Protokoll der Sitzung vom 09.12.2020

(Vereinzelter Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich danke Heiner Garg noch einmal ausdrücklich dafür, dass das so möglich ist.

Das Ziel, bis zum 15. Dezember 2020 in allen Impfzentren startklar zu sein, wird, glaube ich, erreicht. Wir haben gehört, dass es auch davon abhängig ist, wie viele Impfdosen wir überhaupt haben.

Durch den Aufruf der KVSH, der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein - dazu muss ich auch sagen: das ist ganz toll - haben sich 2.900 Ärztinnen und Ärzte und - Stand, glaube ich, Anfang dieser Woche - 1.900 medizinische Fachkräfte gemeldet, die in den Impfzentren helfen wollen, diese Pandemie in den Griff zu kriegen. Das ist ganz großartig.

Die Bundeswehr und das THW unterstützen logistisch beim Transport der Impfstoffe und bei der medizinischen Ausrüstung. An dieser Stelle auch noch einmal ein herzlicher Dank an die Bundeswehr und an das Technische Hilfswerk.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Die Zuteilung des Impfstoffs wird in der Anlaufphase streng reglementiert sein. Vorrangig, so heißt es - wir haben es eben auch vom Minister gehört -, sollen das medizinische und pflegerische Personal sowie Menschen, die direkten Zugang zu Covid-19Erkrankten haben, und natürlich Menschen in Heimen und über 80-Jährige geimpft werden. Die kostenlosen Impfungen werden in Impfzentren, in sogenannten Impfstraßen, durchgeführt. Dafür wird es, wie wir gehört haben, eine Einladung geben, oder man muss sich extra anmelden.

Was den Ablauf in der Impfstraße angeht, so hört sich das Wort „Impfstraße“ ein bisschen abstrakt an; ich kannte es vorher auch nicht: Da werden die Personalien aufgenommen, und es wird die Temperatur gemessen; da gibt es ein Aufklärungsgespräch durch einen Arzt; dann wird die Impfung durchgeführt, und danach muss man sich dort noch eine Viertelstunde für den Fall aufhalten, dass es Impfreaktionen geben sollte.

Im Grunde müssten sich in Schleswig-Holstein rund 2 Millionen Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner gegen das Coronavirus impfen lassen, um die sogenannte Herdenimmunität zu erreichen, die große Sicherheit bietet.

Die Impfbereitschaft ist in Norddeutschland nach einer repräsentativen Umfrage der Uni Hamburg mit 63 % vergleichsweise hoch, jedoch noch nicht hoch genug für die eben genannte Herdenimmunität. Deswegen begrüßen wir die Planungen zu einer breit angelegten Impfkampagne des Bundes und der Länder, denn Impfschutz funktioniert nur, wenn möglichst viele mitmachen.

Erschütternd und völlig unverständlich sind die Äußerungen von Coronaleugnern, Anhängern von Verschwörungstheorien, Rechtsextremen, Reichsbür

(Katja Rathje-Hoffmann)

gern und sogenannten Querdenkern. Diese zeigen ein erschreckend hohes Gewaltpotenzial. Sicherheitsexperten sprechen von abstrakten Gefährdungen für Impfzentren, Impfstoffproduktionsstätten, -transporte und -lager. Das gilt es zu verhindern. Aber eines ist sicher: Unsere Impfzentren sind gut gesichert und geschützt.

(Vereinzelter Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Nur mit einer flächendeckenden Impfung werden wir es schaffen, unser altes Leben wieder zurückzubekommen, und das ist unser Ziel.

Meine Damen und Herren, mit all den Maßnahmen, mit Disziplin, mit Hoffnung und Zuversicht werden wir auch diese Krise gemeinsam überstehen. - Danke schön.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Serpil Midyatli.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In der letzten Woche sind laut Angaben des RKI 2.200 Menschen an Covid-19 und seinen Folgen gestorben. Das bedeutet, alle vier Minuten haben Familienangehörige geliebte Menschen verloren, eine Schwester, einen Bruder, eine Mama, einen Papa. Herr Ministerpräsident, Sie sagten vorhin, wir haben heute zwei Todesopfer in Schleswig-Holstein zu beklagen; ein Opfer stammt aus meinem näheren Familienkreis.

Das sind Menschen, die ohne dieses Virus noch leben würden. Es ist daher unsere Verantwortung, Sorge dafür zu tragen, dass die Zahlen nicht weiter steigen. Diese Verantwortung richtet sich nicht nur an alle Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger. Wir können Regeln erlassen, Verordnungen schreiben, wirtschaftliche Hilfen bereitstellen. Aber am Ende können wir dieses Virus nur gemeinsam besiegen.

(Beifall SPD, vereinzelt FDP und SSW)

Wir, indem wir vernünftig sind, wir, indem wir zu Hause bleiben, wir, indem wir Kontakte minimieren - und ja, indem wir uns impfen lassen.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Noch zu Beginn der Pandemie lautete die Prognose, es werde Jahre dauern, bis ein Impfstoff gefunden wird. Dann hieß es, es werde weitere Jahre dauern, bis der Impfstoff zugelassen wird. - Und worüber reden wir heute: Knapp neun Monate nach dem Ausbruch der Pandemie reden wir im SchleswigHolsteinischen Landtag über eine Impfstrategie! Das ist eine großartige Leistung unserer Wissenschaft, eine großartige Leistung unserer Forscherinnen und Forscher.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Wenn die Berichte über die Werte des Impfstoffes stimmen, ist das ein Quantensprung in der Medizin. Genau diese Nachrichten brauchen wir jetzt, die uns Hoffnung geben, die uns Zuversicht geben, dass wir in den nächsten Monaten durch die Krise kommen werden.

Was wir nicht brauchen, ist Angstmacherei, was wir nicht brauchen, ist Hoffnungslosigkeit, und was wir auf keinen Fall brauchen, ist Sorglosigkeit, die insbesondere von der AfD in diesem Land geschürt wird.

(Beifall SPD, Dennys Bornhöft [FDP] und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Der Bund setzt sich für die Beschaffung des Impfstoffes ein; Minister Garg hat das ausgeführt. Wir wissen schon jetzt, dass Impfstoff nicht in ausreichender Menge für alle vorhanden sein wird. Wir verlassen uns da auf die STIKO, die Ständige Impfkommission, die für uns ein verlässlicher Partner ist. Ihre Empfehlungen werden ein Maßstab dafür sein, welche Personengruppen zuerst geimpft werden.

Minister Garg, Sie sind auf die Personengruppen eingegangen. Ich finde es sehr gut nachvollziehbar, dass wir zu Beginn insbesondere auf die vulnerablen Gruppen, ältere Menschen in den Pflegeeinrichtungen, aber auch die Beschäftigten eingehen. Viele Beschäftigte, die in Alten- und Pflegeeinrichtungen arbeiten, gehen jeden Tag mit der Angst davor zu ihrem Job, dass in den Pflegeeinrichtungen etwas passiert. Ihnen diese Angst zu nehmen und die Risikogruppen zuerst zu impfen, ist nachvollziehbar. Daher vielen Dank dafür, Minister Garg.

(Beifall SPD und Eka von Kalben [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Minister Garg, ich möchte Ihnen ausdrücklich den Dank der gesamten SPD-Fraktion aussprechen. Dank ihrer zügigen Umsetzung werden wir bald 29 Impfzentren im Land haben. Für die Organisati

(Katja Rathje-Hoffmann)

on ist nämlich das Land zuständig, für die Beschaffung der Bund. Wir sind in einer sehr guten Position: Sobald der Impfstoff da und die Zulassung erfolgt ist, können wir umgehend und sehr schnell starten.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Daher ist eine frühzeitige Kommunikation zur Impfstrategie sehr wichtig. Auch entsprechende Kampagnen des Bundesministeriums für Gesundheit wird es dazu geben. Und vor allem wird es wichtig sein, aufzuklären und zu informieren

(Ein Handy klingelt)

- nein, ich kann jetzt nicht rangehen -, damit keine Fragen offenbleiben. Wir haben schon im Plenum gemerkt, welche Fragen sich bei uns Parlamentarierinnen und Parlamentariern ergeben. Es gilt, diese Fragen mit einer breiten öffentlichen Kampagne zu klären, damit wir so viele Menschen wie möglich erreichen. Dazu müssen auch wir in Schleswig-Holstein unseren Beitrag leisten. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir das schaffen werden.

Kollegin Rathje-Hoffmann, ich teile Ihre Besorgnis - und das ist nicht nur abstrakt, es gibt dazu eine Einschätzung des BKA -, dass es notwendig sein wird, die Impfzentren zu schützen und zu sichern. Es besteht die konkrete Gefahr von Impfgegnern, Coronaleugnern und Verschwörungsideologen. Da trägt die Hetzerei der AfD tatsächlich Früchte.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Jetzt hören Sie mal auf damit!)

Ich will hier deutlich sagen: Ich bin gegen eine Impfpflicht, aber ich werde überall ausdrücklich dazu auffordern, sich impfen zu lassen.

(Beifall SPD, SSW, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das dient nicht nur unserem eigenen Schutz, sondern vor allem dient es denjenigen, die sich aus medizinischen Gründen gar nicht impfen lassen können. Dabei wird es wichtig sein, dass wir zur einer klaren Erkenntnis kommen. Bush, Clinton, Obama und Biden haben kürzlich erklärt, dass sie sich öffentlich impfen lassen werden. Damit wollen sie deutlich machen, dass sie Vertrauen in Forschung und Medizin haben und vor allem auch Vertrauen und Zuversicht in den Impfstoff.

Ich wünsche mir auch von uns ein klares Bekenntnis, wenn wir nach den Empfehlungen der STIKO an der Reihe sind, wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger auch. Ich bin fest davon überzeugt, dass

das noch mehr Vertrauen in der Bevölkerung schafft.

Der Impfstoff ist unser schärfstes Schwert gegen das Virus. Wir dürfen nicht zulassen, dass dieses Schwert durch einen Sturm von Fake News und Gerüchten stumpf wird. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung. Lassen Sie uns die Kampagne gemeinsam zum Erfolg führen! - Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, vereinzelt CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Dr. Marret Bohn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir die nächsten Monate des folgenden Jahres nicht immer wieder über Lockdown und Lockup sprechen wollen, müssen wir uns überlegen, wie es gehen kann, dass wir mehr Freiheiten bekommen. Impfungen sind ein zentraler Baustein in der Bekämpfung der Coronapandemie. Ich freue mich und kann mich dem Dank nur anschließen, dass es die Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler, Forscherinnen und Forscher in einem monatelangen Kampf ermöglicht haben, dass schon jetzt ein Impfstoff zur Verfügung steht. Das ist großartig. Ich freue mich riesig darüber.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP und SSW)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele von Ihnen werden eine kleine Narbe am linken Oberarm haben. Sie haben wahrscheinlich lange gar nicht drüber nachgedacht. Sie hat Ihnen aber vielleicht das Leben gerettet. Das macht es bei Impfungen so kompliziert: Wenn es gut verläuft, ist es selbstverständlich, und wir denken nicht darüber nach. Die Möglichkeit, dass es nicht gut verläuft, schürt aber ganz stark Ängste und Sorgen. Die müssen wir ernst nehmen. Das respektiere ich auch.