus habe ich deshalb den Regierungsfraktionen schon mehrfach Gespräche über die Garantieaufstockung und die sich daraus ergebenen Konsequenzen für unseren Landeshaushalt angeboten. Bis heute wurden diese Gesprächsangebote von SPD, Grünen und SSW nicht wahrgenommen. Sie führen keinen Dialog mit der Opposition, sondern Sie entscheiden lieber mit Ihrer Einstimmenmehrheit.

Deshalb sage ich Ihnen, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen: Wir als Union sind verantwortungsbewusst. Wir betreiben keine Fundamentalopposition, wir sind aber auch nicht naiv oder sogar dämlich und stehen Ihnen beim Problem der HSH Nordbank zur Seite, um anschließend tatenlos zuzusehen, wie Sie beim Landeshaushalt Ihren Stiefel durchziehen und keine Vorsorge für erkennbare Risiken betreiben. Entweder verständigen wir uns auf ein schlüssiges Gesamtkonzept, oder es wird keine Zustimmung der CDU-Fraktion zu einer Garantieaufstockung geben. Sie haben jetzt die Chance, der Ball liegt in Ihrem Spielfeld. Wir haben dazu in den nächsten Wochen im Rahmen der Ausschussberatungen Zeit.

Ich biete noch einmal an, interfraktionelle Gespräche über ein solches schlüssiges Gesamtkonzept zu führen. Wir werden dies in den nächsten Wochen klären müssen. Entscheiden tun wir dann hoffent

(Tobias Koch)

lich schon im Mai. Ich halte es für bedenklich, wenn wir erst im Juni zu einer Abstimmung kämen und wenn die Landesregierung bereits im Voraus ein Notifizierungsverfahren einleiten müsste. Wir sollten das zügig klären. Unser Angebot steht. Es liegt bei Ihnen, was Sie daraus machen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der Dahlmannschule, Bad Segeberg. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Thomas Rother das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist tatsächlich so, wir haben auch in den vergangenen Wahlperioden oft über die HSH Nordbank gesprochen, und die Schwierigkeiten der HSH Nordbank und die Finanzmarktkrise sind hier immer wieder erörtert und beleuchtet worden. Gleiches gilt für die Frage, wie es zu dieser Situation gekommen ist. Es ist erstaunlich, wenn hier jetzt in Bezug auf bestimmte Parteibücher Legendenbildung betrieben werden soll; so als hätte es nicht andere Kreditinstitute in ähnlicher Weise getroffen, bei denen die Leute ganz andere Parteibücher hatten.

Gestern habe ich hier in diesen Räumen unseren ehemaligen Kollegen Hans-Werner Jeschewski von den Linken getroffen. Manche Presseerklärung von Herrn Kubicki, aber auch von der FDP in Hamburg finde ich in einem ähnlichen Tonfall zurzeit tatsächlich nur bei den Hamburger Linken wieder. Ich denke, wir sollten uns mit Verschwörungstheorien, wenn es um toxische Papiere und ähnliche Dinge geht, ein Stück weit zurückhalten, Wir sollten uns an die Analyse halten. Das soll die Dinge nicht entschuldigen, aber ich glaube, man kann vieles erklären.

(Beifall SPD)

Eine Erkenntnis ist, dass man sich immer zweimal trifft, sogar hier im Parlament. Manche Dinge, die man in einer Rolle scharf kritisiert hat, werden mit einem anderen Erkenntnishintergrund beziehungsweise mit einer anderen Verantwortung ganz anders

gesehen. Das betrifft auch die Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion, die nicht zusammen mit der CDU die Abwicklung der HSH Nordbank auf den Weg gebracht haben, sondern zu ihrer Sanierung und Konsolidierung beigetragen haben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Waren Sie dabei, als SPD und CDU das beschlossen haben?)

Ich empfehle, Zwischenfragen vom Mikrofon aus zu stellen.

Es gab ein kurzes Zwischenspiel von CDU und FDP.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist an Pein- lichkeit kaum zu überbieten!)

Ich danke der Frau Ministerin für ihren umfassenden und ehrlichen Bericht. Herr Koch hat darauf hingewiesen: Als wir vor ziemlich genau vier Jahren, nämlich am 2. April 2009, hier im Landtag die Ländergarantien für die HSH Nordbank beschlossen haben, hatten wir sehr darauf gehofft, dies nicht noch einmal tun zu müssen. Die HSH Nordbank, die mehrheitlich im Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg und des Landes Schleswig-Holstein ist, brauchte damals - und heute wieder - die Rückendeckung ihrer Eigentümer.

Sehr deutlich hat sich gezeigt, dass es von der damaligen Geschäftsführung vorschnell war, 3 Milliarden € der Ländergarantien von 10 Milliarden € zu kündigen und die Garantiesumme somit auf 7 Milliarden € zu reduzieren. Die Bank wollte Gebühren sparen, das ist verständlich. Sie hat sich und uns als Eigentümer damit jedoch in eine schwierige Lage gebracht. Jetzt braucht die Bank erneut die sichtbare Rückendeckung durch eine Ländergarantie, um die geforderte Kernkapitalquote zu sichern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte daran erinnern, dass nicht die Gier Hamburgs und Schleswig-Holsteins - davon ist immer die Rede - Ursache der hohen Gebühren für dieses Aval und für die Zweitverlustgarantie ist. Die Gebühren sind die Bedingung der Europäischen Union dafür, diese Garantien überhaupt zu genehmigen und sie nicht als verbotene Beihilfe zu behandeln.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Wenn dies im Ergebnis dazu führt, dass der Beitrag von der Bank erwirtschaftet wird beziehungsweise erwirtschaftet werden kann, dann ist auch das eine

(Tobias Koch)

Form der Vorsorge für schwierige Situationen, die unseren Haushalt erst einmal nicht belastet. Was noch kommen mag, weiß natürlich niemand.

Wenn wir jetzt auf Bitte der Bank die Garantie wieder aufstocken wollen, dann verfolgen wir zwei Ziele: Wir möchten der Bank Unterstützung dabei geben, eine harte Kernkapitalquote von 9 % plus zu halten. Diese hat sie zurzeit, und das ist im aktuellen Marktumfeld tatsächlich ein ausgezeichnetes Ergebnis. Wir wollen die Nachhaltigkeit dieser harten Kernkapitalquote sicherstellen. An zwei Stellen hat die Finanzministerin in ihrem Bericht aufgeführt, welchen Effekt die Garantieerhöhung haben soll. So ist an einer Stelle von 1,5 % die Rede.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Können Sie sa- gen, wie lange das sein wird?)

- Das kann ich Ihnen nicht genau sagen, das stimmt. Die Belastungen, die durch Basel III, aber auch durch den neuen Buchungsstandard gegeben sind, werden mit 0,5 % bis 1 % beschrieben. Herr Kubicki, wenn dies nicht stimmen sollte, dann bin ich sicher, dass wir wieder eine Erörterung im Landtag haben werden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das kann man nachlesen!)

- Ja, das kann man tatsächlich nachlesen. Sie haben einige Punkte genannt. Sie müssten vielleicht darlegen, warum sich die Ministerin an dieser Stelle irren sollte.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die irrt sich gar nicht! Das ist eine temporäre Geschichte! 18 Monate, dann ist das zu Ende!)

Wir wissen, das Marktumfeld der HSH Nordbank hängt stark von der Entwicklung auf dem Schifffahrtsmarkt ab. Eine Wiedererhöhung der Garantie würde die Werterholung der Papiere stützen. Sie hätte selbst dann eine stabilisierende Wirkung, wenn die Schifffahrtskrise noch länger als prognostiziert, also über 2015 hinaus, dauern sollte. Aktuell haftet das Land Schleswig-Holstein im Rahmen der Gewährträgerhaftung noch in Höhe von etwas mehr als 30 Milliarden € für Produkte der HSH Nordbank, Herr Koch hat darauf hingewiesen. Diese Altlast sinkt von Jahr zu Jahr, weil die Laufzeiten enden. Bereits die ursprüngliche Garantie war für die Bank eine große Hilfe bei der fortlaufenden Verringerung, und die Wiedererhöhung kann ebenso eine große Hilfe sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die Finanzkrise uns in der Politik etwas beigebracht hat, so ist es ein sorgsamerer Umgang mit dem Wort alterna

tivlos, das hier schon genannt wurde. Wir mussten bitter erfahren, dass wir besser nicht ohne Not irgendetwas ausschließen sollten. Was vorher falsch war, wurde in bestimmten Krisensituationen richtig und umgekehrt. Das halten wir uns jetzt gegenseitig immer gern vor. Natürlich gibt es immer Alternativen. Häufig, und so auch in diesem Fall, sind sie allerdings schlecht.

Der Einstieg eines privaten Investors im Rahmen einer zusätzlichen Drittverlustgarantie ist für die Länder keine echte Risikoentlastung. Ministerin Heinold hat dies in ihrer Rede deutlich gemacht. Die Nachteile überwiegen ganz eindeutig. Daher halten wir eine Wiederaufstockung der Ländergarantien gemeinsam mit Hamburg für den richtigen Weg. Wir hoffen, dass die EU dieser Maßnahme nicht nur vorläufig, sondern auch in der Hauptsache erneut zustimmen wird.

Zum Geschäftsmodell der HSH Nordbank: Herr Koch hat in einer Pressemitteilung und - so glaube ich - auch hier vorhin darauf hingewiesen, dass man sich erneut über die Geschäftsfelder der Bank unterhalten müsste. Das ist sicherlich richtig. Es mag sein, dass so gegenüber der EU ein bisschen Luft geschaffen werden könnte. Die Einschränkungen der Geschäftsfelder der Bank sind jedoch Auflagen der EU, die uns hier einen zusätzlichen Klotz ans Bein hängen.