Protokoll der Sitzung vom 29.05.2013

Frau Kollegin Erdmann, wenn man Ihrer Argumentation folgen würde, wären Sie dann wenigstens mit mir einer Meinung, dass die Frage der Konnexität sehr wohl in einer der nächsten Ausschusssitzungen zu klären wäre und dass der Gesetzentwurf, wenn er im Juni verabschiedet würde, sehr wohl noch zum nächsten Kita-Jahr seine gewollte - ich sage ganz bewusst „gewollte“ - sozialpolitische Wirkung entfalten könnte ?

Ich bin nicht der Meinung, dass eine weitere Runde im Ausschuss weitere Erkenntnisse bringen würde. Wir haben selbst geprüft, wie es mit der Konnexität aussieht. Das ist ähnlich wie bei der Frage, die sich zur Konnexität im Zusammenhang mit dem Ausbau der U3 ergeben hat. Dazu gibt es möglicherweise zwei verschiedene Positionen. Ich bin der Meinung, dass wir an der Stelle auch ohne Konnexität durchkommen werden. Das ist nicht nur meine Privatmeinung, sondern wir haben das auch prüfen lassen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Zu welcher Mei- nung sind Sie denn gekommen?)

Wenn es weiter keine Fragen gibt, möchte ich noch einmal an Sie appellieren, jetzt keine weitere Runde durch den Ausschuss zu drehen. Wir haben das Thema schon diverse Male bewegt. Herr Dr. Klug hat versucht, da auch einen Schritt nach vorn zu gehen. Es war erkennbar schwierig, einen nächsten Schritt zu machen. Ich würde sagen: Jetzt einmal ein Ruck nach vorn, das wird schon gehen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Heike Franzen das Wort.

(Anke Erdmann)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Frage der Konnexität müssen wir unterscheiden zwischen freiwilligen Leistungen, die die Kreise im Moment erbringen, weil sie es für richtig halten, und Leistungen, die wir gesetzlich vorgeben, also pflichtigen Leistungen. Ich kann kaum sagen, wir haben eine pflichtige Leistung und die Kreise, die sie im Moment freiwillig leisten, bekommen dafür keine Entschädigung, nur die zwei Kreise, die im Augenblick dieser pflichtigen Leistung nicht nachkommen beziehungsweise diese freiwillige Leistung nicht erbringen, bekommen einen entsprechenden Ersatz. Das kann doch wohl nicht das Ziel einer Politik sein.

(Beifall CDU - Zurufe SPD)

Wenn, dann muss für alle Kreise die Frage nach der Konnexität gestellt werden, und das ist in der Tat eine Hausnummer, die sich nicht nur auf zwei Kreise bezieht, sondern die sich dann auf alle Kreise in Schleswig-Holstein bezieht. Frau Erdmann, insofern ist das alles andere als einfach. Das ist in der Tat kompliziert. Deshalb muss die Frage der Konnexität an der Stelle auch geklärt sein, vor allen Dingen auch, weil Sie gerade sagen, das greife zum nächsten Kita-Jahr. Es ist nicht klar, welche Auswirkungen das eventuell rückwirkend auf den Haushalt 2013 haben wird. Denn im Augenblick stehen im Haushalt 2013 für die Sozialstaffel, für die 85-%-Klausel, überhaupt keine Mittel. Das heißt also, wenn es tatsächlich dazu kommt, die Kommunen sind ja durchaus ein Stück weit auch klagefreudig, wenn es also wirklich zu einer rechtlichen Auseinandersetzung an der Stelle käme, hätte das auch Auswirkungen auf den jetzigen Landeshaushalt. Das ist bei Ihnen überhaupt nicht berücksichtigt.

(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)

Deswegen kann ich dem Vorschlag der FDP an der Stelle wirklich nur folgen und sagen: Noch eine Runde im Ausschuss! Herr Garg hat vollkommen recht, wenn wir das in der nächsten Landtagstagung verabschieden, wären wir immer noch in der Lage, hier eine entsprechende Entscheidung zu fällen.

Diese Frage muss geklärt werden. Man kann doch keine Luftbuchungen nach dem Motto machen: Wir machen jetzt mal, dann wird’s schon gut gehen, und irgendwo schaufeln wir das Geld her! Auf der anderen Seite sind Sie nicht bereit, die Tarifvereinbarung für die Beamten zu übernehmen. So kann man keine Politik in Schleswig-Holstein machen.

(Beifall CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Wolfgang Baasch für einen Dreiminutenbeitrag das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben erstens gesagt: Es ist ein erster Schritt, der gegangen werden soll.

Zweitens ist deutlich geworden: Er ist notwendig, weil genau das, was Heiner Garg beschrieben hat, nicht eingetroffen ist. Man hat das dritte, gebührenfreie Kindergartenjahr zurückgedreht und versprochen, eine landesweite, einheitliche Sozialstaffel einzuführen. Das hat man unter Schwarz-Gelb leider nicht hingekriegt. Man hat es wohl hingekriegt, eine Klage gegen sich zu haben - nichts anderes. Jetzt ist die Situation so, dass wir in dem Bereich, in dem wir etwas regeln können, für ALG-II- und Sozialgeldbezieherinnen und -bezieher etwas regeln, was zur Gebührenfreiheit führt.

Die Frage der realen Kosten ist in den Stellungnahmen der kommunalen Landesverbände nicht enthalten. Die wissen auch nicht, wie viel das ausmacht, weil sie von ihren Orten kaum eine Rückmeldung erhalten. Wenn eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe in eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe umgewandelt wird, ist die Frage, wie man das berechnen will. Da gibt es sehr unterschiedliche Tatbestände. Das einzig Vernünftige ist, dass man sich zusammensetzt und berät, wie man zu einem Ergebnis kommen kann, das von allen getragen werden kann. Dadurch dass Sie die landeseinheitliche Sozialstaffel nicht hinbekommen haben, haben Sie den Brunnen so vergiftet, dass es keine Gespräche gegeben hat.

(Zuruf CDU: Sie tragen die Haushaltsverant- wortung!)

Es gibt nicht einmal Zahlen. Sie haben es in zweieinhalb Jahren nicht einmal geschafft, Zahlen zusammenzutragen.

(Anita Klahn [FDP]: Sie doch auch nicht!)

Ich finde es schon ziemlich dreist, sich hier hinzustellen und Zahlen einzufordern.

(Beifall SPD)

Wir wollen im Kindertagesstättengesetz regeln, dass Sozialgeld- und ALG-II-Bezieherinnen und

-Bezieher freigestellt werden. Wir werden mit den Kommunen aushandeln müssen, was das in Form von Erstattungen bedeutet beziehungsweise -

(Zuruf)

- Die Aussage der Staatssekretärin ist richtig: Das ist ein geringer Betrag. Da kann nicht viel bei rumkommen. Wir sind auf dem Weg.

(Anita Klahn [FDP]: Dann können Sie den Betrag nennen!)

- Frau Klahn, ich wollte gerade zu Ihnen kommen. Sie haben angesprochen, dass auch die Bundessozialgesetzgebung geändert werden muss. Das Dritte in diesem Zusammenhang ist, dass wir uns gemeinsam auf den Weg machen müssen, die Bundessozialgesetzgebung im SGB VIII zu ändern, damit entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden. Man kann sich hier auch hinstellen und sagen: Weil wir das alles nicht haben, können wir gar nichts tun. Ich glaube, gar nichts zu tun, ist falsch. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Für die Landesregierung hat die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung, Frau Kristin Alheit, das Wort. - Bitte schön.

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Diskussion und die beim Sozialausschuss eingegangenen schriftlichen Stellungnahmen machen deutlich: Die Materie ist sehr komplex. Sieht man sich die Sache simpel an, merkt man, die Begründung des Gesetzentwurfs macht deutlich, worum es uns hier geht. Es geht darum, dass in keinem Landesteil unseres schönen Landes eine Familie, dass kein Mensch, der nur Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld bezieht, Kita-Gebühren zahlen muss.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Dr. Heiner Garg [FDP])

Das ist eine völlig richtige und überschaubare Sache. Da sind wir uns in der Sache einig. Das ist an vielen Stellen deutlich geworden. Ich finde es wichtig, darauf hinzuweisen.

Sie wissen auch - das ist von mehreren gesagt worden -, dass die Landesregierung die generelle KitaBeitragsfreiheit für wünschenswert hält. Wir streben das an. Wir streben auch die hier schon mehrfach erwähnte landeseinheitliche Sozialstaffel an, die Eltern entlastet, die zwar mehr als nur Sozialgeld beziehen, aber damit eben immer noch kein üppiges Einkommen haben. Das bewirkt diese Regelung noch nicht. Sie ist ein Anfang, ein erster Schritt und setzt ein deutliches Zeichen dafür, wo wir hinwollen. Das finde ich wichtig.

(Beifall SPD und Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich halte diesen Schritt und dieses Zeichen für ein zwingendes Gebot der Gerechtigkeit.

Deutschlandweit wird im Moment diskutiert, ob am 1. August der Rechtsanspruch, für Kinder ab dem 1. Lebensjahr einen Krippenplatz zu haben, verwirklicht werden kann. Das ist für die Menschen wichtig und interessant. Inzwischen haben alle begriffen, dass es bei der Krippe einerseits um Betreuung geht, also um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, andererseits aber auch darum, dass Kinder vorschulische Bildung erhalten, dass damit wirklich Chancengleichheit verwirklicht werden kann.

Ich meine, es kann eben nicht sein, dass wir diese Teilhabemöglichkeit von Krippe ausbauen und ausgerechnet bei den Kindern, die sozial benachteiligt sind, dafür Sorge tragen, dass sie nicht dabei sein können. Darum ist es gut und wichtig, dass Familien, die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II oder vergleichbare Einkünfte erhalten, von dieser Beitragspflicht befreit sind. Darum ist es erforderlich, dass die Kreise, die von der jetzt noch bestehenden satzungsmäßigen Möglichkeit von Regelsätzen unter 100 % Gebrauch machen, ihre Satzungsregelung anpassen. Sie, meine Damen und Herren, haben heute die Chance, das festzusetzen.

In den letzten Wortbeiträgen ist deutlich geworden, dass diese Beitragsfreiheit auch gegenfinanziert werden muss. Es ist aber auch von fast allen Rednern festgestellt worden, dass diese Beitragspflicht im SGB VIII bereits geregelt ist.

(Heike Franzen [CDU]: So ist es!)

Es ist also nicht so, dass für die Beitragsfreiheit nachweislich neue Kosten entstehen. Es soll nicht übersehen werden, dass die Kommunen schon jetzt bundeseinheitlich eine Erstattungspflicht aus dem Recht der sozialen Sicherung haben. Die Tatsache, dass möglicherweise nicht alle Eltern von diesem

(Wolfgang Baasch)

Anspruch wissen, dass sie ihn nicht geltend machen können, sagt nichts über das Bestehen des Anspruchs aus. Das ist etwas, was wir mit diesem Gesetz sehr wohl ändern können, dass dieser Anspruch bekannt wird. Das ist es auch, worauf es meiner Ansicht nach politisch ankommt, nämlich dass wir im Interesse der Kinder von SchleswigHolstein deutlich machen, dass dieser Anspruch besteht und jeder Kreis ihn anwenden muss. Es gibt kein Vertun. Das Ausgrenzen von Kindern von früher Bildung kann sich unser Land weder wirtschaftlich noch sozial leisten.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Meine Damen und Herren, ich finde daher, der vorliegende Gesetzentwurf ist ein richtiges Angebot an die Familien, um die es bei uns geht. Es ist insgesamt ein guter erster Schritt in die Richtung für eine beitragsfreie Kita. - Danke schön.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Es ist Rücküberweisung in den Sozialausschuss beantragt worden. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Sachabstimmung. Der Ausschuss empfiehlt die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 18/436. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieser Antrag ist bei Enthaltung der Fraktionen von PIRATEN und FDP gegen die Stimmen der CDU mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW angenommen.

Wir kommen jetzt noch zu zwei ersten Lesungen, für die keine Aussprache vorgesehen ist. Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes