Protokoll der Sitzung vom 09.12.2020

Das Wort hat Lukas Kilian von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Stegner, Ihre niveaulosen Angriffe gegenüber meiner Person bin ich inzwischen ja gewohnt. Aber das Maß an Faktenfreiheit in Ihren Redebeiträgen wird langsam absurd.

(Beifall CDU, FDP und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])

Ich kann Ihnen eines sagen: Ich empfehle Ihrer Fraktion - das merkt man in allen möglichen Debatten -, bei der nächsten Landtagswahl mindestens einen Juristen aufzustellen. Das hilft in solchen Debatten.

(Zurufe SPD)

Wenn Sie sagen, dass wir die Mieter in der Gesellschaft hier irgendwie für dumm verkaufen wollten, und meinen, sie müssten keine Miete mehr bezahlen, dann empfehle ich Ihnen als Berufstheoretiker einmal eine Praxis in der Lebenswirklichkeit, in der Realität.

(Beifall CDU und Doris Fürstin von Sayn- Wittgenstein [fraktionslos])

Es war Ihre wohnungsbaupolitische Sprecherin, die in einer Zwischenfrage an mich von einer Stundung von Mieten gesprochen hat. Wenn Sie also meinen, dass der Kollege Kilian, der sich hier mit einer Rede an der Debatte beteiligt hat, die Bevölkerung draußen für dumm verkauft, gleichzeitig aber Ihre wohnungsbaupolitische Sprecherin genau dieses eine Minute vorher gemacht hat, dann - es tut mir leid - passen diese Begrifflichkeiten irgendwie nicht zusammen.

Wenn ich Ihnen ein Beispiel genannt habe von Leuten, die eine - ich habe nicht gesagt, dass sie gar keine Rente haben

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Eine kleine Rente!)

ganz kleine Rente haben,

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

eine kleine Rente haben, eine kleine, mit „L“; nicht keine, eine kleine Ente -

(Heiterkeit und Zurufe)

- Das wird ja immer wilder.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, diese Leute haben keine Ente, aber eine kleine Rente. Ich habe gesagt, dass sie ein großes Problem haben, wenn das passiert.

(Jan Marcus Rossa)

Nach Ihrem Antrag sollen die Mietrückstände quasi bis zum Ende der Coronakrise gestundet werden, damit man nicht gekündigt werden kann. Sagen wir einmal, es geht um 500 € Miete; diese werden zwölf Monate lang nicht bezahlt, dann sind das 6.000 € offener Mietrückstand. Dann wird man auf die Zahlen verklagt, weil der Vermieter irgendwann sagt, er möchte das Geld haben, weil er vielleicht ebenfalls in größeren wirtschaftlichen Problemen steckt. Dann kostet doch der ganze Rechtsstreit mit den Anwälten, die beide Seiten nehmen müssen, weil der Prozess vor dem Landgericht stattfindet, noch einmal 3.000 € on top. Da sind die Verzugszinsen noch gar nicht dabei. - Toller Vorschlag! Aus 6.000 € Schulden werden so 9.000 € gemacht. Es tut mir leid, aber das ist einfach ein Humbug-Vorschlag.

Wissen Sie was? - Sie machen hier etwas zu einem großen Problem, das gar kein großes Problem ist. Die Wohnungswirtschaft hat das evaluiert: 1 % der Wohnungen hat ein Mietausfallproblem.

Es ist auch nicht so - Herr Kollege Petersdotter, auch da empfehle ich Ihnen ganz kurz einmal einen Blick in die Lebensrealität -, dass man nach zwei oder drei Monaten vom Gerichtsvollzieher aus der Wohnung geschmissen wird. Ein Räumungsverfahren in Schleswig-Holstein dauert ungefähr zwölf Monate. Und was hält das BGB für Mieter noch bereit? - Die Möglichkeit, die Mietschulden zu bezahlen, um dann in der Wohnung bleiben zu dürfen.

Wir haben also einen guten Mieterschutz. Ich plädiere gerade dafür, die starken und schon im März 2020 deutlich verbesserten Zugänge zum Wohngeld in Anspruch zu nehmen. Das ist das Wichtige. Alles andere ist Popanz, alles andere vergrößert die Probleme nur, und alles andere verkauft die Menschen draußen im Endeffekt für dumm. - Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall CDU, FDP und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])

Zu einem weiteren Kurzbeitrag hat sich der Abgeordnete Werner Kalinka gemeldet.

Meine Damen und Herren! Zu diesem SPD-Antrag und zur Rede des Kollegen Stegner kann man einfach nicht schweigen.

Der Kollege Kilian hat sehr berechtigt und auch grundsätzlich Beispiele aus der Praxis genannt. Wenn Sie dazu sagen, das seien Schnöseligkeiten

und er wolle die Leute für dumm verkaufen, dann weise ich das für die CDU-Fraktion mit aller Entschiedenheit zurück.

(Beifall CDU)

Herr Kollege Stegner, solche Bemerkungen, wie Sie sie hier machen, sind eigentlich unter Ihrem intellektuellen Niveau.

(Zuruf Dennys Bornhöft [FDP])

Das ist deshalb unter seinem intellektuellen Niveau, weil er es mit Vorsatz macht, um zu provozieren.

Wenn wir uns Ihren Antrag anschauen, dann will ich hier Folgendes ganz klar sagen: Ein Mietverhältnis ist auf Sozialpartnerschaft angelegt. Ein Mietverhältnis gibt heute dem Mieter ganz erhebliche Rechte. Das alles ist auch so in Ordnung.

Aber ein Vermieter muss auch rechnen. Und ein Vermieter kann nur dann verzichten und geben, wenn er sich das leisten kann. Wenn er sich das nicht leisten kann, was dann? - Dann machen Sie aus dem Vermieter ein Problem in der Sache. Da vermisse ich in Ihrem Antrag etwas; ich vermisse in Ihrem Antrag, dass Sie die Sichtweise des privaten Vermieters überhaupt erwähnen.

Sie reden immer nur von Fonds und von den großen Genossenschaften, aber Sie vergessen völlig, dass die meisten Wohnungen in diesem Land von privaten Vermietern zur Verfügung gestellt werden, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU und FDP)

Was ist denn das für eine Botschaft, wenn diese merken, mit welcher Unsensibilität Sie diesen begegnen? Das sage ich auch zu Ihnen, Herr Petersdotter. Das sollte man, glaube ich, schon mit beachten.

Wenn die Verbände beider Seiten sagen, es gibt in der Praxis keine großen Probleme, dann sollten wir es ihnen einfach mal glauben. Wenn ein Vermieter es sich erlauben kann und ein Mieter ein Problem hat, dann wird er in ein Gespräch eintreten und versuchen, einen Weg zu finden. Glauben Sie denn, dass das alles nur Menschen sind, die hartherzig des Lebens daherlaufen? Es ist doch einfach nicht richtig, was Sie hier erzählen und uns weismachen wollen.

Herr Abgeordneter Kalinka, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Pauls?

(Lukas Kilian)

Ja, bitte schön.

Vielen Dank, Herr Kollege. - Ich habe in der letzten Woche ein Gespräch mit der Organisation WohnECK NF gehabt. Diese Organisation kümmert sich um Menschen, die in Schwierigkeiten bezüglich ihrer Wohnung stecken, kurz vor der Insolvenz stehen, von Obdachlosigkeit bedroht sind, alle diese Dinge. Der Geschäftsführer hat mich darüber informiert, dass es eine Familie gibt, bei denen beide Elternteile, die in der Gastronomie arbeiten, in Kurzarbeit sind und Mietschulden angehäuft haben. Der private Vermieter sagte: „Ist nicht!“, und sie mussten raus mit einem kleinen Kind, kurz vor Weihnachten.

Glauben Sie ernsthaft, dass es diese Dinge nicht gibt? Sie reden hier in einer Art und Weise, als ginge es nur um die großen und nur um die guten Vermieter. Aber diese ganzen kleinen Schicksale blenden Sie hier komplett aus. Ich finde, das ist dieser ganzen Situation nicht würdig.

(Beifall SPD)

- Frau Kollegin Pauls, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, können Sie sich eigentlich noch erinnern, wer in diesem Landtag die Debatte begonnen hat, dass wir mehr für die von Wohnungsverlust bedrohten Menschen tun müssen? Wer war das in den letzten zwei Jahren? Das waren doch wir, die dieses Gespräch hier begonnen haben. Meines Wissens gibt es im Innenministerium auch Instrumentarien, um dem zu begegnen.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Nehmen Sie als Beispiel, dass Frauen aus Frauenhäusern in vernünftige Wohnungen kommen. Da ist in diesem Land in den letzten zwei, drei Jahren eine ganze Menge geschehen.

(Zurufe SPD)

Das schließt individuelle Probleme natürlich nicht aus. Das will ich überhaupt nicht in Abrede stellen. Natürlich gibt es diese Probleme. Aber das Wichtigste ist erst einmal, dass Vermieter und Mieter ins Gespräch kommen, dass sie in einen Dialog eintreten und das Problem nicht immer größer wird und sich potenziert. Das sagt Ihnen jeder, der von diesem Thema etwas versteht. So ist die Situation.

Deswegen glaube ich nicht, sehr geehrte Frau Kollegin Pauls, dass wir uns vorwerfen lassen müssen,

dieses Thema nicht im Blick gehabt zu haben. Auch was die Diskussion bezüglich von Obdachlosigkeit beziehungsweise Wohnungslosigkeit Bedrohten angeht, so waren Sie doch beteiligt, als wir gefordert haben, dass hier mehr geschieht, und es geschieht doch auch mehr.

Erlauben Sie noch eine weitere Bemerkung beziehungsweise Zwischenfrage?