Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

„Die gute Zusammenarbeit … ist deshalb eine wichtige Voraussetzung, um internationale Unternehmen für den Norden Deutschlands zu gewinnen.“

Ja, klasse, wenn das im Rahmen der Wirtschaftskooperation geht, warum geht es dann nicht auch seitens des Hamburger Senats, wenn es um die nächste Windmesse in Husum geht?

Wir begrüßen das Angebot Husums, das leider zunächst einmal ausgeschlagen worden ist, im Hinblick auf 2014 eine Umfrage unter den Ausstellern zu machen, um herauszufinden, wo der bessere oder geeignete Standort für die Zukunft ist. Das ist

(Angelika Beer)

fast schon basisdemokratisch. Das hört man sonst selten. Nur leider hat der Hamburger Senat das erst einmal abgelehnt.

Deswegen möchte ich die Landesregierung auffordern: Wenn wir Husum den Rücken und damit auch den Wind und der Energiewende den Rücken stärken wollen, setzen Sie sich mit Herrn Scholz auseinander! Nutzen Sie Ihre vielleicht guten sozialdemokratischen Beziehungen, und sorgen Sie dafür, dass hier eine Strategie dargelegt wird, die von allen im Haus getragen werden kann, um Husum zu stärken!

(Beifall PIRATEN, SSW, Abgeordnete Bar- bara Ostmeier [CDU] und Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag hat der Vorsitzende des SSW, Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gerade viel davon gehört, dass die Sozialdemokraten sich mit den anderen Sozialdemokraten zusammensetzen sollen, dass es darum geht, aus einer bestimmten Sache eine Chefsache zu machen, um dann richtig durchzudrücken, wie man zu einer Einigung kommen kann.

Ich möchte auf eines hinweisen: Die Husumer Messe sieht sich diesen Angriffen aus Hamburg seit 2002 ausgesetzt; seit 2002 unter wechselnden Bürgermeistern, aber auch unter wechselnden Ministerpräsidenten dieses Landes haben wir hier dieses Problem. Es ist also definitiv kein parteipolitisches Problem, sondern es ist ein Problem in der Zusammenarbeit.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Abgeordneter Dr. Patrick Breyer [PIRA- TEN])

Das ist das Erste, was ich dazu sagen will.

Das Zweite ist: Hilft es denn nun, wenn man populistisch sagt: „Das muss eine Chefsache sein, das muss der Chef so durchdrücken“? Wir haben es schon einmal gehabt. Es wurde schon einmal zur Chefsache gemacht. Man kann den NDR in einem Radiobeitrag vom 9. Juni 2011 zitieren. Da ging es darum, dass der Streit um die Windmesse zur Chefsache gemacht wurde. Peter Harry Carstensen, der damalige Chef dieses Landes, hat das zur Chefsa

che gemacht. Was dabei herausgekommen ist, wissen wir alle, nämlich nichts.

Ich glaube auch nicht, dass das der richtige Weg ist, gleich mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Es ist klüger, in Ruhe zu verhandeln. Das muss nicht immer die oberste Ebene sein, weil man in dem Moment, in dem man das tut, sein Pulver auch verschossen hat. Ich glaube, das ist genau das, was der letzten Regierung passiert ist, dass man blitzschnell sein Pulver verschossen hatte und dann eben nicht mehr in der Lage war, eine Einigung hinzubekommen.

Ich will einen anderen NDR-Artikel vom 14. Oktober 2011 - also vier Monate nach dem Beschluss zur Chefsache - zitieren. Da haben sich die Chefs am Rande einer Bundesratssitzung getroffen. Husum war kein Grund, um wirklich intensiv miteinander zu reden, sondern man spricht am Rande einer Bundesratssitzung noch einmal darüber. Zitat des NDR:

„An der Entscheidung, in Hamburg eine Windmesse in Konkurrenz zur HUSUM WindEnergy zu veranstalten, ändert sich auch nach dem Treffen von Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen … und Hamburgs erstem Bürgermeister Olaf Scholz … am Rande der Bundesratssitzung nichts.“

Ich glaube, das macht sehr deutlich, dass es eben nicht so ist, dass immer, wenn man etwas politisch hochtrabend fordert, wirklich ein vernünftiges Ergebnis dabei herauskommt.

Wir müssen mit der entsprechenden Ruhe vorgehen und schauen, was der Standort Husum braucht, um zukunftsfähig zu sein, und was wir als Land Schleswig-Holstein gemeinsam mit den Hamburgern brauchen, um in diesem großen Geschäft in der Lage zu sein, die Windmessen an sich hier im norddeutschen Raum zu behalten. Das heißt nicht, dass man Husum verrät, sondern das heißt, dass man versucht, Husum nachhaltig zu sichern und vor Angriffen von anderer Seite zu schützen. Selbst wenn wir dieses kleine Gefecht gewinnen, heißt es nicht, dass andere stillhalten. Wir müssen sehen, dass wir gemeinsam mit den Hamburgern etwas hinbekommen, dass wir gemeinsam am Ende bestehen können.

Wenn wir uns ansehen, dass die Behandlung als Chefsache in der Vergangenheit nichts genutzt hat, dass der damalige Wirtschaftsminister auch nichts auf die Reihe bekommen hat, ist es erst einmal ein Erfolg, dass eine so junge Landesregierung es ge

(Angelika Beer)

schafft hat, tatsächlich erst einmal ins Gespräch zu kommen. Minister Meyer hat mehrere Gespräche mit seinem Pendant aus Hamburg, mit Herrn Horch, geführt.

(Christopher Vogt [FDP]: Das ist schon ein Erfolg?)

Wir haben es geschafft - das haben Sie nicht geschafft -, aus der Wirtschaft mit Herrn Wachholtz einen Mediator an die Seite gestellt zu bekommen, der auch versucht hat, alles möglich zu machen. Das heißt, die Gespräche sind in der Vergangenheit in Gang gewesen. Das ist ein Erfolg an sich, dass man angefangen hat, seit 2002 jetzt im Jahr 2012 nach zehn Jahren -, überhaupt erst einmal Gespräche aufzunehmen. Ich glaube, das ist der richtige Weg, deswegen bestärke ich auch die SchleswigHolsteinische Landesregierung darin, diesen Verhandlungsweg weiter zu gehen.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was brauchen wir für die Zukunft? Wir brauchen erst einmal eine Regelung, dass es 2014 nicht zu einer Konkurrenzsituation kommt. Das wäre wirklich eine Katastrophe, vielleicht nicht so sehr für uns selbstbewusste Nordfriesen, sondern eher für die Hamburger. Aber ich finde, auch das gehört zur guten Nachbarschaft dazu, dass wir solche Katastrophen verhindern.

Das Zweite ist, dass wir auch eine gemeinsame Lösung für 2016 und die Folgejahre brauchen, denn es wird so sein, dass - das muss man ehrlich gestehen - Husum nicht alles wird abdecken können. Da sind logistische Grenzen. Das ist einfach so. Dann ist es klug, sich einen Partner zu suchen, mit dem man dann das, was man erreichen will, gemeinsam erreicht.

Deswegen muss man sich nur einmal ansehen, was wir für Inhalte haben, die eine Rolle spielen können. Der Kollege Kumbartzky hat das gerade eben schon einmal gesagt: Wir haben Offshore und Onshore, wir haben Forschung und Entwicklung, wir haben Kleinwindanlagen, die gerade sehr im Kommen sind und in Nordfriesland produziert werden, und wir versuchen, dort wieder eine Führungsrolle einzunehmen. Und wir haben auch wirklich große Industrieunternehmen, die völlig anders ausgerichtet sind als zum Beispiel mittelständische Unternehmen, die hier beispielsweise als Zulieferbetriebe tätig sind.

Das heißt, das Thema Windmesse ist ein sehr vielschichtiges Thema, wo man nicht unbedingt sagen

muss: Windkraft muss immer in Husum vertreten und das zu 100 % vollständig sein. Es kann stattdessen durchaus auch eine Lösung dabei herauskommen, die dann da heißt: Wir machen das eine, ihr macht das andere, und das machen wir am besten organisatorisch zusammen.

Meine Vision wäre, dass beide Messegesellschaften das wirklich gemeinsam organisieren. Das wäre zumindest eine tolle Sache, weil ich glaube, dass das der richtige Weg ist, sich den Kuchen vernünftig aufzuteilen, damit er für beide Seiten größer werden kann und damit andere nicht an diesen Kuchen herankommen. Das muss das eigentliche Ziel unserer Politik sein.

(Beifall SSW, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Abgeordneter Dr. Ralf Steg- ner [SPD])

Wir dürfen aber auch eines nicht vergessen - ich komme selbst aus Husum und kenne die Verhältnisse relativ genau -: Unsere Messe oder unser Messestandort hat auch eine Monostruktur. 90 % der Einnahmen stammen aus dieser Windmesse. Wenn wir hier alle so toll darüber reden, wie wichtig es ist, Husum zu unterstützen, und darüber reden, dass wir die Infrastruktur auf die Beine stellen wollen, müssen wir auch ehrlich darüber reden, dass diese Monostruktur sukzessive abgebaut werden muss.

Das heißt, Husum braucht auch andere Standbeine. Auch das ist eine Aufgabe, die zu erfüllen ist. Das ist natürlich in erster Linie eine Aufgabe der dortigen Messegesellschaft. Wir als Politik müssen dies im Hinterkopf haben, damit wir die Husumer dann unterstützen, wenn sie sich auch andere Geschäftsfelder aussuchen, um von der Monostruktur wegzukommen. Denn die Monostruktur ist im Prinzip das Einzige, aufgrund dessen Husum angreifbar ist. Ansonsten ist man vor Ort mit dem, was man mit der Windmesse geleistet hat, sehr gut aufgestellt.

Meine Damen und Herren, es wird Sie nicht wundern, dass ich sage: Wir in Nordfriesland und wir in Husum sind stark und selbstbewusst. Das kennen Sie schon. Sie wissen, dass das auch in diesem Hause so ist, wenn nordfriesische Abgeordnete reden. Da unterscheiden wir uns nicht von den Dithmarschern, lieber Kollege Kumbartzky. Insofern sollten wir keine Angst vor einer Auseinandersetzung haben, wir sollten aber auch keine Angst vor Gesprächen haben.

Wir wissen: Die Messe ist klasse gewesen, sie ist dieses Jahr hervorragend gelaufen, wir sind super

(Lars Harms)

aufgestellt, und wir können es allein. Aber wir sind auch nicht dumm und wissen, dass es, wenn wir mit anderen sprechen, verhandeln und gemeinsam ein Konzept auf die Beine stellen, uns stärker macht als je zuvor, und dass das auch klug ist. Deswegen sind wir auch gesprächsbereit. Das sollten wir weiterhin sein. In dem Sinne unterstützen wir die Landesregierung.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dass Hamburg zum wiederholten Mal ein Messestandort für Windenergie werden will, ist zumindest erst einmal ein einseitiger Beschluss gewesen. Die haben gesagt, sie seien von der Sorge getragen, dass der norddeutsche Messestandort für Windenergie gefährdet sein könnte, und man wolle das hier behalten. Wenn ich diese Sorge wirklich habe, dann trete ich doch zunächst einmal an Partner heran, bespreche das und sage: Wir haben auch ein Angebot. Das hat Hamburg alles nicht gemacht. Wenn Plakate geklebt werden, während Verhandlungen mit Schleswig-Holstein laufen, kann man bezweifeln, ob die Verhandlungen, die Hamburg geführt hat, überhaupt ergebnisoffen gedacht waren.

(Vereinzelter Beifall FDP und Beifall Abge- ordneter Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Das Ergebnis, das von den Unterhändlern erzielt wurde, das ich ganz vernünftig fand, ist von höchster Stelle auf Hamburger Seite wieder eingesammelt worden. Es laufen dort Agenten herum, die den Ausstellern Stornogebühren versprechen.

Wenn ich in der Presse schreibe, das sei Basta-Politik, finde ich, dass das in der Sache zutrifft.

(Christopher Vogt [FDP]: Der Ton war rau, aber der Inhalt war richtig!)

Ich nehme das Wort „Pfeffersäcke“ zurück. Man geht ja höflich miteinander um.

(Zurufe)

Dass das eine Basta-Politik ersten Ranges und nicht besonders nett von Hamburg ist, ist objektiv

festzustellen. Es kommt darauf an, was man daraus schlussfolgert. Darauf komme ich noch.

Horch will als zuständiger Senator jetzt wieder verhandeln. Ich frage mich, warum so plötzlich. Es mag vielleicht motivationsgebend sein, dass die Husumer Messe so außerordentlich erfolgreich war.

(Christopher Vogt [FDP]: Kann sein!)