Das kann man auch in anderen Bereichen untersuchen. Das ist doch interessant; das wissen wir nicht. Es reicht nicht aus zu sagen: „Das war so einer, und das war so einer“, sondern wir wollen die Ursachen erforschen. Das will diese Studie.
Es geht dabei nicht um Erbsenzählerei, welche Partei wie viele Menschen mit entsprechenden Hintergründen aus der Partei oder Organisationen der NSZeit aufgenommen hat. - Ich finde es wirklich spannend, das zu untersuchen. Das ist von dramatischer Bedeutung, weil die Frage nach der Rekrutierung politischer Eliten und damit die Frage nach politischer Sozialisation auch heute noch ein Thema ist.
Allerdings gibt es heute andere Voraussetzungen: Heute haben unsere Mitglieder keine Wurzeln in der NS-Zeit mehr; dafür spielen andere Dinge eine Rolle. Die Strukturmerkmale von politischer Rekrutierung zu untersuchen und das in der langen Linie von 1945 bis heute darzustellen, um zu erklären, wie Demokratie funktionieren kann und muss, finde ich wichtig. Deswegen müssen wir diesen Prozess untersuchen und sollten uns nicht gegenseitig Namen vorhalten. Das wäre sehr wünschenswert. - Danke schön.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wurde keine Überweisung beantragt, deshalb lasse ich über diesen Antrag in der Sache abstimmen. Wer diesem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag einstimmig beschlossen, und der Präsident des Landtags wird tätig werden.
Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/1271
Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/1284 (neu)
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt die Abgeordnete Marlies Fritzen. Sie haben das Wort, Frau Abgeordnete.
Vielen Dank, Herr Präsident! - Meine Damen und Herren! Ich beginne meine Rede mit einem wunderbaren Zitat, mit dem Horst Stern 1979 sein legendäres Buch „Rettet den Wald“ eingeleitet hat: „Wald ist mehr als die Summe seiner Bäume.“
Wald, so sagt das Bundeswaldgesetz - auch noch in seiner schwarz-gelben Fassung von 2010 -, muss außer „wegen seines wirtschaftlichen Nutzens“ auch „wegen seiner Bedeutung für die Umwelt, insbesondere für die dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Klima, den Wasserhaushalt, die Reinhaltung der Luft, die Bodenfruchtbarkeit, das Landschaftsbild, die Agrar- und Infrastruktur und die Erholung der Bevölkerung“ erhalten werden.
- Es freut mich, dass wir uns an dieser Stelle so einig sind. Das müsste sich auch bis zum Schluss der Beratung erhalten lassen. Wald ist für viele Menschen ein ganz besonderer, häufig romantisch aufgeladener Sehnsuchtsort der Entspannung und der Naturnähe. Unsere heutigen Wälder, meine Damen und Herren, sind allerdings in aller Regel Wirtschaftswälder, die den wertvollen Rohstoff Holz liefern.
Die Ökonomisierung der Wälder hat auch bei uns in Schleswig-Holstein in den letzten Jahren stark zugenommen. In den Bilanzen der Forstbetriebe spielen die oben genannten Schutzfunktionen des Waldes häufig keine oder eine untergeordnete Rolle. Wenn aber Wald mehr als die Summe seiner Bäume ist, dürfen wir ihn nicht eindimensional ökonomisch bilanzieren. Genauso wenig wie unser Wald eine Holzplantage sein darf, ist er aber auch unberührte Natur, die sich selbst im Lot hält.
Das Bundeswaldgesetz fordert deshalb - ich zitiere noch einmal - „einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit und den Belangen der Waldbesitzer herbeizuführen“. Gerade dieser Ausgleich gelingt zunehmend nicht mehr.
Das spüren die Bürgerinnen und Bürger, die sich gegen aus ihrer Sicht zu hohe Einschläge in ihrem Wald empören. Das sind dieselben Bürgerinnen
und Bürger, die sich 2006 in unserem Land erfolgreich gegen die Privatisierung des Landeswaldes gewehrt haben. Wo, wenn nicht im öffentlichen Wald, also im Bürgerwald, muss dieses Gleichgewicht zwischen Nutz und Schutz in ganz besonderem Maße beachtet und wiederhergestellt werden? Neben der schonenden und nachhaltigen Nutzung daran wird in diesem Jahr, also 300 Jahre nach der „Entdeckung der Nachhaltigkeit“ durch Hans Carl von Carlowitz, immer wieder gern erinnert - brauchen wir zur Erhaltung der biologischen Vielfalt Wälder, die nicht genutzt und somit der natürlichen Entwicklung überlassen werden.
Meine Damen und Herren, die „Strategie der biologischen Vielfalt“ der schwarz-gelben Bundesregierung verlangt, 5 % aller Waldflächen in Deutschland zu Naturwäldern zu entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, ist vor allem der öffentliche Forst aufgrund seiner besonderen Verpflichtungen für das Gemeinwohl gefordert, den größten Anteil zu übernehmen. Als allgemein anerkannte Richtschnur gilt, dass hier etwa 10 % Naturwälder ausgewiesen werden müssen.
Die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten haben bereits einen ersten Entwurf vorgelegt, der eine gute Grundlage für die weitere Diskussion ist. Neue Vorstellungen insbesondere von Naturschützern sollen in ein landesweites Naturwaldflächenkonzept einfließen. Für eine ungestörte Entwicklung zu einem dynamischen, sich selbst regulierenden Ökosystem müssen diese Flächen dauerhaft aus der Nutzung genommen und vor allem muss dies endlich rechtlich abgesichert werden.
Ohne menschlichen Einfluss durch Siedlungs- und Straßenbau sowie durch landwirtschaftliche Nutzung ist Wald das natürlicherweise am häufigsten in Schleswig-Holstein vorkommende Ökosystem. Deshalb bleibt es richtig - jetzt komme ich zu dem zweiten Antrag, über den wir heute reden wollen -, den Waldanteil an der Landesfläche von aktuell etwa 10 um 2 % auf 12 % zu erhöhen.
Auch darüber besteht Einigkeit. - Gleichzeitig ist aber allen hier im Haus auch klar, wie schwer dieses Ziel zu erreichen ist. Wir haben das bisher alle miteinander nicht erreicht. Daran ist politisch niemand Schuld. Das hat mit massiven Flächenkonkurrenzen zu tun, die sich in den letzten Jahren insbesondere durch das Interesse an landwirtschaftlichen Flächen und den Maisanbau verschärft haben, sodass wir das Ziel nicht erreicht haben. Dieses Ziel
wollen wir gleichwohl nicht aus dem Visier verlieren. Wir Grüne haben mit Visionen ja gute Erfahrungen, wenn ich daran denke, dass wir schon vor 30 Jahren, als wir uns gegründet haben, gegen die Atomkraft aufgestellt waren. Es hat lange gedauert, aber es hat zum Schluss doch geklappt, dass dieses Ziel erreicht werden kann.
Ich bin froh, dass wir uns einig sind, weiterhin 12 % Wald in Schleswig-Holstein anzustreben. Ich bitte darum, dass Sie dem schwarz-gelben Bundeswaldgesetz und der Strategie der alten Bundesregierung Folge leisten und unserem Antrag zu mehr Naturwald in Schleswig-Holstein zustimmen. - Ich danke Ihnen.
Für den Antrag zu b) hat als Antragsteller jetzt Herr Abgeordneter Oliver Kumbartzky von der FDPFraktion das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schleswig-Holstein ist immer noch mit Abstand das waldärmste Bundesland, und das, obwohl bereits seit vielen Jahren Versuche unternommen wurden, den Waldanteil zu erhöhen. Wir liegen mit 10,3 % noch weit unter dem uns selbst auferlegten Ziel von 12 %. Uns allen ist klar, dass das Land aufgrund historischer Entwicklungen so eine geringe Waldfläche besitzt. Bisher war und ist es fraktionsübergreifend Konsens, dass der Waldanteil in SchleswigHolstein erhöht werden soll. Dass sich nun gerade ein grüner Umweltminister von diesem Konsens entfernen und aufgrund von Flächenkonkurrenz das Ziel des Landesentwicklungsplans aufgeben wollte, ist wirklich denkwürdig. Ich begrüße außerordentlich, dass sich die regierungstragenden Fraktionen unserem Antrag angeschlossen haben und dafür stimmen werden, dass wir weiter am 12-%-Ziel festhalten.
Der Vorschlag von Herrn Habeck ist wieder kassiert worden. Es schallt eben doch nicht immer so aus dem Wald heraus, wie man hineinruft. Oder anders ausgedrückt: Die regierungstragenden Fraktionen haben sich vom Umweltminister nicht hinter die Fichte führen lassen.
Meine Damen und Herren, das 12-%-Ziel ist kein wie Robert Habeck zitiert worden ist - Symbol, sondern eine Perspektive oder eine Dokumentation des politischen Willens, den Waldanteil zu erhöhen. Auch das Thema Neuwaldbildung darf nicht aus dem Bewusstsein der Menschen verschwinden.
Dennoch darf man auch die Probleme, die in den vergangenen Jahren aufgetaucht sind, nicht vernachlässigen. Die Flächenkonkurrenz ist groß, und die Preise für Flächen zur Neuwaldbildung sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Wir müssen also überlegen, wie wir in den kommenden Jahren das von uns gesteckte Ziel erreichen können.
Aus unserer Sicht gibt es dabei - um ein Beispiel zu nennen - noch viel Luft, wenn es um Ausgleichsflächen geht. Uns ist von einigen Waldbesitzern zugetragen worden, dass sich die unteren Naturschutzbehörden nur in seltenen Fällen für Ausgleich im Wald oder Neuwaldbildung aussprechen. Da gibt es wirklich noch Potenzial, das bislang nicht genutzt worden ist.
Meine Damen und Herren, nun komme ich zu dem anderen Antrag. Natürlich spielen auch Naturwälder eine wichtige naturschutzfachliche Rolle. Nicht zuletzt die Rede von Frau Kollegin Fritzen hat mich davon überzeugt, dass die FDP-Fraktion diesem Antrag zustimmen wird.
Es sind wichtige Punkte darin enthalten. Es ist richtig, dass auf Basis der Untersuchungen des Bundesamts für Naturschutz zu Naturwäldern ein Konzept erstellt wird, wie der Anteil der Naturwälder in den öffentlichen Wäldern schrittweise erhöht werden kann. Ich bin allerdings gespannt, wie das Konzept aussehen soll, denn ein Selbstläufer wird das nicht.
Selbstverständlich muss das Konzept der Landesforsten berücksichtigt werden, wie es der Antrag auch fordert. Wir dürfen nämlich nicht vergessen: Als der Landtag 2007 das Gesetz zur Errichtung der Landesforsten verabschiedet hat, wurde das Ziel verfolgt, schlankere Strukturen zu schaffen, damit die Landesforsten langfristig auf eigenen Beinen stehen und das Land die Zuschüsse zurückführen kann. Die Landesforsten sind eine Erfolgsgeschichte - das ist unbestritten -, was durch die geplante
Meine Damen und Herren, das Konzept zur Steigerung des Anteils von Naturwäldern darf nicht dazu führen, dass eine Anleitung oder Aufforderung zur Enteignung gegeben wird. Das Eigentum der Privatwaldeigentümer ist zu respektieren.
Die Landesforsten sind in erster Linie auch deshalb eine Erfolgsgeschichte, weil das Land in den vergangenen Jahren keine Bewirtschaftungsvorgaben gemacht hat. Ein Naturwaldkonzept muss die Lage der Landes- und auch der Kreisforsten berücksichtigen. Denn mehr Naturwald bedeutet weniger Wald, der bewirtschaftet wird. Mehr Naturwald bedeutet weniger Einnahmen aus der Forstwirtschaft. Das könnte am Ende bedeuten, dass die Landesforsten wieder eine größere Unterstützung des Landes benötigen. Immerhin zahlt das Land schon jetzt knapp 700.000 € an die Landesforsten für den Nutzungsverzicht in Waldgebieten.