Die Wiedereinführung des alten Abrechnungszeitpunktes im SGB IV hätte keine dauerhaften negativen Folgen für die Kassen. Nachhaltig geringere Einnahmen für die Kassen kommen dadurch nicht zustande. Zugleich könnten aber Unternehmen von erheblichem Mehraufwand, der unnötig Ressourcen und Zeit bindet, befreit werden. Zudem würde er vielen Unternehmen helfen, die gerade am Monatsende häufig teuer finanzierte Liquidität über DispoKredite herstellen müssen, zu entlasten und die Beiträge künftig gemeinsam mit den Steuerzahlungen zur Monatsmitte des Folgemonats zu leisten.
Herr Kollege Dr. Tietze, ich freue mich schon auf Ihre Rede und die Zustimmung der Koalition. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kassen der Sozialversicherung sind bekanntlicherweise im Jahre 2012 voll gewesen. Der Überschuss betrug 15,8 Milliarden €. Der Jahresabschluss 2013 liegt verständlicherweise noch nicht vor. Damit ist aber der Grund, der die Einführung der Vorfälligkeit im Jahre 2005 durch RotGrün nötig gemacht hat, nicht mehr gegeben. Dies vielleicht zu Ihrer Zwischenfrage, Herr Dr. Tietze. Das hängt schon ein Stück weit damit zusammen.
Lassen Sie uns deshalb zur früher üblichen Praxis zurückkehren. Die Rückführung der vorgezogenen Fälligkeit ist eine konkrete Maßnahme zur Entbürokratisierung und damit auch zur Entlastung gerade der vielen kleinen und mittleren Betriebe bei uns in Schleswig-Holstein. Unsere Konjunktur läuft gut, und das soll auch so bleiben. Unsere Betriebe brauchen deshalb Liquidität. Nur wer liquide ist, kann investieren und Projekte vorfinanzieren und damit auch Arbeitsplätze sichern. Und an dieser Liquidität des Mittelstandes zerrt die Vorfälligkeit besonders.
Die Arbeitgeber müssen insbesondere im Handwerk die Sozialbeiträge zum Teil erst zu einem Zeitpunkt leisten, an dem die konkrete Anzahl der Arbeitsstunden noch gar nicht bekannt ist, was eine Doppelbelastung erfordert. Häufig müssen die Erklärungen daher im folgenden Monat gemäß den tatsächlichen Entgelten korrigiert werden. Der damit entstehende bürokratische Aufwand belastet kleine und mittlere Unternehmen in unserem Land ganz erheblich.
Die positive Finanzsituation bei den Kranken- und Rentenversicherungen und die insgesamt erholte Konjunktur gerade nach der Krise 2008 geben nun Spielraum für ein Umdenken bei der vorgezogenen Fälligkeit von Sozialbeiträgen und damit auch den Spielraum, um die Beiträge zu den Sozialversicherungen stabil zu halten.
wie wir alle aus den Zeitungen erfahren haben. Das mit der Vorfälligkeit habe ich gelesen. Wenn man die jetzt zurücknehmen würde, würde das etwa 20 Milliarden € kosten, die dann durch den Staat zu finanzieren wären. Sie haben ja jetzt Mehrkosten bei der Rente. Können Sie mir erklären, wie Sie diese 20 Milliarden € vor dem Hintergrund der von Ihnen beschlossenen Rentenpläne finanzieren wollen?
- Wenn Sie mir die hypothetischen 20 Milliarden € konkretisiert darstellen können, dann bekommen Sie eine passende Antwort von mir darauf. Das stimmt nämlich nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Stabilisierung der Sozialversicherungen wurde 2005 auf dem Rücken der Unternehmen durch den Entzug von Liquidität und durch zusätzlichen bürokratischen Verwaltungsaufwand erkauft. Es wird Zeit, den mittelständischen Unternehmen die Liquidität zurückzugeben
und ihre Abhängigkeit von der verzinsten Vorfinanzierung über den Kapitalmarkt zu verringern. Bei allen Gesprächen, nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern auch mit den Kollegen auf Bundesebene, hört man immer wieder von der Problematik der Vorfinanzierung der Sozialversicherungsbeiträge, die die Betriebe stark belastet. Das müssen wir zurückschrauben.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hören Sie das Klappern im Keller? Das Klappern der Bartaufwickelmaschine? Da wird nämlich der Bart aufgewickelt, der gewachsen ist, seit es die veränderten Fälligkeiten für die Weiterleitung der Sozialversicherungsbeiträge gibt.
Bereits im Jahr 2006 wurde zur Sicherung der Sozialversicherungssysteme die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge vom 15. des Folgemonats auf den 23. bis 29. Tag des aktuellen Monats vorverlegt. Der Grund der Vorverlegung liegt im Wesentlichen in der ausreichenden Liquidität der Sozialkassen und in der Sicherung der Höhe des Beitragssatzes. Damit wurde verhindert, dass der Bund immer wieder mit Steuermitteln die Sozialversicherungssysteme stützen musste.
Ja, die Vorverlegung hat auch eine negative Seite. Das wurde hier bereits beschrieben. Von den Arbeitgebern müssen Vorauszahlungen geleistet werden, die dann durch Nachmeldungen konkretisiert werden. Hierdurch die kleinen Handwerksbetriebe überfordert zu sehen, entbehrt meines Erachtens jedoch jeder Grundlage. Das ist reine Technik.
Vor zwei Wochen habe ich mit dem Präsidenten des schleswig-holsteinischen Handwerks, Herrn Mietschke, der heute auf der Tribüne sitzt - grüß dich, Uli -, auf dem Neujahrsempfang gesprochen und ihn nach Problemen gefragt. Er hat mir gesagt, zurzeit laufe alles gut. Insofern kann dieses Problem nicht so groß gewesen sein.
Abgesehen davon stellt sich die Frage, wie viel Bürokratieaufwand dadurch entstehen würde, die seit bald acht Jahren bestehenden Abrechnungssysteme wieder zurückzudrehen. Aber auch die Versicherungssysteme würden Probleme bekommen, wenn die Fälligkeit wieder verändert würde. Die Liquidität wäre nicht mehr gesichert. Bis zu 20 Milliarden € wären einmalig zu leisten, da in dem Umstellungsjahr ein Beitragsmonat entfiele. Hierzu haben wir offensichtlich unterschiedliche Datenquellen.
Noch einmal zu Ihren Ausführungen, Kollege Hamerich. Sie sagten, unsere Wirtschaft laufe gut und das solle so bleiben. Das ist schön. Das soll auch so bleiben, und das bleibt auch so mit den derzeitigen Fälligkeitsterminen.
Der Beitragssatz in der heutigen Höhe wäre durch eine Änderung nicht mehr gesichert. Denn die Vorverlegung ist ja gerade zur Sicherung des Beitragssatzes eingeführt worden.
Deshalb lehnen wir den Antrag der FDP und der CDU ab. Eine Überweisung - in welchen Ausschuss auch immer - ist entbehrlich. Die FDP stellt diesen Antrag aus meiner Sicht ausschließlich aus Showgründen. Wenn dieser Antrag ernst gemeint wäre, hätte der damalige Sozialminister und heutige Kollege Garg das ja in seiner Amtszeit auf den Weg bringen können.
Herr Kubicki, Ihr Einwurf, damals hätten Sie es nicht geschafft, und Sie hätten nur zwei Jahre lang Zeit gehabt, stimmt so auch nicht. Nach meiner Kenntnis ist es so, dass der damalige Sozialminister explizit gesagt hat, dass er das nicht will, und zwar aus den Gründen, die ich vorhin aufgeführt habe.
Also, lassen Sie uns Zeit sparen. Deswegen nutze ich auch nicht meine volle Redezeit aus. Ich beantrage die Abstimmung in der Sache und keine Überweisung und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW - Dr. Heiner Garg [FDP]: Wo denn und wann denn?)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal ist das Ziel, Bürokratie abzubauen, nicht zu kritisieren. Die Zielrichtung, die die FDP vorschlägt, ist durchaus sinnvoll. Die Frage ist aber, ob die Maßnahme, die Sie vorschlagen, richtig ist. Deshalb müssen wir genau hinschauen, was Sie da fordern.
Wir schauen uns die Sozialversicherungsbeiträge und die Sozialversicherungsträger an. Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass die Kassen gefüllt sind. Das liegt auch an der guten Konjunktur. Das wissen wir alle. Wir wissen aber auch, wie schnell dieser
Puffer verbraucht ist. Ich habe bereits auf die Beschlüsse der Großen Koalition zu den Sozialversicherungen hingewiesen. Dadurch wird der Druck auf die Sozialversicherungen in den nächsten Jahren erheblich zunehmen. Ich will nur sagen: Der demografische Wandel lässt grüßen.
Herr Vogt, würde man Ihren Antrag umsetzen - Sie werden sich dazu sicherlich Gedanken gemacht haben -, dann müsste man tatsächlich 100 % der monatlichen Beitragseinahmen der Sozialversicherungen kompensieren. Ich habe gelesen, dass das etwa 25 Milliarden € kosten würde, allein 14 Milliarden € für die Rentenversicherung. Das sind etwa 1,2 Prozentpunkte bei den Lohnnebenkosten. Wir sind uns doch einig, dass wir einen Anstieg der Lohnnebenkosten angesichts der konjunkturellen Lage überhaupt nicht brauchen können.
Langfristig läuft aber eine Kostenlawine auf Sie zu. Wir sind für stabile Sozialversicherungssysteme. Wir sind für eine stabile Finanzierung von Rente, Gesundheit und Pflege. Deshalb ist es gut, einen Puffer zu haben.