Ich gehe davon aus, dass sich der Änderungsantrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/3471 durch den gemeinsamen Antrag erledigt hat.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zunächst meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass die PIRATEN heute Vormittag zunächst einen Änderungsantrag gestellt und wir daraus dann einen gemeinsamen Antrag gemacht haben. Für alle anderen ist es eine Einladung, sich daran zu beteiligen. Torge Schmidt und ich werden Sie alle jetzt davon überzeugen, dass das richtig ist.
Vor wenigen Tagen haben wir den 25. Jahrestag der Deutschen Einheit gefeiert. In wenigen Wochen werden wir den 26. Jahrestag des Falls von Mauer und Stacheldraht begehen. Das ist Grund zur Freude, weil die Wiedervereinigung unseres Landes friedlich gelang und nie geahnte Entwicklungen in weiten Teilen Europas folgten. Das ist Grund zum Gedenken an 40 Jahre Trennung und vor allem an die Vielzahl von Toten, die an einer barbarischen Grenze ihr Leben verloren haben, oder an Menschen, die in der damaligen DDR wegen ihrer freiheitlichen Gedanken verfolgt sowie körperlich und seelisch beeinträchtigt wurden und noch heute an den Folgen leiden. Das ist schließlich auch Grund für das Bewusstsein, die historische Bedeutung dieser Ereignisse für die Zukunft zu bewahren.
Für junge Menschen ist die Teilung Deutschlands mit Stacheldraht und Selbstschussanlagen kaum noch vorstellbar. Für sie ist die Einheit selbstverständlich, und auch für uns ist sie zur Normalität geworden. Genau das verpflichtet uns, die die Zeiten des Kalten Krieges miterlebt haben, das Wissen um die Teilung zu bewahren und gegen ein Vergessen der Brutalität des SED-Regimes zu kämpfen.
Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich den Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen, Herrn Dr. Hubertus Knabe:
„Der unsägliche Zustand, dass Schüler nicht wissen, wer Erich Honecker oder Erich Mielke waren oder ob die DDR eine Demokratie oder Diktatur war, steht uns nicht gut zu Gesicht.“
- Sie können das hier gleich zum Ausdruck bringen, Herr Habersaat. - Wenn wir über Erinnerungskultur, Gedenk- und Erinnerungsstätten, über historische Lernorte reden, so gilt dies auch für die Bedeutung von Teilung und Einheit unseres Landes.
Wir dürfen nicht zulassen, dass Dokumente nicht mehr zugänglich sind, dass Dokumentation und Archivierung immer schwieriger oder gar nicht mehr möglich sind, dass Unkenntnis um sich greift, weil die Zeitzeugen weniger werden.
Andere Bundesländer sind da weiter. Wir müssen gar nicht das Beispiel von „Point Alpha“ in der Rhön an der heutigen Landesgrenze zwischen Hessen und Thüringen als Maßstab nehmen.
In der Grenzdokumentationsstelle Schlutup müht sich ein ehrenamtlicher Trägerverein nach Kräften, die Aufgaben des Bewahrens und der Erinnerung zu erfüllen. Wer die Ausstellung bewusst wahrnimmt, der wird an die Geschichte erinnert, gewinnt Einblick in den damaligen Grenzalltag und den Alltag in den beiden deutschen Staaten, erkennt, dass sich diese Ereignisse nie wiederholen dürfen. Ein Mahnmal auf dem Grundstück erinnert an diejenigen, die ihr Leben ließen oder in ihrem Leben beeinträchtigt wurden.
Ich will auch mögliche Kritikpunkte ansprechen. Das nur zum Teil erhaltene und leider instandhaltungsbedürftige Gebäude erfordert geeignete Maßnahmen. Die Ausstellung braucht Ergänzung, Aufarbeitung und Pflege. Besucherzahlen müssen gesteigert werden. Objekte in der Nähe, beispielsweise das Haus, dessen Zugang in der Westseite lag, dessen Räumlichkeiten aber zum Teil auf östlichem Gebiet lagen, könnte mit einbezogen werden.
Die in der Kulturförderung ständige Frage, ob eine Maßnahme Aufgabe von Land oder Kommune ist, stellt sich hier nicht. Es ist übergeordnete Aufgabe, Aufgabe des Landes.
Angesichts des Anliegens scheint der Betrag von 10.000 € eher gering zu sein. Es ist ein Anfang, meine sehr verehrten Damen und Herren. Später werden Projektfinanzierungen für die Aufarbeitung notwendig. Das Einwerben von Fördermitteln und Spenden für Investitionen werden erforderlich. Aber dafür müssen erst einmal die Arbeitsgrundlagen geschaffen werden. Das geht nicht ohne begleitende Beratung und Unterstützung als Förderung von Konzepterarbeitungen.
Nochmals, meine sehr verehrten Damen und Herren: Das Bewusstsein von Teilung und Einheit muss der jungen Generation vermittelt werden. Für Ältere und Betroffene muss es einen Ort der Erinnerung geben. Für alle muss es einen Ort der Mahnung geben. Dies alles gilt es zu erhalten und zu entwickeln. Auch der längste Weg beginnt bekanntlich mit dem ersten Schritt. Lassen Sie uns heute hier den ersten Schritt tun.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU beantragt heute jährliche Haushaltsmittel in Höhe von 10.000 € für die Grenzdokumentationsstätte in Lübeck-Schlutup.
Dieser Antrag der CDU hätte ohne Weiteres im Rahmen der Haushaltsberatungen gestellt werden können, wird nun heute aber im Plenum diskutiert. Es geht also - das haben die Ausführungen des Kollegen Sönnichsen deutlich gemacht - um etwas Grundsätzliches. Deswegen erlaube auch ich mir einige grundsätzliche Anmerkungen.
Man kann ja vertreten, dass Gedenkstätten nur Sahnehäubchen sind, die wir angesichts unserer Haushaltslage zum großen Teil einsparen und dem privaten Engagement überlassen sollten. Das ist nicht unsere Position. Aber jeder ist ja frei, seine Prioritäten zu setzen. Insofern war es konsequent, dass die CDU beim Haushalt 2015 beantragte, die Mittel für die Förderung der Gedenkstättenarbeit von 230.000 € auf 120.000 € abzusenken, also quasi zu halbieren
- Ja, das muss man einfach einmal in Erinnerung rufen. - Jetzt also 10.000 € für die Grenzdokumentationsstätte in Schlutup. Ist das ein Sinneswandel? - Nicht wirklich. Ihr Antrag nimmt keinerlei Bezug auf die Diskussion, die nicht nur die Politik, sondern auch die fachlich interessierte Öffentlichkeit seit Jahren um Gedenkstätten führt und bei der es angesichts der Geschichte unseres Landes in erster Linie um die Gedenkstätten geht, die über die Verbrechen des Nationalsozialismus aufklären und an seine Opfer erinnern. An dieser Prioritätensetzung
wird sich für uns sicherlich auch nichts ändern. Das ist ein Problem für Sie. Das kann ich mir vorstellen. Aber ich sage jetzt auch etwas zu Ihrem Antrag.
Es ist richtig, dass Schleswig-Holstein bis 1990 mit der Grenze zur DDR und dem Grenzübergang in Schlutup eine besondere Stellung hatte. Bis in die frühen 90er-Jahre war Schlutup ein Verkehrsknotenpunkt zwischen Bundesrepublik und DDR, die Gift- und Sondermülltransporte nach Schönberg inbegriffen. Das hat sich geändert. Aber auch andere Orte in Schleswig-Holstein verbinden ihre Geschichte mit der früheren innerdeutschen Grenze. Als Beispiel nenne ich nur den Bahnhof in Büchen, an dem noch bei meiner Rückkehr 1988 von einer Reise in die DDR das Rote Kreuz stand und Apfelsinen verteilte, den Schaalsee oder den früheren Grenzübergang in Gudow. Soweit zum Alleinstellungsmerkmal.
Meine Damen und Herren, unzweifelhaft ist die deutsche Teilung ein zentrales Thema der zeitgeschichtlichen und politischen Bildung, nachdem mittlerweile eine ganze Generation von Deutschen ohne eigene Erinnerung an die Zweistaatlichkeit und die damit verbundenen Erfahrungen lebt. Es ist viel zu wichtig, als dass wir die Erinnerung daran nicht wachhalten müssen. Es gibt ja auch schon entsprechende Projekte. So erinnert beispielsweise das europäische Projekt „Iron Curtain Trail“ an die europäische Teilung.
In Schlutup wurde nun vor etlichen Jahren in einem ehemaligen westdeutschen Zollgebäude, eine Ausstellung zum Thema „Deutsche Teilung“ eingerichtet, das von einem ehrenamtlich arbeitenden Verein getragen wird. Viele der in unserem Land vorhandenen Gedenk- und Erinnerungsstätten sind nur vorhanden, weil ehrenamtliche Initiativen sich für ihre Errichtung und ihren Erhalt eingesetzt haben und immer noch einsetzen. Deswegen ist das ehrenamtliche Engagement in Schlutup ausdrücklich zu begrüßen.
Wenn es aber darum geht, die Gedenkstätte aus Landesmitteln dauerhaft zu fördern, müssen wir doch andere Maßstäbe anlegen. Denn eine Gedenkstätte ist mehr als ein Ort mit historischem Bezug. Zu einer Gedenkstätte gehört eine Idee davon, an was ich erinnern und was ich vermitteln möchte. Nennen Sie es meinethalben ein Konzept. Denn auf Dauer genügt es nicht, nur umfangreiche oder noch so liebevoll zusammengestellte Sammlungen zu präsentieren. Diesen Gedanken greifen Sie mit Ihrem Änderungsantrag jetzt immerhin auf.
Meine Damen und Herren, der Landtag hat in seiner Juli-Sitzung über die politische Verantwortung für historische Erinnerung diskutiert. Wir waren uns einig, dass sich die Beteiligung des Landtags an der politischen Erinnerungsarbeit nicht auf einzelne Haushaltsanträge und gelegentliche Gedenkveranstaltungen beschränken darf. Lassen Sie uns also auch in diesem Fall gemeinsam überlegen, wie und wo wir der Erinnerung an die deutsche Teilung und die friedliche Wiedervereinigung in unserem Land Raum geben können. Deswegen folge ich gern dem Wunsch auf Überweisung in den Bildungsausschuss und danke jetzt für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mauerfall und deutsche Einigung vor 25 Jahren sind neben 9/11 die, wie ich meine, historisch bedeutendsten Ereignisse, von denen meine Generation als Zeitzeuge berichten kann. Die friedliche Revolution gegen Unfreiheit und Unrecht ist ein beispielloses, ein beeindruckendes Kapitel in unserer Geschichte, auf das die Bürgerinnen und Bürger der DDR zu Recht stolz sein können.
1989 markiert eine Zeitenwende für Deutschland und die Welt. Die internationale Politik war danach eine andere. Die Konfrontation zwischen Ost und West, die jahrzehntelang die Machtverhältnisse in der Welt ausbalancierte, war aufgehoben. Die einzelnen Staaten mussten neue Rollen und neue Strategien finden. Ein Zurück zu den Nationalstaaten, wie es derzeit im Zusammenhang mit der aktuellen Völkerwanderung diskutiert wird, schien völlig unmöglich. Im Gegenteil, das neue Deutschland wäre ohne die europäische Integration nicht denkbar.
Auch daran ist heute zu erinnern, wenn wir den historischen Moment feiern. Er gemahnt uns wie die Erfahrungen des nationalsozialistischen Gewaltregimes an unsere humane Pflicht zum Asyl, an unsere Verantwortung in Europa sowie aber auch an unsere Kraft, Herausforderungen, wie sie derzeit die Aufnahme und Unterstützung von Geflüchteten darstellen, zu meistern.
sie sich aufeinander beziehen. Sie sind Teil des kollektiven Gedächtnisses unseres Landes, eines Gedächtnisses, das wach bleiben muss, um die Entscheidungen in der Zukunft an diesen Erfahrungen zu messen und auszurichten.
Deshalb braucht es auch Stätten des Erinnerns und des Innehaltens. Deshalb ist es auch richtig, hier und heute über die Grenzdokumentations-Stätte Lübeck-Schlutup zu sprechen. Ich bin Ihnen insofern dankbar für diesen Antrag, Herr Kollege Sönnichsen. Der CDU-Antrag für eine Landesförderung dieses Museums rückt dieses nämlich in einen größeren öffentlichen Blickpunkt. Das ist gut und richtig.
Nicht gut ist es, wenn dieses Grenzmuseum mit den Gedenkstätten zur Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten im Land gleichgesetzt wird, wie in einer Pressemitteilung der CDU vom April 2015 geschehen. Diese Gleichsetzung, meine Damen und Herren, insinuiert auch eine Gleichsetzung der NS-Verbrechen mit dem Unrecht in der DDR. Eine solche Gleichsetzung ist historisch falsch und politisch nicht akzeptabel.
Das Landesgedenkstättenkonzept betrifft die Weiterentwicklung und Sicherung der Gedenkstätten zur Erinnerung an die NS-Herrschaft in Schleswig-Holstein. Diese Arbeit, die zum Teil auch schmerzhafte Aufklärung der Nachbarschaftsgeschichte in den einzelnen Orten war, wurde jahrzehntelang massiv behindert und politisch bekämpft. Der Vorgängerregierung aus CDU und FDP war sie, obwohl nur gering gefördert, ein willkommener Spartopf. Sie haben sich auch gegen die Erhöhung der Mittel für Gedenkstätten durch die Küstenkoalition ausgesprochen und diesen Haushaltstitel bei den letzten Etatberatungen erneut für massive Kürzungen vorgesehen. Jetzt eine Unterstützung der Grenzdokumentations-Stätten LübeckSchlutup zu fordern, ist vor diesem Hintergrund weder konsistent noch sachangemessen.
Um es klar zu sagen: Ich kenne dieses Museum. Ich habe mir das angeguckt und auch mit den Leuten gesprochen. Um es klar zu sagen: Ich bin sehr dafür - ich unterstreiche das -, dass das Schlutuper Grenzmuseum unterstützt wird. Ich bin sehr dafür, dass wir uns auch über dessen Aufgabenstellung, seine Ausstattung, seine wissenschaftliche Begleitung, seine didaktische Modernisierung und seinen