Protokoll der Sitzung vom 10.10.2014

(Eka von Kalben)

Gerade in der Flüchtlingspolitik beobachte ich in Schleswig-Holstein eine enorme Bereitschaft, sich zu engagieren. Das ist aus zweierlei Gründen sehr gut. Erstens erleichtert es die Integration der Menschen, wenn sie mit ihrem Nachbarn zusammenkommen. Zweitens könnten wir - ehrlicherweise die Aufgaben, die sich uns stellen, allein mit hauptamtlichen Kräften nicht erfüllen, weil diese schlichtweg gar nicht zur Verfügung stehen.

Insbesondere an dieser Stelle sieht man, dass es zwei Probleme gibt. Erstens kann Ehrenamt auch zur Überforderung führen, weil zum Beispiel nicht jeder Ehrenamtliche mit traumatisierten Personen umgehen kann. Es ist auch nicht jeder Flüchtling immer dankbar für die Hilfe, die ihm angeboten wird. Das kann leicht zu Frust führen, und zwar auf beiden Seiten.

Zweitens kann mit ehrenamtlichem Engagement auch nicht immer der Grad an Verlässlichkeit erreicht werden, der dringend notwendig ist. Jugendliche entscheiden sich zum Beispiel dazu, Nachhilfeunterricht zu geben. Irgendwann geht dann aber der Abiturstress los, und zur Studienaufnahme wechselt man den Wohnort. Dann entsteht häufig eine Lücke, die nicht einfach so wieder geschlossen wird.

Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir ehrenamtliches Engagement mit professionellen Kräften unterstützen. Es muss Menschen geben, die vernetzen und die Ehrenamtliche unterstützen.

Dabei entsteht natürlich eine Konkurrenzsituation. Manchmal gibt es den einen oder anderen Profi, der sagt: Oh Mann, warum müssen wir jetzt die Laien auf die Menschen loslassen? - Das ist zum Beispiel häufig im Bereich der offenen Ganztagsschule der Fall. Fakt ist aber, dass manche Dinge ohne Amateure gar nicht stattfinden können.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Meine Damen und Herren, die Ehrenamtskarte ist ein Dankeschön, nicht mehr und nicht weniger. Ich freue mich über die Anregungen, die zum Teil auch aus der Praxis kamen.

Liebe Opposition, dabei mussten wir uns aber nicht von Ihnen treiben lassen durch Ihre Kleinen Anfragen. Es ist eine schwierige Entscheidung, sich aus dem gemeinsamen Kanon der Länder zu verabschieden und zu sagen, dass man einen Schritt weitergeht. Das gilt auch für die Frage, ob wir die Anforderungen senken. Das haben wir uns in Ruhe überlegt. Es war aber nicht notwendig, dass Sie uns

treiben. Frau Raudies hat schon darauf hingewiesen. Das ist eine gemeinsame Koalitionsinitiative. Wir sind froh, dass wir das gemeinsam mit Regierung und Fraktion - danke, Frau Alheit - so umsetzen konnten.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Vielen Dank. - Für die Fraktion der FDP hat die Frau Kollegin Anita Klahn das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, vielen Dank für den Bericht.

Meine Damen und Herren, im Verborgenen wertvolle Arbeit zu leisten und dabei nicht im Rampenlicht zu stehen, das zeichnet viele Ehrenamtler aus. Wie wichtig ehrenamtliches Engagement für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft ist, wurde von meinen Kollegen bereits an verschiedenen Beispielen deutlich hervorgehoben. Ich kann mich dem anschließen.

Meine Damen und Herren, Verantwortung für andere zu übernehmen, seine Freizeit für andere zur Verfügung zu stellen und manchmal auch seine eigene Gesundheit, ja sogar sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen, ist keine Selbstverständlichkeit und auch nie eine gewesen. Dabei denke ich nicht nur an die Freiwillige Feuerwehr, sondern auch an die Menschen, die in jedem Sommer an unseren Stränden für Sicherheit sorgen, an diejenigen, die in den Hochwassergebieten oder bei schweren Unfällen vor Ort sind, und an diejenigen, die im Hospiz, beim Kinderschutzbund, bei den Tafeln, in den Sportvereinen, in der Migrationsberatung und so weiter tätig sind.

Sie alle fragen nicht nach einer Gegenleistung. Es ist ihnen selbstverständlich, ihr Können, ihre Zeit und ihre Empathie denjenigen zukommen zu lassen, die diese Zuwendung brauchen. Mit diesem Gemeinsinn schaffen diese Menschen einen der wichtigen Grundpfeiler unserer Gesellschaft und unseres Zusammenlebens. Dafür zollen wir ihnen Respekt und Dank. Diesen Dank möchte ich an dieser Stelle im Namen der FDP-Landtagsfraktion an die vielen Menschen in unserem Land aussprechen, die sich ehrenamtlich engagieren.

(Beifall FDP, vereinzelt SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

(Eka von Kalben)

Meine Damen und Herren, es ist durchaus liberale Meinung, dass der Staat nicht für alles sorgen muss. Er kann und sollte aber die Rahmenbedingungen schaffen, dass die bürgerliche Gesellschaft ihre Verantwortung übernehmen kann. Dazu gehört zum einen ein rechtlicher Rahmen, wenn Vereine, Verbände und Institutionen mit besonders Schutzbedürftigen umgehen und ehrenamtliche Hilfe nutzen wollen.

Aus sicher nachvollziehbaren Gründen und aufgrund von Vorkommnissen werden sich Menschen, die in der Kinder- und Jugendarbeit tätig sind, einer besonderen Kontrolle unterwerfen müssen. Andererseits dürfen überbordende Auflagen aber auch keine Abschreckung darstellen.

Ich finde es richtig, wenn der Staat Anreize setzt, sich ehrenamtlich zu betätigen. Ehrenamtskarten sind ein kleines Dankeschön. Es ist erfreulich, dass die Zahl der teilnehmenden Bonuspartner stetig wächst. Ich gehe davon aus, dass die heutige Diskussion und die anschließend hoffentlich positive Berichterstattung dazu beitragen, dass sich die Zahl der Partner deutlich erhöhen wird. Dem Bericht ist zu entnehmen, dass die Zahl der Bonuspartner lediglich in zwei Städten, nämlich in Kiel und Lübeck, zweistellig ist. In allen anderen Städten gibt es entweder gar keinen oder nur einen oder zwei Bonuspartner. Insofern ist es richtig, hierüber zu debattieren.

Allerdings bietet die Ehrenamtskarte so geringe geldwerte Vorteile, dass sie sicher nicht der alleinige Anreiz ist, sich ehrenamtlich zu engagieren. Dazu gehört eine innere Lebenseinstellung. Sie könnte aber ein Anreiz sein, in ein bürgerschaftliches Engagement hineinzuwachsen.

Gerade Jugendliche, aber auch viele Ältere verfügen oftmals nicht über ein so großes Einkommen, als dass ihnen zum Beispiel ein preisreduzierter Theater- oder Schwimmbadbesuch nicht gelegen käme. Außerdem haben an dieser Stelle die Bonuspartner die Möglichkeit, sich gesellschaftlich zu engagieren in dem Rahmen, der ihnen möglich ist. Ich denke: geben und nehmen.

Es ist daher richtig, dass der Gesetzgeber den Rahmen für die ehrenamtliche Arbeit verbessert; wie hier auf Landesebene durch die Erleichterung der Zugangsvoraussetzungen für die Ehrenamtskarte oder auf Bundesebene durch das Anfang 2013 erlassene Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts, das bürokratische Hemmnisse abbaut und die steuerfreien Ehrenamts- und Übungsleiterpauschalen angehoben hat, oder durch die von uns angestoßene Bereitstel

lung von Mitteln für die Nachwuchsgewinnung bei der Feuerwehr.

Schon Albert Schweitzer sagte: Das wenige, das du tun kannst, ist viel. Ohne ehrenamtliches Engagement und dessen Leistungen wären eine Vielzahl von Aktivitäten und gemeinnützige Arbeit heute nicht mehr darstellbar. Der von ehrenamtlich arbeitenden Personen erbrachte Wert für die Gesellschaft ist unbezahlbar. Aber auch für die Menschen, die ehrenamtlich tätig sind, zahlt sich das Engagement aus. Jugendliche profitieren von den Erfahrungen, die ihnen ein soziales Engagement abverlangt, im späteren Berufsleben. Immer mehr Arbeitgeber verlangen von ihren Führungskräften diese sogenannten Soft Skills. Ich begrüße dies durchaus.

Aber auch für ältere Menschen, die aus dem Berufsleben ausgeschieden sind, erhöht sich die Lebensqualität. Ihr Alltag ist durch sinnvolles Handeln ausgefüllt. Man trifft andere Menschen und ist in die Gesellschaft eingebunden. So hilft das ehrenamtliche Engagement allen daran Beteiligten. Wir haben deshalb allen Grund, dies zu unterstützen und damit auch die Ehrenamtskarte. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank. Für die Piratenfraktion hat Herr Abgeordneter Wolfgang Dudda das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich der Kollegin von Kalben für ihre eindrucksvolle Rede und dafür, dass sie sich zehn Minuten Zeit dafür genommen hat, das wichtige Ehrenamt in dieser Form zu ehren und Dank auszusprechen, danken. Dem Dank schließen wir uns als Fraktion ausdrücklich an.

(Beifall PIRATEN, SPD und SSW)

Wenn ich schon beim Dank bin; Frau Ministerin, auch ich danke Ihnen für den Bericht. Er beschreibt die Situation der Ehrenamtskarte ziemlich genau. Er zeigt auch die Grenzen auf. Die Karte allein kann keine Ehrenamtler generieren. Würde man sie so umfangreich gestalten und ausstatten, dass sie es doch könnte, so wäre das Ehrenamt an sich in Gefahr. Das Ehrenamt muss um seiner Nachhaltigkeit willen idealistisch geprägt sein. Es darf sich daher einer Kosten-Nutzen-Analyse desjenigen, der das Ehrenamt ausübt, nicht aussetzen.

(Anita Klahn)

(Beifall Beate Raudies [SPD] und vereinzelt PIRATEN)

Vor diesem Hintergrund verbietet es sich meiner Meinung nach auch, die Ehrenamtskarte finanziell so auszustatten, dass dadurch massiv Ehrenamtler gewonnen werden. Die so gewonnenen Menschen würden nämlich eine Jobmentalität in das Ehrenamt einbringen, die wir sicherlich nicht gebrauchen können. Es wurde schon gesagt, wir brauchen Idealisten, die sich aus gefühlter Verantwortung heraus engagieren. Genau die sollen belohnt und anerkannt werden. Dafür ist die Ehrenamtskarte das absolut richtige Mittel.

(Beifall PIRATEN und Beate Raudies [SPD])

Vor dem Hintergrund, dass sich die Menschen leider zunehmend ins Private zurückziehen und nicht einmal mehr zu Wahlen gehen, um sich in ihre eigenen Angelegenheit einzumischen, ist es aktuell besonders schwierig, Menschen zur Übernahme von Aufgaben auf Basis eines Ehrenamts zu bewegen. Was an dieser Stelle durch offizielle Empfänge, Veranstaltungen et cetera geleistet werden kann, findet in diesem Land in einem ausreichenden Maße statt. Hier gibt es keinen Nachholbedarf. Den Nachholbedarf haben wir dort, wo wir selbst direkt wirken können; in unseren Parteien, in den Organisationen, in denen wir außerdem tätig sind, in unserem direkten Umfeld. Frau Ministerin, insofern haben Sie völlig recht: Der beste Bonuspartner des Ehrenamts sind wir.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Die Art und Weise, wie wir es mit den Vereinen, den Verbänden und beispielsweise den Feuerwehren halten, ist die zentrale Botschaft für die Anerkennung des Ehrenamts bei uns. Mit anderen Worten: So, wie wir das Dach des Ehrenamtlers behandeln, regnet es bei ihm herein und bestimmt, wie lange, ob und wie intensiv er sich engagieren wird.

Woher soll die Motivation zum Helfen und zum Unterstützen kommen, wenn die Leute sehen, dass bereits Hauptamtler im Grunde genommen ausgebeutet werden? In den Beratungsstellen oder in den Frauenhäusern hierzulande ist dies leider eher der Regelfall als die Ausnahme, das wissen wir. Die klammen öffentlichen Haushalte tragen der Kostenentwicklung bei Löhnen und Mieten, Energiekosten und anderen Dingen bei Weitem nicht ausreichend Rechnung. Wir alle kennen genug Beispiele von Menschen, die der Sache wegen beinahe ganztägig tätig sind, obwohl sie nur halbtags bezahlt werden.

Das sind übrigens Leute, denen wir mindestens genauso viel Dank schulden.

Wenn wir hier nicht nachsteuern, nimmt uns niemand ab, dass wir die Ehrenamtler wirklich wollen, weil sie gut für unser Miteinander sind. Das ist aber wichtig. Im Gegenteil, man wird uns die Anerkennung des Ehrenamts nur als kostenlosen warmen Händedruck abkaufen, der die öffentlichen Kassen entlasten soll, weil der Staat sich zurückzieht und sich durch Ehrenamtler ersetzen lassen will. Diesen Eindruck dürfen wir nicht zulassen. Sonntagsreden sind eben nicht das, was vornehmlich gebraucht wird, wenn wir es ernst meinen mit der Anerkennung des Ehrenamts. Den Rückzug in das Private können wir also nur verhindern, wenn sichtbar wird, dass sich das öffentliche Engagement im Ehrenamt lohnt. Der Lohn ist die persönliche Befriedigung, eine Gesellschaft, die sich aus sich selbst heraus um sich kümmert, und gern auch eine Ehrenamtskarte. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD)

Für die Kolleginnen und Kollegen des SSW erteile ich Herrn Abgeordneten Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im letzten Altenparlament am 26. September wurde intensiv über einen Antrag diskutiert, der letztlich auch beschlossen wurde. Er beruhte auf einer guten Idee, und zwar, dass die Ehrenamtskarte erweitert werden soll. Zukünftig soll die Ehrenamtskarte in Museen des Landes einen ermäßigten Eintritt gewähren. Die Idee kommt nicht von ungefähr, schließlich repräsentiert das Altenparlament die Mehrheit der Ehrenamtskarten-Besitzer. In dem Bericht ist es nachzulesen: 51 % der Ehrenamtskarten werden an Personen ausgegeben, die zum Zeitpunkt der Antragstellung mindestens 60 Jahre alt waren. Die Senioren in Schleswig-Holstein sind also die Hauptnutzer der Ehrenamtskarte. Diese Nutzer haben nun einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, den wir ernst nehmen sollten.

Die Landesregierung würde mit der Anerkennung der Ehrenamtskarte in allen Landesmuseen mit gutem Beispiel vorangehen. So würde nicht nur die Zahl der Vergünstigungen mit einem Schlag erheb

(Wolfgang Dudda)

lich erhöht, sondern dem Ehrenamt würde ein unübersehbares Signal der Wertschätzung übermittelt. Darüber hinaus würde die Ehrenamtskarte für alle Ehrenamtler attraktiver gemacht.

Das Altenparlament verweist auf die Erfahrungen, die mit der bayrischen Ehrenamtskarte gemacht wurden. Dort kann man in ungefähr 100 Museen einen Rabatt erhalten. Allerdings ist die Karte in Bayern von vornherein ein Vorhaben der Landkreise und der Staatsregierung. Die Erfahrungen sind also nicht direkt übertragbar, weil Schleswig-Holstein hier einen anderen Weg geht.

Allerdings ist völlig richtig, dass der Ehrenamtskarte ein ordentlicher Paukenschlag gut zupasskäme. Genau das wären die vom Altenparlament vorgeschlagenen Ticketrabatte der Landesmuseen. Damit steigen die Chancen, die Ehrenamtskarte auf ein breiteres Fundament zu stellen. Pressemitteilungen und Präsenzen auf Ehrenamtsmessen sind sicherlich probate Mittel, doch die große Masse an Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtlern muss man auf eine andere Weise erreichen. Neue Bonuspartner findet man nur bei steigender Bekanntheit der Karte, zum Beispiel durch bereits bestehende Partnerschaften in der näheren Umgebung. Dem Land kommt hier eine Vorreiterrolle zu.

Der Bericht zeigt noch große weiße Flecken auf der Karte der Bonuspartner: Drei Landkreise haben überhaupt noch keine Bonuspartner, nämlich Pinneberg, Plön und Herzogtum Lauenburg. Hier, wie übrigens landesweit, müssen also noch dicke Bretter gebohrt werden. Auch die großen Städte stehen bis auf Kiel und Lübeck noch ziemlich unterversorgt da.