Es bleibt dabei, die A 20 ist für uns keine grüne Herzensangelegenheit. Aber damit das ein für alle Mal klar ist: Wir stehen zu unserem Koalitionsvertrag. Wir werden ihn erfüllen. Gemeinsam haben wir uns mit unseren Koalitionspartnern das Ziel gesetzt, die A 20 weiter bis zur A 7 zu bauen. Versatzstücke zu bauen, ohne dass klar ist, wie die Strecke um Bad Segeberg herum laufen wird, halten wir für falsch.
Die größten Verkehrsströme verlaufen bei uns von Norden nach Süden. Für all diejenigen, die glauben, mit einer weiteren Elbquerung bei Glückstadt ließe sich der Hamburger Rand entlasten, muss die A 20 auch eine Enttäuschung werden, denn die meisten Menschen, die aus Schleswig-Holstein Richtung Hamburg fahren, wollen auch nach Hamburg. Am allersinnlosesten wäre jedoch eine A 20, die dann an der Elbe endet. Das kann keiner wollen, nicht einmal Sie von der Opposition.
Natürlich stellen wir Forderungen an den Bund. Wie viele Forderungen haben wir zum Beispiel zum Nord-Ostsee-Kanal schon an den Bund gestellt? In den Bundesverkehrswegeplan haben wir zum Beispiel die Fehmarnbelt-Querung aufgenommen, wie Sie wissen. Trotzdem weiß wirklich niemand, woher das Geld für einen Autobahntunnel für die A 20 kommen soll. Der Bundesrechnungshof schaut mit Blick auf den gnadenlos überzeichneten Bundesverkehrswegelan besonders streng auf die Wirtschaftlichkeit von Großprojekten. Das haben wir gerade letzte Woche auch beim Schleusen
bau in Brünsbüttel gesehen. Bei der A 20 wurde gegen die Kosten-Nutzen-Rechnung schon einmal verstoßen. Insofern sehe ich nicht, dass unsere Chancen dort nun wahnsinnig steigen werden.
Herr Arp, Sie sagen, wir sollten keine Prioritäten setzen, wir sollten alles fordern: Erhalt der Infrastruktur, mehr Regionalisierungsmittel für den öffentlichen Personennahverkehr, alle Sanierungen, die wir brauchen, Nord-Ostsee-Kanal, Rader Hochbrücke
Wir sagen: Ein Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Finanzielle Wolkenkuckucksheime lehnen wir ab.
- Genau, weil das in unserer Priorität anders ist. Das habe ich gesagt. Die Nord-Süd-Achsen haben für uns Priorität.
Wer einfach nur behauptet, das Finanzierungsproblem lasse sich mit ÖPP - übersetzt heißt das: Öffentlich Private Partnerschaften - lösen, hat lange keine Zeitung mehr aufgeschlagen: Kaputte A 1 zwischen Hamburg und Bremen? - ÖPP! Dahinsiechender Berliner Flughafen? - ÖPP! Kostenwunder Elbphilharmonie? - ÖPP! Ein neuer Elbtunnel bei Glückstadt? - ÖPP? Klingt nicht so gut.
ÖPP kann dann sinnvoll sein, wenn es eine positive Prognose für die Wirtschaftlichkeit eines Projektes gibt. Beim Elbtunnel sehen wir das nicht. Der Staat, egal ob Land oder Bund, sollte hier keine Bürgschaft übernehmen.
Ich glaube kaum, dass wir uns bei der A 20 einig werden können. Einigkeit können wir aber bei vielen anderen Projekten erreichen. Wir können den Landesnahverkehrsplan diskutieren und gemeinsam umsetzen und dort für auskömmliche Regionalisierungsmittel streiten. Wir können uns auch gemeinsam für eine Zukunft der Rader Hochbrücke, für die Zukunft des Nord-Ostsee-Kanals einsetzen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir Sie - wie bei der Energiepolitik - früher oder später auf den grünen Zweig bringen werden.
Sehr verehrte Damen und Herren, unterstützen Sie uns beim Kampf um unsere Infrastruktur. Gemeinsam können wir die Verkehrswende schaffen - für eine klimafreundliche Mobilität. - Vielen Dank.
Bevor er zu Wort kommt, bitte ich Sie, mit mir gemeinsam auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der Immanuel-Kant-Gemeinschaftsschule aus Reinfeld und der Gemeinschaftsschule Stecknitz, Berkenthin, zu begrüßen. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir debattieren heute über unsere Straßen-, Schienen- und Wasserwege, quasi also über unsere Verkehrsnetze und damit über Netzpolitik, dem Kerngebiet der PIRATEN.
Wir sind vor zwei Jahren zur Landtagswahl angetreten, um für Bürgerrechte, Transparenz und Mitbestimmung zu kämpfen. Daran gemessen ist die Verkehrsplanung in Deutschland und in SchleswigHolstein leider beinahe ein Totalschaden.
Gehen wir auf das Thema Transparenz ein. Hier müssen wir beklagen, dass es auf Landesebene leider keinen transparenten Prozess zur Entscheidung über und zur Priorisierung verschiedener Verkehrsprojekte im Verhältnis zueinander gibt.
Es gibt keinen Landesverkehrswegeplan. Es gibt keine Kosten-Nutzen-Ermittlung zur Priorisierung der einzelnen Projekte. Was es gibt, sind völlig planlose Zusagen, die hier und dort gemacht werden, und das lehnen wir ab.
Ein Beispiel dafür ist sicherlich die geplante Reaktivierung des Bahnstrecke Kiel-Schönberg. Die einzige Begründung dafür, dass gerade dieses Reaktivierungsprojekt jetzt angepackt wird, ist, dass die Politik irgendwann einmal eine Zusage gemacht
hat. Dabei wissen wir noch gar nicht, ob infolge dieses Projekts insgesamt mehr Menschen auf öffentlichen Nahverkehr umstiegen, wenn wir alle Verkehrsmittel berücksichtigten, also auch die Busverbindungen. Wir wissen gar nicht, welche Mehrkosten insgesamt auf allen Ebenen, also auch auf die Kommunen und die kommunalen Verkehrsbetriebe, zukommen können. Wir können nur überschlägig sagen, dass bei ziemlich hohen Investitions- und Betriebskosten - über 1 Million € pro Jahr - ein recht geringer Mehrverkehr zu erwarten ist. Da fehlt mir einfach die Prüfung, ob wir nicht mit diesen hohen Investitionsmitteln an anderer Stelle, bei anderen Reaktivierungsprojekten, mehr Menschen zum Umsteigen bewegen könnten.
Dieses Vorhaben sollte auf Eis gelegt werden, um die offenen Fragen endlich zu klären. - Genauso falsch ist es aber auch, diesem Projekt schon jetzt endgültig eine Absage zu erteilen, wie CDU und FDP es beantragen. Eine Reaktivierung kann ja Sinn machen und sich im Vergleich zu anderen Projekten durchsetzen - wir wissen es auf der Grundlage der vorliegenden Untersuchungen nur noch nicht. Deswegen müssen wir Transparenz über die Kosten und den Nutzen dieses Projekts schaffen, bevor wir es anpacken.
An dieser mangelnden Transparenz leidet leider die gesamte Landesnahverkehrsplanung. Was aber noch viel wichtiger ist, ist, dass die Idee eines Nahverkehrsplans schon aus sich heraus zu kurz gedacht ist. Denn einen Plan nur für den Nahverkehr des Landes aufzustellen, vernachlässigt völlig die Schnittstellen zum Fernverkehr, zum Güterverkehr, aber auch zum Busverkehr, ganz zu schweigen vom Straßen-, Wasserstraßen- und Fahrradverkehr.
Pläne allein für einzelne Verkehrsträger ersetzen keinen ganzheitlichen Mobilitätsplan, wie wir ihn für Schleswig-Holstein bräuchten. Es müssten darin Erwartungen an den Fernverkehr formuliert werden, es müssten Bus und Bahn zusammen gedacht und geplant werden, es müssten auch der Fußverkehr, der Radverkehr, Car-Sharing, Bürgerbusse und Mitfahrgelegenheiten berücksichtigt werden. Wer wirklich mehr öffentlichen und Fahrradverkehr will, kann nicht scheuklappenartig allein für den Schienenpersonennahverkehr planen.
Um einen konkreten Ansatz zu nennen: Wie wäre es zum Beispiel mit einer Weiterentwicklung der SH-Card zu einer Mobilitätskarte, die auch Zugang zum Car-Sharing oder zum Fahrradverleih schafft? Das wäre eine zukunftweisende Idee. Weitere Ideen könnten sein - was mir noch zu wenig vorkommt -, das Angebot des Internetzugangs in Schleswig-Holstein zu verbessern. Das ist im Nahverkehr gerade für Pendler sehr wichtig.
Oder um den Tarifdschungel ein bisschen zu lichten, könnte man an Fahrkartenautomaten eine Bestpreisfunktion anbieten, anstatt dass man sich immer durch irgendwelche Menüs durchkämpfen muss, um zu bestimmten Angeboten zu kommen.
Wir wünschten uns auch, dass man zumindest für eine Testregion einmal plant, eine kostenfreie Nutzung des Nahverkehrs, eine fahrscheinlose Nutzung des Nahverkehrs, zu ermöglichen. Das gibt es ja.
Das gibt es in verschiedenen Tourismusregionen schon, etwa im Schwarzwald oder in Südtirol. Immerhin ist jetzt tatsächlich geplant, eine Studie über das Angebot einer kostenfreien oder vergünstigten Fahrt im Urlaubsland zu erstellen. Ich wünschte mir natürlich, dass wir einmal das Ziel eines insgesamt fahrscheinlosen Nahverkehrs ins Auge fassen, zum Beispiel auf Sylt, weil das wirklich zukunftweisend sein könnte.
Was mich freut, ist, dass Sie die Idee ansprechen, ein LiquidFeedback-System zu testen, um die Bürger an der Nahverkehrsplanung zu beteiligen. Leider ist es noch offen geblieben, wie das konkret aussehen soll. Herr Minister, ich freue mich, mehr darüber zu erfahren, wie Sie LiquidFeedback einsetzen wollen, um unsere Verkehrswege zu planen.
Was Sie an Nahverkehrsplanung vorlegen, die sogenannte Offensive Nahverkehr, führt mit den dafür vorgesehenen Millioneninvestitionen leider zu einem Ergebnis, das ich nur als lächerlich bezeichnen kann. Sie wollen den Marktanteil des öffentlichen Personennahverkehrs durch Ihre Offensive bis 2030 tatsächlich von 7,0 auf 7,1 % steigern. Ich gratuliere!