Protokoll der Sitzung vom 09.12.2020

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Dass alles gut ist! - Heiterkeit)

Wir waren bei dem Punkt, dass wir in dieser Zeit alles miteinander besprechen.

An dieser Stelle frage ich: Wäre es denn von mir verantwortungsbewusst gewesen, wenn ich nach dem Gipfel gesagt hätte, wir seien bei einem Inzidenzwert unter 50 und behielten uns vor, große Ausnahmen zu machen?

Das wäre das Gegenteil von dem gewesen, was ich in meiner Regierungserklärung hier erklärt habe. Ich frage mich an der Stelle schon: Warum berichte ich denn in einer Regierungserklärung über die Hal

(Claus Schaffer)

tung der Landesregierung? Warum kündige ich denn an, dass die Leute nicht mit Lockerungen über Weihnachten rechnen sollen? Warum kündigen wir an, dass wir über Weihnachten weiter bei unseren strengen Kontaktregeln bleiben, wissend, dass die Verordnung bis dahin nicht geht, aber um den Leuten Klarheit zu geben? Das war doch der Anspruch.

Bernd Buchholz hat viele Gespräche geführt. Ich habe von Hotels und Gaststätten nicht gehört, dass dort gesagt wurde: Das ist ja furchtbar, dass ihr jetzt schon über die Verordnung hinausgehend redet, sondern es wurde gesagt: Danke für die Planungssicherheit und dafür, dass ihr ankündigt, dass wir nicht damit rechnen können. Nichts anderes habe ich nach der Ministerpräsidentenkonferenz an dieser Stelle weiter vertreten.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Deswegen sprechen wir natürlich auch miteinander. Ich sage aber auch: Wir sind nicht nur deshalb gut durch diese Krise gekommen, weil wir eine tolle Parlamentsarbeit machen, sondern ich nehme für unsere Landesregierung auch in Anspruch, dass wir einen Anteil dazu beigetragen haben.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Wir werden jetzt nicht darauf warten, bis uns eine Verordnung vom Parlament vorgelegt wird. Es ist vielmehr unsere Verantwortung, an dieser Stelle Vorschläge zu machen. Ich finde, es wäre dann, wenn man kritisiert, dass ich den 10. Januar 2021 vorgeschlagen habe, fair gewesen, zu sagen, ob es Alternativüberlegungen hier im Parlament gegeben hat. Ich habe bisher kein einziges Argument gehört, das gegen den 10. Januar 2021 gesprochen hat. Ich finde es im Übrigen auch nicht schlau, wenn wir den 3. Januar wählen. Was wäre das für eine Idee, unmittelbar nach Silvester wieder Veränderungen anzukündigen? Das heißt: Wenn wir über den Weg streiten wollen, dann muss man auch sagen, in welchen Bereichen man Veränderungen will.

Ich sage Ihnen an der Stelle in aller Deutlichkeit, damit Sie wissen, wie wir als Landesregierung uns den weiteren Weg vorstellen: Ich beurteile die Lage in Deutschland deutlich ernster, als ich das in manchem Debattenbeitrag eben wahrgenommen habe. Wir haben heute über 600 Tote. Wir haben in Schleswig-Holstein heute nur zwei Tote - bisher. Ich sage aber an dieser Stelle sehr klar: Unser Ziel ist, Menschen zu schützen. Unser Ziel ist, dass wir hier nicht in diese Lage anderer Länder kommen. Deswegen sage ich für diese Landesregierung: Wir werden nicht darauf warten, bis die Situation in

Schleswig-Holstein so dramatisch ist wie in anderen Ländern, sondern wir werden uns rechtzeitig und jetzt damit beschäftigen müssen, dass unsere Maßnahmen nicht ausreichen. Deshalb müssen diese schärfer werden, und dafür werde ich mich auch bundesweit einsetzen.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?

Herr Dr. Stegner, ich würde gern in der Aktuellen Stunde meine Rede als Ministerpräsident halten.

(Zurufe SPD)

Herr Ministerpräsident, Sie haben das Wort.

Ich bin an der Stelle schon kritisiert worden, aber die Situation ist dramatisch. Deswegen müssen wir handeln. Deswegen sage ich auch: Wir müssen konsequent sein, aber wir müssen auch an die Menschen appellieren, dass sie sich wieder konsequenter an die Regeln halten. Wir haben in SchleswigHolstein ein deutliches Ausbruchsgeschehen.

Ich habe noch in der vorletzten Woche hier im Parlament gesagt, dass wir eine Trennung haben, die durch das Land geht. Wir müssen doch miteinander beobachten, dass die Zahlen von Süden nach Norden jetzt anwachsen. Wir loben Kai Dolgner immer für vieles, aber ich empfehle, wirklich einmal das durchzulesen, was er auch bei Facebook schreibt.

(Beifall SSW, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Birte Pauls [SPD])

Dann haben Sie viele Anhaltspunkte dafür, zu welcher Entwicklung wir kommen. Wir sind mittlerweile auf einen Pfad gekommen, der härtere Maßnahmen unausweichlich macht.

Ich sage Ihnen: Ich beobachte im Einzelhandel, dass wir wieder Sorglosigkeit haben und dass mit einer Selbstverständlichkeit Glühwein to go ausgeschenkt wird. Die Leute stehen wieder eng zusammen, und nach dem zweiten Glühwein redet man halt intensiver miteinander. Deswegen sage ich heu

(Ministerpräsident Daniel Günther)

te schon: Wir werden das in Schleswig-Holstein schnell unterbinden. In Schleswig-Holstein wird es in Zukunft keinen Alkoholausschank mehr an diesen Ständen geben, Alkohol in der Öffentlichkeit wird es in Schleswig-Holstein nicht geben, und das werden wir durchsetzen, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt SPD)

Wir können uns auch nicht davon lösen, dass wir bundesweit weit über die Maßnahmen, die wir hier diskutieren, hinausgehende Maßnahmen sprechen müssen. Haben Sie gelesen, was man uns von der Leopoldina ins Stammbuch geschrieben hat und was wir an Maßnahmen ergreifen müssen?

Nur damit Sie wissen, wofür ich mich auf Bundesebene einsetzen werde, und ich bin auch offen dafür, das in Schleswig-Holstein umzusetzen: Ich halte dieses Zwei-Stufen-Modell für richtig, übrigens auch, um schon mit der ersten Stufe deutlich zu machen: Es ist jetzt nicht die Zeit, noch einmal einige Kontakte zu haben und zu sagen, dann können wir uns später beschränken, sondern wir müssen sofort damit anfangen. Das ist übrigens auch der Grund dafür, warum wir bei uns in Schleswig-Holstein immer gesagt haben: Weihnachten ist kein Sonderfall, auch Silvester nicht. Dann ist das Coronavirus nicht weg, sondern die Ansteckungsgefahr ist eher größer, weil man sich in privaten Räumen ganz anders einander nähert. Deswegen müssen wir in dieser Kommunikation jetzt präzise sein.

Man merkt, dass wir mit strengen Regeln erfolgreich sind, weil der erste Schritt der Leopoldina in Schleswig-Holstein eigentlich schon Verordnungssache ist. Das haben wir in Schleswig-Holstein umgesetzt. Wir haben darüber gesprochen. Wir haben auch Kritik von Sportvereinen bekommen, weil wir beispielsweise Gruppenaktivitäten im Kultur- und Sportbereich eingeschränkt haben. Das wird dort vorgeschlagen. In vielen Ländern sind diese erlaubt. In Schleswig-Holstein haben wir sie verboten, gegen alle Kritik. Ich kann jeden verstehen, der fragt: Warum können unsere Kinder keinen Sport machen? Ja, das ist so, weil wir Menschenleben schützen müssen. Deswegen sind wir so konsequent in den Bereichen.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich glaube, worüber wir sehr sorgsam miteinander sprechen müssen, ist die Frage der Schule. Ich finde, der Vorschlag, die Schulpflicht in der nächsten Woche schon aufzuheben, geht ein bisschen über das hinaus, was in Schleswig-Holstein - so glaube

ich - der richtige Weg ist. Ich glaube, wir sollten uns darüber unterhalten, wie wir die Quarantänephase vor Weihnachten einhalten und dafür sorgen, dass die Zurückhaltung groß ist. Wie können wir regeln, dass dies auch in den Schulen gewährleistet ist? Aber wir müssen diese Maßnahmen ergreifen. Wir dürfen nicht warten. Wenn sich eine Entwicklung erst einmal so verschärft, dann haben wir als politisch handelnde Menschen die Verantwortung, die Menschen bestmöglich zu schützen.

Deswegen sage ich für die Zeit ab Weihnachten auch in aller Klarheit: Ja, ich halte es für richtig, jetzt einen harten Lockdown in diesen Zeiten zu machen, weil es niemandem, übrigens auch nicht der Wirtschaft, hilft, wenn wir jetzt so wuselig über Weihnachten und Neujahr kommen und am 10. Januar 2021 mit leicht dramatischen Zahlen dastehen. Wenn wir dann entweder den Teillockdown noch einmal verlängern müssen und ganze Bereiche wirklich demotivieren oder dann einen Lockdown machen, dann wird doch jeder sagen: Sagt mal, was habt ihr eigentlich über die Weihnachtszeit gemacht? Dann sind alle Schulen geschlossen, das heißt, die Betreuung ist weitestgehend sichergestellt, warum habt ihr diese Phase nicht genutzt?

Nur damit wir uns darauf einstellen, was wir vorhaben und was wir für eine Verordnung vorlegen wollen, sage ich: Wir wollen diese harten Maßnahmen jetzt ergreifen, um unser Land bestmöglich zu schützen. Ich glaube, wir kommen aus dieser Krise nur heraus, wenn wir diesen harten und deutlichen Weg in Schleswig-Holstein weitergehen. Ich bitte alle herzlich um Unterstützung und darum, bei diesem Weg mitzumachen. Dann werden wir als Schleswig-Holstein gestärkt aus dieser Herausforderung hervorgehen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat der Herr Oppositionsführer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich schon großen Wert darauf lege, dass die Unterschiede so beschrieben werden, wie sie sind, und nicht so, wie sie nicht sind. Wir hatten Anlass, die Aktuelle Stunde hier zu beantragen, weil ich finde, dass die Kommunikation nicht so war, wie sie hätte sein können oder sollen.

(Ministerpräsident Daniel Günther)

Darauf haben der Kollege Harms und - mit anderen Worten - der Kollege Vogt genauso hingewiesen wie ich.

Herr Ministerpräsident, wo es ausdrücklich keinen Unterschied gibt und wo wir diesen auch nie hatten, ist, dass der Gesundheitsschutz der Bevölkerung absoluten Vorrang hat. Wir haben immer gesagt: Gesundheitsschutz ist für uns das Argument Nummer eins. Ich habe auch immer darauf hingewiesen, dass man die erschreckend hohen Todeszahlen nicht einfach nur nüchtern zur Kenntnis nehmen darf, denn das sind unsere Eltern und Großeltern, und wir haben die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass nicht noch mehr Menschen gefährdet werden oder sterben müssen. Da sind wir vollständig einer Meinung.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich begrüße auch ausdrücklich, wenn Sie sagen, in welche Richtung das generell gehen soll. Es ging da nicht sozusagen um kleinkarierte Kritik in der Frage, welche Verordnung das ist. Wir wollen Ihnen auch die Arbeit nicht abnehmen, denn Verordnungen sind Arbeit der Regierung.

Über das, was Sie über einen harten Lockdown gesagt haben, kann man reden. Ich glaube trotzdem, dass das die zweitbeste Lösung bundesweit ist. Man sollte das nicht verklären, und Lockdown-Ankündigungen sind eine schwierige Sache, wenn man sie nicht gleich umsetzt, denn das wirkt immer nach dem Motto: Ihr dürft jetzt noch einmal, dann schauen wir anschließend. Das ist schwierig.

Da es aber eine Weile dauern wird, bis die Wirkung der Impfung eintritt, glaube ich, Herr Ministerpräsident, dass wir - unabhängig davon, ob der Lockdown kommt oder nicht - ein konkretes, abgestuftes und verbindliches System zum Umgang mit der jeweiligen Infektionssituation brauchen. Dieser Umgang kann von nur wenigen Einschränkungen des öffentlichen Lebens bis hin zu einem harten Lockdown reichen. Ein solches System werden wir brauchen.

Ich nehme doch wahr, dass die Ministerpräsidenten - ich füge hinzu: andere mehr als Sie - eine solche Weise der Kommunikation haben, dass die Bundesbürger nicht mehr wissen, woran sie sich eigentlich orientieren sollen. Das darf nicht sein. Das ist der Teil, den wir wirklich miteinander leisten müssen; denn wir schaffen den Kraftakt, von dem Sie gesprochen haben, nur, wenn die Menschen wissen, was wir tun, warum wir es tun und dass es auch Sinn hat.

Ich bin übrigens wirklich optimistisch, dass wir dann, wenn die kalte Jahreszeit vorüber ist und die Impfung wirkt, aus dieser Situation wieder herauskommen werden.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber bis dahin müssen wir aufpassen, dass nicht noch mehr Menschen krank werden oder gar sterben müssen. Wir haben Egoismus und Rücksichtslosigkeit - auf die es übrigens kein Grundrecht gibt; das füge ich hinzu - entgegenzutreten. Insofern haben wir eine ganze Menge Gemeinsamkeiten.

Sie werden registriert haben, Herr Ministerpräsident, dass sich 80 % meiner Rede vorhin damit befassten, was wir konkret vorschlagen, damit es diese Gemeinsamkeit hier im Parlament weiterhin gibt. Darum ging es mir. Insofern hatte die Aktuelle Stunde durchaus ihren Sinn. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Das Wort zu einem Kurzbeitrag für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Werner Kalinka.