Der Eindruck der Untätigkeit an dieser Stelle - ich habe ihn heute extrem gewonnen - macht den Pflegeberuf nicht attraktiver. Gemeinsam wollten wir alle das ändern, weil wir wissen, dass das unbedingt gemacht werden muss, um quantitativ und qualitativ in Zukunft eine menschenwürdige Pflege zu ermöglichen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Thema, das hier im Landtag häufig und kontrovers diskutiert wird, ist die Zukunft der Pflege. Das ist auch gut so. Denn die Pflege gehört zu einem der Bereiche, in dem wir eine enorme Anzahl von Baustellen haben. Grundsätzlich führt eine immer älter werdende Bevölkerung nun einmal dazu, dass der Bedarf an Pflege weiter wachsen wird. Zumindest für die Altenpflege sieht es bisher so aus, dass immer weniger Menschen im arbeitsfähigen Alter eine immer größere Anzahl von Pflegebedürftigen versorgen müssen.
Natürlich gibt es große regionale Unterschiede bei der Quantität und Qualität von Pflegeleistungen. Aber die Warnung vor einem drohenden Pflegenotstand ist sicher berechtigt. Die Herausforderungen in diesem Bereich sind sehr groß. Daher muss nicht nur der Bund, sondern auch die Landespolitik Antworten auf die Frage finden, wie die Zukunft der Pflege aussehen soll. Über das Ziel, eine menschenwürdige Versorgung der Pflegebedürftigen sicherzustellen, sind wir uns hoffentlich alle einig. Die bloße Verwahrung der Menschen kann keiner ernsthaft wollen.
Genauso vielfältig wie die Probleme im Pflegebereich sind auch die Maßnahmen, die für eine Verbesserung der Situation nötig sind: Die Attraktivität des Berufs muss dringend aufgewertet werden. Hierzu zählen bessere Arbeitsbedingungen, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und nicht zuletzt auch eine bessere Bezahlung. Daneben muss die Aus- und Fortbildung von professionell Pflegenden mit den steigenden Anforderungen Schritt halten.
Bei all dem dürfen wir auch den sozialen Aspekt der Pflege nicht vergessen. Der bürokratische Aufwand muss so weit reduziert werden, dass Pflegefachkräfte in ihrer Arbeitszeit wieder mehr für die Pflegebedürftigen da sein können.
Vor diesem Hintergrund will ich ganz deutlich sagen: Auch die Einrichtung einer Pflegekammer wird nicht all diese Probleme lösen. Unsere Entscheidung, die Einrichtung einer solchen Kammer mitzutragen, haben wir getroffen, weil wir uns davon grundsätzlich eine Aufwertung der Pflege versprechen. Ein Kammersystem wie in Deutschland, in dem Ärzte, Apotheker oder Psychotherapeuten mithilfe einer Kammer geschlossen ihre Interessen vertreten, erfordert aus unserer Sicht auch eine entsprechende Institution für die professionell Pflegenden. Um es ganz klar zu sagen: Wir sehen unter den gegebenen Rahmenbedingungen nur diese Möglichkeit, um Pflegenden endlich ein Arbeiten auf Augenhöhe zu ermöglichen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf Folgendes hinweisen: Als Partei, die im regen Austausch mit unseren skandinavischen Nachbarn steht, sind wir nie Anhänger eines Kammersystems gewesen. Wir könnten uns eine Gesellschaft ohne Kammern sehr gut vorstellen.
Gerade aus diesem Grund haben wir intern einen sehr intensiven Diskussionsprozess geführt und uns diese Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht. Aber gerade, weil die Pflege einen so hohen Stellenwert für den SSW hat, haben wir in diesem besonderen Fall im Sinne der Pflegenden nicht nur zugestimmt, sondern wir setzen uns auch aktiv dafür ein.
Lange genug wurde über die Pflege und nicht mit ihr gesprochen. Nicht selten wurden wichtige Entscheidungen über die Köpfe der Betroffenen hinweg gefällt. Wir meinen, dass endlich die Pflegenden selbst die Möglichkeit haben müssen, die Weiterentwicklung der Pflege aktiv zu gestalten. Ob sie diesen Einfluss im Rahmen einer Pflegekammer ausüben wollen, wird die Umfrage ja zeigen. Aber mit der Mitgliedschaft in der Pflegekammer ist nach unserer Meinung genau diese Möglichkeit verbunden.
Die Pflegekammer könnte die Profession Pflege gegenüber anderen medizinischen Heilberufen deutlich stärken und Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen. Mit ihr hätte die Politik endlich einen Ansprechpartner, der wirklich alle Pflegenden vertritt. Das ist deshalb so ungemein wichtig für uns, weil wir die Pflege gemeinsam mit den Betroffenen weiterentwickeln wollen.
Ich finde es natürlich sehr bedauerlich, wenn hier mit negativ besetzten Begriffen wie Zwang, Zwangsmitgliedschaft oder Zwangsbeitrag Stimmung gemacht wird. Denn in meinen Augen dreht es sich bei der Pflichtmitgliedschaft auch um Solidarität.
Jahrelang habe ich zum Beispiel einen Solidaritätsbeitrag bezahlt, und ich habe ihn niemals einen Zwangsbeitrag genannt.
Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Abgeordneten Dr. Heiner Garg von der FDPFraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Kollegin Pauls, ich habe mich wegen Ihres Beitrags zu Wort gemeldet. Sie wissen, dass ich der Idee einer Pflegekammer in der vergangenen Legislaturperiode relativ ergebnisoffen gegenüberstand. Redebeiträge wie Ihrer nutzen der Sache weniger, als dass sie ihr schaden. Wenn Sie Beiträge von Kolleginnen als respektlos abtun, die nichts anderes als eine andere Meinung zum Vortrag bringen, wirft das ein bezeichnendes Licht auf Ihr Demokratieverständnis, Frau Pauls.
Das ist völlig klar. Wissen Sie, dieses Spielchen spielen wir jetzt seit vielen Jahren: Was von dieser Seite kommt, ist prima, gut und für die Menschen. Was von der anderen Seite kommt, ist gegen die Menschen. Kollege Eichstädt, weil ich weiß, dass Sie da differenzierter denken: Es ist das gute Recht der Kollegin Rathje-Hoffmann, das gute Recht der Kollegin Klahn, den Finger in die Wunde zu legen.
Im Übrigen bin ich etwas anderer Meinung als der Herr Kollege Dudda. Ich bin nicht der Meinung, dass die Ministerin und ihr Haus untätig sind. Weil die Errichtung einer Pflegekammer so unglaublich viele Probleme nach sich ziehen würde, braucht man seriöserweise entsprechende Zeit, um tatsächlich, wenn es dazu käme, eine Pflegekammer rechtssicher zu etablieren. Genau diese Fragen haben die Kollegen gestellt. Sich dann hier hinzustellen, nur weil man von der Idee so begeistert ist, und das als respektlos abzutun, finde ich respektlos, Frau Kollegin Pauls, und zwar respektlos gegenüber der anderen Meinung von Kolleginnen und Kollegen.
Sie sprechen davon, Pflege zu degradieren, um im nächsten Satz von aus dem Ausland kommenden Pflegekräften zu sprechen. Ich will Sie nur darauf hinweisen, dass spanische Pflegekräfte eine exzellente, hoch qualifizierte Ausbildung mitbringen.
Wenn Sie hier davon sprechen, wir degradierten die Pflege, degradieren Sie im selben Moment mit Ihrer Argumentation genau diese Pflegekräfte, die hier sehr engagiert für die Pflegebedürftigen arbeiten.
Herr Garg, ich habe in meinem Redebeitrag von fehlender Sprachkompetenz gesprochen, nicht von fachlicher Kompetenz. Ich bleibe dabei, dass das ein Riesenfaktor und ein Riesenproblem in der Pflege ist, weil es auch etwas mit der Qualität der Pflege zu tun hat, wenn Menschen nicht miteinander kommunizieren können gerade in der Pflege.
- Sie können ja Ihren Redebeitrag noch einmal nachlesen. Sie haben im Zusammenhang mit Degradierung von Pflege von ausländischen Kräften gesprochen, die wir hier ins Land holen würden.
Meine Damen und Herren, ich würde an Ihrer Stelle ernsthaft darüber nachdenken - liebe Kollegin Bohn, Ihr Beitrag war ausgesprochen differenziert; es ist mir ziemlich egal, ob Pflicht oder Zwang -: Was tun Sie eigentlich, wenn die Mehrheit der Pflegenden die Pflegekammer nicht will? Stellen Sie dann das Projekt ein, oder drücken Sie es trotzdem durch? Überlegen Sie doch einmal, ob Sie nicht neue Wege in der Verkammerung gehen wollen. Etablieren Sie eine Kammer und machen die Mitgliedschaft freiwillig. Wie wäre es denn damit? Wenn sie alle so begeistert von der Idee der Kammer sind, werden sie wahrscheinlich alle in diese Kammer eintreten.
Dann werden sich ja all diese Wünsche erfüllen. Nur Mut! Die Koalition des Dialogs: Ich bin überzeugt davon, dass Sie den Dialog mit den entsprechenden Vertretungen führen - und zwar nicht nur mit den Berufsverbänden, sondern vielleicht auch einmal mit denjenigen, die jeden Tag pflegen, die jeden Tag diese Arbeit vor Ort erledigen. Sprechen Sie doch mit denen darüber, freiwillig einer entsprechenden Institution beizutreten, um zu sehen, wie sich so etwas entwickelt.
Herr Kollege, Sie hätten die Chance zu einem weiteren Dialog mit der Kollegin Pauls, die um eine Zwischenfrage anstand. - Sie hat sich offenbar erledigt.
Da die Kollegin Herdejürgen mich dringend davor gewarnt hat, in den weiteren Dialog einzutreten, und ich oft auf das höre, was die Kollegin sagt,
Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung und stelle zunächst fest, dass der Berichtsantrag Drucksache 18/921 durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat. Ein Antrag ist nicht gestellt worden. Der Tagesordnungspunkt ist damit erledigt.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Ich schließe die Beratung für heute und freue mich, Sie morgen früh um 10 Uhr wiederzusehen.
- Oh nein. Die Tagung wird nicht bis morgen früh um 10 Uhr, sondern selbstverständlich bis Donnerstagmorgen um 10 Uhr unterbrochen.