Meine Damen und Herren! Ich wünsche Ihnen einen schönen Morgen und eröffne unsere Sitzung am heutigen Donnerstag. Erkrankt ist Frau Abgeordnete Angelika Beer von den PIRATEN. Wir wünschen ihr gute Besserung.
Wegen dienstlicher Verpflichtungen auf Bundesebene ist Herr Minister Breitner beurlaubt. Herr Minister Dr. Habeck ist heute ab 13 Uhr beurlaubt.
Missbilligung der Äußerungen der Bildungsministerin des Landes Schleswig-Holstein, Professorin Dr. Waltraud Wende
- Meine Damen und Herren, ich weise darauf hin, dass ich die Sitzung bereits eröffnet hatte. Falls es noch Bedarf gibt, sich zu unterhalten, dann würde ich darauf drängen, dass dies außerhalb des Plenarsaals geschieht. - Vielen Dank. - Das Wort zur Begründung wird offensichtlich nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Heike Franzen das Wort.
Vielen Dank für die Vorschusslorbeeren. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich zitiere unsere Ministerin für Bildung und Wissenschaft:
„Die Sonderschule, auch wenn sie euphemistisch als Förderzentrum bezeichnet wird, reduziert Teilhabechancen. Sie - die Sonderschulen beziehungsweise die Förderzentren gelten in der öffentlichen wie in der wissenschaftlichen Diskussion als Einrichtungen mit kränkelnden, belastenden, beschämenden, erniedrigenden Wirkungen, mit Stigmatisierungen.“
Frau Ministerin, Sie haben in den vergangenen Tagen versucht, diese Aussagen als Missverständnis abzutun. Dabei ist das eine ganz klare Aussage ge
wesen, die Sie sich zu eigen gemacht haben. Was Sie damit angerichtet haben, zeigen die vielen Reaktionen von Lehrkräften und Eltern sowie Schülerinnen und Schülern. Alle waren entsetzt darüber, wie Sie unsere Förderzentren und die dort arbeitenden Mitarbeiter diffamiert haben.
Diese ganze Empörung ist an Ihnen abgeprallt. Bis heute gab es kein Wort der Entschuldigung oder des Bedauerns. Die Eltern der Kinder und die Lehrkräfte merken im Übrigen auch an Ihrem Handeln, dass diese Thesen Ihre Meinung sind. Sie bestimmen Ihre Politik. Ihr Versuch, sich jetzt auf die angeblichen Debatten in der Wissenschaft und in der Öffentlichkeit zurückzuziehen, ist nichts als reine Ausflucht. Frau Wende, die Menschen, für die Sie Verantwortung tragen, glauben Ihnen nicht mehr. Sie haben Ihre Glaubwürdigkeit verspielt.
Frau Ministerin, Ihre Worte haben Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher, Eltern und Kinder gekränkt, belastet, beschämt, erniedrigt und stigmatisiert. Frau Ministerin, es ist nicht das erste Mal, dass Sie Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor das Schienbein treten: Den Gymnasien halten Sie vor, dass die Integrationsquote von 0,2 % beschämend sei. Bereits zu Beginn Ihrer Amtszeit haben Sie von den Lehrkräften gefordert, in den Ferien doch bitte die Klassenzimmer zu streichen. Auch die gestrige Debatte um die Lehrerbildung und den Umgang mit den Universitäten hat deutlich gemacht, dass Sie mit den Menschen hier im Land nicht umgehen können. Frau Ministerin, offensichtlich fehlt Ihnen jegliches Verantwortungsbewusstsein einer Ministerin für die Menschen, die für sie arbeiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, als Dienstherrin und Dienstherr haben jeder Minister und jede Ministerin den Anspruch auf die Loyalität seiner und ihrer Mitarbeiter. Auf der anderen Seite tragen Sie aber auch die Fürsorgepflicht für Ihre Mitarbeiter.
Wie bereits in der Vergangenheit ist die Bildungsministerin dieser Fürsorgepflicht nicht nachgekommen. Sie hat mit ihren Äußerungen in der letzten Landtagstagung diese Fürsorgepflicht missachtet. Das kann und darf dieses Haus nicht mittragen. Wir
alle hier tragen die Verantwortung für unsere Beamtinnen und Beamten, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst in diesem Land. Sie haben einen Anspruch auf die Fürsorge ihrer Dienstherren. Daher ist das Verhalten der verantwortlichen Ministerin hier zu missbilligen.
Selbst Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, wissen offensichtlich, dass die Äußerungen der Bildungsministerin kein Missverständnis sind. Sie trauen ihr selbst nicht über den Weg. Anders ist Ihr Resolutionsantrag zum Erhalt der Förderzentren nicht zu erklären.
Anders als die Ministerin loben und befürworten Sie die Arbeit der Förderzentren ausdrücklich. Das kann aber kein Ersatz für die Entschuldigung der Ministerin sein.
Frau Wende, Sie bewegen sich in unserer Bildungslandschaft wie ein Elefant im Porzellanladen. Es gibt kaum eine Gruppe, die Sie nicht schon vor den Kopf gestoßen haben. Das gehört scheinbar zu Ihren zitierten bildungspolitischen Vorlieben.
Der Kollege Habersaat hat gestern gesagt, dass Ihre politischen Vorlieben auch die bildungspolitischen Ziele dieser Koalition seien. Heute kann dieses Haus deutlich machen, dass das Herabsetzen der Arbeit von Landesbeamten nicht das Ziel des Landes Schleswig-Holstein ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich einen letzten Satz sagen: Herr Ministerpräsident, ich bin sehr gespannt, ob Sie auch heute am Ende der Debatte an das Rednerpult gehen, um sich schützend vor Ihre Ministerin zu stellen.
(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Das hat Sie geär- gert, nicht? - Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Gestern haben Sie die Verantwortung für die Änderung des Lehrkräftebildungsgesetzes übernommen. Vielleicht übernehmen Sie heute auch die Verantwortung für die Rede Ihrer Ministerin. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat hätten wir vielleicht die Resolution zum Thema Förderzentren und diesen Tagesordnungspunkt gemeinsam debattieren können; denn beide Tagesordnungspunkte sind der Versuch von CDU beziehungsweise FDP, aus der vergangenen Landtagsdebatte Profit zu schlagen und durch die Herausnahme von Zitaten aus ihrem Kontext Panik zu schüren.
Wir haben am 20. März 2014 über einen Antrag der CDU debattiert, der sich zur Inklusion an unseren Schulen bekannt und gleichzeitig gefordert hat, dieses Ziel, zu dem man sich bekennt, nicht so schnell anzugehen. In ihrem Redebeitrag hat sich Frau Ministerin Wende zur Inklusion bekannt. Sie hat in dieser Rede darauf hingewiesen, dass die Behindertenrechtskonvention inzwischen deutsches Recht geworden sei, das für alle Ebenen des Staates und der Gesellschaft Gültigkeit habe. Ferner hat sie sich dazu bekannt, dass es auch künftig in SchleswigHolstein Förderzentren geben wird und geben muss, weil davon auszugehen sei, dass 10 % bis 20 % der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf im inklusiven Unterricht eben nicht die bestmögliche Förderung erhalten können.
Wenn man einen Schritt weiter denkt, dann kommt man darauf, dass sie gesagt hat, dass die bestmögliche Förderung für diese Schülerinnen und Schüler in Förderzentren stattfinden wird.
dass ein junger Mensch, der mit dem Abschluss einer Förderschule startet, am Arbeitsmarkt schlechte Chancen habe, und dass dieser Mensch in der Öffentlichkeit mit Kränkungen und Beschämungen rechnen müsse. Wo ist da der Skandal?
Wenn alles gut wäre, wenn an dieser Gesellschaft nichts zu ändern wäre, warum müssten wir dann überhaupt über Inklusion debattieren?
Frau Wende hat mit keinem Wort gesagt, dass die Förderzentren eine schlechte Arbeit leisten. Sie hat mit keinem Wort Vorwürfe gegen die Lehrerinnen und Lehrer, gegen die Erzieherinnen und Erzieher, gegen die Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter oder gegen sonst jemanden erhoben, der an einem Förderzentrum tätig ist. Wenn sie das so sehen würde - das ist jetzt ein bisschen intellektuell, aber es geht an dieser Stelle leider nicht anders -,