Herr Kollege Schulze, habe ich Sie so verstanden, dass nach dem, was Sie vorgelegt haben und was hier beschlossen werden soll - auch die HSH Nordbank in dem Korruptionsregister erfasst werden müsste? Deren Vorstand ist in Hamburg wegen falscher Angaben in der Bilanz angeklagt. Dürfte dann nach Ihrer Vorstellung die HSH Nordbank keine öffentlichen Aufträge mehr entgegennehmen beziehungsweise von der öffentlichen Hand nicht mehr mit Mitteln versorgt werden?
Wenn die HSH Nordbank Auftragnehmer des Landes Schleswig-Holstein ist und korrupt gehandelt haben sollte, dann wird sicherlich auch die HSH Nordbank dazugehören.
Das Gleiche gilt für Verstöße gegen Mindestarbeitsbedingungen und Tariftreuebestimmungen. Mit dem Register zum Schutz fairen Wettbewerbs schaffen wir ein Instrument, um vertragsuntreue Unternehmen identifizieren und künftig, gewichtet nach der Schwere des Verstoßes, von öffentlichen Aufträgen ausschließen zu können. Öffentliche Auftraggeber erhalten die Möglichkeit, sich im
Ich möchte eines deutlich anmerken: Wir planen nicht einen Pranger oder eine „schwarze Liste“, die öffentlich ausgelegt wird, sondern die öffentlichen Auftraggeber sollen eine Liste einsehen können, um festzustellen, welche Unternehmen von der öffentlichen Vergabe ausgeschlossen sind.
Herr Kubicki, im Ausschuss wird es noch Gelegenheit geben, sich mit den Regelungen des Registers zum Schutz fairen Wettbewerbs zu befassen. Deshalb beantragen wir auch Ausschussüberweisung.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle, die wir hier sitzen, haben sicherlich großes Interesse an einer effektiven Korruptionsbekämpfung und -prävention; denn Korruption schadet dem fairen Wettbewerb, unserer gesamten Gesellschaft und auch der Wirtschaft.
Die Bekämpfung muss jedoch mit Mitteln geschehen, die sinnvoll sind und die tatsächlich Wirkung erzielen. Der Gesetzentwurf, den die Koalition hier vorlegt, ist diesbezüglich völlig ungeeignet. Er bedeutet die Rückkehr zum mittelalterlichen Pranger in neuem Gewand.
Sie bekämpfen damit nicht die Korruption, sondern Sie zeigen Ihr generelles Misstrauen gegen den Mittelstand. Sie schaffen im Land und den Kommunen erheblich mehr Bürokratie, und das ist der schlimmere Teil.
Die Einführung eines Antikorruptionsregisters ist nicht geeignet, die kriminellen Machenschaften von schwarzen Schafen unter den Unternehmen zu reduzieren. Aber darum geht es Ihnen auch gar nicht; denn Sie brauchen Flankenschutz für Ihr inakzeptables und lückenhaftes Tariftreuegesetz. Das sieht man an den vielen weiteren im Gesetz genannten Tatbeständen, die weit außerhalb der Kriminalität liegen und zum Beispiel Verstöße gegen das Tariftreuegesetz darstellen. Wir haben in rechtsstaatli
cher Hinsicht ein erhebliches Problem damit, Abgaben von Falscherklärungen im Sinne des Tariftreuegesetzes in dieser Form mit möglichen Straftaten gleichzustellen. Ist bei Straftätern richtigerweise eine rechtskräftige Verurteilung erforderlich, so reicht es bei den anderen Tatbeständen, dass „kein vernünftiger Zweifel“ am Vorliegen einer „schweren Verfehlung“ besteht. Was ist aber, wenn sich der Zweifel später als berechtigt erweist, also eine schwere Verfehlung sich nicht bestätigt? Dazu schweigt das Gesetz.
Eine Widerspruchsmöglichkeit wird im Gesetz ebenfalls nicht genannt; deshalb bleibt auch offen, wer gegebenenfalls darüber zu entscheiden hat. Sie vorverurteilen, schädigen, beschuldigen beziehungsweise bestrafen Ihre Vertragspartner, und das ohne ausreichende Rechtsgrundlage. Das machen wir nicht mit!
Dieses Vorgehen verletzt jegliche Rechtsstaatsgrundsätze, insbesondere da in bestimmten Fällen ein solcher Ausschluss von Vergaben sogar zur Existenzvernichtung führen kann. Ich bin auf die Ausschussberatungen gespannt, frage mich aber jetzt schon, ob dieses Gesetz wieder ein politischer Preis ist, den die Bürger, den der Mittelstand für die Verwirklichung Ihrer ideologischen Zielvorstellungen zu zahlen haben.
Gespannt bin ich auch, wie im Ausschuss die Erfahrungen, die in anderen Bundesländern gesammelt worden sind, dargestellt werden. Von Ihnen, Herr Minister Meyer, erwarte ich, dass Sie Ihre Hand heben und diesem Treiben nach mehr Bürokratie endlich Einhalt gebieten - zum Wohle Schleswig-Holsteins und seiner Gesellschaft. Ihr Gesetz trifft bestimmte Berufsgruppen negativ und ist nicht geeignet, das Ziel der Korruptionsbekämpfung voranzubringen. Es ist erneut handwerklich schlecht gemacht - wie so viele Gesetze in den letzten Monaten vorher.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetz zur Errichtung eines Registers zum Schutz fairen Wettbewerbs bekämpfen wir verschiedene Tatbestände wettbewerbswidrigen Verhaltens. Ich nenne sie noch einmal: Korruption, Schwarzarbeit, Bestechung,
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Dafür haben wir ein Strafrecht! - Christopher Vogt [FDP]: Haben wir kein Strafrecht mehr?)
Der Bericht Bundeslagebild Korruption des BKA zeichnet folgendes Bild: 2011 gab es bundesweit knapp 17.000 Korruptionsstraftaten. Dies ist der höchste Wert seit 1995. Im Jahr davor hatten wir 15.748 Straftaten. In Schleswig-Holstein waren es 2011 602 Korruptionsstraftaten, davor im Jahr 2010 320. Das ist eine steigende Tendenz.
Im Durchschnitt der Jahre 2010/2011 wurden circa 60 % der angezeigten Korruptionsstraftaten im Wirtschaftsbereich begangen.
Über 46 % dienten zur Erlangung von Aufträgen. Der durch Korruption verursachte Schaden wird bundesweit für das Jahr 2011 auf 276 Millionen € geschätzt.
Der Bundesminister für Finanzen geht von einem jährlichen volkswirtschaftlichen Schaden der sogenannten Schattenwirtschaft von circa 15 % des BIP aus. Das entspricht für die Bundesrepublik Deutschland 345 Milliarden €. Die Definition der Schattenwirtschaft im engen Sinne umfasst neben Schwarzarbeit auch Steuerhinterziehung. Allein durch Schwarzarbeit entsteht ein volkswirtschaftlicher Schaden von 70 Milliarden €. Ich gebe zu, es gibt keine offiziellen Statistiken. Da gibt es eine hohe Dunkelziffer. Die tatsächliche Zahl wird noch bei Weitem höher liegen als das, was wir jetzt schon statistisch erfassen können.
Durch die Bekämpfung wettbewerbswidrigen Verhaltens haben diejenigen Unternehmen Vorteile, die sich fair und gesetzeskonform verhalten.
Herr Kollege Tietze, würden Sie mir freundlicherweise zugestehen, dass zwischen der Anzahl der angezeigten Taten und Ermittlungen und der Anzahl der ausgeurteilten, damit festgestellten Straftaten ein erheblicher Unterschied besteht - das kann ich aus eigener beruflicher Erfahrung sagen, weil ich in diesem Bereich verteidige - und dass die Tatsache, dass es durch erhöhte Anzeigeverfahren zu mehr Verfahren kommt, kein Hinweis darauf ist, dass es tatsächlich zu mehr Korruption gekommen ist?
- Herr Kubicki, ich gebe zu, dass es einen Unterschied zwischen der Zahl der Anzeigen und der ausgeurteilten Verfahren gibt. Aber auch die Zahl der ausgeurteilten Verfahren steigt in Deutschland an. Das ist auch ein Tatbestand.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Dass eine Rechts- staatspartei so etwas macht! - Dr. Heiner Garg [FDP]: Das ist keine Rechtsstaatspar- tei!)
Wir haben mit dem gemeinsam mit Hamburg erarbeiteten Gesetzesvorschlag, der hier vorliegt, die Aussage, dass wir bei dieser Ausgestaltung hoffen, dass sich andere Bundesländer anschließen. Ich finde es wichtig, dass in dieser Frage norddeutsche Kooperation sehr gut funktioniert. Denn das wird man nur in der Kooperation lösen können.
Ich darf darauf hinweisen: Wir alle beklagen Politikverdrossenheit. Gerade das Aufdecken von Korruptionsskandalen mit Beteiligung der öffentlichen Hand führt genau zu dieser Politikverdrossenheit.