Protokoll der Sitzung vom 19.02.2014

- Lieber Herr Kollege Stegner, ich kann Ihnen voll und ganz recht geben. Es handelt sich hierbei um ein Wahlverfahren. Wahlen machen immer dann besonders viel Spaß, wenn es mehrere Bewerber gibt. Wahlen zeichnen sich auch dadurch aus, dass man nicht weiß, wer gewählt werden wird, da man sich zunächst einigen muss.

(Zurufe - Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich habe doch nur gewettet, dass er es werden wird!)

Bevor jetzt weitere Wetten die Runde machen, weise ich darauf hin, dass wir hier keine Glücksspielhalle sind. Möglicherweise müssen wir noch andere Gesetze ändern.

Herr Kollege Harms, würden Sie ein weiteres Gesprächsangebot des Herrn Abgeordneten Eichstädt akzeptieren?

Ich empfinde das nicht als Zocken. Ich empfinde es als großes Glück, dass Herr Eichstädt sich noch einmal zu Wort gemeldet hat.

Dann hat der Kollege Eichstädt jetzt das Wort.

Eine Bemerkung hat mir die Frau Präsidentin schon vorweggenommen. Herr Kollege, ich möchte Sie fragen, ob Sie mit mir der Meinung sind, dass die verschiedenen hier im Raum angebotenen Wetten in dieser Frage die Unabhängigkeit der Abgeordneten beeinträchtigen könnten?

Es mag sein, dass Abgeordnete sich in ihrer Unabhängigkeit beeinflusst fühlen. Für meinen Teil kann ich sagen, dass ich standfest bin und mich nur nach sachlichen Kriterien richte.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Peter Eichstädt [SPD]: Davon bin ich überzeugt!)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf zur Änderung des schleswig-holsteinischen Gesetzes zum Schutz personenbezogener Informationen, Drucksache 18/1558 (neu), an den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Bevor ich Tagesordnungspunkt 9 aufrufe, bitte ich Sie, mit mir gemeinsam auf der Tribüne einen weiteren Gast zu begrüßen. Das ist Jürgen Feddersen, ehemaliger CDU-Landtagsabgeordneter von Pellworm. Moin!

(Beifall)

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 9:

Bürokratie abbauen - Unternehmen entlasten

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 18/1526 (neu)

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile dem

Herrn Abgeordneten Christopher Vogt von der FDP das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Bürokratieabbau ist das ja immer so eine Sache. Fast alle Parteien - ich gebe zu, meine ganz besonders vorneweg - sprechen immer gern und viel über den Bürokratieabbau. Während man darüber spricht, Herr Dr. Dolgner, kommen immer wieder neue Gesetze, Verordnungen und Erlasse hinzu, die das Leben der Bürgerinnen und Bürger immer weiter regulieren und eben auch den Bürokratieaufwand der Unternehmen immer weiter erhöhen.

Immerhin - man muss es auch anerkennen -: In der Zeit der Großen Koalition in Schleswig-Holstein wurden zwischen 2005 und 2009 Vorschläge erarbeitet, die zumindest teilweise, um nicht zu sagen partiell, umgesetzt wurden. Ich glaube, insbesondere das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium hat damals einige Vorschläge umgesetzt. Andere Ministerien - ich glaube, es waren vor allem die der sozialdemokratischen Freundinnen und Freunde haben das leider weniger oder gar nicht getan.

Die CDU/FDP-Landesregierung der letzten Legislaturperiode hat dann im Rahmen der „Mittelstandsoffensive“ gemeinsam mit Vertretern der mittelständischen Wirtschaft und des Handwerks in unserem Land weitere Maßnahmen zum Bürokratieabbau vereinbart, die dann auch umgesetzt wurden.

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

- Aber, Herr Kollege Dr. Dolgner, allen Beteiligten wurde dabei auch wieder einmal vor Augen geführt, dass es vor allem Vorgaben des Bundes und der EU sind, die für unnötigen Mehraufwand bei Unternehmen sorgen.

Dies kann man auf Landesebene weiter beklagen oder man tut etwas dagegen. Ich bin der Auffassung, es macht durchaus Sinn, Initiativen zu starten, um diese Problematik auf Bundes- und eben auch auf EU-Ebene anzupacken.

Zunächst wäre es natürlich ganz sinnvoll, wenn man vor der eigenen Haustür kehren würde. Die Landesregierung hat mit dem Vergabegesetz und auch mit der Umwelt- und Landwirtschaftspolitik bewiesen, dass sie äußerst zuverlässig ist, wenn es darum geht, neue Regelungen zu schaffen, die das Leben etwas beschwerlicher machen.

Meine Damen und Herren, wir sollten uns an dieser Stelle ganz ernsthaft vor Augen führen, dass es

sinnvoll ist, diese etwas mühseligen Initiativen zum Bürokratieabbau zu starten. Kurz gesagt: Von den vielen Regelungen, die sich über die Jahre auf verschiedenen Ebenen angesammelt haben, sind mit Sicherheit alle irgendwann einmal gut gemeint gewesen, sind vielleicht irgendwann auch einmal sinnvoll gewesen, aber es gibt eben viele Regelungen, die mittlerweile schlichtweg unsinnig sind oder zumindest unverhältnismäßig. Oft sind es gar nicht ganze Gesetze oder Verordnungen, sondern nur ganz einfache Regelungen oder organisatorische Dinge, die unnötig sind und die man deshalb ändern sollte.

Der Herr Ministerpräsident ist gerade nicht anwesend; deswegen kann ich ihn nun auch einmal lobend erwähnen. Der Herr Ministerpräsident sagt in diesem Hohen Haus ja manchmal auch recht kluge Dinge. Ich möchte das gar nicht an Beispielen festmachen.

(Lars Harms [SSW]: Er sagt immer kluge Dinge!)

- Ja, ich habe mir das jeweils rot im Kalender angestrichen. Aber ich möchte, Herr Kollege Harms, an eine Äußerung des Herrn Ministerpräsidenten erinnern, die er hier im letzten Jahr gemacht hat. Das war vielleicht eine kluge Vision - Visionen muss man als Ministerpräsident ja auch haben -, aber noch nicht ganz zu Ende gedacht. Aber er hat hier angekündigt, bis zum Jahr 2020 wolle seine Landesregierung den Bürokratieaufwand für die Unternehmen in Schleswig-Holstein „in Zeit und Geld“ - so hat er damals formuliert - halbieren.

Nun muss man sagen, die Landesregierung ist ja nur bis 2017 im Amt. Ich hoffe, dass dann auch eine Wahl stattfindet, dass nach dem Datenschutzbeauftragtengesetz nicht auch noch das Wahlgesetz geändert wird. Aber ich gehe einmal davon aus, dass 2017 eine Wahl stattfinden wird. Somit hat die Landesregierung eh nur bis 2017 Zeit. Ich hoffe jedenfalls, dass es unstrittig ist, dass im Jahr 2017 wieder eine Wahl stattfinden wird. Ich stelle also fest: Die Landesregierung hat bis maximal 2017 Zeit.

Sie hat ja auch in der letzten Debatte zum Thema Bürokratieabbau festgestellt, dass nur relativ wenig in der Verantwortung des Landes selber liegt. Unabhängig davon fand ich, dass dies eine interessante Idee ist. Deswegen haben wir uns dazu entschlossen, mit dieser Initiative in den Landtag zu gehen, um eine Bundesratsinitiative anzuregen.

Dabei geht es darum: Die rot-grüne Koalition auf Bundesebene hatte 2005 den Zahltermin für die

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Kassenbeiträge von der Monatsmitte auf das Ende des Vormonats vorverlegt. Diese Überbrückungsmaßnahme war eine recht geschickte Finte, Herr Kollege Dr. Tietze, kurz vor einer schwierigen Bundestagswahl, die man aus wahltaktischen Gründen vielleicht irgendwie politisch nachvollziehen kann, die allerdings - ich komme gleich zu Ihrer Zwischenfrage, Herr Dr. Tietze - dafür gesorgt hat, dass für die Unternehmen ein Mehraufwand entstand.

Nun lasse ich die Zwischenfrage zu, Frau Präsidentin!

Dann hat Herr Tietze das Wort.

Vielen Dank. - Herr Kollege Vogt, wären Sie so freundlich, mir zu erklären, warum Sie diesen Antrag jetzt stellen? 2005 ist ja immerhin schon vor neun Jahren gewesen. Sie haben ja auch in SchleswigHolstein regiert. Ihr eigener Sozialminister hätte diese Initiative ja schon längst auf den Weg bringen können. Deshalb würde mich interessieren, warum Sie das Thema Bürokratieabbau gerade jetzt im Jahre 2014 entdecken. Haben Sie dafür eine Erklärung?

Ja, Herr Kollege Tietze. Natürlich habe ich eine Erklärung dafür. Zunächst muss ich Folgendes sagen: Sie haben ja zwei rhetorische Stilmittel bei Zwischenfragen. Eine davon wenden Sie ja leider nicht mehr an, nachdem ich mich ein paar Mal darüber lustig gemacht hat: Habe ich Sie richtig verstanden? Und dann kommt irgendeine Behauptung, die unwahr ist, zu der man dann jedes Mal antworten kann: „Nein.“

(Beifall FDP)

Das zweite Stilmittel besteht in der Frage: Warum kommen Sie gerade jetzt damit? Sie haben doch damals auch schon einmal in Schleswig-Holstein regiert? Herr Dr. Tietze, heißt das, dass wir, weil wir bis 2012 zweieinhalb Jahre lang in Schleswig-Holstein regiert haben, jetzt keine Anträge mehr stellen dürfen?

(Beifall FDP)

Das ist doch irgendwie paradox.

(Zuruf SPD: Damit ist die Frage aber nicht beantwortet!)

Wir haben das jetzt beantragt, weil wir das Thema voranbringen möchten, und zwar jetzt. Man kann ja auch fragen: Warum haben Sie denn jetzt das Gesetz für den Landesdatenschutzbeauftragten geändert? Dies hätten Sie doch auch schon vor 20 Jahren machen können. Das ist doch eine hohle Frage, Entschuldigung, Herr Kollege Dr. Tietze. Man kann doch nicht einfach so fragen: Warum machen Sie das gerade jetzt?

(Zuruf Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Das ändert ja nichts an der Sinnhaftigkeit dieses Vorhabens.

(Zuruf SPD: Das steht sicher jetzt auf Wie- dervorlage!)

Herr Kollege Dr. Tietze, da Sie offenbar unserem Anliegen zustimmen, freue ich mich, dass wir das jetzt gemeinsam umsetzen können. Insofern ist das doch wunderbar.

(Beifall FDP)

Meine Damen und Herren, durch diese wahltaktische Finte ist eine dauerhafte Mehrbelastung für viele Unternehmen entstanden. Viele Unternehmen sind seitdem gezwungen, die Abrechnungen zweimal zu machen, einmal zur Feststellung und dann noch einmal zur Korrektur. Denn in vielen Branchen, in denen bei Überstunden tarifliche sowie gesetzliche Zulagen bezahlt werden, was durchaus gewünscht ist, ist zur Mitte des Monats noch gar nicht absehbar, wie viel der einzelne Arbeitnehmer am Monatsende genau verdienen wird. Die Folge ist dann, dass die Abrechnung doppelt gemacht werden muss.

Die Wiedereinführung des alten Abrechnungszeitpunktes im SGB IV hätte keine dauerhaften negativen Folgen für die Kassen. Nachhaltig geringere Einnahmen für die Kassen kommen dadurch nicht zustande. Zugleich könnten aber Unternehmen von erheblichem Mehraufwand, der unnötig Ressourcen und Zeit bindet, befreit werden. Zudem würde er vielen Unternehmen helfen, die gerade am Monatsende häufig teuer finanzierte Liquidität über DispoKredite herstellen müssen, zu entlasten und die Beiträge künftig gemeinsam mit den Steuerzahlungen zur Monatsmitte des Folgemonats zu leisten.