Die entscheidende Frage ist vielmehr, wie wir sicherstellen, was eine Selbstverständlichkeit sein sollte, in Schleswig-Holstein aber noch nicht ist: eine annähernd hundertprozentige Unterrichtsversorgung.
Die Menschen sind doch nicht auf die Straße gegangen, um die Regierung zum Geldausgeben anzutreiben. Die Menschen fordern das, was in anderen Bundesländern obligatorisch und ein Grundanspruch ist: 100 % Unterrichtsversorgung für jedes Kind, an jeder Schule, mit jedem Anspruch. Denn tatsächlich sprechen wir hier nicht von statistischen Reden, wir reden hier über Lebensläufe.
Darum möchte ich auf einen Brief aufmerksam machen, den ein elfjähriger Junge an einen berühmten Astrophysiker geschrieben hat. Ich habe mir das Einverständnis von Lorenz, das ist der Junge, eingeholt und zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: Ich finde das Thema so interessant, dass ich gern Astrophysiker werden möchte. Das geht aber nicht, weil in anderen Bundesländern Schüler mehr Bildung erhalten. Bei uns fallen auch jetzt schon viele Stunden aus. Dadurch kriegen wir weniger Bildung. Darum muss ich mir das selbst beibringen. Da ich aber kein Lehrer bin, kann ich es nicht. Ich bin nicht dümmer als andere, aber wenn ich nicht so viel lernen kann, kann ich auch nicht meinen Lieblingsberuf ausüben. Ich würde Sie gern darum bitten, dass Sie mir dabei helfen, dass ich Astrophysiker werden kann. Zitat Ende.
Das sind klare Worte. Ein elfjähriges Kind hat kein Vertrauen in die Politik. Es weiß, dass es geringere Bildungschancen als andere hat, und sucht über die Landesgrenzen hinaus nach Hilfe, weil wir, dieser Landtag, ihm nicht vertrauenswürdig erscheinen. Lorenz nimmt die Bildungspolitik sehr persönlich und hat jetzt schon Angst um seine Zukunft.
Landesregierung einsah, dass ihr Stellenstreichkonzert so nicht stattfinden darf. Bevor sich wieder einmal jemand empört: Nein, PIRATEN haben den Stellenabbaupfad nicht mitbeschlossen. Im Gegenteil, wir haben uns angesehen, was diese Regierung geliefert hat: die Schülerzahlenprognose, die Berechnung des strukturellen Defizits vor zwei Jahren und den Umdruck 18/620. Wenn man das alles zusammennimmt, wird klar, dass es so konzeptionell nicht weitergehen kann.
Die Bildungsministerin schreibt den Eltern, dass sich die Situation ab 2016entspannen werde. Wir erkennen sehr bemerkenswert, dass das Warten auf geburtenschwache Jahrgänge als politisches Instrument genutzt wird. Ziemlich wenig, vor allem dann, wenn der Ministerin die damit brisantere Situation im nächsten Schuljahr nichts ausmacht.
Normalerweise hätte ein Stellenabbau doch dann auch erst mit der Entspannungssituation in den Schulen stattfinden dürfen. Stattdessen wollte diese Regierung genau in der verschärften Situation 200 Planstellen mehr streichen, als die vorherige Regierung es getan hätte.
Das ist tatsächlich seltsam und muss dringend korrigiert werden. Das ist nach dem Stand der Dinge heute der Wille aller. Aber, wir haben - das zeigt sich in dieser Debatte sehr eindrucksvoll - unterschiedliche Auffassungen darüber, wie das gehen soll. Dazu haben wir Fragen. Unterrichtsausfall lässt sich nicht vermeiden. Darum begrüßen wir die Aufstockung des Vertretungsfonds.
Sie haben sehr deutlich gemacht, dass die PIRATEN den Stellenabbaupfad der Koalition nicht teilen. Das ist Ihr gutes Recht. Ich frage
mich allerdings - weil ich schon öfter aus Ihrer Fraktion gehört habe, dass Sie grundsätzlich auch zur Schuldenbremse stehen -, wo denn Ihre Vorschläge für einen alternativen Stellenabbaupfad liegen, auch vor dem Hintergrund, dass Sie und Herr König berechtigterweise auch im Bildungsbereich immer gern mehr machen wollen, Herr Dudda aber in Reden zur Polizei immer bei der Polizei mehr machen will und andere Kollegen in anderen Bereichen mehr machen wollen. Wo ist also Ihr alternativer Stellenabbaupfad, und wie hängt das dann miteinander zusammen? Das ist mir noch nicht ganz klar geworden.
- Sehr geehrter Herr Andresen, es wird uns eine Freude sein, im Rahmen der Haushaltsberatungen ein paar Vorschläge vorzulegen, wo wir an der einen oder anderen Stelle noch Stellen herauskitzeln können.
Meine Damen und Herren, dürften wir jetzt hier oben weitermachen? - Herr Abgeordneter Krumbeck, Herr Abgeordneter Andresen möchte eine zweite Bemerkung machen.
Vielen Dank, Herr Kollege. Gerade auch als Mitglied des Finanzausschusses freut mich das. Wir hatten ja schon zwei Haushaltsberatungen, bei denen Sie Teil des Parlaments waren. Da ist mir bisher nicht deutlich geworden, dass es von Ihrer Seite im Bereich des Stellenabbaupfades Alternativvorschläge gab. Wenn sich das jetzt zu den dritten Haushaltsberatungen im Herbst ändert, freue ich mich darüber und werde Sie gegebenenfalls zu dem Zeitpunkt dann noch einmal daran erinnern.
Es darf angemerkt werden, dass es diese Landesregierung selbst war, die die Mittel an dieser Stelle halbiert hat und sich jetzt selber korrigieren muss. Mehr noch interessiert uns allerdings das struktu
relle Defizit, das, was früher das Unterrichtsfehl war. Es war womöglich ein Fehler, vor Jahren auf die Kontingentstundentafel zu verweisen und das Unterrichtsfehl aus den Augen zu verlieren. Auch wenn es aufwendig ist, wollen wir wissen, wie sich dieses Defizit auf die Unterrichtssituation auswirkt, und zwar in Prozent, weil an dieser Stelle alle Weichen gestellt werden. Wir groß sind die Lücken tatsächlich? Das wird die Regierung beantworten müssen. Denn erst in Addition mit dem prognostizierten Ausfall haben wir eine ungefähre Vorstellung von dem, was wirklich zu tun ist. Das ist der zweite und wichtige Punkt in unserem Antrag. Wir wollen genau wissen, was sich die Landesregierung vorstellt, und zwar nicht aus der kalten Hose, sondern seriös mit Daten unterlegt.
Wir hätten diese Bedarfsanalyse gern zeitnah, damit der Landtag sie in konkrete Vorschläge umsetzen kann. In dem Zusammenhang würde ich gern auch den FDP-Antrag beraten.
Wir wollen wissen, wie es angehen kann, dass die Bildungsministerin nicht nur mit konkreten Zahlen zum Inklusionskonzept hantiert, während am letzten Donnerstag im Sozialausschuss dazu vonseiten der Regierung noch gar nichts gesagt werden konnte.
Woher nimmt die Bildungsministerin ihre Annahmen, wenn sie selbst das von ihr für den Mai/Juni angekündigte Inklusionskonzept noch nicht einmal im Entwurf vorlegen kann? Wieso werden da Stellen für schulische Assistenzen eingerichtet, obwohl diese Regierung noch nicht einmal die Frage rund um die pädagogischen Hilfen an Förderzentren gelöst hat? Da stehen Menschen bereits Schlange, um endlich ihre Lebensleistung gewürdigt zu bekommen. Das sind die schlecht bezahlten, aber hoch geforderten Lückenbüßer dieser Regierung. Und weil man schon eine Baustelle hat, macht man schnell noch eine weitere auf.
Frau Wende, warum - und das begreife ich wirklich nicht - wurde über die Verwendung der Mittel nicht ein einziges Mal mit den Betroffenen gesprochen? Warum meiden Sie das jährliche Gespräch? Was sagen die Hochschulen und Studierenden? Wie sieht die Lage hinsichtlich der frühkindlichen Bildung an den Kitas aus?
Sie müssen ja nicht einmal zu den Leuten hinfahren. Die kommen ja auch zu Ihnen. Gerade heute stehen sie wieder direkt vor der Tür. Wissen Sie, warum das so ist? - Weil sich die Menschen durch blinden und wenig belastbaren Aktionismus nicht mehr täuschen lassen.
Weil sie auch ohne jährliche Bestandsaufnahme wissen, wie es wirklich an den Schulen und Hochschulen aussieht. Weil Sie genau wissen, dass die 228 Lehrerstellen, die jetzt nicht gestrichen werden, sofort in Oberstufen an kleinen Gesamtschulen oder die Umwandlung von Regional- und Gemeinschaftsschulen gehen. Weil am Ende vom gepimpten Lehrersegen nicht mehr übrig bleibt als ein Sommerregen und kein Sommermärchen wie bei der WM.
Noch eines: Es ist so ermüdend, immer wieder darüber zu streiten, wer in der Vergangenheit die schlechtere Bildungspolitik gemacht hat. Wir wissen, dass diese Regierung in der aktuellen Situation nicht vorausgeplant hat, sondern erst panisch im letzten Moment reagiert hat, dass die Regierung bisher keine belastbare und vorausschauende Finanzanalyse vorgelegt hat, dass sie wieder einmal auf Zuruf aus der kalten Hose reagiert, dass sich die Unterrichtsversorgung nicht nur in farbenfrohen Posen von Rot-Grün-Blau 100 % annähert und dass sich die Menschen nicht mehr für dumm verkaufen lassen, weil Bildung etwas sehr Persönliches ist. Wir sollten das alle sehr persönlich nehmen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde oft gesagt, und trotzdem scheint es noch lange nicht überall angekommen zu sein: Investitionen in Bildung sind konkrete Investitionen in die Zukunft unseres Landes. Mir persönlich fällt kaum etwas Nachhaltigeres ein als die Finanzierung von Bildungsaufgaben.
So schaffen wir konkrete Chancen und eröffnen unserer jungen Generation bessere Zukunftsperspektiven.
Zur Erinnerung: Die rot-grün-blaue Koalition hat sich von Beginn an darauf verständigt, dass Bildung, soziale Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung die Hauptthemen der neuen Regierung sein werden. Egal ob Kita, Schule oder Hochschule - überall haben wir wichtige Dinge angestoßen. Wir haben schon vieles erreicht. Diesen Weg werden wir konsequent weitergehen.