- Die „Dialogin in Person“! - Es gab drei große Bildungskonferenzen in Schleswig-Holstein. Zum Auftakt in der Toni-Jensen-Gemeinschaftsschule in Kiel im September 2012 waren 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Politik, Schule und Wissenschaft eingeladen. In einzelnen Foren ging es um die Schulen und die Lehrerausbildung der Zukunft, um den Erhalt von Schulstandorten bei
schrumpfender Bevölkerung und um Übergänge von Kita und Schule. Das Ministerium hatte Themen vorgeschlagen, und die Teilnehmer konnten weitere ergänzen.
Viele Akteure, die sonst nur über Pressemitteilungen miteinander kommunizieren, sind ins Gespräch gekommen. Der Umgang miteinander war wertschätzend, und das Klima war konstruktiv. Positiv wurde von vielen Teilnehmern aufgenommen, dass die Ministerin, die Staatsekretäre und viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Bildungsministerium einen ganzen Tag lang zuhörten, bei Sachfragen zur Klärung beitrugen und den Dialog sehr ernst nahmen.
Es folgten im Dezember 2012 Werkstattgespräche im Gymnasium Kronshorst. Eingeladen waren wiederum die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der ersten Bildungskonferenz. Mehr als 100 von ihnen kamen, darunter Schüler, Eltern, Lehrer, Schulträger und Beteiligte am Ganztagsunterricht. Sie alle informierten sich über die Zwischenergebnisse der Arbeitsgruppen, die seit der ersten Konferenz eingerichtet worden waren. Alle brachten Anregungen und Fragen ein.
Im Februar 2013 folgte die dritte Veranstaltung, diesmal am Regionalen Bildungszentrum Technik in Kiel. Allein an den Veranstaltungsstandorten kann man übrigens sehr schön ablesen, was für eine schöne Dreigliedrigkeit wir künftig in unserem Land haben werden.
Eine wichtige Etappe war geschafft. Es wurden Empfehlungen für das neue Schulgesetz verabschiedet. Es war sicherlich eine anstrengende Zeit für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums, aber auch für viele, die an den Arbeitsgruppen beteiligt waren, von denen einige ja auch weiter bestehen. An dieser Stelle noch einmal im Namen der SPD: Vielen Dank dafür!
Unsere Bildungsministerin sagte zu, sich zur Anwältin der Empfehlungen, die da mehrheitlich beschlossen worden waren, zu machen. Sie hielt diese Zusage ein, wie der heutige Entwurf zeigt.
Was die Landesregierung angeht, so ist mit der Vorlage des Gesetzentwurfes dieser Teil des Dialogs zunächst beendet. Für uns als Parlament beginnt jetzt eine neue Phase des Dialogs, die nicht ganz so innovativ, aber nicht weniger wichtig ist,
Wir werden natürlich nicht jede Anregung aus den Anhörungen aufnehmen können, schon deswegen nicht, weil sich die Anregungen zur Anhörung teilweise diametral widersprechen. Aber ich bin absolut sicher, dass es wie bei früheren Schulgesetznovellen und anderen Vorhaben dieser Koalition aus den Reihen der Koalitionsfraktionen offene Ohren für diese Anregungen geben wird und dass so manche Anregung über Änderungsanträge auch noch ihren Eingang in den Schulgesetzentwurf finden wird.
Was wird sich ändern? Wir haben 2007 die damals bestehenden vier Schularten in der Sekundarstufe Hauptschulen, Realschulen, Gesamtschulen, Gymnasien - durch drei ersetzt. Das war als Zwischenschritt wahrscheinlich notwendig, aber es konnte keine langfristige Lösung sein, weil der Wille der Eltern und die Entscheidungen der Schulträger gezeigt haben, dass nicht die Regionalschule, sondern die Gemeinschaftsschule die wesentliche Alternative zum Gymnasium sein würde. Dem tragen wir jetzt Rechnung und werden bald in der Sekundarstufe I nur noch die beiden Schularten Gymnasium und Gemeinschaftsschule haben. Das wurde von der Bildungskonferenz ohne eine einzige Gegenstimme so empfohlen. Es gab eine Wortmeldung vom Landeselternbeirat der Regionalschulen. Diese wünschten sich, das möge schon ein Jahr vorher geschehen und nicht erst später.
In der Tat, Frau Franzen hat recht: Regionalschulen mit weniger als 240 Schülerinnen und Schülern stehen vor einem Problem. Fairerweise müssen wir aber sagen: Vor diesem Problem stünden sie ohne die Schulgesetznovelle auch. Das Schulgesetz schafft eine neue Möglichkeit für diese Schulen, indem eben organisatorische Verbindungen ermöglicht werden, die es bisher in dieser Form nicht gab.
Deutschland und Schleswig-Holstein brauchen mehr junge Menschen mit Hochschulzugangsberechtigung und mehr Hochschulabsolventen. Das heißt, dass es für jeden Schüler mit einem vertretbaren Fahrtaufwand möglich sein muss, eine Oberstufe zu besuchen, sei es an einem Gymnasium, einer Gemeinschaftsschule oder einem beruflichen Gymnasium.
Für die Einrichtung von gymnasialen Oberstufen an Gemeinschaftsschulen gilt das, was wir auch im Dialog immer unterstrichen haben: Wo der Bedarf durch eine ausreichende Schülerzahl gesichert ist und eine neue Oberstufe keine bestehende in ihrem Bestand gefährdet, wollen wir sie einrichten.
Warum tun wir das? Weil nachweislich die Abiturquote immer da höher ist, wo die Dichte an Oberstufen höher ist. So einfach ist das.
„Kostet das mehr?“ kann ein Krämer an dieser Stelle fragen. Ja, das kostet dann mehr, wenn mehr Schülerinnen und Schüler als bisher in die Oberstufe gehen. Aber das ist ja nun ein Ziel, das mit Ausnahme der FDP, die mir das auch noch nicht plausibel begründen konnte, niemand bestreitet.
Wo keine neuen Oberstufen eingerichtet werden können, sollen Kooperationen von Gemeinschaftsschulen, beruflichen Schulen und Gymnasien ermöglicht werden. Das wurde von der Bildungskonferenz mit großer Mehrheit empfohlen. Gute Initiativen hierzu gibt es auf dem Kieler Ostufer, in Mölln oder in Rendsburg.
Bei der Frage G 8 und G 9 waren die Mehrheiten weniger groß; das räume ich ein. Aber an dieser Stelle konnte die Koalition beweisen, dass sie zwar nicht ohne Haltung, aber offen in den Dialog ging. Die Bildungskonferenz empfahl mehrheitlich den Grundsatz: G 8 an Gymnasien, G 9 an Gemeinschaftsschulen. Sie empfahl aber auch den Bestandsschutz für bestehende G-9-Gymnasien. Daran halten wir uns, übrigens entgegen unserem Wahlprogramm. Daran halten wir uns auch, die G-YGymnasien betreffend. Die Landeselternbeiträte der Gemeinschaftsschulen und Gymnasien, letztere übrigens jährlich gestützt durch eine Umfrage, unterstützen diesen Grundsatz: G 8 an Gymnasien, G 9 an Gemeinschaftsschulen. Auch die Landesschülervertretungen unterstützen diesen Grundsatz. Insofern können wir sagen: Auch da stützen wir uns auf wesentliche Beteiligte im Bildungssystem.
Wir machen Schluss mit der Entkernung von Gemeinschaftsschulen, indem wir das gemeinsame Lernen mit Binnendifferenzierung wieder zum Leitprinzip machen. Frau Franzen, die beste Schule Deutschlands steht in Bargteheide und ist eine Gemeinschaftsschule. Denken Sie nur!
Da müssen Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Begabung gemeinsam unterrichtet werden und wollen das sogar.
Ich frage mich: Was ist die Konsequenz aus Ihrer Aussage: „Es darf nicht nur Häuptlinge geben, wir brauchen auch Indianer“? Ist die Konsequenz, wir wollen möglichst vielen Menschen verbieten, Häuptling zu werden? Wir wollen Sozialschichten, damit die Häuptlinge unter sich bleiben? Ist das der Bildungsbegriff der CDU, den wir hier haben durchschimmern gesehen?
Das Vorschaltgesetz der Koalition wurde übrigens in diesem Punkt auch mit großer Mehrheit von der Bildungskonferenz bestätigt. Auch da hat sich gezeigt: Dialog wirkt.
Im Übrigen halten wir das Vorgehen der Landesregierung für richtig, in einem Erlass noch einmal klargestellt zu haben, wie es mit Rückstellung vom Schulbesuch funktioniert. Wir sind da aber noch in einem Dialog, der noch nicht abgeschlossen ist. Meine Zeit blinkt. Deswegen muss ich das an dieser Stelle etwas kürzen.
Ich bin auch erstaunt, wie manchmal die Debatte auf Nebengleise gerät, die weniger relevant sind. Wir haben über die Begriffe Pädagogik, Bildung und Erziehung viel diskutiert. Nun steht im Schulgesetz drin:
Meine Damen und Herren, wer Kritikpunkte sucht, der wird sie finden. Wer an diesem Dialogprozess und dem heute vorliegenden Ergebnis nur herumnörgelt, hat außer der Schmollecke nichts gesehen. Ich bleibe dabei: Das ist das am besten vorbereitete Schulgesetz, das es in diesem Land bisher gab. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist wunderbar: Ich muss jetzt gar nicht so viel zum Bildungsdialog und so weiter sagen. Ich kann mich hier überwiegend auf neue Aspekte beschränken.
Frau Franzen, Sie haben uns vorgeworfen, wir hätten den Koalitionsvertrag umgesetzt. Das mag unter anderem daran liegen, dass wir einfach schon im Vorfeld der Landtagswahl unser Ohr in Richtung Schulen und Verbände gehalten haben. Das haben wir auch im Bildungsprozess gesehen.
Sie waren ja sogar im Raum, als die Entscheidung zum Thema Regionalschulen, von der Martin Habersaat gerade gesprochen hat, getroffen worden ist. Das war die zweite Konferenz. Deswegen verstehe ich überhaupt nicht, warum Sie die Anerkennung dieser Realität so verweigern.
Frau Erdmann, Sie haben gerade auf die Ergebnisse der Bildungskonferenz abgehoben. Können Sie mir sagen, wie das Abstimmungsverhalten bei den Regionalschulen und der ganzen Zusammenführung gewesen ist? Ich habe sehr gut in Erinnerung, weil ich tatsächlich im Raum war, dass sich ein ganz großer Teil, und zwar der überwiegende Teil der Teilnehmer, enthalten hat.
Frau Franzen, ich muss es noch einmal darstellen. Es gab die Möglichkeit, in diesem Punkt inhaltlich Kritik zu üben. Bei der ersten Konferenz - das war der Zeitpunkt, als Sie nicht in die Arbeitsgruppen gegangen sind, sondern Pressemitteilungen gegen die Konferenz geschrieben haben - war ich zum Beispiel in der Arbeitsgruppe zum Thema „Weiterentwicklung der Regionalschulen“. Da sind all diese Punkte besprochen worden. Deswegen finde ich: Lassen Sie hier einmal die Kirche im Dorf.