Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass Frau Holthusen vom Forum Sozial auf der Tribüne sitzt und dieser Debatte heute lauscht. Das wird bestimmt sehr aufschlussreich sein.
„1. Die Landesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der beabsichtigten Schulgesetzänderung einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine schrittweise Verbesserung der Förderung der Schulen in freier Trägerschaft beinhaltet. Grundlage soll eine dynamisierte, faire und transparente Berechnung sein.
2. Des Weiteren sollen die Regelungen zu den Wartefristen und die Ausgleichszahlungen für diese Zeiten überprüft werden. Es ist zudem zu prüfen, inwieweit bei einer Erweiterung bestehender Schulen auf die Wartefrist verzichtet werden kann.“
Das ist der Beschluss des Landtages aus dem November letzten Jahres. Frau Ministerin, Sie sind diesem Beschluss bisher in keinem einzigen Punkt gefolgt.
Sie haben mit dem Schulgesetz keinen Gesetzentwurf für die Schulen in freier Trägerschaft vorgelegt, sondern erst mit dem Haushaltsbegleitgesetz. Eine schrittweise Verbesserung der Förderung der Schulen in freier Trägerschaft ist nicht in Sicht. Das Gegenteil ist der Fall. Viele Schulen werden bei der Förderung schlechtergestellt. Das betrifft insbesondere die Waldorfschulen, die Gymnasien und die beruflichen Schulen in freier Trägerschaft. Manche fürchten derzeit sogar um ihre Exi
Das gilt zum Beispiel für die Inklusionsschule, die seit fast 30 Jahren Kinder und Jugendliche mit und ohne besonderen Förderbedarf erfolgreich gemeinsam unterrichtet: Nur durch die Entlassung der Lehrkräfte kann diese Schule die von Ihnen aufgezwungenen Einsparungen durchführen, um damit ihre erfolgreiche Arbeit überhaupt noch fortsetzen zu können.
Von einer dynamisierten, fairen, transparenten Berechnung ist auch nichts zu sehen. Den Antrag der FDP-Fraktion werden Sie in ähnlichem Wortlaut auch in unseren Fragen zum Haushalt finden, weil auch wir an dieser Stelle ganz viele Fragen zu Transparenz haben.
Was die Prüfung der Regelung zu den Wartefristen und den Ausgleichszahlungen betrifft, herrscht Schweigen im Walde. Daher wollen wir Sie mit unserem Antrag ermuntern, das Parlament an den Ergebnissen der Prüfung, die Sie sicherlich durchgeführt haben, teilhaben zu lassen.
Besonders interessant finde ich allerdings das Verhalten der Grünen in diesem Hause. Noch in der letzten Legislaturperiode haben Sie uns einen Gesetzentwurf vorgelegt, von dem Sie zutiefst überzeugt waren. Sie wollten die Förderung auf 85 % anheben, Ausgleichszahlungen für die Wartefristen leisten und noch einiges mehr. Wie wollen Sie das eigentlich heute den Schulen in freier Trägerschaft erklären? - Sie machen sich doch mit diesem Gesetzentwurf völlig unglaubwürdig.
Ich will nicht verhehlen, dass es auch gelungen ist, sich über einige seit Langem strittige Fragen zu einigen, was ausgesprochen positiv ist, wie zum Beispiel die Frage der Bestandteile der Schülerkostensätze. Nur hilft das den Schulen in freier Trägerschaft nur sehr begrenzt, wenn die Sätze so niedrig veranschlagt werden, dass dann eine sachgerechte Arbeit nicht mehr möglich ist. Wir haben uns in den vergangenen Jahren immer wieder mit der Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft beschäftigt, und wir haben alle feststellen müssen, dass es aufgrund der geschichtlich gewachsenen Förderstrukturen keine einfache Lösung geben kann.
Alle Fraktionen haben bisher immer betont, dass sie keine Schulen schlechterstellen wollen. Aus diesem Konsens hat sich die Landesregierung jetzt verabschiedet. Die Schulen der freien Trägerschaft tragen maßgeblich zur Vielfalt unserer Schulland
Daher werden wir uns dafür einsetzen, dass es zu einer Finanzierung kommt, die keine der Schulen in ihrer Existenz bedroht oder schlechterstellt. Wir bieten ausdrücklich unsere Zusammenarbeit an. Wir hoffen, dass wir mit diesem guten Angebot an Schulen in freier Trägerschaft, die wir in diesem Land haben - ob es die Waldorfschulen sind oder die Schulen der dänischen Minderheit, sie alle sind uns wert und lieb - dafür sorgen, dass sie Bestand haben.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Martin Habersaat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich für die Dialogbereitschaft. Wir nehmen zufrieden zur Kenntnis, dass die CDU eine Kehrtwende einleitet, was die Schulen der dänischen Minderheit angeht.
„Im Herbst 2012 wird die Landesregierung einen Entwurf für das Haushaltsjahr 2013 vorlegen. Dieser wird gemäß unserer Leitlinien Maßnahmen zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung an den öffentlichen Schulen enthalten, die Gleichstellung der Schulen der dänischen Minderheit, eine verbesserte Förderung der Schulen in freier Trägerschaft, eine verbesserte Unterstützung der Kommunen bei der Finanzierung der Krippenversorgung sowie eine Nachjustierung zugunsten der sozialen Gerechtigkeit und des Klimaschutzes.“
„Auch Schulen in freier Trägerschaft sind für uns ein wichtiger Bestandteil der Schullandschaft. Von ihnen gehen viele wertvolle Im
pulse für das Bildungswesen aus. Das Land fühlt sich zusammen mit den Schulträgern verantwortlich für eine verbesserte Förderung, die Einhaltung des Sondierungsverbots und transparente Finanzierungssysteme.“
Damit war die Auftragslage für diese Legislaturperiode klar. Es soll mehr Geld an die Ersatzschulen gehen, und dieses Geld soll nach transparenteren Gesichtspunkten verteilt werden. Das haben wir im Landtag als Auftrag beschlossen. Die Landesregierung sollte spätestens zur 14. Tagung - das ist diese - einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen, und die Berechnungsgrundlagen für diesen Entwurf sollten im Dialog mit Vertreterinnen und Vertretern der Ersatzschulen erarbeitet werden.
Es war ja auch höchste Zeit, dass endlich etwas passierte. Zum Beispiel bekamen die Waldorfschulen immer noch einen Extrazuschuss, um die anfangs sehr geringen Schülerkostensätze der öffentlichen Gesamtschulen auszugleichen, weil die als besonders junge Schulart kaum Pensionslasten hatten. Es wurde jahrelang - und von vielen kritisiert - mit auf das Jahr 2001 festgeschriebenen Schülerkostensätzen operiert. Gesagt, getan: Das Bildungsministerium hat sich mit den Verbänden der Schulen in freier Trägerschaft an einen Tisch gesetzt und über ein neues, bei Weitem transparenteres System verhandelt. Dafür meinen herzlichen Dank an alle Beteiligten für manchen Sitzungsmarathon!
Nun ist die Berechnungsgrundlage künftig die Schülerzahl, die mit einem Schülerkostensatz der entsprechenden Schulart multipliziert wird. Für die Schulen der dänischen Minderheit gibt es 100 %, für die deutschen Ersatzschulen 80 %. Der Förderungssatz für die berufsbildenden Privatschulen wird von 50 % auf 65 % angehoben. Für die beruflichen Gymnasien gibt es wiederum 80 % der entsprechenden Schülerkostensätze. Alle sind nach demselben Prinzip errechnet. Das entlastet übrigens auch die Träger von zahlreichen Nachweisverpflichtungen und ist ein gewaltiger Beitrag zur Entbürokratisierung.
Wer hier von einem Einsparmodell spricht, sollte mal einen Blick in den Haushaltsentwurf werfen. Das Land wird im kommenden Jahr rund 5,1 Millionen € mehr für die deutschen Privatschulen ausgeben als 2013. Dieser Zuwachs beim Gesamtzu
schuss für die deutschen Privatschulen wird sich in den kommenden Jahren fortsetzen. Trotzdem erhalten wir Protestpostkarten und bekommen dramatische Folgen für die Waldorfschulen geschildert. Ich glaube, die Schreiber dieser Karten schätzen die Lage falsch ein, vielleicht weil sie das neue Berechnungssystem noch nicht verstanden haben, vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Schreiber dieser Postkarten acht Jahre alt sind. Es ist grundsätzlich schwierig, Kinder für solche Zwecke einzuspannen, denn mit diesen Kindern können wir ja nicht darüber diskutieren, warum wir glauben, dass sie unseres Erachtens mit ihren Befürchtungen falsch liegen.
Vielen Dank, Herr Kollege Habersaat. - Können Sie mir bitte einmal die Entwicklung benennen, wie Sie die Schülerkostensätze für die einzelnen Schularten verändern? Ich möchte gern von Ihnen hören, ob Sie für Gymnasien, für den Gemeinschaftsschulteil, also den mittleren Bereich, für den Grundschulteil und für den Förderbereich die Sätze anheben, absenken oder gleich lassen, und zwar nach Ablauf der Übergangsphase.
- Da kommen Sie auf einen ganz wesentlichen Punkt der Debatte, Frau Klahn. Die entscheidende Frage - das ist auch die Diskrepanz, die wir momentan in der Einschätzung mit den Kolleginnen und Kollegen von den Waldorfschulen haben - ist: Das Ministerium und auch wir glauben, dass die Schülerkostensätze nach Ablauf der Übergangsphase in drei Jahren durch die jährlichen Steigerungen gestiegen sein werden. Die Waldorfschulen stehen dann besser da als heute. Das bezweifeln die Waldorfschulen jedoch. Über genau diesen Punkt müsste ich mich mit den Grundschülern streiten, wenn ich Ihnen erklären wollte, dass sie vermutlich nicht schlechtergestellt werden.
Bisher hatten wir einen Effekt, der Waldorfschulen bevorzugt hat. Den haben wir künftig nicht mehr. Dagegen haben wir künftig aber transparent stei
gende Ausgaben. Wir wollen ja auch mehr Geld ausgeben, und wir sind bereit, uns nach Ablauf der Übergangsfrist mit den Waldorfschulen zusammenzusetzen und zu gucken, ob unsere Prognose aufgegangen ist. Wenn nicht, müssen wir selbstverständlich darüber sprechen, ob nicht 80 % vielleicht zu wenig sind und wir auf 81 % oder 82 % hochgehen müssen.
Herr Kollege Habersaat, so, wie ich die Antwort des Ministeriums auf eine Kleine Anfrage verstanden habe, werden Sie die Schülerkostensätze für die gymnasialen Schüler absenken. In den anderen Bereichen heben Sie sie an. Ist Ihnen bekannt - kennen Sie die Zahlen -, dass gerade an den privaten Schulen, den Ersatzschulen, der Anteil an Schülern des Gymnasialteils größer ist? Können Sie vielleicht meiner Schlussfolgerung zustimmen, dass das dann doch erhebliche Auswirkungen in negativer Form auf diese Schulen haben wird?
- Der Punkt ist der: Bisher bekamen die Waldorfschulen einen Extrabonus dafür, dass unsere Gesamtschulen sehr junge Schulen waren und die Pensionslasten dort immer mit hineingerechnet wurden, es aber kaum Pensionslasten für diese Gesamtschulen gab. Künftig wird dies anders berechnet. Pensionslasten werden weggelassen. Da sind wir uns ja im Prinzip einig. Das hat zur Folge, dass der Schülerkostensatz, den die Waldorfschulen für ihre Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I und II bekommen, niedriger ist als bisher. Da haben wir keinen Dissens. Wir behaupten gar nicht, dass das mehr wird. Wir glauben aber, dass genau dieser Schülerkostensatz in den nächsten drei Jahren steigen wird und die Waldorfschulen dann wieder auf dem Niveau oder besser sind, auf dem sie heute sind. Weil wir aber sehen, dass das schwierig sein wird, haben wir eine dreijährige Übergangsregelung eingeführt. Ich habe gerade eben zugesagt: Wenn das nicht so kommen sollte, wie wir das glauben, werden wir uns in drei Jahren wieder hinsetzen - die Finanzministerin nickt zustimmend -,
und darüber reden, ob nicht statt 80 % ein anderer Prozentsatz verwendet werden sollte. Wir können uns dann aber immer noch freuen, dass wir eine transparente Berechnungsmethode gefunden haben und sie nicht wieder infrage stellen müssen.
Fazit: Wir haben ein landespolitisches Dauerthema solide abgearbeitet, und wir können ein weiteres Häkchen hinter einen wichtigen Punkt des Koalitionsvertrages setzen. - Vielen Dank.