Protokoll der Sitzung vom 11.07.2014

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich Herrn Abgeordneten Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Familienzentren sind keine Luxusideen, die man je nach Kassenlage voranbringen und beiseiteschieben kann. Hier finden Familien kompetente niedrigschwellige Begleitungs- und Beratungsangebote, die so manchen aufwendigen Behördengang überflüssig machen. Unabhängig von der Trägerschaft und dem dahinterliegenden Konzept ist eines klar: Für viele Eltern ist diese vielfältige Unterstützung nicht mehr wegzudenken. Vor diesem Hintergrund ist es SSW, Grünen und SPD besonders wichtig, ein stabiles Netz an niedrigschwelligen Angeboten für Kinder und Familien in Schleswig-Holstein zu schaffen und natürlich auch dauerhaft zu sichern.

Sie alle wissen, dass diese Koalition schon entsprechend handelt und ihrer Verantwortung für die Familien im Land nachkommt. Wir haben zum Beispiel die Arbeit der Familienbildungsstätten gestärkt. Ein Schritt, der wirklich bitternötig war, aber wir werden selbstverständlich nicht nur hier, sondern im gesamten Bereich der Familienpolitik und der frühkindlichen Bildung am Ball bleiben. Wir wollen endlich mehr Chancengleichheit für unsere Kinder erreichen. Wenn man in Sachen Familienbildung durchaus von einem Scherbenhaufen sprechen kann, der durch frühere Kürzungen verursacht wurde, ist es gut, dass zumindest in Teilbereichen eine Umdenke stattfindet.

Für den SSW gibt es keinen Zweifel: Wir müssen Frauen und Männern endlich die gleichen Chancen und Möglichkeiten geben, beruflich wie familiär. Wir wollen endlich ein wirklich familienfreundliches Schleswig-Holstein.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier ist die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine zentrale Stellschraube. Gerade junge Familien brauchen in Zeiten, in denen die umsorgende Großfamilie zur Ausnahme wird, eine verlässliche Betreuungs- und Beratungsinfrastruktur. Mit Blick auf dieses Ziel bietet nicht zuletzt auch die Weiterentwicklung von Kindertagesein

richtungen zu Familienzentren ein großes Potenzial. Doch für die Entwicklung von Familienzentren braucht es nicht nur Fördermittel, sondern auch ein gutes Gesamtkonzept. Wir begrüßen es deshalb, dass das zuständige Ministerium mit dem vorliegenden Bericht auch ein solches schlüssiges Konzept für Familienzentren vorlegt. Die hier gemachten inhaltlichen Vorgaben sind sinnvoll und auch notwendig. Dabei ist es gut, dass diese Vorgaben nicht zu eng gefasst sind. Denn die bereits vorhandenen Angebote sind - wie bereits gesagt - sehr vielfältig. Ein abschließender Katalog, der erfüllt werden muss, macht da wenig Sinn. Vor diesem Hintergrund ist auch das geplante abgestufte Verfahren für die Einrichtung von Familienzentren in einer Regeleinrichtung der richtige Weg. So ist aus Sicht des SSW die nötige Flexibilität gesichert.

Mag der eine oder andere bemängeln, dass dieser Prozess zu lange dauert, Zweifel daran, dass wir es ernst meinen und hier ein wirklich stabiles Netz an niedrigschwelligen Angeboten knüpfen, wird wohl kaum jemand haben können. Denn es ist Fakt, dass wir zukünftig bis zu 100 Familienzentren im Land fördern. So werden viele weitere Einrichtungen Angebote von hoher Qualität entwickeln können, die sich am konkreten Bedarf der Eltern orientieren. Ziel des Ministeriums ist bekanntlich, bestehende oder neu entwickelte Familienzentren in erster Linie mit einem Zuschuss zu unterstützen, der auch für Personalkosten genutzt werden kann. Diesen Ansatz können wir voll und ganz unterstützen. Wir brauchen ein möglichst flächendeckendes Netz an niedrigschwelligen Angeboten für Kinder und Familien. Gerade im ländlichen Raum wird diese Beratungs- und Betreuungsinfrastruktur immer wichtiger.

Dass das Land nicht über die Köpfe der Betroffenen und Experten vor Ort hinweg entscheidet, dürfte selbstverständlich sein. Es ist doch ganz klar: Die Erfahrungen der kommunalen Landesverbände sind hier genauso unverzichtbar wie die Mitarbeit der freien Träger, der Kirchen oder der Wohlfahrtsverbände.

Ich bin guter Dinge, dass wir auf einem guten Weg sind und ein bedarfsgerechtes Angebot für Kinder und Eltern im Land auf die Beine stellen werden. Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Wolfgang Dudda)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung Drucksache 18/2026 dem Sozialausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen.

(Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Und dem Bildungsausschuss!)

- Und auch dem Bildungsausschuss zur abschließenden Beratung. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Bericht dem Sozialausschuss und dem Bildungsausschuss zur abschließenden Beratung überwiesen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2014

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 18/2024

Bericht und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses Drucksache 18/2064

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/2137

Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/2138

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU, FDP und PIRATEN Drucksache 18/2142

Ich erteile dem Berichterstatter des Finanzausschusses, Herrn Abgeordneten Thomas Rother, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verweise auf die aussagekräftige Vorlage.

Vielen Dank für den aussagekräftigen Bericht. - Ich eröffne die Aussprache. Für die Landesregierung hat die Ministerin für Finanzen, Frau Monika Heinold, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Verabschiedung des Nachtragshaushalts wird es ab dem neuen Schuljahr 228 Lehrerstellen mehr geben als bisher in unserer Finanzplanung vorgesehen. Das ist eine gute Entscheidung für unser Land.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Sie ist möglich, weil der Bund das Land durch die Übernahme der BAföG-Kosten ab 2015 dauerhaft um 36 Millionen € jährlich entlastet. Diese strukturelle Verbesserung des Landeshaushalts erlaubt es uns, die Unterrichtsversorgung mittelfristig um insgesamt 728 Lehrerstellen zu verbessern. So ist es mit dem Stabilitätsrat vorbesprochen, so soll es in der nächsten Sitzung des Stabilitätsrats im Herbst geeint werden.

Meine Damen und Herren, es kann zwar immer noch mehr sein, aber ich möchte zur Entscheidung des Bundes, die BAföG-Kosten vollständig zu übernehmen, gern sagen: Das hat die Bundesregierung richtig gut gemacht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD und SSW)

Auch die Landesregierung hält Wort. Wir haben zugesagt, dass wir jeden Cent, den wir vom Bund für Bildung erhalten, in Bildung stecken - eins zu eins, ohne etwas abzuzwacken. Nun halten wir nicht nur unser Versprechen, sondern wir packen sogar noch etwas obendrauf. Bereits zum Sommer der Bund zahlt ja erst ab dem nächsten Jahr - sollen die ersten 228 zusätzlichen Stellen besetzt werden. Sie werden aus Landesmitteln durch Einsparungen an anderer Stelle finanziert.

Meine Damen und Herren, mitten im Haushaltsjahr 4,75 Millionen € zusätzlich für Bildung in einem Konsolidierungsland, das ist keine Selbstverständlichkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, SSW und Torge Schmidt [PIRATEN])

Ab August stehen damit analog zum Verteilungsschlüssel des Planstellenzuweisungsverfahrens 74 Stellen für Gymnasien und 154 Stellen für Gemeinschaftsschulen zur Verfügung. Mithilfe von Bundes- und Landesmitteln planen wir, bis 2017 insgesamt 728 Lehrerstellen, 314 Schulassistenten und die Aufstockung des Vertretungsfonds zu finanzieren. Unsere Schwerpunkte bei der Verteilung der Bildungsmittel heißen Unterrichtsversorgung, Unterrichtsqualität und Inklusion.

Meine Damen und Herren, Schwerpunkte setzen heißt, an anderer Stelle Nein zu sagen. Ich bedanke mich bei den Koalitionsfraktionen, dass es auch diesmal wieder gelungen ist, sich auf einen Schwerpunkt zu konzentrieren, ohne das Portemonnaie insgesamt zu öffnen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Denn bei aller Freude: Wir sind noch immer Haushaltskonsolidierungsland. Noch planen wir mit neuen Schulden, wenn wir zusätzliche Ausgaben beschließen.

Der Landesrechnungshof hat letzte Woche im Finanzausschuss zu Recht darauf hingewiesen, dass noch viele große finanzielle Herausforderungen vor uns liegen.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Da verwundert es schon, dass die CDU heute 8,4 Millionen € mehr ausgeben will als von uns geplant und dies ausgerechnet aus dem Vorsorgetitel für Zinssicherung bezahlen will. Das scheint mir etwas kurz gesprungen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Schwerpunkt Unterrichtsversorgung heißt: Kindertagesstätten, Hochschulen, Bildungsstätten, Auszubildende in der Altenpflege und viele andere sind enttäuscht, dass sie nicht Teil des Bildungspakets sind. Das sieht und das weiß diese Landesregierung. Aber wenn wir spürbare Verbesserungen in einem Bereich, bei der Unterrichtsversorgung, erreichen wollen, dann müssen wir uns auf diesen einen Punkt konzentrieren.

Wir können das, weil wir an anderer Stelle für Kitas und Hochschulen schon einiges getan haben. Die Sozialministerin hat es eben dargestellt: Aufwachsend bis 2017 stellen wir 80 Millionen € für Kindertagesstätten zur Verfügung. Die Kindertagesstätten erhalten aus unserem Sonderprogramm Mittel für energetische Sanierung und für Baumaßnahmen. Mit dem Nachtragshaushalt erfolgen Änderungen des Kindertagesstättengesetzes, damit die Mittel, die wir 2014 eingeplant haben, bedarfsgerecht ausgegeben werden können.

Für die Hochschulen übernehmen wir seit 2013 verbindlich die Tarifsteigerungen und haben ein Sondervermögen Hochschulsanierung mit rund 77 Millionen € aufgelegt. Und - auch das ist nicht selbstverständlich - wir machen schon heute die feste Zusage, dass wir den Hochschulpakt III finanzieren.

Auch hier wehte der Wind in Schleswig-Holstein schon einmal ganz anders.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Unruhe)

Das sind vermutlich für die Jahre 2016 bis 2023 circa 250 Millionen €.

Meine Damen und Herren, wir müssen gar nicht drum herumreden: Bildung ist in Deutschland strukturell unterfinanziert. Qualitätssicherung, Inklusion, Ganztagsschule, es gibt sehr viele, sehr große Baustellen. Wie beim Infrastrukturstau werden wir auch im Bildungsbereich nur Stück für Stück vorankommen. Wir sollten den Menschen in aller Ehrlichkeit sagen, was geht und was nicht geht, was schnell geht und was längere Zeit braucht.

Mit dem Nachtragshaushalt tun wir das. Ein Nachtragshaushalt ist aus haushaltsrechtlicher Sicht erforderlich, wenn für die Erreichung der im Haushaltsplan angestrebten Ziele wesentlich mehr Mittel als bisher vorgesehen erforderlich sind oder wenn neue Aufgaben finanziert werden müssen. Ein Nachtragshaushalt hat nicht die Funktion, den durch das Haushaltsgesetz festgestellten Haushaltsplan bei zwischenzeitlich veränderten Haushaltsentwicklungen jeweils auf den neuesten Stand zu bringen.

Ein gutes Beispiel sind die Zinsausgaben, die sich in den letzten Jahren immer wieder sehr verändert haben. Und - auch das eine weitere gute Botschaft für den heutigen Tag - auch 2014 werden wir nach bisheriger Prognose circa 90 Millionen € weniger für Zinsen ausgeben als bisher geplant.

Meine Damen und Herren, unser Nachtragshaushalt enthält keine komplette Korrektur des Haushalts, sondern er beschränkt sich auf den vordringlich zu regelnden Bedarf. Das heißt, 228 Stellen mehr als bisher geplant für unsere Lehrerinnen und Lehrer. Darüber hinaus gilt die Zusage, den bisher geplanten Stellenabbau durch unsere Maßnahmen Jahr für Jahr annähernd zu halbieren. Damit verbessern wir das Schüler-Lehrer-Verhältnis vom Schuljahr 2012/2013 bis 2017/2018 deutlich von 17,3 auf 16,4.