„In einigen Bereichen wurden oder werden zurzeit bereits Vorüberlegungen für die Umsetzung der UN-BRK im Rahmen eines Landesaktionsplanes angestellt.“
Beeindruckend! Den Auftrag für die Erstellung eines Aktionsplans erhielt die Landesregierung am 22. November 2013. Heute ist der 18. Juni 2015, und Sie stellen bereits Vorüberlegungen an. Das ist eine Leistung!
Bei allem Respekt, es ist zwar schön zu lesen, wie Sie sich interministeriell organisieren, Sie verweisen aber wieder einmal auf die Zuständigkeiten der anderen Ressorts und sehen die Aufgabe Ihres Ministeriums lediglich in der redaktionellen Abstimmung und Vereinheitlichung der Ressortpläne. Sie verlagern die Verantwortung wieder einmal auf andere und beziehen auch an dieser Stelle den Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung, Professor Dr. Ulrich Hase, ein, was wir in der Sache grundsätzlich befürworten. Ich bin ganz sicher, wenn er nicht so engagiert wäre, wäre an dieser Stelle wahrscheinlich gar nichts passiert.
Das Ernüchterndste an dem ganzen Bericht ist aber der vorgelegte Zeitplan. 2017, also in zwei Jahren,
am Ende der Legislaturperiode, soll der Aktionsplan vorgelegt werden. Folglich wird in dieser Legislaturperiode nichts mehr passieren. Für die Menschen mit Behinderung verändert sich nichts. Das ist enttäuschend - vor allem, wenn wir uns daran erinnern, welchen Anspruch die Kollegen der Küstenkoalition in der letzten Legislaturperiode an den Tag gelegt haben. Ich erinnere an Debatten, wo dem damaligen Minister Dr. Garg um die Ohren gehauen wurde, was er alles unterlassen habe. Da wünschte ich mir, dass Sie den gleichen Anspruch an Ihre heutige Ministerin legten.
Wir Freien Demokraten erwarteten von der Ministerin, dass inhaltlich zu einzelnen Maßnahmen und zum Umsetzungsstand, durchaus aus verschiedenen Ressorts, berichtet wird. Wie man doch irren kann!
Erinnern wir uns an die Rede der Ministerin vom November 2013. Als Handlungsfelder benannte sie damals den Bereich barrierefreier Tourismus, die Förderung rollstuhlgerechter Wohnungen, das Thema Migration und Behinderung. Was hat die Landesregierung in all diesen Bereichen seit dem Jahr 2013 unternommen? Der Bericht gibt dazu keine Antworten. Frau Ministerin, Sie haben auch heute keine Antworten gegeben.
Allerdings - das möchte ich lobend erwähnen - hat das Bildungsministerium in Eigenregie, mit ein bisschen Druck von außen, ein Inklusionspapier vorgelegt, welches zwar von der Fachwelt zerrissen wurde - wir finden, zu Recht -, sodass es letztendlich auch hier nichts Konkretes für die Betroffenen gibt. Aber immerhin ist dort ein Versuch gestartet worden.
Meine Damen und Herren, nach wie vor ist die Haltung der Ministerin zu der Großen Anfrage der PIRATEN wenig überzeugend. Im Bericht heißt es:
„Das Parlament ist daher auf eine regelmäßige Verlaufsberichterstattung angewiesen, wenn es mit seinem besonderen Gestaltungsanspruch einen Beitrag zu einem Wandel hin zur inklusiven Gesellschaft leisten soll beziehungsweise will.“
Ja bitte, was ist denn die Große Anfrage der PIRATEN, wenn nicht der Wunsch nach einer Verlaufsberichterstattung? An dieser Stelle hätten Sie eigentlich den Bericht, den Sie uns als Zwischenbericht zum Aktionsplan vorgelegt haben, als Antwort
- Es war ja ein Konjunktiv. - Ich vermute, Sie haben es aus dem Grunde nicht gemacht, weil dann erkannt worden wäre, dass Sie nichts dazu geleistet haben, was zur tatsächlichen Umsetzung und Erstellung eines Landesaktionsplans geführt hätte. Das konnten Sie nun natürlich auch nicht machen. Also wieder die Methode Vertuschen.
Anspruch und Wirklichkeit klaffen wieder einmal auseinander. Ich wiederhole: Die Landesregierung hat nicht zu entscheiden, zu welchem Zeitpunkt sie dem Parlament welche Informationen mitteilt. Parlamentsrechte wurden in diesem Verfahren schlichtweg missachtet. Ich ermuntere die Kollegen der Piratenfraktion deshalb dringend, ihre Pläne für eine Verfassungsbeschwerde umzusetzen.
Meine Damen und Herren, andere Bundesländer sind bei der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention wesentlich weiter. Noch einmal Dank an Frau Dr. Bohn, die das ausgeführt hat. Von 16 Bundesländern sind 12 fertig, sie haben das Werk in unterschiedlicher Länge und Breite im Internet stehen, die Hälfte davon bereits in Leichter Sprache. Nicht alles ist barrierefrei, wenn man versucht, das über das Internet aufzumachen; aber auch das wird sich noch ändern. Schleswig-Holstein war bei diesem Thema durchaus einmal führend; heute haben wir mit Verlaub - die Schlusslaterne. Denn BadenWürttemberg und Niedersachsen sind dabei, es fertigzustellen, Sachsen ist in Planung, und für Schleswig-Holstein kann man vernehmen: Es ist geplant. Das ist eine klare Aussage; schlimmer geht es nimmer.
Meine Damen und Herren, noch einmal: Ohne das Engagement des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung, Professor Dr. Hase, würde der Prozess in Schleswig-Holstein wahrscheinlich komplett stocken. Ich bin ihm dafür dankbar, und ich bitte ihn, weiter Mut und Durchhaltevermögen zu haben. Eines ist auf jeden Fall klar durch diesen Bericht: Die Menschen mit Behinderung haben die Gewissheit, dass sie in dieser Legislaturperiode von dieser Landesregierung nichts mehr zu erwarten haben. - Ganz herzlichen Dank, Herr Dr. Stegner.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Nun liegt uns ein erster Zwischenbericht über die Erarbeitung und Umsetzungsmaßnahmen des Aktionsplans für Menschen mit Behinderung vor. Wieder einmal wird hier deutlich: Inklusion ist weit mehr als nur barrierefreies Bauen oder der gemeinsame Schulbesuch von Kindern mit und ohne Behinderung. Nein, soziale Inklusion als Leitgedanke der UN-Konvention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auf allen Ebenen angegangen werden muss, nicht nur auf allen politischen, sondern auch auf allen gesellschaftlichen Ebenen.
Es geht den Politiker Flemming Meyer und den SSW genauso viel an wie den Privatmann Flemming Meyer und seine Nachbarn. Daraus folgt logischerweise auch, dass diese Aufgabe sehr langfristig angelegt ist. Wir brauchen eine umfassende Debatte darüber, was uns Menschen mit Behinderung wert sind und wie wir ihre gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sicherstellen können. Das ist ein wirklich dickes Brett; denn bei so manchem ist hier noch ein echter Bewusstseinswandel nötig.
Ich habe schon in der letzten Debatte zum Thema darauf hingewiesen, dass SSW, Grüne und SPD die gründliche Erarbeitung eines Landesaktionsplans als Querschnittsaufgabe aller Ressorts verstehen. Wie Sie wissen, wird zu diesem Zweck eine interministerielle Arbeitsgruppe unter Leitung des Sozialministeriums eingerichtet. Hier sollen neben allen Ministerien auch die Staatskanzlei und der Beauftragte für Menschen mit Behinderung teilnehmen und verbindliche Absprachen zu Handlungsfeldern und Struktur des Aktionsplans treffen. Am Ende wird daher ein Gesamtkonzept stehen, das eben nicht über das Schicksal der Betroffenen entscheidet und ihnen aufgestülpt wird, sondern das auch mit ihnen und für sie erarbeitet wurde.
Dieser umfassende interministerielle Ansatz ist mit Sicherheit nicht der einfachste. Natürlich ist zum Beispiel die Koordination der Maßnahmen deutlich schwieriger. Und so manchem mag es hier erst ein
mal nicht schnell genug gehen. Doch auch wenn andere Länder in der Folge die alleinige Zuständigkeit im Sozialressort ansiedeln, ist dieser Weg aus meiner Sicht der einzig richtige. Er ist schon allein deshalb konsequent und richtig, weil er den Gedanken der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe aufgreift und dafür sorgt, dass sich auch möglichst viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen des Landes intensiv mit dem Thema Inklusion befassen. Ich bin fest davon überzeugt, dass hierdurch viele Menschen den Grundgedanken der Inklusion verinnerlichen und dass wir so in der Umsetzung auch entscheidend vorankommen werden.
Ich habe, wie gesagt, Verständnis dafür, wenn man in dieser wichtigen Sache ein bisschen ungeduldig ist. Aber ich begrüße den hier eingeschlagenen Weg einer interministeriellen Umsetzung ausdrücklich. Und ich denke, man sollte etwas Verständnis dafür aufbringen können, dass auf diesem Weg nicht die allerschnellsten Ergebnisse geliefert werden können.
Wir kennen uns gut genug, Herr Kollege Meyer, dass wir beide voneinander wissen: Hektik ist nicht unsere Sache. Wir beide wissen aber auch, dass das am 22. November 2013 beschlossen worden ist. Die erste, auch papiermäßig erfassbare Reaktion auf ein insgesamt greifbares Handeln haben wir Anfang Januar vom Ministerium bekommen. Da frage ich mich tatsächlich: Was ist in dem einen Jahr bis zum Januar passiert? Da ist nichts geschehen. Vor dem Hintergrund ist Zeitverlust eingetreten, aber nicht deshalb, weil wir ungeduldig sind, sondern weil an anderer Stelle einfach wie man neudeutsch sagt - nicht performt wurde. Können Sie dem folgen?
Ich kann dem aus Ihrer Sicht folgen. Gestatten Sie mir aber, dass ich eine andere Sicht habe; denn ich meine nicht, dass gar nichts passiert ist.
- Ich habe ja schon einiges erwähnt. Man ist auf dem Wege. Die Art, in der das gemacht wird, ist aus meiner Sicht sehr gründlich. Hier werden Menschen einbezogen. Der Gedanke der Inklusion wird bei vielen verinnerlicht, und letztendlich werden wir irgendwann ein sehr gutes Ergebnis haben, über das wir uns dann auch beide freuen können.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenbemerkung der Frau Abgeordneten Heike Franzen?
Herr Kollege Meyer, können Sie mir vielleicht sagen, welche Menschen denn im Augenblick einbezogen werden? Wir wissen, dass der Landesbeauftragte mitarbeitet. Es ist aber auch zugesagt worden, einen Beteiligungsprozess der Betroffenen schon in der Vorbereitung einzuleiten. Können Sie mir sagen, welche Betroffenen zurzeit in die Erarbeitung des Plans einbezogen sind?
Wenn man sich in allen Ressorts damit beschäftigt, also über alle Ebenen hinweg, dann wird man dadurch alle Menschen einbeziehen.
Ich denke, wir sollten uns wirklich an den Gedanken eines Zusammenlebens in Vielfalt gewöhnen und erkennen, was dies ausmacht. An dieses übergeordnete Ziel sollten wir immer denken. Für uns kann und darf es jedoch keine halben Sachen geben. Menschen mit Behinderung müssen mit ihren
Der SSW will eine Gesellschaft, in der alle Menschen, egal ob mit oder ohne Behinderung, ganz selbstverständlich nicht nur die gleichen Rechte haben, sondern auch die gleiche Wertschätzung genießen. Dieses Ziel hat nicht nur unseren größten Einsatz, sondern vor allem auch einen langen Atem verdient. - Jo tak.