Protokoll der Sitzung vom 09.04.2014

Außerdem müssen auch Themen wie Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit

(Zurufe Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

viel mehr in den Fokus kommen, Frau von Kalben.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Anders kann ich mir das nicht erklä- ren!)

Frau von Kalben, wir brauchen viel mehr den Fokus auf die Wirtschaftlichkeit und die Versorgungssicherheit. Das muss auf das gleiche Niveau gebracht werden wie die Bedeutung des Klimaschutzes, den wir natürlich auch alle wollen.

Meine Damen und Herren, ich möchte enden. Der gestrige Tag war ein schlechter Tag, ein schlechter Tag für die Verbraucher und für den Mittelstand. Es muss wirklich in dieser Legislaturperiode zu einer Generalinventur in der Energiepolitik kommen sowohl auf Landesebene als auch auf Bundesebene.

Wachen Sie endlich auf, und gehen Sie diesen Weg mit! Ich lade Sie dazu ganz herzlich ein.

(Beifall FDP)

Das Wort für die Fraktion der PIRATEN hat Frau Abgeordnete Angelika Beer.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ist der Test, ob meine Sprache hält. Ich denke aber, das geht.

Der Titel der heutigen Aktuellen Stunde lautet: „Perspektiven für den Norden“. Aufgrund der gestrigen Beschlusslage im Bundestag und dem, was heute in Brüssel vorgestellt wird, können wir über endgültige Maßnahmen beraten. Die Stellungnahmen der Fraktionen außerhalb der Koalition waren sehr unterschiedlich nach dem 1. April 2014: von „wir haben gesiegt“, „wir haben es geschafft“ bis „es bleibt noch viel zu tun“. Das ist heute auch deutlich geworden.

Ich möchte das bewerten, was wir bis heute an Fakten wissen. Das, worauf sich Bund und Länder geeinigt haben, ist leider kein entschlossener Neustart, sondern eine Mogelpackung. Die Zeche zahlt natürlich wieder der Verbraucher,

(Beifall PIRATEN)

und die Wirtschaft diktiert.

Werte Kolleginnen und Kollegen, nicht der Politik, nicht dem Ministerpräsidenten, der das mit ausgedealt hat, haben wir die wirklichen Zahlen zu verdanken, sondern dem „Spiegel“, der ein Papier aus dem Bundeswirtschaftsministerium veröffentlicht hat. Ihnen lagen die Zahlen vor, von Ihnen haben wir sie aber nicht bekommen.

Wir wissen zwar jetzt, dass ab 2017 eine neue Regelung kommt. Achten Sie bitte auf das Datum 2017. Zu diesem Zeitpunkt ist die Koalition im Bund am Ende, genauso wie die Koalition in Schleswig-Holstein. Bis zu diesem Termin soll es nicht wesentlich teurer werden. Aber dann wird die Rechnung neu aufgemacht. Was für ein Zufall.

Nur für die Verbraucher ist es nicht nett, was Sie dort ausgehandelt haben. Ich will Ihnen auch sagen, was tatsächlich eine Perspektive für den Norden ist. Es sind zum ersten Mal Bürgerinnen und Bürger für die Energiewende auf die Straße gegangen, nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern in der gesamten Republik.

(Beifall PIRATEN)

Ich garantiere, sie werden wieder auf die Straße gehen.

Herr Kollege Stegner, es ist eben nicht der Erfolg Ihrer Koalition und auch nicht der der Großen Koalition. Für diesen schlechten Kompromiss haben Sie selbst Verantwortung zu tragen, weil Sie die Große Koalition dort hingetragen haben. Die Verbraucherschützer werden heute ankündigen, dass sie eine verfassungsgerichtliche Klage gegen die sogenannte EEG-Reform prüfen werden. Das zeigt, dass sich die Verbraucher nicht mit dieser intransparenten Politik zufriedengeben können.

Das ist kein Gabriel-Bashing. Das habe ich nicht nötig; denn Sie haben es ebenso mit zu verantworten.

Man muss fairerweise sagen, dass der Kollege Dr. Ramsauer vollkommen zu Recht die Auszeichnung des Blackouts des Monats März für seine Aussage bekommen hat, „dass man sich vorher hätte überlegen müssen, welche Folgen die Energiewende für die Stromtrassen habe, und dass derjeni

(Oliver Kumbartzky)

ge, der die Preise wieder senken wolle, zurück zur Atomkraft müsse.“ Liebe Kolleginnen und Kollegen, das klingt wie ein Brummen aus dem tiefen Bayerischen Wald.

Aber die Alarmglocken bei uns läuten, wenn man hört, dass auch die Bundeskanzlerin sagt, die Energiewende gehöre erneut auf den Prüfstand, und wenn die Krimkrise und der Konflikt zwischen der Ukraine, Russland und der EU um die Krim für manchen deutschen Politiker dafür herhalten muss, nach Fracking in Deutschland zu rufen. Das ist nicht nur ein politisch gefährliches Spiel, sondern gefährdet auch die Zukunft unserer Umwelt und der Menschen.

Herr Albig, Sie haben keinen uneingeschränkten Erfolg erzielt. Ich gehe auf den Strompreis nicht noch einmal ein. Sie werden mit der Äußerung am 4. April 2014 zitiert:

„Wir haben auch eine starke Energiewirtschaft, und wer weiß, vielleicht kommt die Speichertechnik der Zukunft aus SchleswigHolstein.“

- Bislang, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist davon leider sehr wenig zu bemerken. Der Bericht, den wir im Oktober des vergangenen Jahres bekommen haben, zeigt, dass dort eine riesige Investitionslücke existiert und dass wir jetzt länderübergreifend - damit meine ich nicht nur Hamburg, sondern Dänemark und die Europäische Union - in die Speichertechnik investieren müssen, um zukünftig die Energie aus Erneuerbaren sinnvoll einsetzen zu können. Denn sonst wird es auch in Schleswig-Holstein nichts mit der Energiewende.

(Beifall PIRATEN)

Deshalb sage ich Ihnen ganz klar: Für diese Technologie, die noch in den Kinderschuhen steckt, bekommen Sie unsere volle Unterstützung. Ich erinnere an die Aussagen, die in den letzten Tagen aus den Reihen der Großen Koalition kamen. Da wurde von der „Monstertrasse“ gesprochen und von drohender Deindustrialisierung. Wer versucht, eine so schlechte Reform, die noch nicht einmal diesen Namen verdient, damit wieder gutzureden, der verpasst die Chancen und will - da ist der Vorwurf gerechtfertigt - die Energiewende nicht wirklich, sondern lobt den Kohlekompromiss, der in NRW unter einer SPD-Ministerpräsidentin gefunden worden ist. Das ist der Rohrkrepierer für die Energiewende.

(Beifall PIRATEN)

Deswegen sagen wir: Wir wollen eine transparente, sozial gerechte Energiewende. Ich kann nur auf den

Bericht der Bürgerbeauftragten hinweisen, die das ebenso fordert wie wir. Die SPD lehnt das bisher in den Ausschüssen ab. - Vielen Dank.

(Beifall PIRATEN)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor zwei Wochen war ich bei einer Sitzung bei der Wirtschaftsfördergesellschaft Nordfriesland. Dort hat man uns vonseiten der nordfriesischen Wirtschaftsförderung deutlich gemacht, was es für die Arbeitsplätze bedeutet hätte, wenn die Pläne der Großen Koalition Wahrheit geworden wären. Das hätte die Region, aus der ich komme, massiv getroffen. Wir reden über mehrere hundert Arbeitsplätze allein in Nordfriesland, die durch diese Pläne bedroht waren.

Angesichts der Tatsache, dass circa 4.000 Arbeitsplätze direkt von den erneuerbaren Energien in Schleswig-Holstein abhängig sind, war es sehr wichtig, den Rücken gerade und in Berlin unsere Interessenlage deutlich zu machen, auch wenn wir selber keine konkreten, direkten Einflussmöglichkeiten in Gesetzgebungsverfahren haben. Deshalb bin ich dem Ministerpräsidenten sehr dankbar dafür, dass er genau das getan und damit Arbeitsplätze bei uns in der Region gesichert hat.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es ist schön, dass Schleswig-Holstein in Berlin wieder gehört wird. Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Ich bin froh, dass das jetzt geklappt hat. Wir werden keine Deckelung des Ausbaus an Land bekommen, sondern das Repowering wird weiterhin für sich selbst stehen. Wir werden 2.500 MW ausbauen können.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Aber nicht in Schleswig-Holstein!)

Das ist ein Riesenerfolg, weil die Windenergieproduzenten genau das, lieber Kollege Kubicki, von uns eingefordert haben als Mindestmaß dessen, was man ausbauen kann und will und was durch die Politik ermöglicht werden soll.

Gleichzeitig werden - das ist insbesondere für Schleswig-Holstein wichtig - Hochseewindparks

(Angelika Beer)

weiterhin nicht gebremst werden. Es wird möglich sein, 6.500 MW - das ist ein realistischer Wert auszubauen. In der Planung werden sogar 7.700 MW zulässig sein. Man kann jetzt tatsächlich sagen: Die Grundlagen wurden vernünftig gelegt.

Natürlich gibt es in einzelnen Punkten noch Schwierigkeiten. Angesprochen wurde bereits die Stichtagsregelung für Projekte. In der Tat werden Projekte über mehrere Jahre geplant, sodass die Finanzierung an den Grundlagen ausgerichtet ist, die in der Vergangenheit gegolten haben. Hier bleibt auch noch etwas für die Bundespolitik nachzusteuern, damit nicht Projekte, die jetzt angelaufen sind, „hinten runterfallen“ müssen.

Der Hauptpunkt, der meiner Meinung nach beachtet werden muss, ist die Frage, was eigentlich auf Verbraucherseite geschieht. Der Vorschlag, den wir bekommen werden und bei dem wir unseren Einfluss geltend gemacht haben, erhöht tatsächlich die Kosten für die Verbraucher. Das muss man so feststellen. Was wäre allerdings die Alternative, wenn wir die erneuerbaren Energien nicht ausbauen würden? - Die Alternativen wären Atom und Kohle. Beide sind hoch subventioniert, wir zahlen es nur anders, nämlich über die Steuern.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die Kosten dafür sind wesentlich höher. Auch die Gefahren der strahlenden Altlasten sind sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Diese Dinge müssen wir, wenn wir es können, zurückfahren. Deswegen denke ich, dass der Weg, der jetzt gegangen wird, der richtige ist.

Es gibt noch zwei andere Preistreiber, die man hier nennen muss. Das sind zunächst die Rabatte an die Unternehmen. Die EU sagt ganz klar, dass das unerlaubte Beihilfen sein könnten. Man spricht davon, dass 500 der 2.100 derzeit befreiten Unternehmen in Zukunft nicht mehr befreit würden. Man muss ganz klar sagen: Würde es bei den 2.100 Unternehmen bleiben, ginge dies zulasten der Verbraucher. Sie müssten das bezahlen. Wer also das Wort der Verbraucher führt, kann nicht gleichzeitig auch das Wort der Unternehmen führen. Hier muss austariert werden. Ich meine, das ist vernünftig.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Lieber Kollege Kubicki, ein zweiter Preistreiber ist in Bezug auf die Windenergie die Tatsache, dass windschwache Standorte im Süden weiterhin vergleichsweise hohe Vergütungen bekommen sollen. Das ist ein Problem. Natürlich gönne ich es den