Protokoll der Sitzung vom 12.12.2013

(Weitere Zurufe SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, einen Feiertag nur um seiner selbst willen zu schützen, obwohl niemand gestört wird, ist nur noch Bevormundung. Das ist auch inkonsequent, denn schon heute ist es zulässig, dass Sie bei sich zu Hause eine private Party veranstalten. Dort können Sie nach Lust und Laune tanzen. Warum soll dies nicht auch zum Beispiel in einer Diskothek erlaubt sein?

(Beifall Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Schon nach dem aktuellen Gesetz können Sie zum Beispiel öffentlich in den Totensonntag hineinfeiern, weil der Schutz erst um 4 Uhr nachts beginnt. Es kann also niemand so tun, als ob es nicht schon heute gewisse Eingrenzungen für diesen Schutz geben würde. Das ist keine Ja-oder-Nein- oder eine Schwarz-oder-Weiß-Frage. Das ist auch keine ideo

logische Frage, und wir sollten keinen Kulturkampf vom Zaun brechen.

(Beifall PIRATEN, SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht einfach um eine Anpassung an die aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse und Auffassungen. Wer im Süden unseres Landes wohnt, der kann schon heute abends nach Hamburg in eine Diskothek fahren. Die Würde eines Feiertags kann doch nicht von der Straßenseite abhängen, auf der man wohnt. Daher lassen Sie uns diese Frage nicht ideologisch betrachten, sondern pragmatisch.

(Beifall PIRATEN)

Im Übrigen bringt der exzessive und heute nicht mehr zeitgemäße Ernsthaftigkeitszwang in Schleswig-Holstein gerade junge Menschen gegen den Feiertagsschutz insgesamt auf. Daran können auch die Kirchen kein Interesse haben. Lesen Sie einmal die Kommentare zur Berichterstattung der „sh:z“ über unseren Gesetzentwurf. Dann verstehen Sie, was ich meine.

Die Kirchen haben das verstanden, als Bremen in diesem Jahr mit einer rot-grünen Koalition das Veranstaltungsverbot stärker eingegrenzt hat, wie es auch Gegenstand unseres Gesetzentwurfs ist, Herr Kollege Dr. Stegner. Wir schlagen vor, dieses Veranstaltungsverbot auf die Tageszeit zu beschränken. Nachts, wenn niemand gestört wird, soll jeder nach seiner Fasson glücklich werden können.

Wir PIRATEN schlagen insofern eine maßvolle und vernünftige Fortentwicklung und Anpassung des Gesetzes an die veränderten gesellschaftlichen Vorstellungen von heute vor, wie sie schon in anderen Bundesländern in Kraft sind. Gerade diejenigen, denen der Feiertagsschutz wichtig ist, sollten darauf bedacht sein, die öffentliche Akzeptanz für den Feiertagsschutz zu erhalten. Sie kennen das Sprichwort: Nur was sich ändert, das bleibt. Infolgedessen bitte ich um Ihre Unterstützung und freue mich auf die konstruktive Beratung unseres Gesetzentwurfs. Dieser mag nicht der Weisheit letzter Schluss sein, wir können gern darüber verhandeln. Ich glaube aber, dass sich etwas in diese Richtung bewegen muss. - Dankeschön.

(Beifall PIRATEN, SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir die geschäftsleitende Bemerkung, dass der für 13 Uhr angesetzte Termin der Sitzung des Innen- und Rechts

(Dr. Patrick Breyer)

ausschusses nach dieser Vormittagssitzung des Plenums stattfinden wird. - Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Daniel Günther das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut mich, dass Sie sich darüber freuen, dass ich zu diesem Thema reden darf. Ich finde, die Gesetzgebung in diesem Bereich ist auch jetzt schon maßvoll. Ich finde, den Zustand, den der Kollege Dr. Breyer in seinem Redebeitrag genannt hat, haben wir heute mit der aktuellen Gesetzgebung, wie wir sie in Schleswig-Holstein haben, erreicht. Die Debatten, die wir in den letzten Jahren immer wieder zum Karfreitag geführt haben, haben nie hier im Plenum stattgefunden. Bestimmte politische Gruppen haben jedes Mal vor diesen Debatten gesagt, man müsse ein Zeichen setzen, weil man es so furchtbar finde, dass man an drei Tagen im Jahr in Schleswig-Holstein nicht seinem vollen Feiervergnügen nachgehen könne.

Hier wird immer behauptet, die Jugendlichen würden die Feiertagskultur deshalb nicht mehr akzeptieren, weil es diese gesetzlichen Bestimmungen gebe. Dazu sage ich: Ich habe nur kleine Gruppen beobachtet, die miteinander ihr politisches Süppchen gekocht haben.

Wenn Sie es so schlimm finden, dass es Gesetze gibt, die sich auf der Grundlage unserer christlichen Tradition bewegen, dann frage ich mich, warum Sie nicht einmal mutig sind. Sie nehmen mit Selbstverständlichkeit die Annehmlichkeiten unserer christlichen Tradition in Schleswig-Holstein wahr, wenn Sie - wie alle anderen auch - an den christlichen Feiertagen nicht arbeiten wollen. Sie stören sich einzig an dem, dessen Aufhebung Sie hier im Landtag beantragen. Sie wollen, dass das aufgehoben wird, was Sie ein Stück weit eingrenzt. Seien Sie mutig, stellen Sie den Antrag, dass die christlichen Feiertage abgeschafft werden und dass die Menschen an diesen Tagen arbeiten müssen. Ich bin gespannt darauf, welche Unterstützung Sie in der Bevölkerung bekommen werden.

(Beifall CDU, SPD und FDP)

Herr Abgeordneter Günther, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Breyer?

Herr Andresen quatscht auch dazwischen, das gestatte ich nicht.

Herr Dr. Breyer, Ihre Zwischenfrage ist erlaubt.

Danke, Herr Kollege. Würden Sie mir zustimmen, dass es auch staatliche Feiertage gibt und dass man infolgedessen nicht nur an kirchlichen Feiertagen einen gesetzlichen Feiertag anordnen darf? Es muss also nicht die Konsequenz sein, den Feiertag ganz zu streichen, wenn man das Tanzen nicht verbieten will.

Herr Dr. Breyer, Sie haben gerade von christlichen Feiertagen gesprochen. Ich weiß sehr wohl, dass wir hier über zwei kirchliche Feiertage und über einen staatlichen Feiertag sprechen. Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie in Ihrer Begründung einzig auf die kirchliche Tradition hinweisen. Daher habe ich mir genau diesen Punkt herausgegriffen.

Es gibt den Bedarf zu einer weiteren Zwischenfrage oder -bemerkung des Abgeordneten Christopher Vogt.

Ich befürchte, er hat Böses im Schilde. Ich lasse diese aber trotzdem zu.

Vielen Dank, lieber Kollege. Tief beeindruckt von Ihrem letzten Argument, bevor der Kollege Dr. Breyer eine Zwischenfrage gestellt hat, möchte ich Sie etwas fragen. Sie haben, da Sie sich sicherlich gut vorbereitet haben, festgestellt, dass es nur in Schleswig-Holstein am Karfreitag ein 24-Stunden-Verbot gibt und dass es in anderen Bundesländern deutlich lockere Regelungen gibt.

(Beifall PIRATEN)

Aufbauend auf Ihrem letzten Argument möchte ich Sie fragen: Sollten in der Konsequenz alle anderen Bundesländer, die den Karfreitag als Feiertag haben, diesen abschaffen, weil diese Länder eine lockerere Regelung haben als Schleswig-Holstein? Haben Sie die Frage verstanden?

(Präsident Klaus Schlie)

(Beifall FDP und PIRATEN)

- Ich würde das sehr begrüßen. Bedauerlicherweise bin ich aber nur in Schleswig-Holstein Parlamentarier. Daher kann ich nur hier darüber mit entscheiden. Ich würde das gern auch für die anderen 15 Bundesländer so regeln, Herr Kollege Vogt.

Ich weiß nicht, ob Sie einmal an Karfreitags-Prozessionen teilgenommen haben. Sie hätten dann gesehen, wie ergreifend diese sind. Sie nehmen wahrscheinlich nicht daran teil und haben diese wahrscheinlich selbst nicht erlebt. Sie wissen vielleicht auch nicht, wie voll die Gottesdienste an solchen Tagen sind. Die Kirchen sind übrigens auch an anderen kirchlichen Feiertagen voll, die nicht der Trauer, sondern der Freude dienen. An diesen Tagen kann man übrigens tanzen.

An diesen Feiertagen können Sie Ihrer Spaßgesellschaft frönen, indem Sie dies in Ihrem privaten Bereich tun. Das reglementiert keiner. Das Einzige, was wir von Ihnen verlangen, ist, dass an drei Tagen im Jahr respektiert wird, dass es in SchleswigHolstein religiös empfindende Menschen gibt. Sie reden dies immer klein. Ich finde das bedenklich.

(Wortmeldung Dr. Kai Dolgner [SPD])

- Gleich, Herr Kollege Dr. Dolgner, ich möchte meinen Gedanken kurz zu Ende führen. - Ich finde es interessant, dass Sie in Ihrer Gesetzesbegründung die Zahl der Christen in unserem Land kleinreden.

(Beifall Johannes Callsen [CDU])

Sie schreiben allen Ernstes: Nur noch etwas mehr als die Hälfte der Menschen in Schleswig-Holstein bekenne sich zum christlichen Glauben. In Deutschland gibt es 48 Millionen Menschen, die Katholiken oder Protestanten sind. Das ist doch eine Massenbewegung. Zeigen Sie mir irgendeine gesellschaftliche Institution -

(Zuruf: Aber mit abnehmender Tendenz!)

- Ja, mit abnehmender Tendenz. Aber gucken Sie sich doch einmal die Mitgliedschaft der FDP an, um das einmal mit diesem Bereich zu vergleichen.

(Heiterkeit)

Wir haben 48 Millionen Christen. Ich finde, dafür gibt es auch sehr gute Gründe.

- Aber jetzt der Kollege Dolgner.

Jetzt lässt der Herr Abgeordnete Ihre Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung zu, Herr Dr. Dolgner.

(Wortmeldung Christopher Vogt [FDP])

- Das Wort hat jetzt der Herr Abgeordnete Dr. Dolgner, Herr Abgeordneter Vogt.

Herr Kollege Günther, nachdem Sie gerade die ergreifenden Karfreitags-Prozessionen als Begründung angeführt haben, möchte ich Sie Folgendes fragen: Wissen Sie eigentlich, warum es dem Papst auf der größten Karfreitags-Prozession der Welt in Rom nicht stört, dass es in Rom am Karfreitag kein Tanzverbot gibt?

(Beifall SPD und PIRATEN - Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war der Vatikan!)

- Die Karfreitags-Prozession geht sehr wohl durch Italien, Herr Kollege Tietze. Das darf auch ein Protestant wissen.

(Heiterkeit und Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und PIRA- TEN)

- Sie hatten zwar nicht mehr das Wort, Herr Dr. Dolgner, aber wir lassen diesen aufklärerischen Prozess mal zu. Jetzt hat aber das Wort Herr Günther.