- Nein. Herr Dr. Stegner, es ist bei Ihnen genauso wie bei Herrn Dr. Tietze: Immer wenn Sie mich fragen, ob Sie etwas richtig verstanden haben, haben Sie es nicht richtig verstanden.
Herr Kollege Vogt, ich unternehme auch noch einmal einen Versuch, Sie richtig verstanden zu haben. Habe ich Sie richtig verstanden, dass es hier im Kern um die Frage geht, ob sich diejenigen, die gern an Sonn- und Feiertagen tun und lassen würden, was sie wollen, dafür rechtfertigen müssen oder ob diejenigen, die ein Verbot verteidigen, dieses begründen müssen?
Herr Dr. Breyer, da sind wir uns ziemlich einig. Bei Verboten bin ich zumindest der Auffassung, dass die Bringschuld immer bei denjenigen liegt, die das Verbot befürworten.
Wir haben noch rund 60 % Christen in unserem Land. Es macht einen Unterschied, ob diese - der Kollege Günther hat das sehr richtig gesagt - doch relativ große Gruppe - sie ist noch größer als die Gruppe der Liberalen im Land - es rechtfertigt, dass Menschen, die nicht dazugehören und trotzdem die Vorzüge eines gesetzlichen Feiertags genießen können, dann in geschlossenen Räumen auf öffentlichen Veranstaltungen tanzen dürfen, wodurch kein Gottesdienst gestört wird, wodurch kein Christ beleidigt wird. Insofern ist das schon eine merkwürdige Argumentation.
Nunmehr, Herr Abgeordneter Vogt, hat der Herr Abgeordnete Dr. Tietze das Bedürfnis, eine Frage zu stellen.
Herr Kollege Vogt, sind Sie denn der Auffassung, dass es überhaupt keine Feiertage in unserer Gesellschaft geben sollte, weil durch sie die Freiheit entsprechend eingeschränkt wird?
- Ich habe das, glaube ich, schon beantwortet. Ich habe gesagt, das hat mit der Infragestellung von gesetzlichen Feiertagen zunächst einmal nichts zu tun,
wenn man eine gewisse Lockerung bei der einen oder anderen Uhrzeit vornimmt. Ich möchte Ihnen wirklich raten, dass Sie die Argumentation der Nordkirche doch etwas verfeinern. Ich habe ja die Argumentation Ihres Pressesprechers in den letzten Diskussionen dazu gehört, der für Sie dort offensichtlich gesprochen hat und den ich ja auch schon lange kenne. Er hat uns erklärt, es würde gar nicht gehen, dieses 24-Stunden-Veranstaltungsverbot an Karfreitagen zu lockern.
Ich weiß nicht, wie es in Hamburg oder in Mecklenburg-Vorpommern ist, ob die genau die gleiche Regelung wie Schleswig-Holstein haben. Ich glaube aber, dass das nicht der Fall ist. Insofern müssten Sie sich erst einmal dafür einsetzen, dass in Hamburg die gesetzliche Regelung verschärft wird.
Also fangen Sie da an. Wenn Ihnen das so wichtig ist, müssten Sie das auf der anderen Seite auch tun. Ich hoffe, ich habe Sie jetzt nicht auf eine dumme Idee gebracht.
Meine Damen und Herren, wenn man sich den Gesetzentwurf der PIRATEN genau anschaut, dann erkennt man, dass es da nicht um eine Abschaffung, sondern um eine Lockerung bei den Uhrzeiten geht. Deswegen sind einige Beiträge hier doch etwas überhöht. Ich finde, eine gewisse Lockerung gerade am Karfreitag wäre auch mit Blick auf die anderen Bundesländer durchaus sinnvoll. Dadurch stellt man nicht den Feiertag infrage, dadurch beleidigt man keine Christen oder schränkt sie darin ein, den Karfreitag so zu begehen, wie sie es für richtig halten.
Meine Damen und Herren, den Hinweis, man solle wenigstens einen Tag im Jahr zur Ruhe kommen, lasse ich schon allein deshalb nicht gelten, da es zu meinem Verständnis von Selbstbestimmung gehört, selbst darüber entscheiden zu können, wie viele Tage und zu welchem Zeitpunkt im Jahr ich mir diese Ruhe gönne.
Ich glaube, das sollten wir allgemein öfter bei erwachsenen Menschen so halten. Es gibt ja doch den einen oder anderen hier im Haus, der gern erwachsenen Menschen vorschreiben möchte, wie sie sich zu verhalten haben.
Die Ansicht der Nordkirche, Herr Dr. Tietze, die davon spricht, dass seitens der Kritiker, zu denen ich ja offenbar dann auch gehöre, die Inhalte des stillen Feiertags infrage gestellt werden und deshalb von deren Seite konsequenterweise eine komplette Abschaffung zu fordern sei, teile ich ausdrücklich nicht. Es geht in dieser Diskussion keineswegs um die Ablehnung oder Infragestellung christlicher Feiertage und deren Inhalte, sondern um die konkrete Frage, inwieweit sie einen Einfluss auch auf das Leben und den Alltag von Nichtchristen haben dürfen, die niemanden bei ihrem Handeln stören.
Meine Damen und Herren, ich habe schon auf die anderen Bundesländer verwiesen. Herr Kollege Eichstädt hat mich korrigiert, weil ich gesagt habe, Schleswig-Holstein habe die umfassendste Regelung. Darauf haben Sie gesagt: Acht andere Bundesländer auch. Wir haben gemeinsam mit acht anderen Bundesländern die umfassendste Regelung. Das ist insofern kein Widerspruch, Herr Kollege Eichstädt. Ich wollte nur, weil Sie mich korrigiert haben, darauf hinweisen, dass das insofern nicht logisch ist.
Meine Damen und Herren, ich glaube, es gibt gute Argumente für eine Lockerung, wenn man sich ernsthaft damit auseinandersetzt. Daher würde ich vorschlagen, das Thema im Rechtsausschuss auch ernsthaft und umfassend zu diskutieren. Leider gehöre ich dem Rechtsausschuss nicht an. Das müssen dann die Kolleginnen und Kollegen dort tun. Damit Sie gleich noch tagen können, höre ich mit meiner Rede auf. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das war allein deswegen schon vernünftig, weil die Redezeit um ist, Herr Abgeordneter. - Für den SSW hat jetzt der Abgeordnete Lars Harms das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon seit Jahren debattiert man über eine Lockerung der Sonn- und Feiertagsregelung. Jedoch sollten wir eine Lösung finden, mit der alle Beteiligten gut leben können. Die Regelungen in Bezug auf Sonn- und Feiertage haben nicht nur etwas mit Religion zu tun, sondern es geht hier eigentlich auch um etwas ganz Grundlegendes. Wie soll mit Gedenktagen umgegangen werden? Oder eher: Wie gehe ich mit dem Gedenken um? - Wir vom SSW sind der Meinung, dass eine solche Frage jeder für sich selbst entscheiden sollte.
An dieser Stelle müssen wir uns noch einmal vor Augen halten, worum es eigentlich geht: um den Inhalt von Volkstrauertag, Totensonntag sowie Karfreitag. Die Inhalte sind natürlich nicht identisch. Aber im Grunde genommen geht es hier doch um die Entschleunigung, um das Nachdenken und Innehalten. Jeder von uns entschleunigt sich allerdings auf seine ganz eigene Art und Weise. Ob das nun mit einem Gang auf den Friedhof, zum Gottesdienst, durch den Wald oder durch die Nutzung von gastronomischen Angeboten geschieht, sollte jeder selbst entscheiden, meine Damen und Herren.
Für die Beibehaltung der bisherigen Regelung sprechen natürlich die Aspekte der Arbeitnehmerrechte. Laut einer DGB-Umfrage arbeiten heute bereits 30 % aller Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen. Meistens lässt sich diese Arbeit aber nicht umgehen, so etwa in der Landwirtschaft, im Kranken
haus, bei der Polizei, in den Tankstellen oder auch in der Gastronomie. Die Sonn- und Feiertagsarbeit ist Fakt. Deshalb ist es nach unserer Auffassung insbesondere wichtig, dass diese Arbeit mit Aufschlägen auf den Lohn besonders entgolten wird. Das ist wesentlich wichtiger als die Diskussion, die wir sonst manchmal führen.
Zurück zu den Regelungen der sogenannten stillen Feiertage. In Schleswig-Holstein sind am Karfreitag Aufzüge und öffentliche Veranstaltungen, die nicht mit dem Gottesdienst zusammenhängen und den ernsten Charakter des Feiertages unzureichend widerspiegeln, untersagt. Für den Volkstrauertag und den Totensonntag gelten ähnliche Regelungen, jedoch nicht ganztags.
Ein Beispiel zeigt, dass man den Umgang mit stillen Feiertagen auch ganz anders handhaben kann. Unsere skandinavischen Freunde in Norwegen etwa stellen die Werbeblöcke in TV und Radio an vier Feiertagen im Jahr komplett ab. Auch anderswo geht man mit dem Gedenken, beispielsweise an Karfreitag, ganz anders um. In Wien dürfen laut dem Wiener Kinogesetz nur Vorstellungen gezeigt werden, wenn sie dem Charakter und der Bedeutung dieser Tage nicht abträglich sind. Ein ultimatives Richtig oder Falsch, wie man mit diesen besonderen Tagen in unserer heutigen Gesellschaft umgeht, gibt es also nicht, sondern jeder hat da seine eigenen Regelungen.
Für uns vom SSW kann ich also nur noch einmal betonen, dass wir eine Lösung brauchen, die die Notwendigkeiten und Wünsche von allen umfasst. Das kann eigentlich nur in Form eines Kompromisses gehen.
Die jetzige Regelung zu den drei genannten Feiertagen stößt besonders bei jungen Schleswig-Holsteinern auf Gegenwehr.
Für sie kommt diese Regelung einer Bevormundung gleich. Sie fragen sich: Warum darf ich an Karfreitag zum Beispiel nicht zum Tangotanzen gehen, wenn ich das sonst jeden Freitag tue? Was ist mit öffentlichen Versammlungen? Warum ist das nun an diesen Tagen nicht möglich?
Meine SSW-Kollegen und ich sind der Meinung, dass Trauernde und Gedenkende durch eine solche Freizeitbeschäftigung am Abend nicht gestört würden. Das zeigt sich schon allein daran, dass nicht jedes Gotteshaus direkt neben einer Diskothek liegt, meine Damen und Herren. Deswegen, glaube ich,
sollte man da etwas ruhiger und entspannter vorgehen und vielleicht nicht mit dieser knallharten Jaoder Nein-Regelung, diesem Schwarz oder Weiß,