Protokoll der Sitzung vom 18.06.2014

(Vereinzelter Beifall SSW und SPD)

Wer sich zum Beispiel die Schulpolitik der vergangenen zwei Jahre etwas genauer anschaut, kommt um eine Tatsache kaum herum: Wir erhöhen die Zahl der von der alten Regierung geplanten Lehrerstellen spürbar. Denn wir wollen die Qualität der Bildung erhöhen. Die dahinterliegenden Ziele sind die Verringerung des Unterrichtsausfalls, die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung und die Qualitätssteigerung durch ungeteilten Unterricht.

Wie Sie wissen, beschränken wir unsere Bemühungen nicht nur auf die öffentlichen Schulen, nein, wir unterstützen auch die Schulen in freier Trägerschaft deutlich stärker als unsere schwarz-gelben Vorgänger. Denn bei uns gibt es nicht den leisesten Zweifel daran, dass wir als Land eine Verantwortung für alle Schülerinnen und Schüler tragen. Auch so erhöhen wir die Bildungschancen in unserem Land.

(Beifall SSW)

Dass Bildung für Rot-Grün-Blau oberste Priorität hat, ist also nicht besonders neu. Vergleichsweise neu ist aber die Tatsache, dass der Bund den Ländern bis 2017 rund 6 Milliarden € zusätzlich zur Verfügung stellt, um Bildung zu finanzieren. Hier gibt es keinerlei Einschränkung auf Teilbereiche. Die Mittel stehen damit grundsätzlich für frühkindliche Bildung, für Schulen und für Hochschulen zur Verfügung. Auf unser Land entfällt eine jährliche Summe von 36,4 Millionen €. Keine Frage: Dieses Geld kann Schleswig-Holstein sehr gut gebrauchen.

Dass wir hiermit sehr sorgfältig und verantwortungsvoll planen, dürfte nicht nur vor dem Hintergrund der Schuldenbremse selbstverständlich sein. Es ist aber auch klar, dass diese zusätzlichen Mittel nicht ausreichen werden, um zukünftig alles ausfinanzieren zu können.

Wir stehen nicht erst seit heute vor großen Herausforderungen im Bildungsbereich. So viel ist sicher. Gerade weil wir so viele Baustellen haben, ist in der aktuellen Situation eine Prioritätensetzung notwendig. Wie Sie wissen, hat sich die Koalition darauf verständigt, die BAföG-Mittel in erster Linie für die Verbesserung der Unterrichtsversorgung zu nutzen. Hier sehen wir akuten Bedarf - und das, obwohl wir im letzten Jahr bereits 300 Lehrerstellen mehr erhalten haben als von CDU und FDP geplant.

(Zuruf Tobias Koch [CDU])

- Das mag man kritisieren, Kollege Koch. Natürlich kann man hier andere Vorstellungen haben und eine andere Zielsetzung verfolgen. Aber mit Blick auf so manchen Vorschlag der Opposition muss ich doch zumindest grundsätzlich daran erinnern, dass wir dieses Geld nicht mehrfach ausgeben können. Wer andere Dinge vorzieht oder vorschlägt, muss zumindest so ehrlich sein und sagen, dass die Unterrichtsversorgung dann weiter leidet. Aber das verschweigt die Opposition. Man meckert lieber, wohl wissend, dass es die Koalition schon richten wird.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Keine Frage: Wir stehen zu unserem Anspruch, unser Bildungssystem auf solide Füße zu stellen und insgesamt moderner zu gestalten. Natürlich haben wir allein für unsere Hochschullandschaft einen enormen Investitionsbedarf. Wer die Dinge aber auch nur halbwegs unvoreingenommen sieht, wird dieser Regierung doch nicht ernsthaft eine Vernachlässigung der Hochschulen vorwerfen wollen. Tatsache ist, dass wir unseren Unis mit dem zweckgebundenen Sondervermögen für Sanierungsund Modernisierungsmaßnahmen überhaupt erst die nötige Luft zum Atmen geben. Ganz nebenbei bemerkt werden sie auch im Rahmen des Hochschulpakts III ab 2016 mit jährlich 10 Millionen € vonseiten des Landes unterstützt, die ursprünglich für die BAföG-Erhöhung eingeplant waren.

Doch kommen wir zurück zur primären Verwendung der Bundesmittel. Es ist allgemein bekannt, dass die Schulen im Gegensatz zu den Hochschulen vom Stellenabbaupfad unmittelbar betroffen sind. Es zeichnet sich leider immer deutlicher ab, dass die von uns vorgenommene Abmilderung der schwarz-gelben Einschnitte noch nicht ausreicht. Deshalb geht es uns auch über die 300 zusätzlichen Stellen im vergangenen Haushalt hinaus primär um die Verbesserung der Unterrichtsversorgung an unseren Schulen.

(Lars Harms)

Um in dieser Sache schnell voranzukommen, wollen wir über einen Nachtragshaushalt schon ab August 228 Stellen im Gegenwert von 4,75 Millionen € bereitstellen. Aus meiner Sicht wäre es daher wünschenswert, wenn auch die Opposition dieses Ansinnen mittragen könnte. Wir wollen die entsprechende Initiative in der Juli-Tagung am liebsten in erster und zweiter Lesung beraten. So ist sichergestellt, dass diese Maßnahme bereits zum kommenden Schuljahr greift. Genau das ist unser Ziel. Wir bitten darum, dass auch die Opposition diesem Ansinnen zustimmt. Denn es ist notwendig, schon zum 1. August zu handeln und nicht erst zum 1. Januar. Da trägt auch die Opposition eine Verantwortung.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

SPD, Grünen und SSW ist natürlich gleichermaßen wichtig, dass es nicht bei dieser Sofortmaßnahme zum kommenden Schuljahr bleibt. Wir werden deshalb zum August 2015 weitere 200 Stellen schaffen, gefolgt von 100 Stellen im Jahr 2016 und schließlich wieder 200 Lehrerstellen im Jahr 2017. Wenn wir von einem Ansatz von 50.000 € pro Lehrerstelle ausgehen - wie im Übrigen auch Union und FDP zu Regierungszeiten, das scheint sich ja auch immer zu ändern -, dann macht das allein 728 Lehrerstellen zusätzlich. Man kann natürlich der Auffassung sein, dass auch dies vorn und hinten nicht reicht, aber wer fair ist, sollte zumindest eine Prioritätensetzung für Bildung erkennen können.

Doch wie Sie vielleicht wissen, haben wir neben dieser überdeutlichen Steigerung bei den Lehrerstellen noch eine ganze Reihe weiterer Maßnahmen vereinbart. Zu den wichtigsten gehört für mich die Stärkung der Schulassistenz, insbesondere an Grundschulen. Wir wollen die zur Verfügung stehenden Mittel schon ab 2015 nutzen, um deutlich über 300 schulische Assistenzstellen zu schaffen. Hier wird das Inklusionskonzept der Bildungsministerin sicher sowohl den Bedarf vor Ort als auch das Antragsverfahren und weitere Details konkretisieren. Wichtig scheint mir, dass wir uns jetzt, in der Frühphase der Ausgestaltung, Gedanken darüber machen, ob nicht auch Schulen in freier Trägerschaft einen vergleichbaren Bedarf haben und wir auch diese Schulen entsprechend berücksichtigen können. Denn lernbehinderte Kinder gibt es schließlich überall im Schulsystem.

Der Kern ist, dass wir mit diesen 314 Stellen ein deutliches Zeichen setzen. Natürlich gibt es das Konzept noch nicht, aber es gibt schon jetzt die Gewissheit, dass, wenn ein Konzept kommt, dies durchfinanziert ist

(Lachen CDU und FDP)

und Menschen tatsächlich an die Schulen gehen. Das ist etwas anderes, als Schwarz-Gelb gemacht hat. Ihr habt immer nur von Inklusion geredet, es aber nie mit Geld und Stellen unterlegt. Wir machen das anders.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, last, but not least wollen wir die Unterrichtsversorgung durch die Aufstockung des Vertretungsfonds verbessern. Hiervon werden nach unserer Erwartung vor allem die Berufsschulen profitieren. Gerade weil die Vielzahl der oben genannten zusätzlichen Lehrerstellen im Sek-I-Bereich angesiedelt sein wird, sind diese flankierenden Maßnahmen wichtig. Denn wir wollen alle Schulformen stärken. Gemeinsames Ziel ist ein Mehr an Inklusion und keine Mogelpackung.

Um Missverständnissen vorzubeugen, will ich noch einmal ganz klar sagen: Die erwähnten 314 Schulassistenzstellen werden zusätzlich geschaffen. Damit handelt es sich um eine weitere Entlastung und keine Belastung unserer Lehrkräfte, wie es die alte Regierung vorhatte.

(Vereinzelter Beifall SSW und SPD)

Herr Abgeordneter Harms, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Torge Schmidt?

Selbstverständlich gern.

Danke, Herr Kollege Harms. - Ich gebe Ihnen recht, dass es richtig ist, ein Inklusionskonzept mit finanziellen Mitteln zu hinterlegen. Es gibt allerdings auch Stimmen, die sagen, wir bräuchten zusätzlich bis zu 1.000 Stellen mehr für Inklusion im Land. Was machen Sie, wenn Ihr Inklusionskonzept zu dem Ergebnis kommt, dass 314 Stellen nicht ausreichen?

- Lieber Kollege, wir fangen auf jeden Fall an und setzen uns nicht hin und sagen: Oh, 1.000 Stellen, das ist aber so viel, dass wir es nicht leisten können. Wir fangen jetzt an und haben die politische Botschaft ausgesandt, dass wir dies tun wollen. Wenn Sie der Auffassung sind, wir bräuchten mehr Stellen, warte ich auf Ihre Haushaltsanträge und die

(Lars Harms)

Gegenfinanzierung. Dann kann man über alles reden, damit hat niemand Schwierigkeiten. Nur wir müssen jetzt einmal anfangen. Es langt nicht, über Inklusion immer nur zu reden, sondern es muss konkret gehandelt werden. Wir als Regierung sind die Ersten, die konkret handeln.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie als PIRATEN uns dabei unterstützen wollen, würden wir uns sehr darüber freuen, denn ich glaube, dass wir in dieser Frage nicht sehr weit voneinander entfernt sind.

Meine Damen und Herren, mal ganz ehrlich: Wer vor diesem Hintergrund noch immer stumpf behauptet, wir gingen Herausforderungen wie etwa die Inklusion nicht entschlossen genug an, der tut das doch aus schierer Verzweiflung. Fakt ist, dass wir im Vergleich zu den Plänen unserer Vorgänger erheblich mehr Lehrerstellen im Schulsystem belassen.

Wenn wir den von CDU und FDP anvisierten Abbaupfad fortschreiben und wenn wir die aktuelle demografische Entwicklung zugrunde legen, die damals vollständig zur Haushaltskonsolidierung genutzt werden sollte - bisher ist auch noch keine andere Äußerung von CDU oder FDP gekommen -, dann kommen wir bis 2017 auf nicht einmal 20.400 Stellen, die CDU und FDP bereitstellen wollten. Demgegenüber stehen nach unserer Planung exakt 21.873 Lehrerstellen zur Verfügung. Das sind bei uns 1.481 Stellen mehr als bei der Vorgängerregierung.

(Beifall SSW, SPD und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Selbst wenn wir dann fairerweise noch die rund 300 Lehrerstellen berücksichtigen, die die CDU gerade vollmundig in ihrem fiktiven Nachtragshaushalt gefordert hat, sind wir gegenüber unseren Vorgängern immer noch mit 1.200 Stellen im Plus. Selbst wenn Sie das für sich in Anspruch nähmen, könnten Sie das, was wir leisten, nicht erreichen. Wer dann wie der Kollege Callsen - behauptet, die Unterrichtsversorgung werde schlechter, der ist einerseits böswillig, und andererseits verschweigt er bewusst, dass CDU und FDP einen Kahlschlag in der Bildungspolitik geplant hatten. Das haben wir gestoppt, das ist gut für die Kinder und Jugendlichen im Land.

(Beifall SSW und SPD)

Ich denke, wir müssen uns hier ganz gewiss nicht verstecken. Unser Ziel ist, die Bildungschancen der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen spürbar zu verbessern. Wie Sie sehen, nutzen wir die vorhandenen Spielräume, um unseren Kindern und damit auch unserem Land die bestmöglichen Zukunftschancen zu sichern. Wir sehen unsere klare Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein, und wir sehen das Recht des Einzelnen auf Bildung von möglichst hoher Qualität. Mit dem beschlossenen Bündel an Maßnahmen sind wir hier auf einem guten Weg und auch auf einem besseren Weg, als ihn CDU und FDP jemals vorhatten.

(Beifall SSW, SPD und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir arbeiten jetzt erst einmal die Restredezeiten ab, bevor wir dann zu den Dreiminutenbeiträgen kommen. Zuerst hat nach meiner Meldeliste Frau Abgeordnete Anita Klahn für die FDP-Fraktion das Wort.

(Zuruf Peter Eichstädt [SPD] - Weitere Zuru- fe)

Herr Eichstädt, das klären wir nachher. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der unerwartete oder - wie Sie sagen - hart verhandelte Geldsegen sollte doch wirklich zielführend zum Abbau des strukturellen Defizits eingesetzt werden. Dafür wäre es tatsächlich nötig gewesen, dass uns die Bildungsministerin endlich eine Analyse vorlegt, was tatsächlich gebraucht wird, um eine gute Unterrichtsversorgung darstellen zu können,

(Zuruf Birgit Herdejürgen [SPD])

und sich jetzt nicht einfach hinzustellen und sich dafür zu loben, dass man den Vertretungsfonds aufstockt. Sie haben den schließlich halbiert und dafür gesorgt, dass der Vertretungsfonds nicht von der ersten Stunde an gültig ist. Das hatten wir in der CDU-FDP-Regierungszeit jedenfalls gemacht.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Vor allen Dingen Stellen gestrichen!)

Wenn eine Analyse vorgelegen hätte, hätte auch dazugehört, dass an den Beruflichen Gymnasien ohne bauliche Maßnahmen Kapazitäten für mindestens weitere 2.500 Schüler vorhanden sind und

(Lars Harms)

diese die idealen Kooperationspartner an Gemeinschaftsschulen gewesen wären, die keine eigene Oberstufe haben. Da das Bildungsministerium aber Entscheidungen zu Oberstufen nicht ausschließlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten treffen will, sorgt die Regierung an dieser Stelle für einen künstlichen Mehrbedarf von Planstellen, der zulasten anderer geht.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Was ist Ihr heutiger Antrag, Frau Kollegin?)

Das bestätigt uns auch der Landesrechnungshof. Spannend ist, wenn man heute in die „KN“ schaut und sieht, wie Sie sich die Verteilung der Stellen vorstellen. Da liest man, dass Sie den Gemeinschaftsschulen 154 und den Gymnasien 74 Stellen geben wollen. Sie sagen, die Sek. I brauche besonders viele. Aber es ist dort auch nachzulesen, dass 40 Stellen an Gemeinschaftsschulen mit Oberstufen gehen sollen. Jetzt frage ich: Wollen Sie damit auch den Bedarf an Ihren neu eingerichteten Oberstufen decken? - Das ist unfair - das sage ich ganz deutlich - gegenüber all den Grundschulen,

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Die haben auch Se- kundarstufen I!)