Wir fordern Sie im Interesse dieser betroffenen Menschen auf, Klarstellungen in Ihrem Entwurf eines Mindestlohngesetzes vorzunehmen. Hierzu legen wir Ihnen heute einen Änderungsantrag vor.
Ich beantrage Rücküberweisung beider Gesetzentwürfe an die Ausschüsse, damit diese Küstennebelkoalition bis zur dritten Lesung zur Vernunft kommen kann. - Herzlichen Dank.
Nachträglich krankgemeldet wurde Frau Abgeordnete Anke Erdmann. Wir wünschen ihr von dieser Stelle gute Besserung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf die überraschenderweise sachorientierte und beeindruckende Rede des Herrn Oppositionsführers will ich nicht eingehen, sondern zur Sache reden.
SPD, Grüne und SSW haben ein Paket geschnürt, ein Paket für gute Arbeit. Das ist nicht nur ein zentrales Thema aus 150 Jahren Sozialdemokratie, sondern auch ein gemeinsames Anliegen der Regierungskoalition. Das Quartett der guten Entscheidungen für gute Arbeit wird damit heute komplett.
Erstens: Mitbestimmung. Ein modernes Mitbestimmungsgesetz gehört zu den ersten Entscheidungen, die den Politikwechsel in Schleswig-Holstein deutlich gemacht haben. Unter dem Deckmantel der Haushaltskonsolidierung haben CDU und FDP begonnen, diesen Fortschritt der früheren Regierungen zurückzudrängen. Sie haben den Einfluss der Personalräte eingeschränkt. Wir haben diese Entwicklung wieder umgekehrt. Wir wollen diesen wesentlichen Bestandteil der demokratischen Gesellschaft sowie die Wertschätzung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder herstellen.
Zweitens: Tariftreue. Unser Tariftreuegesetz steht für die Ausweitung und die Einhaltung von Tarifen. Wer von der öffentlichen Hand Aufträge erhält, soll seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angemessen bezahlen. Wer sich um öffentliche Aufträge bewirbt, soll kein Lohndumping von Mitbewerbern fürchten müssen.
Drittens: Mindestlohn. Der Mindestlohn ist und bleibt richtig und wichtig. In Deutschland gehen wir heute in Schleswig-Holstein voran, europaweit liegen wir allerdings weit zurück. Angesichts einer zunehmenden Zahl prekärer Beschäftigungsverhältnisse, angesichts der Leiharbeit und der sogenannten Aufstocker - das ist auf gut Deutsch gesagt staatliche Subventionierung von Dumpinglöhnen ist und bleibt ein flächendeckender Mindestlohn im Bund für uns ein wichtiges Anliegen.
Wir meinen einen echten Mindestlohn, keine Lohnuntergrenze, hinter der sich Dumpinglöhne verstecken, keine Vereinbarungen mit sogenannten christlichen Gewerkschaften, die weder christlich noch Gewerkschaften sind, sondern Lohndrückervereine. Das sind die Schachteln der Bundeskanzlerin, die Peer Steinbrück immer angesprochen hat. Die machen sich im Schaufenster gut; wenn man reinschaut, stellt man aber fest, dass sich darin nichts als Leere befindet.
Was die Vorwürfe der Opposition angeht, will ich Folgendes sagen: Die Arbeit für Menschen mit Behinderung wird natürlich nicht schlechtergestellt. Das wäre für Sozialdemokraten, Grüne und SSW gar nicht denkbar. Das brauchen Sie uns gar nicht vorzuhalten. Das machen wir natürlich nicht.
Wir werden alle Regelungen treffen, die auf Landesebene möglich sind. Wir wollen Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt integrieren.
Alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Vollzeit arbeiten, müssen von ihrem Lohn leben können. Das ist der Sachverhalt.
Herr Dr. Stegner, ich habe mit dem allergrößten Vergnügen gehört, dass Sie zu der Problematik, die durch Ihr Gesetz hinsichtlich der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung in Integrationsbetrieben ganz offensichtlich auftauchen würde, gesagt haben: Da muss nachgebessert werden. Finden Sie nicht, dass eine solche Nachbesserung in den entsprechenden Gesetzentwurf aufgenommen werden sollte und man diesen Gesetzentwurf dann zu einer dritten Lesung an den Ausschuss überweisen sollte, um das Ziel zu erreichen - ob man das nun politisch teilt oder nicht -, für Menschen mit und ohne Behinderung eine gleiche Ausgangslage zu schaffen?
Das war eine lange Frage mit vielen verschachtelten Behauptungen, die ich gar nicht alle zurückweisen kann, ohne Ihre Geduld zu lange in Anspruch zu nehmen. Deswegen will ich es kurz machen: Das, was wir landesrechtlich regeln können, regeln wir. Das, was bundesrechtlich geregelt werden muss, werden wir, sobald wir das können, wenn in Berlin wieder ordentliche Verhältnisse herrschen, in Ordnung bringen.
- Hören Sie doch einmal auf, so zu schreien! Wir können das in aller Ruhe austragen. Am frühen Morgen kann man das ganz ruhig machen, Herr Kollege. Sie haben hier doch auch ganz ruhig geredet, so sachlich, wie wir das von Ihnen kennen.
Fest steht, dass durch unser Gesetz keine Benachteiligungen entstehen. Das ist der Punkt. Es entstehen keine Benachteiligungen. Das, was hinsichtlich der bundesweiten Rahmenbedingungen geregelt werden muss, werden wir im Zweifelsfall über eine Bundesratsinitiative ändern, wenn das für die Interpretation nötig ist. Wir akzeptieren aber nicht - unter welchem Deckmantel auch immer -, dass Menschen, die arbeiten, schlechter bezahlt werden als andere. Das lassen wir nicht zu.
Wenn man das regeln muss, indem man zum Beispiel die Zulässigkeit von Fördertatbeständen ändert, dann muss man das über das Bundesrecht regeln; denn das ist nicht Landesrecht, sondern Bundesrecht. Das Bundesrecht regelt, was die Länder dürfen. Wenn man aber die Schlussfolgerung zieht, dass man in Schleswig-Holstein schlechter bezahlt, bis sich das geregelt hat, ist das Nichtstun. Das entspricht nicht unserer Vorstellung. Wir wollen Menschen mit Behinderung genauso behandeln wie andere auch, wenn sie eine reguläre Arbeit haben. Deswegen kommt das nicht infrage.
Lohn muss ein menschenwürdiges Leben garantieren, muss eine ausreichende Altersversorgung sichern. Altersarmut entsteht nämlich nicht plötzlich, sondern sie ist die Folge von prekären Beschäftigungsverhältnissen in unserer Gesellschaft. Wer Altersarmut bekämpfen will, muss etwas gegen Erwerbsarmut tun. Das ist der Kern dessen, worüber wir reden.
Viertens: das Register zum Schutz fairen Wettbewerbs. Mit diesem Register leistet das Land Schleswig-Holstein einen wichtigen Beitrag zur effektiven Korruptionsbekämpfung und -prävention. Schwarze Schafe ausschließen und Unternehmen mit guter Arbeit unterstützen - so lautet unsere Devise. Da frage ich mich: Müsste das nicht eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein? Wovor haben Sie eigentlich Angst, meine Damen und Herren von der Opposition? Wovor haben Sie Angst, wenn wir ein Instrument zum Schutz des fairen Wettbewerbs einführen? Allmählich frage ich mich wirklich, in welcher Welt wir leben. Wir sind die Partei der Marktwirtschaft, weil wir nicht Lohndumping subventionieren. Wir sind die Partei des fairen Wettbewerbs, weil wir die schwarzen Schafe bestrafen. Wo ist Ihr Credo von der sozialen Marktwirtschaft geblieben, meine sehr verehrten Damen und Herren da drüben?
Die rechtlichen Bedenken, die von der Opposition so gerne angeführt werden, haben wir geprüft. Ich muss Ihnen sagen: Hier wird kein Strafregister entwickelt, sondern ein Instrument für die vergaberechtliche Eignungsprüfung. Maßstab ist die gewerberechtliche Zuverlässigkeit, nicht die strafrechtliche Verwertbarkeit. Dass wir ein Monitoring des Gesetzes vornehmen, ist doch selbstverständlich.
der sich an die gesetzlichen Spielregeln hält, der Steuern zahlt, der seine Leute nicht um ihren Lohn betrügt, der wird nie in diesem Register auftauchen. Wen verteidigen Sie hier eigentlich? Sagen Sie uns das doch einmal! Wen verteidigen Sie? Sie verteidigen jedenfalls nicht ehrbare Leute, denn die haben überhaupt kein Problem mit dem Gesetz, um das klar zu sagen.
- Die haben bei Ihnen nicht hurra geschrien. Deswegen sitzen Sie auf der Oppositionsbank. Das müssen Sie endlich einmal begreifen, Herr Kollege Callsen.
- Herr Kollege Vogt, ich verstehe das ja: Der Kaminzug hat bei Ihnen ein bisschen nachgelassen. Aber nicht so viel Frust am Freitagmorgen!
Nach den Regelungen in Nordrhein-Westfahlen und Berlin wollen heute wir ein Register zum Schutz des fairen Wettbewerbs beschließen. Wir tun das gemeinsam mit Hamburg, denn Korruption macht an Landesgrenzen nicht halt. Wir laden andere Länder ein, sich zu beteiligen. Die Haltung der Vorgängerregierung, dass die Juristen in den 15 anderen Ländern nicht so gescheit sind wie unsere, teilen wir ausdrücklich nicht. Wir finden, wenn Hamburg und Schleswig-Holstein ein gemeinsames Gesetz machen - das ist geprüft worden -, dann ist das in Ordnung.
Mitbestimmung, Kampf gegen prekäre Beschäftigung, Mindestlohn, Tariftreue, Korruptionsregister - das ist unser Paket für gute Arbeit. Im Gegensatz zu den leeren schwarz-gelben Schachteln ist dieses Paket prall gefüllt. Das ist gut für die Unternehmen, gut für einen fairen Wettbewerb, gut für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und gut für unser Land. Machen Sie mit! Hören Sie auf zu meckern! Das ist ein gutes Gesetz. Wir werden es heute beschließen. - Vielen herzlichen Dank.