Protokoll der Sitzung vom 18.06.2013

(Wolfgang Kubicki)

Land hinaus ausstrahlendes Jugendarrestvollzugsgesetz auf den Weg zu bringen. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, von der Alexander-vonHumboldt-Schule in Neumünster gibt es eine zweite Gruppe, die inzwischen auf der Tribüne Platz genommen hat. - Seien auch Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall - Zuruf: Das ist bereits geschehen!)

- Sie sind schon begrüßt worden? Das tut mir leid; das konnte ich hier nicht erkennen. Dann fühlen Sie sich doppelt begrüßt.

Meine Damen und Herren, für die Fraktion der PIRATEN hat nun der Herr Abgeordnete Wolfgang Dudda das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der von der Regierungskoalition vorgelegte Gesetzentwurf füllt zeitgemäß und nach meiner Meinung auch pädagogisch richtig und sinnvoll § 90 des Jugendgerichtsgesetzes aus. Was dort nur in zwei Sätzen beschrieben wird, wird in diesem Gesetzentwurf konkret. Das, was bisher schon weitestgehend in Moltsfelde praktiziert wird, findet sich auch in diesem Gesetzentwurf wieder. Das ist gut so; denn das, was wir vernünftigerweise ohnehin jetzt schon tun, wird dadurch auch zum Rechtsanspruch.

Das Ziel des Gesetzentwurfs ist es, Jugendliche zu einem verantwortlich geführten Leben ohne Straftaten zu befähigen. Dabei soll in der Jugendarrestanstalt mit den Jugendlichen gearbeitet werden, und danach soll ihnen eine soziale Brücke außerhalb der Anstalt gebaut werden. Damit wird wesentlich mehr getan, als nur an das Ehrgefühl und das Unrechtsbewusstsein im Sinne von § 90 Jugendgerichtsgesetz zu appellieren. In dem Entwurf heißt es dazu in § 4 wörtlich:

„Die Selbstachtung der Jugendlichen, ihr Verantwortungsgefühl und ihr Einfühlungsvermögen in das Erleben Anderer sowie Einstellung und Kompetenzen, die vor erneuter Straffälligkeit schützen, sind zu fördern.“

Gleichzeitig regelt dieser Entwurf auch verfassungsmäßige Rechte wie den Kontakt zu Freunden und Familie. Bisher galt ja in Moltsfelde ein striktes Besuchsverbot während der Arrestzeit.

Dass im Jugendarrest nunmehr auch eingeschränkt telefoniert werden kann, ist ebenfalls richtig und zeitgemäß.

(Beifall PIRATEN)

Und ohne - diese Formulierung finde ich toll - das Internet wörtlich zu nennen, sind künftig auch andere Formen der Telekommunikation eingeschränkt zulässig. Außerdem wird endlich auch der Privatsphäre des im Arrest befindlichen Jugendlichen Rechnung getragen, und auch das ist gut so.

Dass es eine Arrestplanung geben soll, ist an sich auch gut und konsequent für das Erreichen des Arrestziels. Allerdings halte ich die Formulierung in § 12 Abs. 2 des Gesetzentwurfs nicht für ausreichend bestimmt. Es ist nichts Halbes und nichts Ganzes, wenn es dort heißt:

„Gemeinsam mit der oder dem Jugendlichen ist ein Förderplan zu erstellen, der Angaben über die Teilnahme von Förderangeboten (§ 5) und über externe Hilfsangebote, insbesondere zur Fortführung vor oder im Arrest begonnener Maßnahmen, enthält. Anregungen und Vorschläge der oder des Jugendlichen werden einbezogen,“

- jetzt kommt der Punkt

„soweit sie der Erreichung des Arrestziels dienen.“

Das ist zwar logisch, ist aber ein Widerspruch zwischen Absatz 1 und Absatz 2.

Wenn die Ideen des Jugendlichen also nicht dem Ziel entsprechen, werden sie in keiner Weise aufgegriffen. Das fruchtet insbesondere pädagogisch nicht. Aber das ist auch mein einziger Kritikpunkt an diesem Entwurf.

In einer Fünfminutenrede ist es unmöglich, auf alle Bestimmungen dieses Gesetzentwurfs einzugehen. Die Ausgestaltung des Jugendarrests mit seinem Konzept, in und außerhalb der Arrestanstalt mit den betroffenen Jugendlichen an ihm und für ihn zu arbeiten, ist gut.

Das gilt auch für Sicherheitsaspekte und Zwangsmaßnahmen. Bis hin zu einem recht brauchbaren Datenschutz verfolgt dieser Gesetzentwurf einen ganzheitlichen und nachhaltigen Ansatz.

An einer Stelle bin ich voll bei der Kollegin Ostmeier, was die Finanzierung betrifft. Skeptisch bin ich aber bei den Kosten, die das Gesetz auslösen wird. Wie mit 118.000 € zwei Vollzugsbeamte und ein Sozialpädagoge bezahlt werden sollen, ist mir

(Wolfgang Kubicki)

rätselhaft angesichts dessen, was wir mit dem neuen Tarifabschluss umsetzen müssen. Auch bei den Sachkosten, die Sie strukturell mit 42.000 € und einmalig mit 52.000 € beziffern, glaube ich nicht, dass diese realistisch kalkuliert worden sind. Zu umfangreich ist das, was mit dieser geringen Geldsumme umgesetzt werden soll.

Bezahlt werden soll mit diesem Geld ja schließlich auch die Zusammenarbeit mit dem erstmals einzusetzenden Beirat für den Jugendarrestvollzug. Wie der genau besetzt werden soll, lässt der Entwurf offen.

Auch die begleitende kriminologische Evolution der Maßnahmen des Jugendarrests bis zum TäterOpfer-Ausgleich, den ich sehr begrüße, müssen aus diesem Topf bezahlt werden.

Zusammen mit allen anderen unterstützenden Maßnahmen für den Jugendlichen scheint mir der Sachkostenansatz viel zu niedrig angesetzt, zumal er auch die Fahrtkosten beinhalten soll. Mit anderen Worten: Ein schöner Ansatz wird durch Schönrechnungen beschädigt. Das ist sehr schade.

Aber dieser Entwurf ist ja bereits im Januar dieses Jahres gestaltet worden, und da wussten wir alle noch nichts vom warmen Zensus-Regen. Wenn noch etwas übrig bleiben sollte, kann das Geld ja hier fließen. Es wäre dann gut in die Zukunft investiertes Geld, wenn Jugendliche nach einer Ersterfahrung mit Türen, die innen keine Klinke haben, nicht wieder straffällig werden. Der Entwurf kann keine Frage - sehr gut dazu beitragen. Seriös finanziert sind wir dann nicht nur in den Ausschussberatungen an der Seite der Koalition. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Abgeordneten des SSW hat nun der Herr Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank an die Ministerin und natürlich auch an ihr Team für die klaren Ausführungen zum Jugendarrestvollzugsgesetz. Wie wir schon gehört haben, hat das Ministerium ein umfassendes Überarbeitungs- und Weiterentwicklungsverfahren durchgeführt. Vor uns liegt nun ein Gesetz, das den Gegebenheiten in der Praxis angepasst wurde. Es ist ein modernes und nachhaltiges Gesetz gewor

den, das den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts gerecht wird. Das können wir als SSW nur begrüßen.

Wir als Gesetzgeber haben hier eine ganz klare Aufgabe. Wir müssen alles daran setzen, diese Heranwachsenden wieder in unsere Gesellschaft zu integrieren. Ab einem Alter von 14 Jahren gilt man als deliktfähig. Das Jugendrecht kann nach einer individuellen Überprüfung bis zum 21. Lebensjahr angewendet werden. Diese Lebensspanne ist eine ganz entscheidende Zeit, denn sie ist der Vorreiter zum Erwachsenenleben. Hier müssen wir ansetzen, damit eine Führung eines eigenverantwortlichen Alltags ohne weitere Straftaten möglich werden kann. Dennoch können sich diese jungen Erwachsenen verändern. Bei einigen geht das ganz schnell, bei anderen dauert es länger. Das Ziel im Jugendarrest muss immer sein, den Jugendlichen Hilfestellung zu geben, wieder in unserer Gesellschaft fest Fuß fassen zu können.

Natürlich kommt man nicht mal eben von null auf jetzt in den Jugendarrest. Hier ist schon eine ganze Weile etwas schiefgelaufen. Die Jugendlichen können beispielsweise nicht ohne Weiteres zwischen „deins“ und „meins“ unterscheiden. Die Eltern haben oft jeden Zugang zu ihrem Kind verloren und können ihrem Erziehungsauftrag nicht mehr nachkommen. Umso wichtiger ist es, dass sich in diesem Fall unsere Institutionen mit diesem Erziehungsauftrag befassen.

Das Fachpersonal nimmt eine Schlüsselfunktion ein und kann eine Brücke zwischen der juristischen und der elterlichen Autorität bilden. Die Sozialarbeiter sind sowohl mit den rechtlichen als auch mit den pädagogischen Anforderungen vertraut und tragen darüber hinaus zum Austausch zwischen den verschiedenen Ämtern und Trägern bei. Nur so kann Nachhaltigkeit geschaffen werden. Vor diesem Hintergrund ist das Gesetz sehr gelungen. Denn die meisten der jungen Leute werden auch nach dem Arrest noch Unterstützung und Betreuung brauchen - zum Beispiel in Form von Nachgesprächen oder Sozialauflagen, in denen die Heranwachsenden noch einmal die Möglichkeit bekommen, sich in die Gesellschaft zu integrieren.

Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass die Zeit im Jugendarrest sehr begrenzt ist und dass der Arrest eben kein alleinstehender Teil ist, sondern in Verbindung mit vielen anderen pädagogischen Maßnahmen steht. Natürlich ist die oftmals kriminelle Karriere dieser jungen Menschen nicht nach zwei Tagen geglättet. Deswegen muss langfristig gedacht werden. Der Jugendarrest an sich ist also ein

(Wolfgang Dudda)

kleiner Teil ganz unterschiedlicher Maßnahmen, die alle zu einem umfassenden Konzept gehören, um die Heranwachsenden zu unterstützen. Dazu gehören die Schule, das Jobcenter, das Jugend- und Sozialamt oder eben auch Drogenberatungsstellen.

Nur durch eine intensivere Vernetzung der verschiedenen Institutionen funktioniert das Gesamtkonzept. Gerade in Bezug auf die Koordination der externen Kontakte macht es Sinn, zusätzlichen Raum für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Jugendarrestanstalt in Moltsfelde zu schaffen. Ich glaube, wir sind mit diesem neuen Gesetz auf dem richtigen Weg. Mehr noch, wir können Vorbild für andere Bundesländer sein, die ihre Gesetzgebung nach den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts noch nicht überarbeitet haben, oder für diejenigen, die gerade an einer Neuauflage arbeiten. Deshalb kann man getrost in Bezug auf die Justizministerin und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Justizministerium sagen: Note 1.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratungen.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf in der Drucksache 18/891 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung und zum Betrieb von Spielhallen (Spielhallengesetz - SpielhG)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 18/918

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile dem Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, Herrn Reinhard Meyer, das Wort.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Beitritt des Landes Schleswig-Hol

stein zum Glücksspielstaatsvertrag macht auch eine Anpassung des Spielhallengesetzes notwendig. Das Glücksspielrecht in Deutschland steht unter dem besonderen Fokus der EU und bedarf eines beständigen, kohärenten und ausgewogenen Systems im Spannungsfeld zwischen dem gewerblichen Spielrecht des Bundes in der Gewerbeordnung und in der Spielverordnung, dem Glücksspielstaatsvertrag und - natürlich - dem Spielhallengesetz auf Landesebene. Mit dem vorgelegten Entwurf ziehen wir nicht nur die Vorgaben des Staatsvertrages in kohärenter Weise nach. Zusätzlich nehmen wir neue Bestimmungen auf, die den Jugend- und Spielerschutz verbessern und zugleich die Suchtprävention auf breite Beine stellen.

Die Kernpunkte in der gebotenen Kürze. Erstens. Stichwort Mehrfachkonzessionen. Mehrfachkonzessionen, auch die sogenannten Doppelkonzessionen sind nach dem Glücksspielstaatsvertrag nicht mehr zulässig. Dies muss sich natürlich in einem Spielhallengesetz des Landes wiederfinden. Künftig wird es keine neuen Spielhallenkomplexe mehr geben. Alte müssen nach Ablauf der Übergangsfristen aufgegeben oder neu konzipiert werden, zum Beispiel für reine Unterhaltungsspiele.