Kolleginnen und Kollegen, es wäre angemessen, die Gespräche einzustellen, damit sich die Kollegen Hamerich und Tietze besser verstehen.
Herr Kollege Dr. Tietze, ich will Ihnen Ihre Frage von vorhin gern zurückgeben. Gehen Sie gemeinsam mit mir davon aus, dass diese 20 Milliarden €, die Sie als einmalige Mehrkosten bezeichnen, ein zinsloses Darlehen der Unternehmerschaft an die Sozialversicherung wären?
Das kann man als ein zinsloses Darlehen bezeichnen oder als einen gemeinsamen solidarischen Beitrag dazu, den Anstieg der Lohnnebenkosten gering zu halten. Schließlich schafft das tatsächlich Arbeit. Wir müssen uns noch einmal genau darüber unterhalten, wie wir Arbeit sichern können. Ich glaube, uns ist doch allen wichtig, dass der Anstieg der Lohnnebenkosten stabil bleibt und dass dabei Verlässlichkeit besteht.
Also, rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln, einmal ändern, wieder ändern. Das halte ich überhaupt nicht für richtig. Das macht die Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge unberechenbar. Deshalb glaube ich, dass wir an dieser Stelle vorsichtig sein sollten.
(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Christopher Vogt [FDP]: Das war vor neun Jahren!)
Herr Kollege Dr. Tietze, dann gehe ich davon aus, dass Sie einer Ausschussüberweisung zustimmen, weil Sie diese strittigen Punkte gern geklärt wissen wollen.
- Herr Kollege, die Koalition hat sich entschieden, wie sie mit diesem Antrag umgeht. Außerdem habe ich gesagt, dass dies ein Schaufensterantrag ist.
rung. Ich finde, dieser Antrag ist nicht ehrlich. Damit wollen Sie sich populistisch profilieren und zum Ausdruck bringen, dass Sie etwas für die Unternehmen tun wollen. Stellen Sie einen ehrlichen Antrag! Machen Sie eine sinnvolle Vorlage! Dann werden wir das auch im Ausschuss beraten. Schaufensteranträge halten wir an dieser Stelle aber nicht für sinnvoll.
(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Christopher Vogt [FDP]: Das ist doch peinlich, Andreas!)
Stellen Sie Anträge, und dann können wir gern darüber reden. Dieser Antrag ist aber ein Schaufensterantrag.
Im Übrigen ist es so, dass die Lohnabrechnungen in vielen Unternehmen mittlerweile automatisiert sind. Das ist auch ein Punkt, der zu berücksichtigen ist. Die IT-Technologie ist bereits weiter fortgeschritten. Deshalb brauchen wir keine Rückführung. Deshalb brauchen wir auch keine Änderung. Sie versuchen die Quadratur des Kreises, was bekanntermaßen nicht funktioniert.
Abschließend will ich zusammenfassen: Wir Grüne stehen für stabile und für gesicherte Sozialversicherungsbeiträge. Dies trägt dazu bei, dass die soziale Gerechtigkeit und die soziale Stabilität in Deutschland gestärkt wird. Ich hatte es bereits gesagt: Wir glauben nicht, dass Ihr Antrag diesem Ziel gerecht wird. Deshalb wollen wir mit dieser Argumentation weiterhin dafür werben, dass es bei der bestehenden Praxis bleibt, dass keine unnötige Veränderung auf die Unternehmen zukommt und Verlässlichkeit besteht.
Im Übrigen haben Sie, Herr Hamerich, in der Großen Koalition alles in der Hand. Sie regieren da ja mit. Wenn Sie meinen, dass das jetzt dringend geändert werden muss, dann haben Sie ja alle Möglichkeiten. Warten wir einmal ab, was Sie in Berlin erreichen. Im Moment sind Sie ja mit anderen Problemen unterwegs. Die Debatte sollten Sie in Berlin führen und nicht im Schleswig-Holsteinischen Landtag. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! FDP und CDU möchten, dass die Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge ohne Beitragsänderung aufgehoben wird. Wir wissen, dass die Handwerksverbände sich sehr dafür einsetzen. Ich glaube, dass dieser Vorschlag einer differenzierten Beurteilung bedarf; denn es gibt Argumente dafür und dagegen.
Für den Vorschlag spricht zunächst einmal, dass man sicherlich eine gewisse Vereinfachung im Verfahren hätte, wenn diese Vorauszahlung wegfiele. Dafür spricht sicherlich auch, dass man die Liquidität in den Unternehmen und in den Handwerksbetrieben stärken würde - es ist schon oft die Zahl von 20 Milliarden € erwähnt worden -, indem sich der Zahlungstermin verschieben würde.
Ein dritter Grund, der noch nicht genannt worden ist, der aber für mich ganz wichtig ist, ist, dass Anlass für die Einführung der Vorfälligkeitsregelung die knappen Sozialkassen gewesen sind, dass dieser Anlass jetzt weggefallen ist, weil sich die Kassenlage verbessert hat, und dass damals, als man diese Vorfälligkeitsregelung eingeführt hat, von der Politik versprochen worden ist, die Regelung aufzuheben, wenn sich die Kassenlage wieder bessert.
Ich finde, wir haben keinen Überschuss an Glaubwürdigkeit der Politik. Wenn man ein solches Versprechen abgibt, dann täte es, glaube ich, der Politik gut, wenn man es nach Möglichkeit einhalten würde.
Das Erste ist: Was den Bürokratieabbau angeht, so muss man zugeben, dass der Vorschuss, der gezahlt werden muss, sich leicht automatisch ermitteln lässt, weil man ihn nämlich nach dem Betrag bemessen kann, der im Vormonat gezahlt worden ist. Ein wesentlicher Bürokratieabbau würde dadurch also sicherlich nicht eintreten. Umgekehrt auch das hat der Kollege Winter schon genannt würde die Umstellung des Zahlungsverfahrens selbst einen Mehraufwand und einen gewissen Bürokratieaufwand bedeuten.
Wichtig ist für mich wiederum: Die Überschüsse der Sozialkassen, die wir im Moment haben, sind leider Gottes von der Großen Koalition schon für
diverse andere Projekte und Erhöhungen verplant worden. Das heißt, wenn wir zusätzlich zu diesen Projekten, an denen Sie ja nichts ändern wollen, noch diese Vorfälligkeitsregelung aufheben würden, dann stellt sich die Frage, wie Sie das finanzieren wollen.
Vor dem Hintergrund finde ich es schade, dass Sie von der Koalition es ablehnen, dass wir im Ausschuss noch einmal darüber beraten - ich hätte es mir gewünscht -, ob diese Sache denn machbar und finanzierbar wäre, und zwar auch nach Rücksprache mit den Sozialkassen; denn wenn die Streichung der Vorfälligkeit auch in Kombination mit den anderen Beschlüssen der Großen Koalition aus den Sozialkassen selbst finanzierbar wäre, dann wäre ich durchaus der Meinung, dass sie vorgenommen werden sollte, allein deswegen, weil wir es damals so versprochen haben. Aber ich finde, zuerst muss die Finanzierbarkeit durch Anhörung der Betroffenen geklärt werden. Ohne Klärung können wir dem Vorschlag nicht verantwortlich zustimmen.
Wir müssen deswegen, auch weil Sie bedauerlicherweise keine Ausschussüberweisung vornehmen - ich wäre gern der Frage der Finanzierbarkeit nachgegangen -, dem Antrag so die Zustimmung verweigern. - Besten Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge ist seit ihrer Einführung ein Dauerbrenner. Sie war im Rahmen des Rentenentlastungsgesetzes eingeführt worden, um die Sozialkassen zu füllen. Nachdem die Neuregelung den Sozialkassen im ersten Jahr faktisch 13 Monatszahlungen bescherte, erholten diese sich merklich. Damit wurden Rufe laut, dieses System auch gleich wieder abzuschaffen. Die Betriebe zahlen nämlich einen hohen Preis für die Sanierung der Sozialversicherung, indem sie jede Lohnabrechnung zweimal in die Hand nehmen müssen, um zunächst die Sozialbeiträge vorab zu berechnen, und dann noch einmal, um dessen tatsächliche Höhe zu berechnen. Bei Betrieben mit hoher Personalfluktuation ist das gar nicht so einfach. Vor allem kleine Betriebe, die
Die Kritik, vor allem der Handwerksverbände, hat sich auch daran entzündet, dass die Handwerker den Sozialkassen quasi einen Kredit gewähren. Sie selber müssen für die Liquidität teure Zinsen bezahlen, und das in einer Situation, in der immer mehr Kunden erst nach der ersten Mahnung ihre Rechnungen begleichen.
Auf Bundesebene hat man 2006 auf die Kritik reagiert und ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, das die Pauschalierung der Beiträge erlaubt. Die Praxis hat inzwischen gezeigt, dass die Arbeitgeber mit schwankenden Arbeitsentgelten von der Pauschalierung tatsächlich Gebrauch machen. So zumindest sagt es die Landesregierung von BadenWürttemberg.
Eine Rückkehr zum alten System ist zwar eine oft geäußerte Forderung fast aller Wirtschaftsverbände. Tatsächlich wird es wohl kaum so weit kommen. Nicht einmal in den Koalitionsvertrag der Großen Koalition hat es die Forderung nach Abschaffung der Vorfälligkeitsregelung geschafft. Die Forderung nach Abschaffung der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge ist wie ein Tätigkeitsnachweis für die eigenen Mitglieder. Mit dieser markigen Forderung signalisieren die Vorstände, dass sie sich um die Belange ihrer Mitglieder kümmern. Tatsächlich sind die Belastungen der Betriebe in den letzten Jahren gewachsen. Die Zahl der Formulare und Statistiken hat enorm zugenommen. Da sind die Vorfälligkeiten bei den Beiträgen zu Rente und Krankenkassen nur der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.
Würde das System zur Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge aber tatsächlich wieder umgestellt werden, hätte das wahrscheinlich weitreichende Folgen. Es ist ja nicht so, dass man nach fast zehn Jahren einfach wieder zur alten Routine zurückkehren kann. Die Folgen, gerade für den Haushalt der Sozialversicherungskassen, sind unkalkulierbar. Schließlich fehlt dann einmalig ein gewichtiger Beitrag. Das sollte man bedenken, bevor man unüberlegt die Vorfälligkeit wieder abschafft. Ich warne vor einem vorschnellen Schuss aus der Hüfte.
Richtig ist, dass wir die Bürokratie reduzieren müssen, die viele Betriebe an den Rand der Belastbarkeit führt. Das sollte allerdings im Rahmen einer Gesamtreform geschehen, damit nicht ein neues Problem erwächst. - Danke.
Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Abgeordneten Dr. Heiner Garg von der FDP-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr gelehrter, Entschuldigung, sehr geehrter Kollege Tietze!