Protokoll der Sitzung vom 13.11.2014

2005 wollten Sie den KFA auf seine eigentliche Aufgabe konzentrieren. Bravo! 2009 wollten Sie ihn immerhin sorgsam abgewogen überarbeiten. 2012 wollten Sie ihn noch einer grundlegenden Prüfung unterziehen. Für 2017 fällt Ihnen wohl keine untapferere Formulierung mehr ein. Deshalb: Bitte, bitte, liebe Koalition, mach das einmal vorher, am liebsten im Wahlkampf.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wahlkampfzeiten sind ja auch total berühmt dafür, dass schwierige Verteilungsreformen ganz sachlich diskutiert werden, vermutlich in der gleichen sachlichen Tonlage, wie wir sie vorher gehört haben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt FDP)

Sie können mir auch gern sachliche Zwischenfragen stellen, Herr Dr. Garg.

Frau Nicolaisen hat sich immerhin redlich bemüht, alle sonstigen Ideen, die so im Raum standen, zu überprüfen. Das erkenne ich an. Schade nur, dass die Kollegen von den PIRATEN offenbar die An

(Dr. Kai Dolgner)

fragen von Frau Nicolaisen nicht gelesen haben; denn Frau Nicolaisen war so klug, das Ergebnis nicht in den Änderungsantrag aufzunehmen. Sonst hätten Sie sich nämlich den unausgegorenen Vorschlag mit den höheren Nivellierungssätzen für kreisfreie Städte gespart. Nicht nur, dass es in einer Zwei-Ebenen-Systematik, bei der kreisfreie Städte gar keine extra Schlüsselzuweisungen bekommen, völlig unsystematisch ist, nein, die Unterscheidung ist auch völlig willkürlich. Oder warum wollen Sie bei gleicher Größe in Neumünster mehr Steuereinnahmen für die Gemeindeaufgaben anrechnen als in Norderstedt? Das können Sie gleich noch einmal erläutern.

(Zurufe)

- Ich merke schon, auch andere haben das ZweiEbenen-Modell nicht verstanden. Fragen Sie nach. Ich erkläre es Ihnen.

(Heiterkeit und Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ihr Vorschlag, liebe Kollegen von den PIRATEN, würde übrigens die kreisfreien Städte nicht entlasten, sondern mit 20 Millionen € belasten. Ich weiß nicht, durch welche kreisfreien Städte Sie normalerweise gehen. Sie haben eine interessante Wahrnehmung der finanziellen Leistungsfähigkeit der kreisfreien Städte.

Kommen wir noch zu dem wohlfeilen Vorwurf, die Reform schwäche den ländlichen Raum. Dabei werden immer die Reformergebnisse der Kreise oder kreisfreien Städte verglichen. Das ist auch völlig unsystematisch; denn bei den kreisfreien Städten ist die Gemeindeebene mit dabei. Das heißt also, Sie müssen die Gemeinden bei dem Reformergebnis mit dazu zählen, wenn Sie es mit den kreisfreien Städten vergleichen.

Wer ist eigentlich der zweigrößte Nettogewinner nach Kiel? Quizfrage. - Dithmarschen! Ja, Herr Kollege Kumbartzky.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die berühmte „kreisfreie Stadt Dithmarschen“ erhält 9 Millionen € mehr, wenn man beide Ebenen zusammenzählt. Für Ihre eigene Partei ist Dithmarschen aber wohl nicht der ländliche Raum.

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Stadt!)

Wir schwächen also den ländlichen Raum, indem wir Dithmarschen 9 Millionen € geben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Hören Sie weiter zu. Nun ist das Gesamtreformergebnis für den kreisangehörigen Raum minus 23 Millionen €. Darin liegt wohl der gesuchte Skandal. Dabei übersehen Sie natürlich großzügig, dass wir 25 Millionen € für Infrastruktur und Schulsozialarbeit zur Verfügung stellen, von denen der Löwenanteil, nämlich 19 Millionen €, in den kreisangehörigen Raum geht.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Wahrscheinlich auch nach Dithmarschen!)

- Auch nach Dithmarschen; dahin ganz besonders!

(Heiterkeit)

Davon geht jede Leistung an die Bürgerinnen und Bürger. Dann hat man nur noch ein Minus von 4 Millionen € für den kreisangehörigen Raum bei einer Gesamtsumme von 800 Millionen €. Das wird von Ihnen gleichgesetzt mit apokalyptischen Reitern der Küstenkoalition, die überall die Landwirte inklusive der restlichen Dörfer plattmachen. Das ist absurd.

(Heiterkeit und Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das ist übrigens ein Weniger vom Mehr. Der Skandal ist also, dass der kreisangehörige Raum nicht 20 Millionen €, sondern 24 Millionen € mehr bekommt. Bevor der Kollege Koch nachrechnet - er ist gar nicht da -, will ich darauf hinweisen: Da ist die November-Steuerschätzung schon einbezogen.

(Heiterkeit und Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Landesplanerisch gesehen ist das übrigens eh Unfug, liebe Kolleginnen und Kollegen; denn der ländliche Raum ist nicht der kreisangehörige Raum. Da staunen Sie. Ich habe Ihnen deshalb eine Karte mitgebracht.

(Der Redner hält eine Landkarte hoch)

Es wird immer behauptet, dass das, was nicht lila ist, der ländliche Raum sei. Das ist aber Quatsch. Nach dem Landesentwicklungsplan ist das Lilane hier nicht der ländliche Raum. Das gilt beispielsweise für Stormarn und Segeberg. Vielmehr ist das Gelbe der ländliche Raum inklusive der Reformgewinner Neumünster und Flensburg. Ich weiß, das dürfte einige Neumünsteraner auch überraschen.

Frau Klahn, das ist übrigens kein böser Sozialismus, sondern das ist Ihr Landesentwicklungsplan von 2010. Diesen haben Sie zu verantworten.

(Dr. Kai Dolgner)

(Lebhafter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Ganze mit dem ländlichen Raum ist eine Legende. Wenn Sie die tatsächlichen Reformergebnisse des ländlichen Raums zugrunde legen, dann sind sie im Plus.

Apropos Kreisumlage. Das waren ja Ihre beiden Kritikpunkte, liebe FDP. Das Argument der Schwächung des ländlichen Raums ist ausgeräumt. Auch Herr Kumbartzky kann das bestätigen.

Wir haben die Kreisumlageerhöhung übrigens nicht erschwert. Wir haben das nicht hineingenommen, sondern wir haben es herausgestrichen. Es wäre schön gewesen, wenn das in Ihrer Pressemitteilung lobend erwähnt worden wäre, als der Änderungsantrag gestellt worden ist.

(Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP])

- Das ist super. Dann können Sie ja zustimmen. Das gilt zumindest für den Kollegen Kumbartzky.

Wir haben übrigens ganz viele Änderungen übernommen. Reiche Gemeinden nicht zu entlasten, war doch Ihr Vorschlag. Das kann ich jetzt leider nicht mehr zitieren, lieber Kollege Koch, aber Sie können mich das ja fragen. Den Vorschlag haben wir angenommen.

Herr Kollege, Sie haben zu Recht erkannt, dass Sie nicht mehr so viele Zitate anbringen können, jedenfalls haben Sie die Redezeit nicht mehr dafür. Deshalb bitte ich Sie, zum Ende Ihrer Rede zu kommen.

Ich komme dann zum Schluss.

Herr Kollege Eichstädt, so, wie ich Herrn Dr. Dolgner verstehe, haben Sie die Gelegenheit zu einer Zwischenbemerkung.

Herr Kollege Dolgner, könnten Sie noch einmal erläutern, wie das mit der Kreisumlage nun funktionieren soll?

(Zuruf CDU: Das ist unzulässig!)

Danke für die Frage. Mit der Kreisumlage funktioniert das wie immer. Das war an dieser Stelle die falsche Frage.

(Heiterkeit)

Herr Kollege, damit sehe ich diese Frage als ausführlich beantwortet an und bitte Sie, zum Ende Ihrer Rede zu kommen.

Ich komme zum Schluss.

Für die CDU ist das eh alles Flickschusterei. Sie machen sich über 0,4 Prozentpunkte lustig, vergessen dabei aber, dass es sich um Basispunkte handelt. Das sind 1,25 Milliarden €. Das heißt, das ist eine Verschiebung von lediglich 5 Millionen € gewesen. Das ist für Sie alles Flickschusterei. Sie sollten die nächsten Jahre dafür nutzen, sich intensiv damit zu beschäftigen. Wir werden das hier und heute beschließen. Für jede SPD-Gegenstimme gibt es übrigens auch eine CDU-Prostimme.

Noch ein abschließendes Wort meines verehrten Finanzausschussvorsitzenden aus dem Mittelzentrum: Meine Kieler Gummistiefel-Fraktion halte noch immer den ländlichen Raum für den Nabel der Welt und die strukturell bedingten finanziellen Probleme der Zentren für eigenverschuldet. Das ist die Analyse.

Dem kann ich nicht zustimmen. Das ist nicht unsere Analyse. Deshalb werden wir den vorliegenden Gesetzentwurf heute verabschieden. Ich beantrage für die SPD-Fraktion eine namentliche Abstimmung. Ich danke Ihnen.