Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes für die Errichtung eines Sondervermögens zur Sanierung und Instandhaltung von Landesstraßen
Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile dem Herrn Abgeordneten Christopher Vogt für die FDP das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die Notwendigkeiten bei der Instandhaltung und der Sanierung der vielen maroden Landesstraßen muss ich nach den zahlreichen entsprechenden Debatten in den letzten Monaten in diesem Hohen Hause nicht mehr allzu viele Worte verlieren. Ich weise nur dezent darauf hin: Es geht uns hier nicht um Fahrspaß oder um altbackene Asphalt- und Betonpolitik, wie uns der eine oder andere gern vorhält. Es geht hier um den Erhalt beziehungsweise die Wiederherstellung der Mobilität in diesem Land, die in vielen Bereichen durch völlig marode Landesstraßen mittlerweile sehr stark eingeschränkt ist.
Alle Fraktionen in diesem Haus bedauern diese Situation in öffentlichen Debatten, aber im Grunde sind wir in den letzten Monaten bedauerlicherweise nicht viel weitergekommen. Ich hoffe, dass im August eine nennenswerte Summe zur Sanierung zumindest der schlimmsten Landesstraßen bereitgestellt werden kann. Wir beraten hier heute unseren Gesetzentwurf in erster Lesung. Die Gesetzentwürfe der CDU und der Koalition liegen noch im Finanzausschuss. Dabei hat sich wieder einmal herausgestellt, dass „gut gemeint“ und „gut gemacht“ manchmal zwei unterschiedliche Dinge sind. Der vorgelegte Gesetzentwurf der Koalition ist nach unserer Auffassung verfassungswidrig, weil er gegen Artikel 50 Abs. 3 der Landesverfassung verstößt, da das Initiativrecht für eine Änderung des Haushaltsgesetzes allein der Landesregierung obliegt.
Ich bin kein Freund von Sonderprogrammen. Wir müssen meines Erachtens insgesamt mehr Geld in unsere Infrastruktur investieren. Der mittlerweile schlimme Zustand vieler Landesstraßen und die unerwarteten finanziellen Spielräume durch das Zensus-Ergebnis verlangen geradezu danach, dass man ein Sonderprogramm auflegt. Ein solches Sondervermögen muss aus unserer Sicht auch angemessen ausgestattet sein. Sonst verpufft es sehr schnell. Summen wie die von Minister Meyer zusätzlich bereitgestellten 5 Millionen € für die Sanierung von gerade einmal 18 km Landesstraße sind zwar positiv, aber letztlich nur ein sehr kleiner Tropfen auf den berühmten heißen Stein. Auch die von den Koalitionsfraktionen vorgeschlagenen rund 7,5 Millionen € aus dem Programm PROFI B sind kein großer Wurf, zumal der - wie wir meinen - verfassungswidrige Gesetzentwurf lediglich bis zu 7,5 Millionen € vorsieht. Es kann also sehr schnell
Wir schlagen deshalb vor, die Mittel zu verwenden, die das Land als Nachzahlung für die Jahre 2011 und 2012 aufgrund der Ergebnisse des Zensus 2011 bei den Bevölkerungszahlen erhalten wird. Auch wir haben zwischenzeitlich den Umdruck des Finanzministeriums dazu zur Kenntnis genommen. Wir gehen jedoch stark davon aus, dass es keine wesentlichen Änderungen mehr bei dieser Verabredung, die zwischen den Ländern getroffen worden ist, geben wird. Zwar ist das Gesetz zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalpakts, in dem diese Nachzahlungen beziehungsweise Ausgleichszahlungen geregelt sind, noch im Vermittlungsausschuss des Bundesrates. Mir ist jedoch nicht bekannt, dass ausgerechnet dieser Punkt der kritische ist. Es ist von daher zu erwarten, dass beim Zensus alles beim bisher Geplanten bleibt. Dann hat das Land aller Voraussicht nach rund 50 Millionen €, die in ein Sondervermögen für die Landesstraßen überführt werden könnten. Das wären Mittel, mit denen das Landesstraßennetz wieder in einen Zustand gebracht werden könnte, der zumindest dauerhafte Sperrungen oder Tempolimits auf 30 km/h überflüssig machen würde, die ja nicht selten sind. Insofern bitte ich gerade die Koalitionsfraktionen um Zustimmung zu unserem Vorschlag. Das Sondervermögen, das wir mit unserem Gesetzentwurf einrichten wollen, können wir dann noch - wie auch immer das umgesetzt wird - mit den Mitteln aus PROFI B aufstocken.
Unser Vorschlag ist finanzpolitisch nachhaltig, weil dadurch nicht nur volkswirtschaftliche Schäden durch kaputte Straßen verringert werden, sondern auch die Folgekosten für das Land bei der Straßensanierung sinken. Straßen, die nicht saniert werden, ziehen größeren Handlungsbedarf nach sich. Die Kosten potenzieren sich, wenn nicht rechtzeitig gehandelt wird. Die Themen finanzielle Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit sind vielschichtiger als von dem einen oder anderen gedacht. Wir dürfen die Infrastruktur, die das Anlagevermögen des Landes darstellt, nicht verkommen lassen. Das hätte mit Generationengerechtigkeit am Ende wenig zu tun.
Der Ministerpräsident hat dies mittlerweile offenbar auch erkannt. In der Mai-Tagung hat er das ähnlich formuliert hier vorgetragen. Nur die Schlussfolgerung, die er daraus gezogen hat, die Investitionen zukünftig von der Schuldenbremse quasi auszunehmen, also die Schuldenbremse ein Stück weit aufzuweichen, teilen wir nicht. Da machen wir nicht
mit. Das ist das merkwürdige Denken, das dazu geführt hat, dass das Land Schleswig-Holstein mittlerweile in der Situation ist, mehr Geld für Zinsen aufgewendet zu haben, als überhaupt Schulden vorhanden sind.
Finanzministerin Heinold gefällt mir da mit ihren Äußerungen aus dem gestrigen Interview in den „Kieler Nachrichten“ besser:
„In den vergangenen Jahrzehnten hat das Land einen Teil seiner Infrastruktur sträflich vernachlässigt. Hier zu investieren ist genauso wichtig wie der Schuldenabbau. Wir dürfen der nächsten Generation nicht auch noch marode Liegenschaften überlassen.“
Wir haben den passenden Gesetzentwurf vorgelegt. Insofern sage ich Ihnen: Springen Sie über Ihren Schatten und stimmen zu unserem Gesetzentwurf zu! Das wäre für das Land aus meiner Sicht eine sehr gute Lösung. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon irgendwie paradox: SchleswigHolstein ist ein Bundesland mit drohendem Haushaltsnotstand, und gleichzeitig sind wir dabei, ein Sondervermögen nach dem anderen einzurichten.
Gegen den von SPD, Grünen und SSW in der MaiTagung vorgelegten Gesetzentwurf für ein neues Sondervermögen Landesstraßen wurden zwischenzeitlich verfassungsrechtliche Bedenken vonseiten des Wissenschaftlichen Dienstes geäußert.
Heute nun liegt der Gesetzentwurf der FDP zur Beratung vor, mit dem ein Sondervermögen zur Sanierung und Instandhaltung von Landesstraßen aus den erhofften Zensus-Millionen gebildet werden soll. Ich will die Gelegenheit gern nutzen, um noch einmal zu erklären, warum ein Sondervermögen nicht gleich Sondervermögen ist und warum Schulden für Investitionen etwas anderes sind als Schulden für laufende Ausgaben, wie sie die Finanzministerin macht.
Als CDU und FDP im Jahr 2010 das erste Sondervermögen geschaffen haben, um mit 60 Millionen € den Krippenausbau im Land zu beschleunigen, habe ich dazu im Landtag erklärt - Herr Präsident, ich zitiere aus dem Plenarprotokoll -:
„Den Spielraum dazu hat uns die sparsame Haushaltsführung unserer Landesregierung eröffnet. Wir greifen dabei auf die Minderausgaben des Jahres 2010 zurück. Mit Minderausgaben an der einen Stelle lassen sich einmalige Mehrausgaben an anderer Stelle finanzieren.“
Es waren somit zwei Kriterien, die wir für die Beurteilung des damaligen Sondervermögens herangezogen haben:
Erstens. Der Spielraum für die Bildung des Sondervermögens muss zunächst durch eine sparsame Haushaltsführung erwirtschaftet werden.
Zweitens. Die aus dem Sondervermögen zu tätigenden Mehrausgaben müssen die Haushalte der kommenden Jahre dauerhaft entlasten.
Nur wenn diese beiden Kriterien erfüllt sind, unterstützt uns das Sondervermögen bei der Einhaltung der Schuldenbremse.
2012 haben SPD, Grüne und SSW, die Regierungsfraktionen, mit den zwei Sondervermögen für Hochschulsanierung und zur Energetischen Sanierung von Schulen und Kitas dann genau das Gleiche gemacht. Sie haben den - wohlgemerkt von der Vorgängerregierung hinterlassenen - Spielraum genutzt. Auch ihre Sondervermögen sind geeignet, die folgenden Haushalte von notwendigen Investitionen zu entlasten. Deshalb hat die CDU-Fraktion das auch nicht abgelehnt, sondern sich damals enthalten.
Darüber hinaus hatten wir aber schon 2012 beantragt, auch ein Sondervermögen für die Landesstraßen zu bilden. Zur Wahrheit gehört dazu, dass damals keine einzige der anderen Fraktionen bereit war, diesem Antrag zuzustimmen. Der Antrag lag vor. Die Regierungsfraktionen und auch die FDPFraktion haben leider im Dezember 2012 unserem Antrag nicht zugestimmt.
Stattdessen wurde in dem Haushalt 2013 im Januar dieses Jahres das Sondervermögen PROFI zur energetischen Gebäudesanierung gebildet. Dieses Sondervermögen erfüllt aber keines der zwei genannten Kriterien: Es wurde nicht aus erwirtschafteten Minderausgaben gebildet, sondern von vornherein zula
sten einer höheren Neuverschuldung. Wie sich mittlerweile zeigt, entlastet PROFI auch nicht die kommenden Haushalte, sondern im Gegenteil: Die Projekte sind unwirtschaftlich, es dauert bis zu 30 Jahre, bis sie sich amortisiert haben, und bis dahin wird der Landeshaushalt mit Zins und Zinseszinsen zusätzlich belastet. Deshalb haben wir als CDU-Fraktion die Bildung des Sondervermögens PROFI abgelehnt.
Nunmehr stehen wir vor der Frage, wie sich zusätzliche Millionen Euro für die Sanierung unserer Landesstraßen mobilisieren lassen. Und jetzt sind dankenswerterweise alle Fraktionen bereit, hierfür ein Sondervermögen zu bilden, wie es die CDU schon 2012 vorgeschlagen hat. Allein die Wege dorthin unterscheiden sich in den Gesetzentwürfen von CDU, FDP und den Regierungsfraktionen.
In der Mai-Tagung habe ich vergeblich auf die terminliche Dringlichkeit hingewiesen. Nur mit einem Gesetzesbeschluss in der heutigen Juni-Tagung wäre es noch möglich gewesen, die Straßensanierungen im Sommer dieses Jahres auszuschreiben, anschließend Aufträge zu vergeben und dann noch im Herbst tatsächlich mit den Arbeiten zu beginnen.
Das haben die Regierungsfraktionen mit ihrem dilettantischen Vorgehen vermurkst. Schon die Einbringung ihres Gesetzentwurfes mitten in die laufende Parlamentsdebatte im Mai 2013 hinein war unparlamentarisch.
Mit der jetzt vorgenommenen Verschiebung der weiteren Beratungen auf den August steht fest, dass in diesem Jahr auf der Grundlage ihrer Gesetzesinitiative kein einziger Euro zusätzlich in die Sanierung unserer Landesstraßen fließen wird. Das ist bei aller inhaltlichen Sympathie - auch das Manko des Gesetzentwurfs der FDP. Ob und wann die erhofften Millionen aus der Zensus-Rückzahlung fällig werden, ist noch vollkommen offen. Selbst wenn sie in diesem Jahr noch fließen, stehen die Mittel erst so spät zur Verfügung, dass sie dann erst im kommenden Jahr für Sanierungsarbeiten an den Landesstraßen eingesetzt werden können - es sei denn, die Zensus-Millionen werden vorher noch für den Fluthilfefonds benötigt.
Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat einen rechtssicheren Gesetzentwurf vorgelegt, in dem wir die nicht benötigten Mittel des vorhande
nen Sondervermögens PROFI zugunsten der Sanierung der Landesstraßen umwidmen. Wenn dieses Gesetz heute beschlossen worden wäre, hätten wir noch in diesem Jahr bis zu 10 Millionen € zusätzlich für die Beseitigung der Schlaglochpisten im Land zur Verfügung. Die Grünen hätten damit ihrer Ankündigung von vor der Kommunalwahl Taten folgen lassen können, statt eine reine Ankündigungspolitik zu betreiben.
In Richtung FDP sage ich: Lassen Sie uns das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist. Lassen Sie uns abwarten, bis die Zensus-Millionen auf dem Konto sind, und dann können wir entscheiden, was wir damit machen.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die FDP hat uns im Ausschuss darauf aufmerksam gemacht, dass die Regierungsfraktionen nach ihrer Rechtsauffassung unseren Gesetzentwurf gar nicht einbringen dürfen. Dies obliege - so die FDP allein der Landesregierung. Zu dieser Frage gibt es - das will ich nicht verhehlen - unterschiedliche Rechtsauffassungen.