Protokoll der Sitzung vom 30.05.2013

(Dr. Heiner Garg)

Danke schön. - Herr Ministerpräsident, wenn eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zu dem Ergebnis kommt, dass bei rund 25 % der deutschen Bevölkerung ausländerfeindliche Einstellungen vorzufinden sind, teilen Sie dann meine Einschätzung, dass dieser Anteil in der Verwaltung nicht bei 0 % liegt, sondern dass wir auch da ein Problem haben?

Das teile ich, aber struktureller Rassismus ist etwas völlig anderes. Das bedeutet, dass es eine Strukturgrundlage in der Organisation unserer Verwaltung gibt, dass wir Menschen draußen halten wollen. Das weise ich zurück.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Dass wir in unserer Gesellschaft solche Menschen haben, ist evident. Da haben wir wohl auch keinen Dissens.

Der Nationale Aktionsplan Integration, der verdienstvollerweise in ganz Deutschland, aber auch in Schleswig-Holstein im letzten Jahr auf den Weg gebracht worden ist, setzt die richtigen Impulse. Wir wollen und werden sie umsetzen. Der zentrale Ansatzpunkt ist: Wir kommen wir an den Nachwuchs heran? Wir bilden 600 junge Menschen im Jahr aus. Dazu kommen 800 Lehrerreferendarinnen und Lehrerreferendare. An diese Menschen müssen wir im Vorfeld so heran, dass die öffentliche Verwaltung - völlig egal, was ihr familiärer oder historischer Hintergrund ist - für sie attraktiv ist.

Das heißt, wir müssen in den Schulen aktiver werden. Wir werden in die Schulen gehen, und wir werden - das muss für alle öffentliche Verwaltungen gelten - deutlich machen, was der Arbeitgeber öffentliche Verwaltung zu bieten hat, völlig unabhängig davon, wo die Eltern herkommen. Wo wir werben, wo wir auftreten, müssen wir noch viel stärker als bisher mehrsprachig auftreten. Wir müssen dort auch deutlich machen, dass internationale Erfahrungen, dass Sprachkompetenzen genau das sind, was wir wollen. Es geht nicht darum, dass Peter Petersen Türkisch kann. Wenn Aydan Özgüc danebensitzt, reicht es völlig aus, wenn sie in der Lage ist, mehrsprachig mit Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren, die noch nicht die Sprachkompetenz haben, wie wir sie uns in unserer Gesellschaft wünschen. Dass ist das, was uns fehlt.

Ja, natürlich haben wir Sprachbarrieren, wo wir auf junge Leute treffen, milieuabhängige Sprachbarrieren. Das brauchen wir gar nicht infrage zu stellen. Diese Sprachbarrieren gilt es rechtzeitig abzubauen.

Wo wir erleben, dass junge Menschen in eine Verwaltungsausbildung kommen könnten, aber noch Sprachbarrieren haben, auch wenn sie aus der Schule kommen, muss es Teil der Unterstützung von öffentlicher Verwaltung sein, die Sprachbarrieren in der weitergehenden Ausbildung abzubauen. Auch das ist etwas, was in den Industrie- und Handelskammern nicht anders gesehen wird als bei uns und auch nicht anders gesehen werden kann.

Wir haben das Thema interkulturelle Ausbildung. Wir sind dabei, was in den Bausteinen des Aktionsplans enthalten ist, in die Lehrpläne in Altenholz einzubauen. Wir haben die ersten Ausbildungsgänge bei Polizei, Steuer, allgemeiner Verwaltung mit entsprechenden Modulen versehen. In der Polizei sind sie bereits verpflichtend übernommen worden. Das muss weiterentwickelt werden. Das ist ein erster, kleiner Schritt, aber das ist ein guter Schritt. Auch da gilt: Das klappt umso besser, je mehr junge Polizistinnen oder Steuerinspektoren mit internationalem Hintergrund sich bereits in den Ausbildungskursen befinden. Sowohl der Lehrstoff als auch die Klasse als auch die Ausbilder sollten das widerspiegeln.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Die Charta der Vielfalt gibt uns viele Anhaltspunkte. Sie ist übrigens viel mehr als nur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Sie spricht davon, dass wir Nationalität, ethnische Herkunft, aber auch Religion, Weltanschauung, Behinderung, Geschlecht oder Alter nicht zum Gegenstand unserer Beurteilung machen sollen. Davon, dass dies für uns alle nach dem, was wir in unserer Verfassung zum Minderheitenschutz beschlossen haben, verpflichtend ist, gehe ich aus, und das trägt mich stark.

(Vereinzelter Beifall)

Dies wollen und werden wir, weil wir alle miteinander erkannt haben - und diese Regierung ganz besonders -, dass Vielfalt eine Stärke und keine Schwäche ist, zum Leitbild unseres Handels machen. Wo immer wir das in Berichten dokumentieren, wir tun das gern und werden das freudig tun. Allerdings ist die Aufgabe, vor der wir stehen, groß, nicht nur in Schleswig-Holstein, in ganz Deutschland. Es ist völlig richtig - zuletzt von Herrn Garg - gesagt worden: Wir müssen diese

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Aufgabe erledigen, sonst werden wir substanziell schwächer werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt PIRATEN)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Wir kommen jetzt zur Abstimmung.

Ich habe noch eine Frage. Ich habe den Kollegen Kubicki vorhin so verstanden, dass Sie Nummer 1 des Antrags der regierungstragenden Fraktionen und der PIRATEN unterstützen würden, sich gleichwohl auch für den CDU-Antrag ausgesprochen haben. Die Anträge sind ja sehr ähnlich, es geht nur um die Frage des Zeitpunkts der Vorlage eines Berichts. Ich habe aber auch andere so verstanden, dass sie den CDU-Antrag nicht ablehnen wollen. Deswegen mein Vorschlag, den Ursprungsantrag nummernweise

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nur Nummer 1!)

- oder nur Nummer 1 extra und den Rest gemeinsam abzustimmen. Dann hätten Sie Gelegenheit, differenziert abzustimmen. Ich frage die CDU, ob sie bei ihrem Antrag bleibt und Nummer 1 möglicherweise zustimmt.

Frau Präsidentin! Ich bitte darum, über die Anträge als selbstständige Anträge abzustimmen. Wir werden Nummer 1 des Koalitionsantrags wie die FDP zustimmen, möchten aber auch mit unserem Antrag ein positives Signal geben, weil unser Antrag inhaltlich weiter geht, was die Berichterstattung durch die Landesregierung angeht.

Gut. - Dann erklären wir beide Anträge für selbstständig und stimmen zunächst über den Ursprungsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PIRATEN und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 18/747 (neu), ab. Wer Nummer 1 dieses Antrags zustimmen will, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. - Das sind die Stimmen von FDP, CDU, PIRATEN, SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist diese Nummer einstimmig angenommen.

Wer dem Rest dieses Antrages zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Mit

glieder von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und PIRATEN. Wer diesen Rest ablehnt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Das sind die Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen von CDU und FDP.

Dann lasse ich über den Antrag der Kollegen der CDU abstimmen; das ist der Änderungsantrag in der Drucksache 18/833, der für selbstständig erklärt wurde. Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen von FDP, CDU, PIRATEN, SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 12:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einrichtung eines Registers zum Schutz fairen Wettbewerbs - GRfW

Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/827

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht.

Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile Herrn Abgeordneten Olaf Schulze von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Nach unserem Tariftreuegesetz, das im August in Kraft tritt, und dem Mindestlohngesetz, das zurzeit in den Ausschüssen beraten wird, bringen die Koalitionsfraktionen nun ein Gesetz zur Einrichtung eines Registers zum Schutz fairen Wettbewerbs auf den Weg. Es ist der dritte Teil eines Pakets, das dafür Sorge tragen soll, dass gute Arbeit in Schleswig-Holstein unter guten Bedingungen für gute Löhne stattfindet.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Register erfasst Firmen, die sich als vertragsuntreu erwiesen haben, und soll verhindern, dass diese weiterhin öffentliche Aufträge erhalten.

Meine Damen und Herren, wir wollen die Korruption effektiv bekämpfen. Dies erfordert eine transparente Auflistung jener Unternehmen, die sich nicht an Recht und Gesetz halten. Mittelfristig wollen wir ein bundesweites Korruptionsregister ein

(Ministerpräsident Torsten Albig)

führen und den Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern gesetzlich verankern.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Korruption und Bestechlichkeit müssen in ganz Deutschland scharf geahndet werden. Das Register zum Schutz fairen Wettbewerbs ist ein erster Schritt.

Sicherlich ist Ihnen aufgefallen, dass der Gesetzentwurf weitgehend mit einem anderen Entwurf übereinstimmt, der zeitgleich in Hamburg im Gesetzgebungsverfahren ist. Mit dem gemeinsamen Vorgehen stärken wir die norddeutsche Kooperation.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Unser Wunsch und unsere Erwartung ist, dass die Landesregierung von der gesetzlichen Ermächtigung in § 10 Abs. 2 Gebrauch macht und ein Verwaltungsabkommen mit der Freien und Hansestadt Hamburg schließt, das die Zusammenarbeit beider Länder regelt. Darüber hinaus möchten wir weitere Länder von der Notwendigkeit eines effektiven Schutzes vor Korruption überzeugen. Zur Zusammenarbeit für fairen Wettbewerb und gegen Korruption laden wir weitere Bundesländer daher recht herzlich ein.

Meine Damen und Herren, in dem Register zum Schutz fairen Wettbewerbs werden Personen und Unternehmen erfasst, denen Korruption und ähnliche Verfehlungen anzulasten sind, die für ein geordnetes Wirtschaftsleben relevant sind. Wir wollen ausschließen, dass schwarze Schafe Aufträge der öffentlichen Hand erhalten, und mit unserem Register auch ein präventives Signal setzen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Unser Ziel ist es, die Korruption effektiv zu bekämpfen. Dies erfordert eine transparente Auflistung jener Unternehmen, die sich nicht an Recht und Gesetz halten. Unternehmen, die korrupt oder anderweitig rechtswidrig handeln, dürfen nicht belohnt werden; stattdessen sollen sie konsequent von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Das Register dient damit ausdrücklich auch dem Schutz ehrlicher Unternehmen; denn diese davon sind wir überzeugt - bilden die weit überwiegende Mehrheit in unserem Land.

Korruption und andere wettbewerbswidrige Verhaltensweisen verursachen in der Regel auch gesteigerte Kosten bei den öffentlichen Auftragge

bern; sie schädigen so die öffentlichen Haushalte. Korruption zerstört das Vertrauen von Bürgerinnen und Bürgern in Politik und Verwaltung - zu Recht. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass der Staat dafür Sorge trägt, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Daher besteht ein öffentliches Interesse daran, dass öffentliche Aufträge, die aus Steuergeldern bezahlt werden, nur an ehrliche Unternehmen vergeben werden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Ja, gern.

Bitte schön, Herr Kubicki.