Protokoll der Sitzung vom 22.01.2014

Da wäre ich nicht so vorschnell, Frau Kollegin Bohn. Die Defizitentwicklungen an den beiden unterschiedlichen Standorten sind sehr unterschiedlich gewesen, auch schon vor der Fusion. Das hat sich nach der Fusion nicht unbedingt verbessert.

Die Frage erinnert mich ein bisschen an meinen alten Finanzwissenschaftsprofessor Alois Oberhauser, damals der letzten Keynesianer in Freiburg, der solche Fragen auch immer mit der Gegenfrage beantwortet hat: Man wisse ja nicht, wenn man die Maßnahme A, B oder C eingeleitet habe, was passiert wäre, wenn man sie nicht eingeleitet hätte.

Herr Dr. Stegner, in der Tat weiß ich nicht, ob das Defizit möglicherweise nicht noch größer geworden wäre. Aber die Erwartung, die auch Sie damals geäußert haben, dass es damit gelingt, eine schwarze Null zu schreiben oder - sagen wir es weniger technisch - dass das UKSH finanziell wieder auf eigenen Füßen steht, hat sich durch die Fusion nicht erfüllt.

Sie haben auch gemerkt, dass das keine persönlichen Schuldweisungen waren. Wir diskutieren in diesem Landtag seit zehn Jahren über das Thema. Heute haben wir von der Ministerin einen inhaltlichen Fahrplan bekommen, was die Landesregierung zu tun gedenkt und welche Umsetzungsschritte dabei notwendig sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus meiner Sicht ist eine der ganz zentralen Fragen, wie das Land in dem Rahmen, in dem es dafür die Zustän

(Dr. Heiner Garg)

digkeit hat, die Möglichkeiten ausschöpfen möchte, dem UKSH wieder finanziell auf die Beine zu helfen. Ich will gar nicht mit irgendwelchen besonderen rhetorischen Höhepunkten, was Rekorddefizite im abgelaufenen Jahr anbelangt, kommen. Was mich bei der gesamten Diskussion inzwischen am meisten ärgert und mitnimmt, ist die Tatsache, dass seit Beginn der 2000er-Jahre Menschen, die im UKSH im mittleren, im ärztlichen, im Pflegebereich engagiert arbeiten und zum Teil über ihre Leistungsgrenze hinaus alles geben, damit die Patientenversorgung an beiden Standorten gewährleistet werden kann, immer wieder mit Vorschlägen aus der Politik konfrontiert werden. Ich will einmal etwas salopp sagen: Es wird immer wieder eine neue Sau durchs Dorf getrieben, es werden immer neue Vorschläge gemacht. Kaum einer wird zu Ende gedacht, geschweige denn zu Ende gebracht.

Am Ende bleibt - bislang jedenfalls -: Die jährlichen Defizite werden höher, der Bilanzverlust summiert sich mit dem aufgelaufenen strukturellen Defizit im vergangenen Jahr von 38 Millionen € auf über 200 Millionen €. Die Mitarbeiter, insbesondere diejenigen im Pflegebereich, haben in den vergangenen Jahren erhebliche Opfer gebracht, was ihre eigene Gehaltsentwicklung anbetrifft. Die Motivation dieser Mitarbeiter gerade auf dem anstrengenden Pfad, den sie gerade beschrieben haben, durch eine Kommunikationsverbesserung, zu erhöhen, ist wichtig. Ich glaube, es wird jetzt zum ersten Mal seit langer Zeit auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im UKSH gedacht. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich bei Ihnen, Frau Ministerin.

(Beifall FDP, vereinzelt SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr deutlich herausheben will ich, dass Sie eine Frage nicht angesprochen haben beziehungsweise noch keine Antwort darauf geliefert haben. Wir haben es auf der einen Seite mit einem strukturellen Defizit aus dem vergangenen Jahr in Höhe von ungefähr 38 Millionen € zu tun, auf der anderen Seite haben wir es mit einem summierten Bilanzverlust von um und bei 203,5 Millionen € zu tun. Was gedenkt die Landesregierung auf dem schwierigen Weg zur finanziellen Sanierung des UKSH zu tun, wenn beim UKSH auf der einen Seite der summierte Bilanzverlust, der im nächsten Jahr vermutlich, selbst wenn das strukturelle Defizit geringer wird, steigen wird, auf der anderen Seite aber die Renditeerwartungen aus dem anspruchsvollen ÖPP-Projekt zu erfüllen sind, vor dem Hintergrund, dass das UKSH weiterhin an beiden Standorten ein Haus der Maximalversorgung bleiben

soll? Aus meiner Sicht wird das UKSH vermutlich gar nicht in der Lage sein, mit dem summierten Bilanzverlust fertig zu werden.

Ich stelle Ihnen jetzt die Frage: Hat die Landesregierung darüber nachgedacht, beispielsweise den summierten Bilanzverlust zu übernehmen, damit das UKSH überhaupt in der Lage ist, die jährlichen Renditeerwartungen, die in Höhe von 36 Millionen € sehr ambitioniert sind, im Verlauf des ÖPPVerfahrens zu erfüllen? Wie soll das UKSH mit dem sich immer weiter erhöhenden Bilanzverlust umgehen? Das ist eine Frage, die beantwortet werden muss.

(Beifall FDP)

Das ist eine Frage, die auch vor dem Hintergrund beantwortet werden muss, welche anderen Optionen es außer den Verbesserungen, der Ablaufverbesserung im organisatorischen Bereich, den Verbesserungen, die ein besserer baulicher Zustand im einzelnen bringen wird, gibt.

Meine Damen und Herren, der Landesbasisfallwert allein - das ist mir wichtig - wird es nicht richten. Ich freue mich ausdrücklich über die 3,5-prozentige Steigerung. Es ist richtig, dass es zu einem bundeseinheitlichen Basisfallwert kommen muss. Wir können uns über Systemzuschläge und Maximalzuschläge unterhalten. Ich habe bei Ihrem Beitrag dazwischengerufen. Ich glaube nämlich, die Schwierigkeit dort wird sein, abzugrenzen, was wirklich medizinische Maximalversorgung ist und was nicht. Ich kenne die Forderung des UKSH. Ich fand Ihr Beispiel so typisch, weil auch andere Häuser bei der EHEC-Krise - wie das Westküstenklinikum in Heide - versorgt haben. Ich gehe davon aus, dass wir uns einig sind, dass solche Häuser trotzdem in Zukunft keinen Maximalzuschlag erhalten sollen. Deswegen wird es meiner Vermutung nach nur ein höherer Landesbasisfallwert nicht richten.

(Beifall Daniel Günther [CDU])

Der sorgt im Zweifel dafür, dass die Tarifsteigerungen in Zukunft wieder vernünftig aufgefangen werden können. Die dauerhafte Sanierung der finanziellen Probleme des UKSH wird ein Landesbasisfallwert allein selbst mit Maximalzuschlag nicht regeln.

Ich sage auch ganz deutlich: Nur die Erfüllung von Maximalwünschen an die Politik wird das UKSH allein auch nicht auf die finanziellen Beine bringen. Wir müssen die Fragen ehrlich diskutieren. Wir müssen beispielsweise darüber diskutieren, ob hochdefizitäre Bereiche, wenn man solche Berei

(Dr. Heiner Garg)

che an zwei Standorten identifiziert, weitergefahren werden sollen. Das sind Fragen, die man diskutieren muss und die man ehrlich beantworten muss, wenn man am Ende das UKSH wieder auf vernünftige finanzielle Beine stellen will und damit nicht nur den Bereich gewährleisten will, den Sie eben angesprochen haben, Forschung und Lehre, sondern auch der medizinischen Maximalversorgung einer älter werdenden Bevölkerung in Schleswig-Holstein gerecht werden will.

Alles in allem: Wir stehen bei der Frage der finanziellen Sanierung des UKSH mit Sicherheit nicht am Anfang. Mir ist es wichtig, dass mit dem Versprechen, einem der größten Arbeitgeber dieses Landes wieder eine Zukunftsperspektive zu eröffnen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bisher aus meiner Sicht am meisten dazu beigetragen haben, dass insbesondere der medizinische Betrieb so aufrechterhalten werden konnte, permanent in den laufenden Prozess einbezogen werden und in Zukunft bei den weiteren Schritten eben nicht zentral über ihre Köpfe entschieden wird.

Ich bedanke mich sehr herzlich für die Aufmerksamkeit.

Ich schlage vor - mündliche Berichte überweist man nicht in Ausschüsse, das weiß ich -, dass wir das, was wir heute von der Landesregierung gehört haben, als Grundlage für die gemeinsame Ausschussberatung nehmen und jeden Detailpunkt sehr exakt in den nächsten Jahren auch auf dessen Operationalität hin überprüfen und begleiten, um zu schauen, ob das, was heute dargestellt wurde, 2017 tatsächlich eingetreten ist, wenn die schwarze Null in der Bilanz stehen soll. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und Karsten Jasper [CDU])

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Daniel Günther das Wort.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich aus ehrlicher Überzeugung für den Bericht bei der Frau Ministerin, weil ich weiß, wie viel Arbeit dort auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Ihrem Hause in diesen Bericht hineingesteckt wurde. Ich bedanke mich aber auch ausdrücklich bei den Kollegen der FDP dafür, dass Sie diesen Antrag gestellt haben, weil wir uns so über dieses wichtige Thema und das

Konzept der Landesregierung hier im Plenum austauschen können.

Herr Kollege Dr. Garg, wir haben am 6. Februar 2014 glücklicherweise schon eine gemeinsame Beratung. Da wird auch Professor Scholz zum baulichen Masterplan Stellung nehmen. Deswegen finde ich es gut, wenn wir in den zuständigen Fachausschüssen das in der Tat noch ein bisschen miteinander diskutieren; denn so dankbar ich für den Bericht bin, so wenig zufrieden bin ich mit dem Bericht, der hier vorgelegt worden ist.

(Martin Habersaat [SPD]: Das überrascht uns nicht! - Zuruf Birgit Herdejürgen [SPD])

- Wenn Sie das nicht überrascht, dann überrascht mich das umgekehrt auch nicht. Mir ist das alles ehrlich gesagt ein bisschen zu wenig. Ich habe immer das Gefühl, dass diese Landesregierung nur langsam in Trab kommt. Wie hat das die Frau Finanzministerin beim Haushalt so schön gesagt? 80 % sind Glück. - Hier beim UKSH hat man halt auch in den ersten zwei Jahren geschaut, ob man Glück hat. Wenn man sich die Haushaltszahlen ansieht, stellt man fest, dass man leider Pech gehabt hat. Ich finde, etwas eigenen Antrieb sollte eine Landesregierung hier mit einbringen, dazu ist das UKSH in Schleswig-Holstein ein zu großes Unternehmen, ein Unternehmen, das unglaublich viele Arbeitsplätze stellt. Mein Eindruck ist, dass die Landesregierung in den letzten zwei Jahren die Zügel ordentlich hat schleifen lassen.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Wir haben uns immerhin - erst in der Großen Koalition, danach gemeinsam mit der FDP - zumindest das Ziel gesetzt, einmal eine schwarze Null zu erreichen. Da kann man sagen, dass es im Jahr 2010 in dem Fall nicht so ganz gelungen ist, aber ich habe das Gefühl, dass dieses Ziel in den letzten zwei Jahren völlig aus den Augen verloren wurde. Da wurde einfach gesagt: Gut, ja, dann haben wir es im Jahr 2010 nicht geschafft, und jetzt lassen wir die einfach mal ein bisschen weiterarbeiten und schauen, was dabei herauskommt. - Das Ergebnis ist: Während in den Jahren ab 2005 das Defizit eigentlich jedes Jahr halbiert wurde, verdoppelt es sich jedes Jahr, seit Frau Wende die Verantwortung dafür trägt.

(Lachen SPD)

Wir sind jetzt bei 38 Millionen €. Ich wundere mich überhaupt nicht darüber, dass jetzt langsam die Diskussion geführt wird - der Kollege Dr. Garg hat das eben auch gesagt - und auch wir uns irgendwann

(Dr. Heiner Garg)

darüber unterhalten müssen, dass wir als Land nachher noch die Schulden für das UKSH übernehmen müssen, weil es eben dadurch, dass sich das Defizit immer weiter auftürmt, selbst immer weiter in eine Schieflage gerät.

Es tut mir leid: Wenn denn ein Wirtschaftsplan aufgestellt wird und dann nachher herauskommt, dass es eine so große Abweichung gibt, dass wir noch einmal 10 Millionen € mehr Defizit gemacht haben und dann allen Ernstes als Begründung die niedrigen Basisfallwerte genannt werden, verstehe ich das nicht. Erst einmal sind die schon lange so niedrig. Die waren auch bei den Vorgängerregierungen so niedrig. Aber insbesondere war auch bei der Aufstellung des Wirtschaftsplanes schon bekannt, wie niedrig die Basisfallwerte sind. Man muss bei allem Verständnis dafür, dass es nur noch sechs Universitätsklinika in Deutschland gibt, die in diesem Jahr noch schwarze Zahlen schreiben, schon sagen, dass es Universitätsklinika gibt, die schwarze Zahlen schreiben. Es gab bis 2011 übrigens eine deutliche Mehrheit, die schwarze Zahlen geschrieben hat. Das heißt, es ist auch möglich, in eigener Verantwortung etwas zum Abbau des Defizits beizutragen.

Ich glaube, dass in den letzten zwei Jahren die Zeichen der Zeit nicht verstanden worden sind. Das ist in anderen Universitätsklinika schlicht und ergreifend besser gemacht worden. Wir nehmen das immer so hin und erwarten, dass irgendwann endlich die Angleichung kommt. Der Meinung sind wir. Nur sind die Basisfallwerte in Schleswig-Holstein seit 2005 auch um 18 % erhöht worden, übrigens deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Im Bundesdurchschnitt sind die Basisfallwerte nur um 13 % angestiegen. Das heißt, wir als Schleswig-Holsteiner sind im Verhältnis schon bessergestellt worden, wenn es auch nicht komplett angeglichen wurde, das weiß ich auch. Während noch im Jahr 2005 der Unterschied teilweise bis zu 200 € im Vergleich zu den süddeutschen Ländern betragen hat, sind es heute nur noch 100 €. Das heißt, wir gleichen uns an die anderen Bundesländer immer ein Stück weiter an, deshalb halte ich es schlicht und ergreifend nicht für legitim, immer nur darauf zu hoffen, dass es irgendwann einmal Einnahmeverbesserungen durch andere gibt, aber bitte keine unangenehmen Entscheidungen hier treffen zu wollen.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Sie werden sich schon darum kümmern müssen. Ich stelle das einmal für mich sehr nüchtern fest, weil ich den Bericht des Landesrechnungshofes schon sehr aufmerksam gelesen habe, und als Opposition

ist man immer etwas vorsichtig, von sich aus unpopuläre Themen anzusprechen: Aber beim Thema Ärztevergütung habe ich ehrlich ein Problem. Ich finde es richtig, dass man sich als UKSH darum kümmert, dass genügend gute Kräfte hierher kommen. Das ist schwierig, und obwohl wir eine schwierige wirtschaftliche Lage haben, müssen wir uns trotzdem um die Besten bemühen. Aber dass wir die niedrigsten Basisfallwerte und eines der höchsten Defizite haben - wir sind ganz hinten in der Tabelle -, und trotzdem zahlen wir 10.000 € pro Arzt mehr als der Durchschnitt der anderen Universitätsklinika? - Da muss ich sagen, dass ich damit echt einige Probleme habe. An dieses Thema müssen wir miteinander herangehen. Wie sollen wir ansonsten von diesem Defizit herunterkommen?

(Vereinzelter Beifall CDU, Beifall Dr. Hei- ner Garg [FDP] und Torge Schmidt [PIRA- TEN])

Ich finde tatsächlich - das will ich eingestehen -, dass in dem Bericht einige Punkte in dem SäulenModell enthalten sind, über die es sich definitiv zu diskutieren lohnt. Das ist deutlich mehr, als ich ursprünglich befürchtet und nach dem, was ich aus der Pressemitteilung von Oktober herausgelesen hatte, erwartet hatte. Insofern haben wir schon Ansätze. Die Frau Ministerin hat auch darum gebeten, dass wir das solidarisch mittragen. Ich will - auch für andere Oppositionsparteien - sagen, dass wir als Opposition beim UKSH immer recht solidarisch waren. Beim baulichen Masterplan haben wir

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

in den Gesprächen immer wieder gesagt: So schwierig das ist und so enorm die Summen sind, die wir zu tragen haben, aber in dem Bereich machen wir keine knallharte Oppositionspolitik, dazu ist uns das Unternehmen zu wichtig.

Aber ich würde mir umgekehrt auch wünschen, dass wir vielleicht gemeinsam etwas mehr Herzblut hineinfließen lassen, dass wir neben dem baulichen Masterplan vielleicht auch die eine oder andere Maßnahme durchsetzen, damit dieses Defizit auch abgebaut werden kann. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Martin Habersaat das Wort.

(Daniel Günther)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit Prognosen für künftige wirtschaftliche Erfolge ist das so eine Sache. Spätestens seit Helmut Kohl erklärte, es werde niemandem schlechter gehen als zuvor, und es werde uns gelingen, MecklenburgVorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Thüringen schon bald wieder in blühende Landschaften zu verwandeln, spätestens seitdem ist Skepsis angesagt.

(Zurufe)