Wir haben uns die Frage gestellt, warum es diese natürliche Unterstützung für die Kleinen nicht schon längst und überall, wo es notwendig ist, gibt.
Wir waren uns fraktionsübergreifend einig, dass wir hier handeln müssen und wollen. Wenn ich mir neben den ganzen psychischen und physischen Anstrengungen und Kämpfen der Frühgeborenen und ihrer Eltern die oft jahrelangen Behandlungen und deren Kosten anschaue, gilt das alte Sprichwort wieder: Vorbeugen ist besser als Heilen. In diesem Fall ist es auch noch günstiger.
Uns erreichte zum Beispiel eine Berechnung aus der Diakonissenanstalt in Flensburg zur Einrichtung einer Frauenmilchbank. Demnach würden Einmalkosten in der Höhe von 40.000 € und jährliche Kosten von circa 35.000 € entstehen. Aus der Antwort auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion wird deutlich, dass eine Refinanzierung durch die Krankenkassen bereits durch die DRGs möglich, aber nicht auskömmlich ist. Da muss nachgebessert werden. Für die Investition ist aber das Land zuständig.
Wir sind uns, Gott sei Dank, fraktionsübergreifend einig, dass der Aufbau von Frauenmilchbanken an den Perinatalzentren des Landes im wahrsten Sinne des Wortes eine sehr gute Investition in die Zukunft ist. Prüfen, wie es jetzt im gemeinsamen Antrag steht, brauchen wir als Sozialdemokratinnen das eigentlich nicht. Wir könnten es Niedersachsen gleichtun, wo die Landesregierung Gelder für den Aufbau von Frauenmilchbanken bereitgestellt hat. Trotzdem finden wir, dass es ein wichtiges und richtiges Signal ist, dass sich die demokratischen Parteien gemeinsam um die Schwächsten und Kleinsten kümmern wollen.
Die Frauenmilchbank-Initiative e. V. hat sich das Ziel gesetzt, dass in Zukunft alle bedürftigen Frühgeborenen und kranken Neugeborenen in allen Tei
len Deutschlands mit Spenderinnenmilch aus Frauenmilchbanken ernährt werden können. Diesem Ziel wollen wir uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gern anschließen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wenn jetzt alle Fachabgeordneten Ihnen noch einmal erklären, wie wichtig Frauenmilch ist, kommen Sie nachher aus dem Plenarsaal heraus, fahren nach Hause und erzählen zu Hause, wie wichtig Frauenmilch ist.
Ich denke, wir können uns, wenn es so große Einigkeit gibt, auch ein bisschen kürzer fassen, und das möchte ich gern tun. Eines ist ganz klar: Was in Skandinavien schon seit Jahren gemacht wird, Frauenmilchbanken zu fördern, das wollen wir auch in Schleswig-Holstein tun. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben gerade darauf hingewiesen, dass wir im Sozialausschuss einen, so finde ich, begeisternden Vortrag von der Frauenmilchbank-Initiative gehört haben. Ich weiß nicht, ob das in anderen Ausschüssen auch so ist, bei uns im Sozialausschuss fängt dann ein bisschen Gemurmel an - das ist durch die Plexiglasscheiben ein bisschen eingeschränkt -, und dann gehen Blicke hin und her, es wird gesimst, und dann wird schon am Rande des Sozialausschusses geschaut, wie wir eine Verständigung finden. Das haben wir auch dieses Mal geschafft.
Ich finde, es ist ein Projekt, zu dem ich nur sagen kann: Wir Grüne sind begeistert. Besser kann man es gar nicht machen, als sich gegenseitig zu helfen, untereinander zu schauen, ob ein Frühgeborenes dann doch noch eine bessere Perspektive für die Gesundheit und für den Start ins Leben hat. Das finde ich eine ganz großartige Initiative, diese Frauenmilchbank. Ich weiß nicht, ob jemand von Ihnen einmal so ein Frühgeborenes gesehen oder vielleicht auch eigene Erfahrungen gemacht hat: überall Schläuche, ein winziges Lebewesen. Dass diese kleinen Menschen es überhaupt schaffen, irgendwann einmal groß und stark zu werden und hoffentlich gesund zu sein, ist ein großartiger Fortschritt
der Medizin. Ich finde schön, wenn wir das unterstützen. Da Burkhard Peters vorhin so ein schönes Zitat gebracht hat, habe ich auch eins: Wer etwas will, findet Wege, wer etwas nicht will, findet Gründe.
Lassen Sie uns gemeinsam einen Weg finden, wie möglichst irgendwann einmal alle Frühgeborenen in Schleswig-Holstein von einer Frauenmilchbank profitieren können. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Menschlicher Erfindergeist kennt kaum Grenzen. Häufig orientiert sich dieser menschliche Erfindergeist an Jahrmillionen alter Erfahrung von Mutter Natur. Aber bisher erreicht man nicht deren Perfektion, zum Beispiel der Tragfähigkeit eines Spinnfadens oder der Stabilität und Leichtigkeit des Vogelskeletts.
Gleiches gilt bei der Ernährung von Babys. Auch wenn unsere Nahrungsmittelindustrie sehr leistungsfähig und innovativ ist, gibt es auch hierbei Grenzen, die Mutter Natur uns aufzeigt. Die humane Muttermilch ist nicht nur sehr nahrhaft, sie ist vor allem auch Immunsystem aktivierend und während der Stillzeit auch eine Art externes Abwehrsystem. Es werden sich sicherlich einige daran erinnern, dass die eigenen Kinder die erste Erkältung oder den ersten Infekt erst bekommen haben, als das Abstillen begonnen hat. Vorher war das Kind meist gesund und hatte keine Schnöfnase. Ich spreche da mittlerweile aus eigener Erfahrung, dass das zeitlich relativ kongruent auftritt.
Die Verteilung von Frauenmilchbanken, über die wir heute sprechen, ist in Deutschland regional stark unterschiedlich. In den neuen Bundesländern gab es die schon sehr lange, auch schon zu DDRZeiten. In Westdeutschland waren sie nicht so etabliert. Bis 2012 gab es sie hier gar nicht. Die Frauenmilchbank-Initiative e. V. hat sich zuerst per EMail an alle Fraktionen gewandt. Der SSW hat das aufgegriffen und einen Antrag für den Sozialausschuss dazu gemacht, dass uns die Frauenmilchbank-Initiative im Ausschuss vortragen konnte. Es gab eine wirklich gute Präsentation, wie das in an
deren Bundesländern erfolgt, und sämtliche Fragen von uns konnten beantwortet werden. Deswegen wurden wir uns auch relativ schnell einig.
Es zeichnete sich - das hat Frau Bohn gerade gesagt - ab, dass es einen guten Weg gibt, hier einen gemeinsamen Antrag vorzulegen. Das haben wir jetzt auch getan. Das finde ich wirklich großartig. Ich wollte sagen, dass wir uns in der Jamaika-Koalition einig sind, aber ich glaube, alle Demokratinnen und Demokraten hier sind sich einig, dass humane Muttermilch auch als Teil der Gesundheitsversorgung zu sehen ist.
Zwar sind der Aufbau und Betrieb dieser Spendenbanken mit Kosten verbunden, andererseits werden mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit Folgeerkrankungen und Spätfolgen bei den kleinen Menschen verhindert. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Frühgeborene, die mit Frauenmilch ernährt werden, deutlich seltener zum Beispiel schwere Darmerkrankungen bekommen, und auch bei der einen oder anderen dauerhaft schädigenden Augenerkrankung gibt es Hinweise auf deren Verhinderung.
Insgesamt ist es so: Das erspart nicht nur dem Kind und den Angehörigen Leid, was sehr wichtig ist wir müssen leider auch über Geld sprechen -, es spart wiederum langfristig dem Gesundheitssystem Geld. Insofern tun wir etwas doppelt Gutes. Wir sorgen dafür, dass es den kleinen Menschen gut geht, dass die Eltern weniger Sorge um ihr Frühgeborenes haben müssen, und wir sorgen auch dafür, dass zu einem späteren Zeitpunkt nicht lange, leidvolle Therapien erforderlich sind, die auch noch Geld kosten.
Deswegen ist es nicht nur wichtig, dass wir als Land hier ein Stück weit in Vorleistung gehen und dafür sorgen, dass Schleswig-Holstein als weißer Fleck auf der Karte der Frauenmilchbanken mit einer Frauenmilchbank versorgt wird, sondern auch, dass wir in Richtung Bundesebene darauf hinwirken, dass das DRG-System reformiert wird, was so oder so reformierungsbedürftig ist - das ist gefühlt jedes Mal Thema, es bleibt leider so, solange man es nicht angeht. Die Betriebskosten für die Gesundheitsversorgung müssen angepasst werden, auch hier bei der Muttermilch. Wir als Land werden Wege finden, für die erste Frauenmilchbank eine Anschubinvestition zur Verfügung stellen. Darüber freue ich mich und bitte daher um Zustimmung zu unserem gemeinsamen Antrag. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Für die Landesregierung spricht in Vertretung für den Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren unser Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz.
Ich merke schon, Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass das eine gewisse Heiterkeit auslöst. Ich spreche gerne zu diesem Thema in Vertretung des Kollegen Garg, weil ich der Debatte entnommen habe, dass es ein wichtiges Thema ist. Es gibt dabei Erkenntnisse, die auch mir neu sind, wobei man merkt, dass es Dinge, die es eigentlich längst geben müsste, in dieser Republik eben nicht gibt.
Auch wenn heutzutage ein großes Angebot an qualitativ hochwertiger Ersatznahrung für Säuglinge besteht, ist Muttermilch insbesondere für die Ernährung von Frühchen nach wie vor von sehr hoher Bedeutung. So empfiehlt auch die Weltgesundheitsorganisation, gerade Frühgeborene und erkrankte Neugeborene mit qualitätskontrollierter Spenderinnenmilch zu versorgen. In diesem Zusammenhang erfüllen Frauenmilchbanken eine wichtige Funktion. In Deutschland gibt es jedoch noch keine flächendeckende Versorgung mit Spenderinnenmilch für Frühgeborene. Hierzulande und im europäischen Ausland bestehen dazu noch keine einheitlichen Richtlinien der entsprechenden Fachgesellschaften. Auf Evidenz basierte Studienergebnisse liegen dazu nicht vor. In Deutschland werden deshalb Frauenmilchbanken somit auch nicht von den Krankenkassen finanziert - ein Umstand, der mir neu war.
Auch aus diesem Grunde verfügen nur rund 14 % der 211 Perinatalzentren des Levels 1 über eine Frauenmilchbank. Die meisten Frauenmilchbanken können aus hygienischen und logistischen Gründen abhängig vom Spenderinnenaufkommen nur die ganz kleinen und kranken Frühchen des eigenen Zentrums versorgen. Somit ist die Errichtung einer Frauenmilchbank nur an einem Perinatalzentrum Level 1 sinnvoll, in dem auch möglichst viele Entbindungen stattfinden. Denn in der Regel kommen
nur Frauen als Spenderinnen in Betracht, die dort ein Kind zur Welt bringen und mehr Muttermilch bilden, als sie für ihr eigenes neugeborenes Kind benötigen.
In Schleswig-Holstein gibt es fünf Perinatalzentren Level 1, die sich auf die Standorte des UKSH in Kiel und Lübeck sowie auf die Kliniken in Flensburg, Itzehoe und Heide verteilen. Die meisten Frühchen - jährlich in diesem Land circa 130 kommen im UKSH an den Standorten Kiel und Lübeck zur Welt. Lübeck ist mit 74 Frühchen der größte Einzelstandort für die Frühchenversorgung. Gleichzeitig sind die Standorte des UKSH mit circa 1.700 Geburten im Land die größten Geburtskliniken.
Für die Landesregierung steht fest, dass Frauenmilchbanken eine gute Sache sind. Wir wollen daher den Aufbau und die Inbetriebnahme von Frauenmilchbanken für Kliniken mit einem Perinatalzentrum Level 1 in Schleswig-Holstein prüfen.
Um den Betrieb von Frauenmilchbanken langfristig möglich zu machen, werden wir zudem den Austausch mit den Krankenkassen suchen und uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Betriebskostenfinanzierung von Frauenmilchbanken über die Krankenkassen ermöglicht wird. Damit würde der Betrieb von Frauenmilchbanken auf nachhaltige finanzielle Grundlagen gestellt, und das wäre sicher eine gute Sache. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Es ist beantragt worden, über den Alternativantrag der Abgeordneten des SSW sowie der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2586, in der Sache abzustimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.
Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse somit darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen! - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich erteile für die Landesregierung dem Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz, das Wort.