Protokoll der Sitzung vom 26.09.2013

Fazit: Wir haben ein landespolitisches Dauerthema solide abgearbeitet, und wir können ein weiteres Häkchen hinter einen wichtigen Punkt des Koalitionsvertrages setzen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Frau Abgeordneter Ines Strehlau das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meiner Kollegin Anke Erdmann ist die Schuldebatte so auf den Magen geschlagen, dass sie sich krankmelden musste. Deshalb stehe ich jetzt hier. Frau Klahn, ich bin froh, dass Sie noch einmal klar gemacht haben, dass es nicht der Veranstaltung auf der Krusenkoppel, die die Waldorfs jetzt gerade machen, geschuldet ist, dass Sie hier debattieren, sondern dass Sie klar gemacht haben, dass es einzig und allein um die freien Schulen geht, weshalb wir hier ungewöhnlicherweise eine erste Lesung vor einer zweiten und vielleicht dritten Lesung machen.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch wir sehen die freien Schulen als einen wichtigen Bestandteil der Bildungslandschaft. Das wurde hier mehrfach gesagt. Ich freue mich, dass wir da Einigkeit haben. Sie setzen wichtige pädagogische Impulse, sind wichtiger Bestandteil und bringen unsere Schullandschaft wirklich voran. Deshalb wollen wir auf sie auch nicht verzichten. Wir sehen auch, dass eine große Akzeptanz da ist, weil immer mehr neue freie Schulen entstehen.

Die Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen hatten sich vorgenommen, die Finanzierung neu zu strukturieren. Ich denke, dass wir mit dem im Haushaltsbegleitgesetz vorgeschlagenen Weg in die richtige Richtung gehen, wobei ich es völlig egal finde, ob wir das im Schulgesetz oder im Haushaltsbegleitgesetz machen. Wichtig ist,

dass die neue Finanzierungsstruktur eine positive Entwicklung für die freien Schulen ermöglicht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Gut und richtig ist - dafür bedanke ich mich beim Bildungsministerium -, dass der Dialog stattgefunden hat, dass Sie alle an einen Tisch geholt haben, um den Knoten zu durchschlagen, der in den letzten Jahren ganz schwierig zu durchschlagen war. Das ist da nicht gelungen. Jetzt sind wir auf einem guten Weg, die unterschiedlichen Berechnungsmodelle zusammenzuführen. Es war auch für das Ministerium ein Wust an unterschiedlichen Zahlen, unterschiedlichen Schülerkostensätzen für unterschiedliche Schulen. Um die Vergleichbarkeit der freien Schulen herzustellen, ist es wichtig, dass man versucht, da eine Systematik hineinzubringen. Das ist jetzt gelungen.

Wir nehmen allerdings auch zur Kenntnis, dass es noch Schwierigkeiten gibt. Wenn wir uns den Haushalt ansehen, dann haben wir seit 2012 eine große Steigerung der Mittel für freie Schulen, nämlich von 48 auf 62 Millionen € im Jahr 2014. Die Waldorfschulen bekommen 2014 13 % mehr als 2012, obwohl sie nur 3 % mehr Schülerinnen und Schüler haben. Trotzdem gibt es die Postkarten, die wir alle bekommen, auch von den Waldorfschulen, die die große Angst ausdrücken, dass unterm Strich weniger dabei herauskommt. Martin Habersaat hat schon eine Schlussfolgerung gezogen, die wir unterstützen. Man muss mit den Waldorfschulen sicherlich noch einmal ins Gespräch kommen, ob es tatsächlich so ist. Wir müssen uns die einzelnen Schlüssel noch einmal angucken. Da gibt es offensichtlich noch Unklarheiten, die wir unbedingt besprechen wollen. Wir nehmen die Bedenken und die Anhörung ernst; da haben wir ja die Chance nachzusteuern.

Frau Kollegin Strehlau, auch Ihnen möchte Frau Klahn eine Frage stellen. Lassen Sie diese zu?

Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Kollegin Strehlau. - Ich nehme mit Freude zur Kenntnis, dass Sie Dialogbereitschaft ankün

(Martin Habersaat)

digen. Was mich etwas erstaunt, ist, dass Sie immer wieder mit dem Beispiel der Waldorfschulen argumentieren und damit den Eindruck erwecken, dass es keine anderen freien Schulen gäbe, auch wenn Sie das eben in einem kleinen Schlenker haben einfließen lassen. Wenn Sie sagen, dass Sie bereit sind, mit den Waldorfschulen zu sprechen, sind Sie auch bereit, mit all den anderen freien Schulen in diesem Land zu sprechen und zu gucken, welche Auswirkungen die Änderungen haben? Ich denke da zum Beispiel konkret an das IBAF in Rendsburg.

Wir reden mit allen Schulen. Meine 5 Minuten waren noch nicht zu Ende; ich wäre noch zu den anderen freien Schulen gekommen. Natürlich sind die genauso wichtig wie die Waldorfschulen. Wir reden natürlich auch mit allen anderen, wir sind nicht waldorffixiert.

Ein Punkt, der für uns noch nicht klar ist, ist zum Beispiel, dass inklusiv arbeitende freie Schulen einen anderen Schülerkostensatz bekommen als Förderzentren. Das ist für uns noch nicht logisch. Da müssen wir noch nachdenken. Das gilt zum Beispiel für die Schülerschule in Pinneberg, die ihre Sorgen in einem Brief an den Bildungsausschuss vorgetragen hat.

Es bleiben noch allerhand Baustellen, Unklarheiten und abzufedernde Übergänge. Wir nehmen die vielen Sorgen der einzelnen Schulen sehr ernst und werden natürlich weitere Gespräche führen. Bis zur zweiten Lesung im Dezember muss klar sein, dass das Geld in den Schulen tatsächlich ankommt und niemand auf der Strecke bleibt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Vielen Dank. - Sven Krumbeck von der Fraktion der PIRATEN hat nun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn heute Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte der freien Waldorfschulen auf die Straße gehen, tun sie das nicht, um der Landesregierung zu den Vorschlägen zur Neuordnung der Ersatzschulfinanzierung zu gratulieren. Sie tun das, weil sie wegen dieses Regierungs

plans weitere erhebliche Nachteile für ihre Schulen erwarten, Nachteile, die Auswirkungen auf die Schulen als solche, aber auch auf jeden einzelnen Schüler, auf jede Lehrerin haben werden, wenn an den Stellschrauben nicht gedreht wird.

Wir befinden uns mitten in den Haushaltsberatungen. Da kommt der Antrag der Kollegin Klahn zum richtigen Zeitpunkt. Darum kann ich diesen Antrag gut unterstützen, denn der geforderte Bericht soll Antworten auf die Fragen geben, die auch die betroffenen Schulen haben. Eigentlich hatte das Bildungsministerium nach der Sitzung des Bildungsausschusses am 13. Juni 2013 angekündigt, über die Auswirkungen der Neuregelung auf die verschiedenen Schularten und den Landeshaushalt schriftlich zu informieren. So richtig ist das bisher nicht geglückt. Darum ist es richtig, dass die Kollegin Klahn an dieser Stelle nachfragt. Das muss zügig passieren, wenn nötige Nachbesserungen vorgenommen werden sollen.

Da von Landesseite nicht das geliefert wurde, was angekündigt war, orientiere ich mich einmal an dem, was die Schulen selbst uns vorgelegt haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was uns im Hinblick auf die Ersatzschulfinanzierung als großer Wurf und gelungener Kompromiss vorgestellt wurde, wird offensichtlich kleiner, je mehr man sich die Situation der betroffenen Schulen ansieht. Der vorgelegte Gesetzentwurf - so der Verband Deutscher Privatschulen - spiegele nur in Teilen die Ergebnisse der extra eingerichteten Arbeitsgruppe wider, er erfülle vor allem nicht die Erwartung, die Ersatzschulfinanzierung gerecht zu gestalten. Mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler erfahre demnach eine spürbare, ja erhebliche Schlechterstellung. Darum lehnt der Verband das Gesetz in der vorgelegten Form ab.

Ein gelungener Kompromiss sieht anders aus. Insbesondere die beruflichen Ersatzschulen müssen in Teilen Kürzungen bis zur Hälfte ihrer Zuschüsse hinnehmen. Das ist eine Größenordnung, die in der Tat höchst bedenklich ist. Wir dürfen doch nicht in die Situation kommen, dass wir sagen müssen: Ja, einige Ersatzschulen oder Jahrgänge profitieren, und den Rest können wir uns nicht leisten. Wir müssen doch darauf achten, tatsächlich gerecht zu sein und gute bestehende Schulen in ihrer Existenz nicht zu gefährden, sondern zu sichern.

Das gilt nicht nur für die beruflichen Ersatzschulen, auch die Waldorfschulen haben Sorgen. Nach ihren Berechnungen bedeuten die Planungen rund 600 € weniger Zuschuss jährlich für jeden der 3.200

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Schüler der Klassen 5 bis 13. Das sind Kürzungen, die auch die leichte Besserstellung in den unteren Klassen nicht auffangen kann.

Ich möchte an dieser Stelle deutlich unterstreichen, dass ich die Bemühungen der Landesregierung und der Mitglieder der Arbeitsgruppe anerkenne. Ich bin sicher, dass man etwas Gutes erreichen wollte. Nur leider hält diese Idee der Schulwirklichkeit offenbar nicht stand. Darum feiern die Waldörfler heute auf der Krusenkoppel unter dem Motto „Darf es ein bisschen mehr sein?“. Wir sollten dieses Motto ernst nehmen.

Der Bericht, den die FDP beantragt, soll uns Klarheit über das verschaffen, was möglich und nötig ist. Ich finde es wichtig, diese Daten vorliegen zu haben, wenn es darum geht, das umstrittene Gesetz zu verabschieden oder neu zu fassen. Erst wenn wir konkret wissen, worüber wir reden, können wir seriös entscheiden. - Danke schön.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP - Zuruf Beate Raudies [SPD])

Vielen Dank. - Für die Kollegen des SSW hat die Kollegin Jette Waldinger-Thiering das Wort.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben uns im vergangenen Jahr auf das Ziel verständigt, die Förderung von Schulen in freier Trägerschaft schrittweise zu verbessern. Wie Sie sicher alle wissen, ist eine ganz wesentliche Voraussetzung dafür eine einheitliche Berechnungsgrundlage. Auf diesem Weg erhalten die freien Schulen endlich die Planungssicherheit, die sie brauchen. Diese Punkte sind umgesetzt. Unterm Strich ist damit schon heute klar, dass die Schulen in freier Trägerschaft schon ab 2014 rund 5 Millionen € mehr an Förderung erhalten. Trotz weniger werdender Haushaltsspielräume ist das ein Plus von fast 9 %. Auch wenn es für uns eine Selbstverständlichkeit ist, halte ich diese Tatsache für erwähnenswert.

In Sachen Ersatzschulfinanzierung kommen SPD, Grüne und SSW also eindeutig ihren Verpflichtungen nach. Kein Zweifel: Die freien Schulen sind ein wichtiger Bestandteil der Bildungslandschaft in Schleswig-Holstein.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zwar bilden sie bildungspolitische Wünsche von bestimmten Gruppen ab, sodass hier kein Anspruch auf eine vollständige Finanzierung bestehen kann, aber unabhängig davon ist und bleibt es unsere Aufgabe, für eine Grundfinanzierung der Ersatzschulen zu sorgen. Anders als unsere Vorgänger in der Regierung sehen wir es als wichtige und vor allem dauerhafte Aufgabe an, dieses alternative Schulangebot zu unterstützen. Wer sich das neue Schulgesetz und den vorgelegten Haushalt ansieht, der wird erkennen, dass genau dies passiert.

Natürlich wird die Schulvielfalt per Grundgesetz garantiert. Doch ich denke, es wird mehr als deutlich, dass wir diese garantierte Vielfalt nicht als lästige Pflicht, sondern als Bereicherung sehen. Durch unsere Maßnahmen sind und bleiben Schulen in freier Trägerschaft eine echte Alternative. Es kann keinen Zweifel daran geben, dass wir beide Systeme - das öffentliche wie das private brauchen, um mehr junge Menschen zu höheren Abschlüssen zu führen. Daher werden wir sie selbstverständlich auch in Zukunft und nicht nur für das kommende Jahr angemessen fördern.

Mit Blick auf so manche Pressemitteilung muss ich eines klar sagen: Es ist absolut unverantwortlich, Schulformen oder Schulsysteme gegeneinander auszuspielen

(Anita Klahn [FDP]: Das machen Sie aber!)

und damit die Ängste der Betroffenen zu schüren.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bitte erlauben Sie mir als Abgeordnete des SSW den Hinweis, dass die neue Finanzierung für Schulen in freier Trägerschaft auch eine minderheitenpolitische Dimension hat. Denn wie Sie wissen, sind wir wieder zu einer gerechten Finanzierung der dänischen Schulen zurückgekehrt. Diese gerechte Finanzierung beruht jetzt auf der gleichen Grundlage wie die Finanzierung der freien Schulen. Ich denke, dass ich Sie in diesem Zusammenhang nicht daran erinnern muss, welche besondere Verantwortung das Land Schleswig-Holstein für die dänischen Schulen hat: Sie fungieren schlicht und einfach als Regelschulen für die dänische Minderheit. Der Dänische Schulverein erfüllt damit einen Gewährleistungsauftrag, der sonst durch das öffentliche Schulsystem erfüllt werden müsste. Das heißt im Klartext: Gäbe es die dänischen Schulen nicht, dann müsste die Beschulung der Kinder der dänischen Minderheit mit Unterricht in dänischer Sprache im öffentlichen Schulsystem erfolgen

(Sven Krumbeck)

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

- das ist richtig; das ist das pädagogische Prinzip: die Wiederholung -, ähnlich wie es in Sachsen und Brandenburg öffentliche sorbischsprachige Schulen für die Sorben gibt.

Für die Unbelehrbaren unter uns füge ich hinzu, dass sich die erwähnte Gewährleistungspflicht nicht nur aus unserer Landesverfassung, sondern insbesondere auch aus der Europäischen Charta für Regional- oder Minderheitensprachen ergibt. Nur zur Erinnerung: In dieser Charta hat sich das Land verpflichtet, für die Kinder der dänischen Minderheit Schulunterricht auf Dänisch oder zumindest in einem ausreichenden Anteil in dänischer Sprache zu gewährleisten. Es ist also genau dieser bundesgesetzliche Anspruch, den Schleswig-Holstein dadurch erfüllt, dass der Dänische Schulverein diese Schulen betreibt. Aus diesem Grund ist eine 100-%-Förderung nicht nur sinnvoll, sondern eben auch rechtlich geboten. Die Gleichstellung der dänischen Schulen mit den öffentlichen Schulen ist damit der einzig anwendbare Maßstab.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin. - Für die Landesregierung erteile ich nun der Ministerin für Bildung und Wissenschaft, Frau Dr. Wara Wende, das Wort.