Protokoll der Sitzung vom 18.06.2013

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die FDP hat uns im Ausschuss darauf aufmerksam gemacht, dass die Regierungsfraktionen nach ihrer Rechtsauffassung unseren Gesetzentwurf gar nicht einbringen dürfen. Dies obliege - so die FDP allein der Landesregierung. Zu dieser Frage gibt es - das will ich nicht verhehlen - unterschiedliche Rechtsauffassungen.

Auch wir haben im Vorfeld der Einbringung des Antrages das Für und Wider der unterschiedlichen Finanzierungsmöglichkeiten abgewogen und uns für die Variante unseres Antrags entschieden. Aber Sie haben völlig recht: Besser, wir stellen das vorher zweifelsfrei fest, als hinterher ein Gesetz zu haben, das nicht rechtmäßig zustande gekommen und möglicherweise nicht verfassungsgemäß ist. Wie so oft geht auch hier Gründlichkeit vor Schnelligkeit.

Auf der anderen Seite hätten wir natürlich gern schneller gebaut. Worum es uns nämlich mit unserer Koalitionsinitiative geht, ist ein spürbarer Schub für die Sanierung der Straßen in Schleswig-Holstein. Das Programm „Betriebskostenoffensive vorsorgende Finanzpolitik“, kurz PROFI, gehört zu den Nachhaltigkeitsmaßnahmen im Haushalt. Wann immer Luft für Maßnahmen ist, die nachhaltig wirken und keine strukturellen Mehrausgaben in den nächsten Jahren nach sich ziehen, ergreifen wir diese Gelegenheit. Das gilt für PRO

FI 1, mit dem energetische Projekte gefördert werden, die sich durch Energieeinsparung selbst refinanzieren. Und das gilt auch für PROFI 2, das für investive Maßnahmen vorgesehen ist.

(Tobias Koch [CDU]: PROFI A und B!)

Mit den aus diesem PROFI-Paket nicht abgeflossenen Mitteln wollen wir den Straßenbau fördern. Damit ist, Kollege Koch, auch dieses Sondervermögen finanziert, weil wir den Abbaupfad einhalten.

(Beifall SPD)

Doch gerade weil Gründlichkeit vor Schnelligkeit geht, haben wir regierungstragenden Fraktionen entschieden, dies nochmals prüfen zu lassen. Wir werden uns die unterschiedlichen Positionen - auch die der FDP - im Finanzausschuss vortragen lassen und dann entscheiden, wie die politischen Ziele haushaltstechnisch am besten umgesetzt werden. Daher kann das Gesetz zum Sondervermögen Straßenbau nun nicht mehr zum Sommer in Kraft treten.

Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, Herr Kollege Koch. Wir werden für die August-Tagung den entsprechenden Beschluss vorbereiten und dann zügig zu einer Lösung kommen, damit noch in diesem Jahr über die Baumaßnahmen entschieden werden kann, und damit sie dann auch ausgeführt werden können.

(Tobias Koch [CDU]: Damit im Winter ge- baut werden kann!)

Immerhin geht es um rund 7,5 Millionen €. Das ist eine große Menge Geld, mit der durchaus der eine oder andere Kilometer Straße instandgesetzt werden kann.

Straßeninstandsetzung ist eine Infrastrukturmaßnahme, die aus unserer Sicht viel dazu beiträgt, dass der ländliche Raum zugänglich bleibt. Meine Kollegin Kirsten Eickhoff-Weber wird nachher bei dem entsprechenden Tagesordnungspunkt einiges dazu sagen, wie sich die SPD eine gute Weiterentwicklung unserer Landesplanung vorstellt, gerade auch im ländlichen Raum.

Aus Sicht der Koalitionsfraktionen ist es wichtig, dass Investitionen in Straßen nicht zulasten der energetischen Sanierung gehen. Daher waren wir auch mit dem Vorschlag der CDU in der letzten Sitzung nicht einverstanden, und werden auch zukünftig nicht auf den Titel der energetischen Sanierung für die Straßensanierung zurückgreifen. Auch Ihr Haushaltsantrag 2013 baut auf den Zugriff dieser

(Tobias Koch)

Mittel auf. Deswegen haben wir den auch nicht verfolgt.

Nun hat die FDP-Fraktion einen eigenen Entwurf eingebracht, der den Zielen der Koalitionsfraktionen bereits viel näher kommt. Wir schlagen vor, auch diesen in den Finanzausschuss zu überweisen.

Unser Ziel ist und bleibt: Wir wollen aus den Mitteln, die wir durch einen günstigen Haushaltsverlauf veranschlagen können, auch etwas für den Zustand der Landesstraßen tun. Darauf kommt es an, und dafür gibt es eine Mehrheit hier im Haus. Alles Weitere werden wir im Ausschuss erörtern.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Rasmus Andresen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, dass hier im Haus Einigkeit über einen Punkt herrscht: Wir sollten und wir können zusätzliche Mittel für die Straßensanierung und den Straßenerhalt frei machen und damit auf den dringenden Bedarf vor Ort reagieren.

Auch wenn ich selbst kein Auto besitze, weiß ich, was es bedeutet, wenn sich mehr als jede vierte Landesstraße in einem schlechten Zustand befindet. Wenn ich in den ländlichen Gegenden zu einer Veranstaltung fahre,

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

Herr Kollege Vogt, Ihr Kreis ist dafür ein Musterbeispiel - wenn ich mit dem Bus sozusagen gefahren werde, wie auch immer -, dann spüre ich auch im Bus die Schlaglöcher. Das ist für uns Grüne ein wichtiger Punkt, warum wir mehr Gelder für die Straßensanierung brauchen. Neben privaten Autos und Lkw ist ja auch der öffentliche Nahverkehr, sind auch die Schulbusse auf gute Straßen angewiesen. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass in Straßenerhalt investiert wird. Gleichzeitig ist für uns aber auch ganz klar: Straßenneubau ergibt weder verkehrspolitisch noch finanzpolitisch Sinn. Die Zukunft liegt auf der Schiene.

Uneinig sind wir uns hier im Haus darin, wo die Mittel für die Straßen herkommen sollen. Die CDU

hat den Grünen-Vorschlag, übrig gebliebene Mittel aus PROFI zu nutzen, aufgegriffen, aber leider völlig verkehrt umgesetzt. Für uns steht fest, das Sondervermögen PROFI A ist ein gutes Konzept für den Klimaschutz. Daran wollen wir auf keinen Fall rütteln und es schleichend in ein Straßensanierungsprogramm verwandeln.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt SPD und SSW)

Das Geld für die energetische Sanierung der Landesliegenschaften wird dringend benötigt, der Bedarf ist riesengroß, weil wir sonst weiter zum Fenster raus heizen. Es darf deshalb keine Aufweichung der Kriterien von PROFI A geben.

Die Küstenkoalition hatte von Anfang an einen anderen Plan: Wir wollen übrig gebliebene Mittel aus PROFI B verwenden, um ein neues Sondervermögen zur Straßensanierung aufzubauen. Wir wollen keine Konkurrenz zwischen energetischer Sanierung und Klimaschutz auf der einen und Straßensanierung auf der anderen Seite erzeugen.

An diesem Ziel halten wir fest, auch wenn die Art und Weise verfassungsrechtlich durch den Wissenschaftlichen Dienst geprüft wird. Darauf sind schon Kollegen vor mir eingegangen.

Der FDP-Vorschlag weist in eine ganz andere Richtung. Aber nach den Ausführungen der Finanzministerin in der letzten Sitzung des Finanzausschusses müssten eigentlich auch Ihnen zwei Einsichten über die Zensus-Gelder gekommen sein.

Erstens ist noch völlig unklar, wie hoch die Teilnachzahlungen für 2011 und 2012 sein werden. Schon jetzt einen Blankoscheck für die Straßensanierung auszustellen, ist völlig unseriös.

Zweitens gibt es neben dem Straßenbau auch noch andere, konkurrierende Prioritäten, und zwar die Hochwasserhilfen. Alle Kollegen, die heute Morgen in der Aktuellen Stunde gesprochen haben, haben betont: Schleswig-Holstein ist bereit, sich solidarisch an der Finanzierung der Flutkosten zu beteiligen und seinen Anteil nach dem Königsteiner Schlüssel zu leisten. Das könnten leicht über 100 Millionen € - in der Presse werden bis zu 140 Millionen € genannt - werden. Das sind unerwartete Ausgaben, und es macht Sinn, die ebenfalls unerwarteten Einnahmen aus dem Zensus erst einmal für diesen Zweck zurückzustellen, bis die Finanzierung des Flutfonds abschließend geklärt ist.

Denn die Alternative dazu sind entweder Steuererhöhungen - das kann nicht im Interesse der FDP sein - oder weitere Schuldenaufnahmen. Auch bei

(Lars Winter)

dem Ziel sollten wir uns eigentlich alle einig sein, dass das keine seriöse Gegenfinanzierung ist.

Wir waren uns bei der 1-Million-€-Soforthilfe im Finanzausschuss einig, und wir sind es auch bei den Folgekosten. Wir können allerdings die ZensusMittel nicht zweimal ausgeben.

Davon abgesehen wissen wir noch wenig über die Höhe der zu erwartenden Mittel. Sie sind zum Teil noch Gegenstand von Verhandlungen. In den letzten Tagen ist deutlich geworden, dass es viele Länder gibt, die anders als wir nicht durch den Zensus profitieren, sondern draufzahlen müssen. Ich will erst einmal sehen, dass beispielsweise Berlin die 900 Millionen €, die es allein aufgrund der Vergangenheit zahlen muss, sofort zahlen wird. Das heißt, es werden auf Bundesebene noch viele Verhandlungen auf uns zukommen. Daher kann man jetzt nicht schon mit Mitteln planen, über dessen Höhe noch niemand Bescheid weiß.

Die Küstenkoalition stellt Mittel für die Straßensanierung bereit - das ist unser ausdrückliches Ziel -, weil diese dringend benötigt werden. Sie tut dies, ohne das wichtige Ziel des Klimaschutzes zu kompromittieren. Sie spielt nicht mit den unerwarteten Geldströmen aus dem Zensus, sondern wartet erst einmal die Verhandlungen zwischen den Ländern zum Zensus und der Fluthilfe ab.

Alles Weitere werden wir im Ausschuss beraten. Ich freue mich auf die Beratung. Wie gesagt: Im Grundsatz sind wir einer Meinung. Wir sollten etwas für die Straßensanierung tun, aber über den Weg müssen wir noch etwas intensiver im Ausschuss beraten. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort für die Fraktion der PIRATEN hat der Abgeordnete Torge Schmidt.

Danke schön. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der FDP-Fraktion ist nun bereits der dritte Antrag, der sich innerhalb kürzester Zeit mit einem Sondervermögen für die Landesstraßen befasst. Anders als die bisherigen Anträge soll sich dies nun nicht über PROFI, sondern aus den rückwirkenden Mehreinnahmen aus dem Länderfinanzausgleich finanzieren.

An dieser Stelle wäre es sinnvoll gewesen, auch über die bisherigen Anträge zu reden. Leider ist der Antrag der Koalition offensichtlich nicht verfassungskonform, sodass die Beratung beider Anträge, der der CDU und der der Koalition, im Ausschuss vertagt wurde. Die Debatte wirkt heute - wie soll ich sagen? - etwas unvollständig.

Wir reden aber dennoch immer wieder gern über unsere Landesstraßen und den bestehenden Sanierungsstau. Der Zustand unserer Landesstraßen hat sich seit der letzten Plenartagung eher verschlechtert denn verbessert.

(Christopher Vogt [FDP]: Stimmt!)

Die Bereitstellung von weiteren 5 Millionen € war nicht mehr als der bekannte Tropfen auf den heißen Stein.

(Christopher Vogt [FDP]: Die Maßnahmen müssen erst mal anfangen!)

- Genau. - Weder die laufende Unterhaltung der Straßen geschweige denn der Abbau des Sanierungsstaus kann so gewährleistet werden.

Die einzige bisherige Antwort von Regierung und Opposition waren Sondervermögen. Wir sind keine Anhänger von Sondervermögen - das ist kein Geheimnis -, auch wenn wir damals dem Sondervermögen für Hochschulen zugestimmt haben. Sondervermögen stellen eine absolute Ausnahme dar und dürfen nicht zu einem finanzpolitischen Standardinstrument werden.

(Beifall PIRATEN)

Allein in der jetzigen Legislaturperiode reden wir diesen Antrag eingeschlossen - über den Entzug von Geldern aus dem Landeshaushalt in Höhe von über 100 Millionen €. Jedes einzelne Sondervermögen wird vom übrigen Vermögen des Landes, seinen Rechten und Verbindlichkeiten getrennt gehalten. Jeder Schuldner wäre froh, wenn er so wie das Land Schleswig-Holstein handeln könnte. Anstatt mit Mehreinnahmen die bereits bestehenden Verbindlichkeiten zu tilgen, entzieht das Land diese den Gläubigern über Sondervermögen.