Protokoll der Sitzung vom 12.09.2014

Holstein ist. Hierzu zählt auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Institutionen und Einrichtungen. Die Minderheiten im Land sind ein wichtiges kulturelles Plus. Kultur bereichert unser Leben und gibt uns die Einsicht und die Toleranz, unsere Mitmenschen über Grenzen hinweg zu verstehen.

Zum Schluss möchte ich einen Dank an unsere Finanzministerin richten, die Mittwoch in ihrer Haushaltsrede gesagt hat, dass wir 49 € im Jahr pro Einwohner in Schleswig-Holstein für Kultur ausgeben. Ich habe in vielen Reden gesagt: Kultur ist Schwarzbrot und keine Sahnetorte. Schwarzbrot kann man auch noch mit Körnern bestücken. Es gibt Luft nach oben. Wir wollen gemeinsam mehr für Kultur machen. Ich richte einen großen Dank an das Ministerium, an Anke. Schwarzbrot gehört zum Leben, zur Völkerverständigung.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Sven Krumbeck [PIRATEN])

Meine Damen und Herren, wir haben die Redezeit, wie Sie vielleicht gemerkt haben, Frau Abgeordnete, um drei Minuten verlängert. Das ist die Zeit, die die Ministerin die Redezeit überzogen hat. Das gilt auch für die CDU-Fraktion, für die jetzt Herr Abgeordneter Peter Sönnichsen das Wort hat.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie haben mir in den letzten Tagen schon gesagt, das Konzept sei so gut, dass man ihm nur zustimmen könne. Ich denke, diesen Ansprüchen kann es nur teilweise gerecht werden, aber damit können wir wohl beide leben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will ein deutliches Lob voranstellen. Der Bericht zeigt zu Recht die Bedeutung der Kultur, ihre Vielfalt, die Bedeutung des Ehrenamts für die Kultur und gerade in der Diskussion um die Kultur. Ich will Dank und Anerkennung aussprechen für die Kulturschaffenden, die Kulturinteressierten, für Ehrenamt, Hauptamt in den Verbänden, Wirtschaft, sehr geehrte Frau Ministerin, Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Organisation und die konsequente Durchführung in Lenkungsgruppe und vier Arbeitsgruppen sowie für die Dokumentation des gesamten Prozesses. Das ist wirklich hilfreich und sollte hier angesprochen werden.

(Beifall)

Ebenfalls als positiv erwiesen haben sich die Schwerpunkte, die so gut gewählt sind, dass sich das große Spektrum unserer Kultur darin wiederfindet.

Sehr geehrte Frau Ministerin, bis zu Ihrem mündlichen Bericht eben lagen mir nur die schriftlichen Konzepte und Empfehlungen vor. Ich habe mir einmal die Empfehlungen vor der Kabinettsbefassung als Ausfluss der durchgeführten Beratungen und das Ergebnis der Kabinettsbefassung, also die Fassung von Juli 2014, nebeneinandergelegt. Ich sage hier ganz deutlich: Die Textpassagen sind in den Aussagen deutlich abgeschwächt worden, und die hinzugefügten Passagen der Landesregierung - gut erkennbar, weil grau unterlegt - bleiben sehr bei allgemeinen Aussagen und ohne konkrete Umsetzungsvorschläge.

Da heißt es: Schleswig-Holsteins Kultur hat Zukunft. Ich frage: Welche? Da sagt die Landesregierung, sie wolle die Kultur unterstützen. Ich frage: Wie? Sie will der Kultur helfen, deren Bedeutung sichtbarer zu machen. Mit welchen Maßnahmen? Es gilt, die Kultur abzusichern. Ich frage noch einmal: Wie? Außer mehrfachen Hinweisen auf Vernetzung und Digitalisierung kommt hier wenig bis nichts, sehr geehrte Frau Ministerin. Das muss ich so sagen.

Wo in den Empfehlungen noch von finanzieller Förderung die Rede ist, gibt es in der Kabinettsfassung nur noch die ideelle Förderung, meistens mit den Worten „bestmögliche Unterstützung“.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Kollegin Waldinger-Thiering hat eben die Zahlen der Finanzministerin genannt, die am Mittwoch genannt worden sind. Daraus mache ich niemandem einen Vorwurf. Sie müssen aber bitte auch zur Kenntnis nehmen, dass Sie an die gleichen Grenzen stoßen wie alle Vorgängerregierungen, sehr geehrte Frau Ministerin. Das wird deutlich - da bin ich anderer Meinung als meine Vorrednerin - in den Titeln 0940 ff. des Haushaltsentwurfs 2015. Alles das gehört zur Realität der heutigen Beratung und Ihres Berichts.

Ich schätze und teile Ihr Eintreten für die Kultur, Frau Ministerin. Die schriftlichen Konzepte zeigen aber auch deutlich Handlungsbedarf der gesamten Landesregierung. Wenn Kultur im Zentrum der Politik steht, dann sicherlich auch im Zentrum der Landesregierung - so darf ich unterstellen.

(Jette Waldinger-Thiering)

Bei der kulturellen Infrastruktur wird die Abstimmung mit der Landesentwicklungsplanung und der Verkehrsplanung als Notwendigkeit erkannt. Wissen Staatskanzlei und Verkehrsministerium das?

(Volker Dornquast [CDU]: Ich glaube nicht!)

Zum zu Recht gelobten Ehrenamt! Der Bericht spricht zum Beispiel von Vielfalt im musischen Bereich. Gesangvereine, Orchester, Volkshochschulen, überall ehrliche, begeisterte Arbeit, die aber spätestens dann endet, wenn man sich nach den Kursen und Auftritten mit der Künstlersozialkasse auseinandersetzen muss. Ihre Kollegin Finanzministerin hat gerade vor einigen Tagen Steuertipps für Vereine neu herausgegeben - 188 Seiten. Das sehe ich nicht unbedingt als Motivationsförderung für das Ehrenamt an.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Zum Schwerpunkt ästhetische Bildung wurde das Jahr der kulturellen Bildung vorgezogen. Das ist in Ordnung. Aber es reicht nicht, wenn in dem jetzt vorgelegten Bericht von der Weiterbildung von Kulturschaffenden für den Unterricht die Rede ist. So etwas will auch von den Schulen koordiniert sein. Vor wenigen Wochen haben wir hier über die Vorhaben der Bildungsministerin zur Abschaffung von Kreisfachberatern gesprochen. Eigentlich muss in Bezug auf Kultur über Stellen Kreisfachberater Kultur gesprochen werden. Das vermisse ich.

Zum Erhalt und zur Vermittlung des kulturellen Erbes sprechen Sie besonders kirchliche und private Eigentümer an. Zumindest hinsichtlich der privaten Eigentümer habe ich Bedenken, wie das zu Ihrem neuen Denkmalschutzgesetz passt.

Schleswig-Holsteins Kultur braucht Perspektive, so heißt es in dem Papier auf Seite 6. Darin sind wir alle einig. Es gibt aber noch Ihren eigenen Anspruch aus Ihrer Rede vom Mai 2013, Frau Ministerin. Ich darf zitieren:

„Ich wünsche mir … die Verabschiedung einer Kulturstrategie in diesem Hause, in diesem Parlament.“

Mit dem heute zur Kenntnis zu nehmenden Bericht kann das sicherlich nicht gemeint sein. Ich schließe wie beim letzten Mal: Es gibt noch viel zu tun.

(Beifall CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat jetzt die Frau Abgeordnete Beate Raudies das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, herzlichen Dank für Ihren Bericht und herzlichen Dank für die Arbeit, die Sie und Ihr Ministerium in den Kulturdialog investiert haben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

In diesen Dank schließe ich drei Leute ein, die ich eben oben auf der Tribüne gesehen habe - ich weiß jetzt nicht, wo sie geblieben sind -, Alex Luttmann vom LKJ, Guido Froese vom Nordkolleg und Monika Peters von den Volkshochschulen SchleswigHolstein. Das sind drei, die wie viele andere dabei waren, die sich an diesem Projekt beteiligen durften.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, vereinzelt CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, die Kulturpolitik steht auf allen Ebenen - von der Kommune bis zum Bund - in einem permanenten Widerspruch. Niemand bestreitet, welch hohen gesellschaftlichen und auch ökonomischen Wert Kultur hat und wie wichtig es deshalb ist, Kultur zu fördern. Dennoch diskutieren wir Jahr für Jahr viel eher über Streichungen als über mögliche Aufwüchse. So wird auch der Haushalt 2015 im Kulturbereich nach dem Wegfall der einmaligen Zensusmittel im vergangenen Jahr mit deutlich weniger Geld auskommen müssen. Ein Kollege sagte eben scherzhaft zu mir: Es ist auch bezeichnend, dass zu diesem Thema eine Finanzbeamtin spricht.

In dieser Situation noch einmal mein Dank an die Ministerin und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber eben auch an denjenigen, die sich um die Gestaltung von Kultur in Schleswig-Holstein bemühen und die sich trotz dieser unbefriedigenden Haushaltslage dem Gespräch nicht verweigert haben, die - im Gegenteil - dieses Gespräch, diesen Dialog als Angebot gesehen haben, die Kultur in diesem Land voranzubringen.

Der Bericht macht deutlich, dass sich öffentliche Kulturpolitik eben nicht im Verteilen von Finanzen erschöpfen darf. Als neue, wichtige Aufgabe hat sich während des Dialogs herauskristallisiert, die kulturellen Angebote in unserem Land zu vernetzen, vor allem mithilfe des Internets. Diese Vernetzung wird uns helfen, ein flächendeckendes Kulturangebot im ganzen Land zu erhalten. Wenn der Kunstverein in Segeberg und der Kunstverein in Elmshorn eine Ausstellung zum selben Künstler

(Peter Sönnichsen)

planen, brauchen Sie nicht beide ein eigenes Plakat zu drucken. Wenn man voneinander weiß, hilft es, wenn man sich die Kosten für Katalog und Plakat teilen kann. Das bringt beide Vereine voran.

Öffentliche Kulturpolitik steht auch in der Verantwortung, wenn es darum geht, das kulturelle Erbe unseres Landes zu bewahren. Nun wissen wir alle: Erbschaften machen nicht immer nur Freude. Allein die Pflege der Bestände von Archiven und Bibliotheken wird uns in den nächsten Jahren viel Geld kosten. Für den Erhalt von denkmalgeschützten Immobilien nehmen wir sogar die Eigentümer in die Pflicht.

Besondere Verantwortung haben wir für unser historisches Erbe. Unser Land steht als ehemalige frühe Hochburg des Nationalsozialismus und zugleich als Sitz der letzten nationalsozialistischen Regierung auch in der Verantwortung, historische und zeitgeschichtliche Aufklärung zu leisten. Hierzu wird in mehreren Gedenkstätten des Landes Großes geleistet.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Darum haben wir die finanzielle Unterstützung dieser Arbeit ausgebaut, und das Gedenkstättenkonzept der Landesregierung benennt weitere Handlungsschritte.

Aus dem Bericht der Ministerin ist deutlich geworden, dass kulturelle Teilhabe für uns von großer Bedeutung ist. Das Jahr der kulturellen Bildung 2014 ist eine gute Gelegenheit, daran zu erinnern, dass die schulische und die außerschulische Bildung eine Daueraufgabe sein muss. Das ist in der Öffentlichkeit auch längst angekommen. Eltern akzeptieren es nicht, wenn bei personellen Engpässen an den Schulen als erstes der Kunst- oder Musikunterricht ausgesetzt wird. Hier hat der Kulturdialog viele neue Ideen geliefert. Zusammen müssen wir jetzt an der Verstetigung der Projekte arbeiten. Herr Sönnichsen, ich habe Sie so verstanden, dass Sie daran gern mitwirken würden. Ich lade Sie herzlich dazu ein.

Meine Damen und Herren, Schleswig-Holstein ist auch ein Tourismusland. Der Tourismus ist einer unserer wichtigsten Wirtschaftszweige. Auch wenn die kulturellen Angebote zunächst einmal ein wichtiger Standortfaktor für die Menschen sind, die in Schleswig-Holstein leben, gehören Angebote im kulturellen Bereich heutzutage als selbstverständlicher Bestandteil in jedes Tourismuskonzept. Hier sind die kleinen Angebote vor Ort genauso wichtig wie die großen, landesweiten Flaggschiffe.

An dieser Stelle nutze ich die Gelegenheit, dem neuen Intendanten des SHMF, Herrn Dr. Christian Kuhnt, und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch den zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern und allen Ehrenamtlern in den Beiräten sehr herzlich dazu zu gratulieren, dass das neue Konzept des SHMF aufgegangen ist und diese Saison so ein großer Erfolg war.

(Beifall)

Ich will einen Punkt noch besonders hervorheben, und das ist die adäquate Bezahlung von Künstlerinnen und Künstlern. Das ist keine Frage von Bürokratie und Künstlersozialkasse, sondern eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Die weitaus meisten Menschen, die hauptberuflich im kulturellen Bereich tätig sind, arbeiten in Niedriglohngruppen. Das wurde bereits durch frühere Anfragen zur Entwicklung der Kultur in Schleswig-Holstein und zur Kulturwirtschaft immer wieder erhoben. Wenn wir von Mindestlohn sprechen, muss dieser Grundsatz auch für diejenigen gelten, die in kulturellen Einrichtungen tätig sind. Wir wollen keine prekären Arbeitsverhältnisse fördern, sondern gute Bezahlung für gute Kunst.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Deswegen ist es gut, dass Kulturförderung des Landes künftig nur noch unter Beachtung des Landesmindestlohngesetzes möglich ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Kulturkonzept, das die Kulturministerin als Ergebnis des langen Dialogverfahrens erstellt hat, sollten wir meines Erachtens im Bildungsausschuss ausführlicher diskutieren. Ich würde mich freuen, wenn wir diesem Konzept dort die gleiche Aufmerksamkeit widmen könnten wie den schulpolitischen und wissenschaftlichen Themen. Das ist auch die Gelegenheit, über die Details zur Umsetzung zu sprechen, darüber vielleicht noch zu streiten oder an weiteren zu arbeiten.

Auf diese Beratung freue ich mich. Ich beantrage die Überweisung des Antrags in den Bildungsausschuss und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, bitte begrüßen Sie mit mir neben den genannten Vertretern der Kulturarbeit in Schleswig-Holstein auch weitere Schülerinnen und Schüler des Bernstorff-Gymnasiums in

(Beate Raudies)

Satrup. - Seien Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!