Protokoll der Sitzung vom 10.04.2014

Frau Wende hat mit keinem Wort gesagt, dass die Förderzentren eine schlechte Arbeit leisten. Sie hat mit keinem Wort Vorwürfe gegen die Lehrerinnen und Lehrer, gegen die Erzieherinnen und Erzieher, gegen die Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter oder gegen sonst jemanden erhoben, der an einem Förderzentrum tätig ist. Wenn sie das so sehen würde - das ist jetzt ein bisschen intellektuell, aber es geht an dieser Stelle leider nicht anders -,

(Zuruf FDP: Oh!)

könnte sie sich ja nicht in der gleichen Rede dafür einsetzen, dass für 10 % bis 20 % der Schülerinnen und Schüler genau diese Einrichtungen erhalten bleiben sollen.

In den vergangenen Wochen sind einige Sätze zitiert und aus dem Argumentationszusammenhang herausgerissen worden. Da die meisten Menschen nicht die Sitzungen des Schleswig-Holsteinischen Landtags online oder persönlich von der Tribüne aus verfolgen, sondern auf die Berichterstattung in den Medien angewiesen sind, gab es seitens vieler Lehrkräfte und auch seitens vieler Eltern von Kindern mit Förderbedarf zum Teil scharfe Kritik an der Ministerin und offensichtlich - das räumen wir durchaus ein - Erklärungsbedarf.

Es war deshalb richtig, dass Frau Wende in den vergangenen Tagen das Gespräch gesucht und auch in Briefen ihre Position zur Inklusion und zur Arbeit der Förderzentren in der nötigen Differenziertheit dargestellt hat. Differenziertheit ist aber nicht das, was die Kolleginnen und Kollegen der Opposition auszeichnet.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das stimmt!)

Sie hatten nun wirklich Zugang zur ganzen Rede der Ministerin, ziehen aber in Ihrem Antrag zwei Sätze aus dem Kontext heraus und beantragen, dass wir Demütigungsrituale mit Missbilligungserklärungen und Entschuldigungsaufforderungen beschließen. Deren Sinn sind - aus Ihrer Sicht - Showeffekte, aber eben nicht die von Ihnen geforderte „gebotene Sachlichkeit“.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Sie können ja spaßeshalber einmal versuchen, diese Maßstäbe an sich selbst anzulegen. Wenn Sie sich

jedes Mal für Formulierungen nachträglich entschuldigen sollen, die missverständlich oder unsensibel waren, besonders dann, wenn sie aus dem Argumentationszusammenhang herausgerissen wurden, dann hätten wir uns hier vermutlich viel anzuhören. Den Namen Putin möchte ich hier nur spaßeshalber einmal kurz fallenlassen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist doch ein Freund von Schröder!)

Meine Damen und Herren, es wird Sie nicht überraschen, dass wir Ihren Antrag ablehnen. Zur Wahl der „Missbilligung 2014“ müssen Sie sich eine andere Kandidatin suchen. - Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Eka von Kalben.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht lange drum herum reden: Während der vergangenen Landtagssitzung sind Worte gefallen, die falsch verstanden wurden und

(Lachen CDU, FDP und PIRATEN)

für Enttäuschung, gar für Wut gesorgt haben. Diese Worte haben eine nachträgliche Klärung erfordert. Die Bildungsministerin hat hierzu notwendige Gespräche geführt und Missverständnisse aus der Welt geschafft. Das ist gut so. Mehr ist zu dieser Sache eigentlich nicht zu sagen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

In diesem Haus herrscht Einigkeit, dass die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer und des gesamten Personals an Förderzentren, egal ob Beamte oder Angestellte, und an jeder anderen Schulart unseren Respekt und unsere Anerkennung verdient: Sie verdient unseren Dank. Wir schätzen die engagierte und couragierte Arbeit sehr, die in unseren Schulen geleistet wird.

(Wortmeldung Barbara Ostmeier [CDU])

Frau Abgeordnete, gestatten Sie -

Nein, ich lasse keine Zwischenfragen zu.

Es ist deutlich geworden, dass schulpolitische Debatten, ganz besonders aber Debatten um Inklusion, mit der allergrößten Sorgfalt geführt werden müssen; denn ein falsches Wort oder ein falsch verstandenes Wort kann schnell zu Frustration führen. Das hilft uns aber nicht weiter.

Wir werden uns heute und in absehbarer Zeit immer wieder mit Inklusion und mit der Förderung von Menschen mit Handicap befassen müssen. Die Erfahrungen der vergangenen Wochen machen uns allen noch einmal deutlich, wie wichtig hierbei Fingerspitzengefühl und Empathie sind.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wichtig ist Empathie für gehandicapte Menschen, für ihre Angehörigen und für die verantwortlichen Pädagoginnen und Pädagogen. Wir wollen einen Weg finden, um allen Kindern - ganz gleich ob mit oder ohne Handicap - eine optimale Förderung zuteilwerden zu lassen.

Meine Damen und Herren, diese Debatte, diese Missbilligung, trägt nicht dazu bei. So lassen sich die Herausforderungen der Inklusion nicht bewältigen. Sie, liebe CDU, wollen ausgeräumte Missverständnisse politisch instrumentalisieren. Frau Franzen, auch wenn Sie am Anfang Ihrer Rede genau mit dem Punkt begonnen haben, der in der vergangenen Sitzung besprochen wurde, so haben Sie doch im Laufe Ihrer Rede die Debatte um den Bildungsdialog, die Debatte um das Lehrerbildungsgesetz und so weiter hineingemengt.

Das zeigt, dass es mit dieser Debatte nicht nur um den Punkt geht, der Sie persönlich betroffen hat, sondern es geht um eine politische Instrumentalisierung. Das lehnen wir ab, und deshalb lehnen wir auch Ihren Antrag ab. - Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat Frau Abgeordnete Anita Klahn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau von Kalben, was Sie zum Schluss gesagt haben, das finde ich - ehrlich gesagt

(Martin Habersaat)

- ziemlich daneben. Ich sage das einmal in einfacher Sprache, in Leichter Sprache, damit es auch alle verstehen.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist unfassbar!)

Die Empörung, die durch das Land gegangen ist, allein auf Frau Franzen zu beziehen, das finde ich wirklich sehr beschämend.

(Zurufe)

Frau von Kalben, Sie machen es sich sehr, sehr einfach.

(Wortmeldung Martin Habersaat [SPD])

Meine Damen und Herren, wir sollten die Zwischenrufe auf ein Normalmaß herunterpegeln. Frau Abgeordnete Klahn, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Habersaat?

Ja. Da ich noch gar nicht so richtig angefangen habe, wird es spannend.

Bitte, Herr Habersaat.

Frau Kollegin Klahn, haben Sie eine Vorstellung davon, welche Wirkung Sie erzeugen, wenn Sie den Begriff Leichte Sprache in diesem Zusammenhang verwenden, um die Kollegin von Kalben zu beschimpfen?

(Zurufe SPD: Ja!)

Ich habe -

(Weitere Zurufe SPD)

Lassen wir jetzt der Abgeordneten Klahn die Chance zu antworten.

Es besteht doch Kontext hier im Hause, dass wir uns zukünftig deutlich und verständlich ausdrücken möchten. Wenn ich mir Ihre Rede und die Rede von Frau von Kalben in Erinnerung rufe, dann ist es offensichtlich sehr wichtig, dass wir hier in klaren

Worten sprechen. Wenn ich sehe, wie oft hier jemand falsch verstanden wird und wie oft etwas entschuldigt wird, weil sich jemand missverständlich artikuliert hat und es wieder einmal falsch verstanden wurde

(Beifall Birgit Herdejürgen [SPD])

das betrifft offensichtlich auch Ihre Ministerin -, dann finde ich es ganz richtig zu sagen, wie ich es eben formuliert habe, dass ich den Vorwurf von Frau von Kalben an der Stelle nicht angemessen fand.

(Zurufe SPD)