Protokoll der Sitzung vom 20.11.2013

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Unsere Landesregierung wird mit Verkehrsminister Reinhard Meyer jetzt ein Planänderungsverfahren einleiten, um die benannten Fehler und Beanstandungen zu korrigieren. Wir wollen das schriftliche Urteil sorgfältig auswerten, Rücksicht auf die Belange nehmen und Alternativen prüfen. Das ist übrigens nicht nur gutes, sondern vor allen Dingen auch seriöses Regieren, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das unterscheidet sich ganz offenkundig von dem Stil, an den Herr Callsen eben angeknüpft hat.

Aber ich will positiv schließen und sagen: Vielleicht habe ich Ihnen ja doch unrecht getan. Vielleicht haben Sie das Thema heute auf die Tagesordnung gesetzt, weil Sie für Ihre Versäumnisse Buße tun wollen. Heute ist ja schließlich Buß- und Bettag.

(Vereinzelter Beifall SPD)

(Dr. Ralf Stegner)

Wenn das so wäre, hätte die Sache ihr Gutes; denn wie man ja weiß, ist Einsicht der erste Schritt zur Besserung. - Willkommen im Club! Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat deren Vorsitzende, Frau Abgeordnete Eka von Kalben.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin schon ziemlich überrascht, mit welcher Impertinenz sich die CDU hier hinstellt und uns etwas über Autobahnbau erzählen will. Es ist schon drollig, dass Sie den Punkt auf die Tagesordnung setzen. Wer war es denn, der die Planungen versemmelt hat? Wer hat denn 2005 die Verantwortung im Verkehrsministerium getragen? Wir nicht, die SPD nicht, sondern es war die gesammelte Fachkompetenz der CDU. Meine Damen und Herren, die CDU kann keine Autobahn!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Zuruf CDU: Aber die Grünen!)

Meine Damen und Herren, Sie sind immer noch im alten Denken verhaftet: Autobahn hier, Natur da. Autobahn wichtig, Natur muss weichen. - Mit diesem primitiven Denkschema betreiben Sie seit 1949 Autobahnpolitik. Aber das funktioniert im 21. Jahrhundert eben nicht mehr, Herr Callsen. Die Sache ist komplexer.

Wenn man glaubt, man könne Bedenken hinsichtlich des Naturschutzes wegfegen und einfach einmal so losplanen, egal, welche geschützte Fledermaus da fliegt, und egal, was die Bürgerinnen und Bürger denken, dann holt man sich eben vor Gericht eine blutige Nase. Genau das ist nun passiert.

(Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP])

- Das ist meiner Meinung nach überhaupt nicht witzig, liebe Herren von der FDP, sondern das ist hochgradig bedauerlich, weil es nämlich die Planung verzögert.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: So wird das aber nichts mit Schwarz-Grün!)

Es ist richtig, dass es in Deutschland zu lange dauert, etwas zu bauen. Bei einem zu langen Zeitablauf

ändern sich nämlich die Kostenschätzungen. Es ändern sich auch die politischen Mehrheiten.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das sagen gerade Sie!)

- Ja, das sagen gerade die Grünen, Herr Arp. - Es ändern sich auch die politischen Prioritäten.

Es ist ein Dilemma, das ich gerade aufzeigen will, Herr Kollege Arp. Auf der einen Seite dauert es so lange. Auf der anderen Seite ist es richtig, dass Bürgerinnen und Bürger in unserem Rechtsstaat vor staatlicher Willkür geschützt sind. Es ist auch richtig, dass den Verbänden, die diejenigen vertreten, die sich nicht äußern können, wie zum Beispiel die Tiere, legitimerweise der Rechtsweg offensteht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie aber zum Beispiel die Entwicklung beim Stromtrassenbau, insbesondere an der Westküste, aber auch in meinen Nachbargemeinden Kummerfeld und Prisdorf, zeigt, kann man durch einen Dialog Rechtsstreitigkeiten vermeiden. Ich weiß, dass der Kollege Lehnert das in Quickborn auch versucht hat. Es gelingt nicht immer. Aber es ist durchaus möglich, Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Deswegen muss man einen Dialog führen. Das wird unser Verkehrsminister - im Gegensatz zu den vorherigen - nun auch tun.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Wolfgang Kubicki [FDP]: Dann sind wir ja großer Hoffnung, dass wir 2020 an der Elbe sind!)

Meine Damen und Herren, die Grünen bekennen sich zur A 20.

(Vereinzelter Beifall FDP - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Seit wann?)

Wir stehen zu unserer Vereinbarung im Koalitionsvertrag: Weiterbau bis zur A 7, und das zügig. Das gilt für uns ohne Wenn und Aber.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Und danach?)

Es ist bitter, dass die CDU-Verkehrsminister nun im Nachhinein erneut für Unruhe und Streit sorgen. Es ist uns daran gelegen, die Planung zügig und fachgerecht neu zu justieren. Wir werden das sehr unaufgeregt und nüchtern tun. Wir werden zunächst die Urteilsbegründung abwarten und unsere Schlüsse daraus ziehen. Es macht wenig Sinn, jetzt zu fordern, andere Bauabschnitte vorzuziehen, bevor wir die Urteilsbegründung kennen; denn die ist wichtig, um zu wissen, in welcher Weise wir Segeberg zukünftig umfahren können. Es macht keinen Sinn,

(Dr. Ralf Stegner)

einfach anzufangen zu bauen. Dann kommen wir womöglich mit den Teilabschnitten nicht zusammen.

Nun ein paar Worte zur Frage des Weiterbaus westlich der A 7. Dieses Teilstück ergibt höchstens dann Sinn, wenn es tatsächlich an eine Elbquerung angebunden werden kann. Ich sehe aber mittelfristig überhaupt keine Perspektive, wie ein Elbtunnel bei Glückstadt finanziert werden soll. Bereits heute ist der Bundesverkehrswegeplan mehrfach überzeichnet. Wir haben hier schon mehrfach darüber debattiert, was wir für eine große Lücke im Erhalt der Infrastruktur haben, allein hier im Land 1,1 Milliarden €. Wenn man dann noch alle anderen Straßen, Kreisstraßen, Brücken und so weiter dazunimmt, ist es noch wesentlich mehr. Jeder neu gebaute Meter Autobahn muss da sorgfältig abgewogen werden. Wir können es uns nicht leisten, „Autobahnstummel“ in die Landschaft zu setzen, deren Einbindung in ein Gesamtkonzept überhaupt nicht absehbar ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Erst wenn die Finanzierung der Elbquerung steht, können wir uns über den Bau der Autobahn dorthin unterhalten. Bis dahin gilt das, was wir im Koalitionsvertrag verabredet haben: Weiterbau bis zur A 7, und zwar unter Einhaltung der naturschutzfachlichen Richtlinien und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort hat für die FDP-Fraktion der Herr Abgeordnete Oliver Kumbartzky.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die A 20 ist das dringendste und wichtigste Infrastrukturprojekt in Schleswig-Holstein. Und wir brauchen den dringenden Ausbau der A 20 inklusive Elbquerung.

(Beifall FDP und CDU)

Gerade heute Morgen wurde eine IHK-Umfrage veröffentlicht, nach der 95 % der befragten Unternehmen Wettbewerbsnachteile aufgrund des schleppenden A-20-Ausbaus befürchten. Das sollten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen, Frau von Kalben.

(Beifall FDP)

Wenn Sie sagen, dass „Autobahnstummel“ keinen Sinn ergeben, dann sage ich Ihnen: Ihr Gestammel hier im Landtag ergibt keinen Sinn.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Sie schaden mit Ihrer Verhinderungspolitik dem ganzen Land. Den Bürgerinnen und Bürgern und der Wirtschaft kann man wirklich nur zurufen: Haltet durch! Der grüne Spuk geht vorbei.

(Beifall FDP - Zurufe SPD)

- Ich bin jetzt dran.

Meine Damen und Herren, wie gesagt, die A 20 ist und bleibt für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Landes von immenser Bedeutung. Vor allem ist die A 20 auch für eine bessere Anbindung der Westküste wichtig. Dass es hier zu einer weiteren Verzögerung kommt, ist schlichtweg eine Katastrophe, meine Damen und Herren.

Die peinlichen Planungsfehler müssen Konsequenzen haben. Die Strukturen im Landesbetrieb sind zu überprüfen, und es muss ebenso genau noch einmal überprüft werden, wie es denn zu diesen verheerenden Fehlern gekommen ist. Da muss man sich schon die Frage stellen, warum es in sechs Jahren vier CDU-Ministern nicht gelungen ist, einen rechtssicheren Planfeststellungsbeschluss zu erarbeiten, ganz klar.

(Beifall FDP, Birgit Herdejürgen [SPD] und Dr. Ralf Stegner [SPD])

Eine weitere Folge des Urteils muss auch sein, intensiv über eine vorgezogene Realisierung von weiter westlich gelegenen Teilstücken der A 20 nachzudenken. Es ist nämlich ein großer Fehler, Herr Dr. Stegner, dass Sie von diesem Lückenschlussverfahren Abstand genommen haben, nur um den Grünen den Eintritt in die Koalition zu ermöglichen.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Mit einer konsequenten weiteren Planung und dem Baubeginn für westlich gelegene Teilstücke könnte die Landesregierung endlich mal beweisen, was sie eigentlich mit ihrer ominösen Westküsteninitiative beabsichtigt. Da fanden wohl drei Beiratssitzungen statt, aber es gibt noch kein konkretes Projekt, wie Sie die Westküste stärken wollen. Dieser Lückenschluss, der Weiterbau der A 20 westlich der A 7, wäre genau der Schritt, um der Westküste zu zeigen, dass Sie es mit der Stärkung dieses Landesteils ernst meinen.

(Eka von Kalben)