Um es klar zu sagen: Ich kenne dieses Museum. Ich habe mir das angeguckt und auch mit den Leuten gesprochen. Um es klar zu sagen: Ich bin sehr dafür - ich unterstreiche das -, dass das Schlutuper Grenzmuseum unterstützt wird. Ich bin sehr dafür, dass wir uns auch über dessen Aufgabenstellung, seine Ausstattung, seine wissenschaftliche Begleitung, seine didaktische Modernisierung und seinen
Beitrag zur historischen Bildung unterhalten. Damit bin ich bei dem, was Herr Sönnichsen in seiner Rede ausgeführt hat. Ich bin sehr dankbar für das, was Sie am Ende noch zu der Perspektive gesagt haben. Ich bin aber - das sage ich auch klar - nicht dafür, alles in einen Topf zu schmeißen und die Erkenntnisse sowohl historischer Forschung als auch politischer Debattenkultur über Bord zu werfen. Wenn der Antrag dazu dienen sollte, hat er dem Grenzmuseum Schlutup einen Bärendienst erwiesen. Wenn nicht, dann sollten wir in der Tat im Ausschuss ernsthaft darüber sprechen, wie angemessen Erinnerungskultur sowohl dem historischen Gegenstand als auch dessen Deutung gerecht wird. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde das Anliegen der Antragsteller richtig, und es ist auch notwendig, einen Erinnerungsort wie die Grenzdokumentations-Stätte Lübeck-Schlutup zu unterstützen. Wir wissen alle und ich glaube, das dürfte nicht kontrovers sein, dass es sich bei der DDR, die diese Grenze errichtet hat, um eine Diktatur gehandelt hat, die die Bürger- und Menschenrechte mit Füßen getreten hat, und dass das Jahr 1989 mit dem Fall der Mauer ein ganz wichtiges Datum in der Entwicklung von Demokratie und Freiheit nicht nur in unserem Land, sondern in Europa gewesen ist.
Ich verstehe auch nicht, Frau Fritzen, wie Sie auf den Gedanken kommen können, da wäre irgendwie eine Gleichsetzung mit dem NS-Regime beabsichtigt. Ich sehe das gar nicht. Sie haben an das Gedenkstättenkonzept der Landesregierung erinnert, das hier im ersten Halbjahr diskutiert worden ist. Ich darf Sie noch einmal daran erinnern, dass es sich um ein Konzept handelt, das auf die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Diktatur, mit Gedenkstätten, die im Zusammenhang mit der NS-Zeit stehen, ausgerichtet ist. Hier geht es um ein zweites Thema. Das ist keine Frage der Gleichsetzung. Sie können aber nicht mit dem Rückbezug auf die Notwendigkeit der Erinnerungsorte, die mit der NS-Diktatur zusammenhängen, eine Erinnerungsarbeit, die sich auf die Zeit der DDR und die
deutsche Teilung bezieht, in Abrede stellen oder für nicht erforderlich halten. Ich sehe wirklich keine Begründung für Ihre Aussage.
Herr Kollege Klug, ich bin gern bereit, das aufzuklären. Ich hatte in meiner Rede auf eine Pressemitteilung der CDUFraktion vom April 2015, so glaube ich, verwiesen, in der dieser Zusammenhang in gewisser Weise hergestellt wird. Ich habe das heute in der Rede von Herrn Sönnichsen nicht noch einmal gehört. Darüber habe ich mich sehr gefreut.
Sie sind Historiker, wie ich Historikerin bin, und wissen um die Debatten und um die Gleichsetzungen an dieser Stelle, die häufig im politischen Raum stattfinden. Dagegen habe ich mich gerade ausgesprochen. Wenn wir uns einig sind, dass wir das als zwei verschiedene - ich habe ja mehrere Daten deutscher Geschichte genannt -, notwendige Bezugspunkte in unserer Geschichte und in unserer Erinnerungskultur auffassen, dann sehe ich keinen Widerspruch zu dem, was Sie ausgeführt haben und auch keinen Widerspruch zu dem, was Herr Sönnichsen als Begründung für seinen Antrag ausgeführt hat.
- Frau Kollegin, das begrüße ich sehr. Ich sehe dann jedenfalls keinen Grund, den man haben könnte, das Anliegen der Antragsteller, also der Unionsfraktion und der Piratenfraktion, prinzipiell zurückzuweisen. Mein Vorschlag wäre, dass wir diesen Antrag in den Bildungs- und Kulturausschuss überweisen mit der Maßgabe, darüber im Kontext der Haushaltsberatungen zu befinden.
Das ist eher eine Frage, wie wir praktisch Parlamentsarbeit betreiben. Das wäre eine vom Verfahren her etwas kritische Anmerkung, die ich in meiner Rede noch machen wollte: Es ist natürlich immer schwierig, wenn man hier mit Entschließungsanträgen über die Forderung nach speziellen Haushaltstiteln befindet. Es ist auch schon von anderen gesagt worden, dass das klassischerweise in den Kontext einer Haushaltsberatung gehört. Deshalb
ist mein Plädoyer, sich im Ausschuss inhaltlich mit diesen Fragen zu beschäftigen, aber dann die Entscheidung im Zusammenhang mit den Beschlüssen über den Landeshaushalt 2016 zu treffen. Das ist der Vorschlag zur Güte, und dann kann man all die Punkte, die Sie angesprochen haben, sicher auch noch vorher rechtzeitig erörtern. Es würde mich sehr freuen, wenn Sie damit einverstanden wären.
Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, wir treten in einen kleinen Dialog ein, das ist eigentlich nicht so gedacht. Aber Sie haben auch Ihre Antwort auf meine Hinweise etwas weiter ausgeführt. Es ist ja mehrfach gesagt worden: Wir können das gern im Ausschuss weiter diskutieren. Ich bin mir nicht sicher, ob wir an dieser Stelle in zwei Monaten eine Lösung haben werden, die dann dem Punkt, den Sie identifiziert haben und dem, so glaube ich, bislang niemand widersprochen hat, tatsächlich auch gerecht wird.
Es ergibt sich dann ja - Sie haben auf die Beratungen für den Etat hingewiesen - konkret die Frage der Gegenfinanzierung, die heute noch gar nicht angesprochen wurde, und möglicherweise kommen wir dann wieder in eine Debatte. Das ist der Circulus, den ich bei meiner Rede deutlich abgegrenzt haben wollte. Aber wir werden das sehen. In der Tat glaube ich, dass das Ding eine längere Weile braucht, um wirklich rundum gut zu werden. Aber die Debatte ist eröffnet, und dafür danke ich der CDU ausgesprochen.
- Gut, also zumindest für den nächsten Schritt im Verfahren sind wir uns dann einig. Wir werden sehen, ob wir dann einen Konsens in den Ausschussberatungen zu diesem Thema finden werden. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Ich meine, die vorhin erkennbare Aufregung wäre vielleicht so in dem Umfang nicht notwendig gewesen.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschichtsbewusstsein umfasst den Zusammenhang von Vergangenheitsdeutung, Gegenwartsverständnis und Zukunftsperspektive. Da geht es um mehr als reines gegebenenfalls persönliches Interesse an Geschichte oder bloßem Wissen um historische Daten. Deshalb freue ich mich, dass die CDU unsere Formulierungen übernommen und einen Kompromiss mit uns gefunden hat, der jetzt zur Abstimmung steht.
Auf den ersten Blick, zum Beispiel durch einen Klick auf die Homepage, scheint einem die Grenzdokumentations-Stätte Lübeck-Schlutup durchaus recht christdemokratisch geprägt. Ich mache das einmal allein an den Namen besonders aktiver Menschen vor Ort fest. Das mag abschrecken, sollte aber nicht dazu führen, dass wir uns im Landtag mit der historischen Bedeutung des Ortes nicht weiter beschäftigen. Man kann es auch so sehen, dass sich die CDU hier um einen Ort kümmert, der bei politisch anders ausgerichteten Menschen nicht zwingend auf der Agenda steht.
Wir kümmern uns tatsächlich um viele historische Orte und schätzen die Tragweite des Genius loci, des Geistes des Ortes, für alle Interessierten und Lernenden sehr hoch ein. Die Kulturministerin hatte sogar einmal vor, jedem Schüler einen KZ-Besuch verbindlich zu machen - nicht als Schikane oder gar Zwang, sondern um der Leitlinie „Make Walls Talk!“ gerecht zu werden.
Zu einem solch bedeutenden Ort im Land Schleswig-Holstein gehört zweifellos die Grenzdokumentations-Stätte Lübeck-Schlutup. Sie ist Kristallisationspunkt deutsch-deutscher Geschichte und heute ein Symbol für die Kraft von Freiheit und Demokratie.
Aus dieser Sicht unterstütze ich den Antrag nicht nur für das Jahr 25 nach dem Mauerfall. Ich möchte, dass dieses Projekt, dass dieser Ort nachhaltig abgesichert wird. Die Stadt Lübeck beteiligt sich, das ist gut.
Es ist auch gut und richtig, dass das Land Schleswig-Holstein sich engagiert. Genauso frage ich aber auch, ob die Landesregierung nicht den Auftrag erhalten sollte, sich beim Bund für eine Unterstüt
zung einzusetzen. Ob für eine angemessene Förderung jährlich 10.000 € reichen, kann ich aus meiner Kenntnis heraus nicht bewerten. Der Kollege Sönnichsen mag vertieftes Wissen darüber haben. Darum wäre mir persönlich wichtig, dass uns von der Kulturministerin dargelegt wird, wie die Finanzierung zurzeit aussieht und was Stadt, Land und Bund gemeinsam dafür tun können, den Ort als Grenzdokumentationsstätte nachhaltig abzusichern.
Zunächst 10.000 € einzustellen, finde ich sehr in Ordnung, um das Signal zu senden, dass SchleswigHolstein neben vielen anderen Orten des Erinnerns, Gedenkens und Lernens auch dabei ist, wenn es darum geht, deutsch-deutsche Geschichte zu dokumentieren. Das scheint mir im Interesse von Vergangenheitsdeutung, Gegenwartsverständnis und Zukunftsperspektive wichtiger als zentrale Großveranstaltungen mit Prominenz aus Politik und Gesellschaft. - Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mitten in die Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag der Deutschen Einheit passt die Debatte um eine Dokumentationsstätte, die sich diesem Thema widmet, ausgesprochen gut. Während sich für viele Westdeutsche kaum etwas geändert hat, hat der Osten eine als historisch zu bezeichnende Veränderung erlebt, und das betrifft alle Lebensbereiche, nicht nur die Politik und die Öffentlichkeit, sondern auch Beruf und Familie.
Gesprächsangebote, wie sie das Dokumentationszentrum beabsichtigt, sind also sehr notwendig, vor allem für die Nachgeborenen, die kein eigenes Erleben der deutschen Teilung und deren Überwindung haben.
Dennoch stelle ich die Frage, ob die Diskussion um die Entwicklung und Perspektive der Grenzdokumentations-Stätte Lübeck-Schlutup nicht besser im Ausschuss aufgehoben gewesen wäre als hier im großen Plenum. Ich meine: Ja, und zwar aus zwei Gründen. Wir haben gerade einen neuen Antrag bekommen, aber ich beziehe mich trotzdem auf den Ursprungsantrag. Erstens. Der zweiteilige Antragstext muss fachlich erweitert werden. Ein bisschen
mehr ist dort hineingekommen. Es kann hier nicht nur um Geld gehen, sondern muss auch um die perspektivische Entwicklung der Einrichtung gehen. Zweitens. Die Dokumentationsstätte muss in die Landschaft der Erinnerungsorte eingepasst werden. Das ist bislang noch gar nicht passiert. Anschlussmöglichkeiten zu anderen Orten des innerdeutschen Gedenkens müssen zunächst ausgelotet und auf Belastbarkeit untersucht werden. Dazu gehören alle Orte in Schleswig-Holstein, die ihre Geschichte mit der einstigen Grenze verbinden, etwa Lauenburg, Ratzeburg, Gudow und Büchen.
Allgemein ist die zeitgeschichtliche Aufarbeitung der letzten 70 Jahre in Schleswig-Holstein zum großen Bedauern des SSW bislang noch weitgehend akademisch und beschränkt sich auf wenige Experten an den Hochschulen. Dabei ist die demokratische Entwicklung Schleswig-Holsteins seit dem Kriegsende enorm spannend und spannungsreich verlaufen.
Die Dokumentationsstätte widmet sich der deutschdeutschen Geschichte. Eine fachlich-didaktische Diskussion erfolgte meines Wissens nach nicht. Es gilt, diese nachzuholen, und zwar am besten im kleinen Kreis im direkten Gespräch mit Fachleuten, der Landeszentrale für politische Bildung und Gedenkstätten-Initiatoren, also im Bildungsausschuss. Eines möchte ich klarstellen: Ich bin fest davon überzeugt, dass wir im Ausschuss zu einer Entscheidung kommen können.
Wir befinden uns mitten in einem spannenden Prozess, den die Kulturministerin durch das Gedenkstättenkonzept für die Erinnerungsorte der nationalsozialistischen Vergangenheit angestoßen hat. Sie antwortet dabei auf den strukturellen Wandel der Erwartungshaltung der Besucherinnen und Besucher gegenüber den Erinnerungsorten. Ich möchte es auf den Punkt bringen: Vitrinen mit einer Vielzahl von Ausstellungsstücken oder Schaufensterpuppen in Uniformen lassen Kinder und Jugendliche links liegen. Sie suchen Bildschirme, auf denen Wissens- und Erinnerungsinhalte aufbereitet werden. Sie suchen interaktive Angebote, die die Wissensaneignung buchstäblich mit den Händen erlebbar macht, und sie wollen möglichst abwechslungsreiches Material.
Im Gedenkstättenkonzept werden genau diese Erwartungen zum Maß der historischen Vermittlung erklärt. Dieser Weg ist richtig. Nur auf diese Weise kann die kritische Erinnerung an den historischen Orten gesellschaftsnah erfolgen. Beweissicherung, also der Verweis auf das „So war es wirklich“, kann nicht das Hauptanliegen einer Ausstellung
sein. Stattdessen müssen Dialog und Auseinandersetzung mit historischen Entwicklungen im Vordergrund stehen. Die ausgestellten Dinge sprechen eben nicht nur für sich, sondern müssen erfahrbar werden, indem sie in den aktuellen Kontext eingebettet werden.
Es geht nicht darum, Geld in die Hand zu nehmen. Wenn die Mittel nicht in das Konzept passen, sind sie vergeudet und zum Fenster herausgeschmissen. Die Grenzdokumentationsstätte sollte ein Ort der Bildung und Debatte sein. Der mangelnde Zuspruch von Schulklassen zur Dokumentationsstätte, den Gert Meyer vom Landesfachausschuss Kultur der CDU Schleswig-Holstein in einer Pressemitteilung anführt, ist ein Indikator dafür, dass das noch nicht klappt.
Genau darum sollten wir eine vertiefende fachliche Diskussion im Ausschuss führen. Daher beantrage ich, dass der Antrag Drucksache 18/3405 (neu) an den Ausschuss überwiesen wird und nicht in der Sache abgestimmt wird, wie Torge Schmidt es gerade gesagt hat. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, bevor wir zu den Dreiminutenbeiträgen kommen: Es gibt auf der Zielgeraden des heutigen Parlamentstages weitere Gäste auf der Tribüne, und zwar den Frauentreff Stormarn. - Seien Sie uns herzlich willkommen zur Schlussphase, meine Damen!