Protokoll der Sitzung vom 13.11.2014

Dem kann ich nicht zustimmen. Das ist nicht unsere Analyse. Deshalb werden wir den vorliegenden Gesetzentwurf heute verabschieden. Ich beantrage für die SPD-Fraktion eine namentliche Abstimmung. Ich danke Ihnen.

(Anhaltender Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Ich freue mich über die muntere Stimmung hier im Plenarsaal. Dennoch möchte ich die Sitzung jetzt fortsetzen und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Kollegin Ines Strehlau das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt haben Sie einen kleinen Einblick gewonnen,

(Dr. Kai Dolgner)

wie es bei uns in den gemeinsamen Arbeitskreisen zuging, als wir über das FAG debattierten.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Manchmal hat Herr Dolgner mit seinen Nachfragen auch das Innenministerium zur Verzweiflung gebracht. Diesen Eindruck habe ich zumindest. Er hat uns aber sehr gut zugearbeitet. Vielen Dank dafür, Kai.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden heute das neue Finanzausgleichsgesetz beschließen. Zur Regierungsvorlage, die wir im Februar im Plenum beraten haben, gibt es einige wichtige Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen, die das Gesetz noch besser machen.

Das neue Finanzausgleichsgesetz passt die Mittelverteilung den neuen Anforderungen an. Die strukturellen Rahmenbedingungen haben sich seit den 70er-Jahren verändert. Darauf geben wir mit dem neuen FAG eine gute Antwort.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wir Grüne sind davon überzeugt, dass wir heute einen gut durchdachten und verfassungsfesten Gesetzentwurf verabschieden. Das Geld folgt den Aufgaben, weil die Ausgaben aufgrund von Aufgaben geleistet werden. Zudem wird das Geld gerechter verteilt.

Das Innenministerium ist im Gesetzgebungsverfahren mit seinem transparenten, umfassenden und vorbildlichen fast zweijährigen Beteiligungsprozess den richtigen Weg gegangen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Sowohl das Innenministerium als auch wir Parlamentarier haben uns vor Ort jeder Diskussion gestellt. Sinnvolle Änderungen und aktualisierte Zahlen wurden vom Ministerium im laufenden Prozess eingearbeitet und zeitnah veröffentlicht. Auch von dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Dank dafür an das Innenministerium.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Der Maßstab des Finanzausgleichsgesetzes müssen die Objektivität und eine nachvollziehbare Systematik sein, aber nicht, wie viel im eigenen Kreis oder in der eigenen Gemeinde ankommt. Gerade

deshalb war es genau richtig, zuerst mit den Beteiligten ausführlich über die Systematik des neuen FAG zu sprechen und erst danach über die finanziellen Auswirkungen für jede einzelne Kommune.

So sage ich denen, die den Gesetzentwurf am liebsten in die Mülltonne werfen und noch einmal neu starten würden: Mit einer neuen FAG-Struktur werden nie alle einverstanden sein, weil es im Wesen einer Reform liegt, dass es Verschiebungen geben muss, weil sich die Kommunen weiterentwickeln und verändern.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ein gerechterer Finanzausgleich verteilt das Geld dorthin, wo es zur Erfüllung der kommunalen Aufgaben gebraucht wird. Starke finanzielle Schultern benötigen weniger Unterstützung, schwache mehr. Gerade dafür schaffen wir mit dem neuen FAG eine gute Basis.

Es nützt nichts, liebe CDU und liebe PIRATEN, einen Antrag einzubringen, der mehr Schein als Sein ist, der 36 Millionen € mehr ins System pumpen soll, die es in Wirklichkeit aber gar nicht gibt,

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

weil sie von CDU und FDP dem Stabilitätsrat als Konsolidierungsbeitrag zur Schuldenbremse gemeldet wurden. Zudem ist dies ein Antrag, der keine Vorschläge enthält, wie die Systematik an die realen Bedarfe angepasst werden soll. Mit Ihren Anträgen machen Sie sich einen ziemlich schlanken Fuß.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ein wesentlicher Bestandteil, um Gerechtigkeit zwischen den Kommunen zu erreichen, ist der neu eingeführte Soziallastenausgleich. Damit können wir nachholen, was bisher versäumt wurde. Das Geld fließt endlich dorthin, wo es am meisten gebraucht wird. In Schleswig-Holstein sind das insbesondere die kreisfreien Städte, deren hohe soziale Lasten bisher nicht adäquat ausgeglichen wurden.

An dieser Stelle noch ein paar Worte zur Höhe der Hebesätze. Die Kommunen sind gefordert, ihre eigenen Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen. Die Hebesätze der kreisfreien Städte sind nicht so hoch, weil sie Standortvorteile für Gewerbeansiedlungen haben, sondern weil sie mehr Geld brauchen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Ginge es nur um einen attraktiven Standort, dann könnten einige Gemeinden in guter Lage, beispielsweise im Hamburger

(Ines Strehlau)

Rand, noch ganz schön nachlegen, wenn es um Hebesätze geht.

Wir wollen keinen Dumpingwettbewerb zwischen den Kommunen, sondern eine interkommunale Solidarität.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Aus ähnlichen Überlegungen heraus haben wir die erhöhten Darlegungspflichten für eine Kreisumlageerhöhung wieder gestrichen. Wir können die Hürden für eine Erhöhung nicht so hoch legen, dass sie faktisch ausgeschlossen wird. Das würde stark in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen und wäre deshalb nicht richtig, vielleicht sogar verfassungswidrig.

Wenn ein Kreis mit einer niedrigen Kreisumlage seine Aufgaben nicht mehr wahrnehmen kann, muss die Anhebung eine Option bleiben. Wenn ein Kreis entscheidet, seine Kreisumlage ohne Not zu erhöhen, nur um die Effekte des neuen FAG rückgängig zu machen, muss das deutlich werden. Deshalb ist eine Anhörung der kreisangehörigen Gemeinden weiterhin Pflicht.

Durch die Debatte um das FAG sind bei diesem Thema sowohl Kreise als auch Gemeinden besonders sensibilisiert. Ich bin sicher, dass beide verantwortungsvoll mit der Erhöhung der Kreisumlage umgehen werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wahrscheinlich sind vorerst aber gar keine Kreisumlageerhöhungen notwendig, weil die gute konjunkturelle Lage im kommenden Jahr ohnehin deutlich mehr Geld in die kommunalen Kassen spülen wird. 2015 werden es gut 1,5 Milliarden € aus dem FAG sein, auch nach der neuen Steuerschätzung von vorgestern. 2011 war es rund 1 Milliarde €. Gegenüber 2011 sind etwa 500 Millionen € mehr im Topf. Da kann man wirklich nicht sagen, dass wir die Kommunen im Stich ließen, im Gegenteil stärken wir die Kommunen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Zuruf CDU: Das sind doch nicht eure Verdienste!)

Wir statten zusätzlich die Gesamtmasse des FAG dauerhaft um 25 Millionen € für Schulsozialarbeit und Infrastruktur aus. Diese Mittel kommen vorwiegend bei den Kreisen an. Damit nehmen wir ausdrücklich die Kritik der Kreise auf. Diese zusätzlichen Mittel machen sich auch in einer Re

formbilanz bemerkbar. Im Ergebnis werden sehr viele Kommunen 2015 mehr Mittel vom Land bekommen als 2014.

Mit unserem Änderungsantrag nehmen wir weitere Anregungen aus den Anhörungen und vielen Gesprächen auf.

Erstens. Die ländlichen Zentralorte bekommen mehr Zentralitätszuweisungen. In der Berechnung wurden ihre Ausgaben für übergemeindliche Aufgaben zunächst nur mit entsprechenden Ausgaben aller Gemeinden verglichen, auch mit denen mit hoher Steuerkraft. In diesem Vergleich sind die Ausgaben relativ gering. Setzt man sie aber ins Verhältnis zu den Ausgaben ihrer Umlandgemeinden, wird deutlich, dass sie durchaus wesentliche zentralörtliche Funktionen erfüllen.

Zweitens. Die Mindestgarantie für steuerschwache Gemeinden wird mehr Gemeinden entlasten, damit arme Kommunen nicht zu den Reformverlierern gehören. Wir stärken also den ländlichen Raum.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Drittens. Wir führen Progressionsstufen für abundante steuerstarke Gemeinden ein. Sehr reiche Gemeinden mit einer Steuerkraft von über 120 % zahlen einen Finanzausgleichumlagesatz von 50 %, leicht abundante Gemeinden geben nur 30 % des Überschusses ab. Wir schaffen einen solidarischen Finanzausgleich, ohne die abundanten Gemeinden zu überfordern.

Viertens. Wir ermöglichen eine flexible Verwendung der Zuweisungen für die Ganztagsbetreuung von Schulkindern, für Horte und schulische Betreuungsangebote. Wir ermöglichen damit vor allem größeren Kommunen ein Betreuungskonzept aus einem Guss.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Von Beginn des Reformprozesses an wurde gesagt, der FAG-Topf sei zu klein, die Decke also zu kurz. Wir machen jetzt die Decke größer und stocken die Landesmittel auf, erfüllen also eine Forderung der Kommunen und auch des Landkreistages.

Wenn ich nun von der Kreisebene höre, dass die zusätzlichen Landesmittel im Gesetz gar nicht als zusätzliche FAG-Mittel anerkannt würden, sondern diese quasi „FAG-fremde Mittel“ seien, die in die Bilanz nicht eingerechnet werden könnten, zeigt

(Ines Strehlau)

dies, dass man sich bewusst dem Anerkennen von Realitäten verweigert.